Triumph der himmelblauen Nacht (eBook)

Über die Suche nach dem, was uns ausmacht

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
192 Seiten
Diederichs (Verlag)
978-3-641-30869-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Triumph der himmelblauen Nacht - Lisa Brenk
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Wie der große Bär in den Himmel kam
Eifersüchtig bewacht Arkas Nachtfell den größten Schatz der Bären: das Gleißen, das wundersame Licht, das seit Anbeginn der Zeit im alten Gehölz liegt. Kurz vor den ersten Winterstürmen taucht unerwartet eine fremde Bärin auf, Mika. Als sie ihm erzählt, sein Gleißen sei vom Himmel gefallen und müsse dorthin zurückgebracht werden, lacht er sie aus und jagt sie fort. Doch kaum beginnt die Winterruhe, bemerkt er, dass das Gleißen gestohlen wurde. Alleine begibt er sich auf die Suche nach Mika. Diese ist bereits auf dem Weg in den hohen Norden, dorthin wo die weißen Bären wohnen und der Himmel mit dem Ozean verschmilzt. Wo Lichter über dem Himmel tanzen und die Sternbilder geschmiedet werden.

Auf der Reise durch die verschneiten Wälder, durch eine finstere Eishöhle und über das gefrorene Meer begegnet Arkas viele wundersame Wesen, die alle eins gemeinsam haben: Sie bringen Arkas sich selbst näher und dem Gleißen, das sein ganz eigenes Geheimnis hat.

Triumph der himmelblauen Nacht ist eine zauberhafte, verträumte Erzählung über die Suche nach dem, was uns im Innersten ausmacht.

Auch diesmal schaffte es Lisa Brenk, mich in ihre Welt zu ziehen und festzuhalten. Es ist ein Erlebnis für die Sinne, da es ein toller Mix aus emotionalen Momenten, Action und Humor war. Achtung, Suchtgefahr! Leserstimme auf lovelybooks zu einem Buch der Autorin

Lisa Brenk, 1990 geboren und aufgewachsen in Norddeutschland. Sie ist Autorin und Illustratorin. Triumph der himmelblauen Nacht ist ihr erstes Buch für Erwachsene.

Der Geruch des Winters


»Das sind zu wenige!«, knurrte ich und richtete mich zu meiner vollen Größe auf. Mein Schatten verschluckte die junge Bärin, die vor mir stand.

Lika Grauspitz wich einen Schritt zurück und wiegte den zottigen Kopf.

»Aber, Arkas, mehr konnte ich nicht finden!«, brummte sie und deutete mit einer Kralle auf die Tatze voll dunkelblauer Zirbelzapfen, die auf dem schroffen Stein vor mir lagen. Sie waren prall gefüllt mit fetten Samen.

Ich zog einen Zirbelzapfen zu mir und knackte ihn mit meinen scharfen Zähnen.

»Es sind kaum noch welche da. Sieh selber nach, wenn du mir nicht glaubst.« Likas Blick war herausfordernd. Lauernd. Mein Blick huschte zur Wurzelhöhle hinauf. Wollte sie sich hineinschleichen, während ich selbst nachsah, ob die Äste der Zirbelkiefern wirklich leer waren?

Lika schnaufte. Ihre Nase zuckte verräterisch.

»Selbst die Tannenhäher sind schon fortgezogen. Die Feuerschwänze nagen die Reste weg. Die Zapfenernte ist zu Ende.«

»Das ist eine Lüge!« Ich schlug mit meiner gewaltigen Pranke auf einen der Zapfen, der krachend zerplatzte und davonhüpfte. Lika sah ihm erschrocken nach. Grollend senkte ich den Kopf.

Schon seit Tagen lag sie mir in den Ohren. Dass sie es unbedingt sehen wollte, bevor Moduur über das Land zog. Dass sie eine Wächterin werden wollte.

Meine Muskeln zitterten, als ich mich anspannte. Lika wich weiter zurück.

»Ganz ruhig, Arkas! Ich klettere noch einmal in die Wipfel und sehe nach!«, schnaufte sie hastig, drehte sich um und trottete davon.

»Wehe, du kommst ohne Futter zurück!«, brüllte ich ihr hinterher. Da mein Felsen am höchsten lag, konnte ich ihr lange mit den Blicken folgen. Sie kletterte über einen Pfad aus umgestürzten Fichten in Richtung der Zirbelkiefern, die sich weit unten im Tal in den Himmel schraubten.

Grummelnd sammelte ich die Zapfen ein und trug sie in meine Höhle. Ich schnupperte zufrieden, als ich mich hineindrängte. Der Berg an Zirbelzapfen duftete süß und verlockend. Ich legte die heutige Beute dazu. Arrangierte zufrieden meine Sammlung, die fast bis zur Decke reichte.

Ich hockte mich vor meine Vorräte, die ich in meiner Höhle anhäufte. Die anderen Bären spotteten über mich, wenn ich nicht in der Nähe war. Kein Bär legte sich einen Vorrat an wie ein Eichhörnchen oder ein Tannenhäher. Aber auch kein anderer Bär bewachte das Gleißen so gewissenhaft wie ich.

Ich streckte mich. Ein Teppich aus weichem Moos machte meine Winterhöhle behaglich. Das faulige Laub hatte ich schon vor langer Zeit hinausgeschoben. Die Wände waren mit Farnen ausgepolstert. Ein Kissen aus duftenden Flechten lag bereit. Rings um mich herum breiteten sich die Muster aus, die ich mit den Krallen in den Felsen geschabt hatte. Wirbel und Wellen, die ich im weißen Strom gesehen hatte.

Mein Rückenfell streifte die niedrige Decke, als ich mich drehte und den Kopf wieder aus der Felsspalte steckte.

Ich wollte meinen Pelz noch etwas in der goldenen Abendsonne wärmen, die glühend über die Berghänge kroch.

Als ich jedoch vor meine Winterhöhle trat, drehte der Wind.

Witternd hob ich die Nase.

Ich schüttelte meinen Pelz und blickte in das Walddunkel unten am Hang. Lauschte dem Krakeelen der Wacholderdrosseln, die sich in Scharen in der nahen Esche niedergelassen hatten und um die roten Beeren zankten.

Ein merkwürdiges Kribbeln lief mir über das Fell.

Ich sollte nachsehen, ob alles in Ordnung war.

Schwerfällig tapste ich den Berghang abwärts, nicht ohne ab und zu einen Blick zurück zur Wurzelhöhle zu werfen, in welcher der größte Schatz der Bären lag.

Rastlos kletterte ich über umgestürzte Baumstämme dem glucksenden weißen Strom entgegen, der wie ein Nebelschleier durch das Tal kroch. Ich fuhr prüfend mit der Nase über den Boden. Die Flechten auf den Felsen hatten in den Farben der untergehenden Sonne gebadet und sie aufgesaugt. Orange und Rot tropfte aus ihren Blättern. Überall sah es aus, als würde der graue Fels in Flammen stehen. Shitak, der heiße Tod, wurde das Feuer in der Sprache der Bären genannt. Ich schnaufte unbehaglich und tapste weiter hangabwärts.

Ich entdeckte ein paar Blaubeeren und schnappte sie mir im Vorbeigehen. Sie waren vertrocknet und sauer.

Ich hielt an einer dicken Kiefer, reckte mich in die Höhe und erneuerte meine Reviermarkierungen, indem ich mit meinen Krallen tiefe Furchen ins Holz schlug.

Das Krachen und Splittern hallte weit durch den Wald am Hang. Gut so! Sollten sie alle Reißaus nehmen.

Ich überprüfte andere Baumstämme. Die Zeichen von den übrigen Wächtern, um zu sehen, wer auf Patrouille war. Es schien alles seinen geregelten Gang zu gehen.

Ein Stück noch, dann tobte der weiße Fluss durch die Senke. Das Wasser schäumte um die moosbewachsenen Felsen. Ich trank einen Schluck. Es war kälter geworden.

Lange würde es nicht mehr dauern, bis die ersten Schneefeen tanzten und Moduur über uns hereinbrach.

Ich drehte mich um und spähte durch die Baumstämme hinauf.

Von hier aus konnte ich die Schatzkammer kaum noch sehen, doch ich musste weitergehen. Wenn Moduur schon so bald kam, brauchte ich ein Paar Wurzeln, um in den ersten Frostnächten nicht einzuschlafen. Nachtkralle. Sie würde mich stärken, damit ich der Kälte die Stirn bieten konnte.

Lärmend folgte ich dem Flusslauf ein Stück, bis mir meine Nase verriet, dass in der Nähe ein paar Wurzeln auf mich warteten.

Mit halb geschlossenen Augen und lautstark schnuppernd tappte ich über den laubbedeckten, feuchten Boden. Hier wuchsen Unmengen an Steinpilzen, und ich ließ es mir nicht nehmen, mir ein paar der bauchigen braunen Leckerbissen zu genehmigen. Ich kaute andächtig, als ich plötzlich ein Rascheln hörte.

»Ah, Meister Nachtfell. So weit weg von der geheimnisvollen Schatzkammer?« Eine raue Wolfsstimme riss mich aus dem Tun. Mein Kopf ruckte hoch.

Links von mir war eine große Wölfin aufgetaucht. Es war die mit dem weißen Fleck über dem einen Auge. Sie war die Anführerin des Rudels, das so oft die Frechheit hatte, mein Tal zu passieren.

Ich ließ den Blick schweifen. Sie war nie alleine unterwegs. Dort zwischen den Dornensträuchern witterte ich die anderen Vielmäuler. Konnte ihren grauen Pelz hinter den Sträuchern sehen. Ihre gierigen gelben Augen leuchteten.

»Geht dich nichts an, was ich tue, Mascha. Verschwinde lieber, bevor ich dich in Stücke reiße!« Ich blieb stehen, beäugte sie misstrauisch.

Mascha schüttelte sich.

»Es ist nicht so leicht, fett zu werden, wenn ständig irgendein Bär daherkommt und uns unsere Beute abnimmt! Darum bin ich hier. Wir hatten darüber verhandelt. Mein Rudel bringt euch ab und zu einen Hasen von den Waldhängen, und ihr lasst uns die Honighirsche und Elche, die wir erlegen. Hast du die Bande etwa nicht im Griff, Wächter Nachtfell?« Spott tropfte aus ihrer Stimme, als sie Wächter sagte. »Du zumindest scheinst genug Fett für zwei Bären auf den Rippen zu tragen. Würde mich wundern, wenn das nur von Pilzen und Baumrinde kommt.«

Ich bleckte die Zähne. Mascha hatte recht. Ich hatte mein Wintergewicht schon lange erreicht. Möglicherweise weil ich es war, der Ofren und Katjur Silberfell den Befehl gegeben hatte, den Vielmäulern die Beute streitig zu machen, wann immer sie es konnten, und mir einen Anteil zu bringen. Ich schmeckte jetzt noch das saftige Fleisch auf der Zunge, das ich vor ein paar Tagen in meiner Höhle verputzt hatte. Maschas gelbe Wolfsaugen musterten mich scharf. Ihre Nasenflügel zuckten, als würde sie den verräterischen Geruch noch an meiner Schnauze wittern.

Ich blieb stehen und erhob mich auf die Hinterbeine.

»Selbst wenn es so wäre, Vielmaul? Was willst du dagegen tun?«

Ich brüllte herausfordernd. Über uns stoben ein paar Vögel in den Himmel. Sofort kniff sie die Rute ein und leckte sich beschwichtigend die Lefzen. Hasenherziges Pack. Im Sommer, vor der Verhandlung, hatte ich es mit allen zugleich aufgenommen und sie in Windeseile in die Flucht geschlagen!

»Jetzt verzieh dich!«, knurrte ich ungeduldig und versetzte ihr einen Hieb. Mascha sprang zurück, und ich erwischte nur ihr graues Fell. Fiepsend und jaulend machte sie sich davon. Fürs Erste hatte ich sie verjagt. Aber ich musste wachsam bleiben.

Mit scharrenden Tatzen und wiegendem Kopf wartete ich einen Augenblick, bis sich die Waldesstille wieder über mich legte, dann grub ich flink nach der Wurzel. Da war sie. Nachtkralle. Sie war schwarz und bitter und färbte mein Rückenfell dunkel, doch sie machte mich stark. Meine Muskeln brannten tagelang kraftvoll, wenn ich sie zerkaute. Mein Herz pumpte schneller in meiner Brust.

Durch Nachtkralle konnte ich wach bleiben, wenn der Große Traum nach mir rief. Kein anderer Bär im Tal wusste von diesen Wurzeln. Sie waren mein Geheimnis.

Zufrieden kauend stieg ich den Berghang wieder hoch und warf dabei einen Blick nach links und rechts, um zu sehen, was die anderen trieben.

Ofren und Katjur polsterten geschäftig ihre Höhlen mit Moos aus, Trajor, Schinka und Zilbar hockten in der Nähe der Wurzelhöhle und streckten wachsam ihre Nasen in den Wind.

So sah ich das gerne!

Ich stapfte zu ihnen. Loses Geröll polterte hinter mir den Abhang herunter. Ich grollte vor mich hin, weil ich noch immer an die frechen Vielmäuler dachte.

»Wir haben ein paar Murmeltiere und einen Schakal verjagt!«, meldete Schinka eifrig,...

Erscheint lt. Verlag 4.10.2023
Zusatzinfo durchgehend vierfarbig
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2023 • Bär • Bären • der große Bär • Der große Wagen • eBooks • Fabel • Märchenbuch • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Roman • Romane • Sterben • Sternbild • Tod • Transformation • Traumbilder • Unvergänglichkeit
ISBN-10 3-641-30869-0 / 3641308690
ISBN-13 978-3-641-30869-8 / 9783641308698
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