Die Radioschwestern (3) (eBook)

Tanz in ein neues Leben - Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
432 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-29875-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Radioschwestern (3) -  Eva Wagendorfer
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Zauber einer neuen Zukunft
Frankfurt, Mitte der 50er: Das Radio ist noch immer Massenmedium Nummer 1, doch auch das Fernsehen bahnt sich seinen Weg in die deutschen Wohnzimmer. Den Freundinnen Christel, Marianne und Nora stehen alle Chancen auf eine große Karriere beim Hessischen Rundfunk offen. Sie wollen hoch hinaus. Christel bringt mit Radiosprachkursen ein ganz neues Konzept auf den Weg, Marianne lebt ihre künstlerische Ader als Bühnenbildnerin aus. Und Noras Zukunft scheint als Sängerin und Filmstar gesichert. Doch dabei merken sie, dass die glänzende Welt der Unterhaltungsbranche manchmal doch mehr Schein als Sein ist. Und auch die Liebe nicht immer das hält, was sie verspricht ...

Drei Freundinnen, die zusammenhalten wie wahre Schwestern - die Radiosaga findet mit der jungen Generation ihren rauschenden Abschluss!

Lesen Sie auch:
Band 1: Die Radioschwestern - Klänge einer neuen Zeit
Band 2: Die Radioschwestern - Melodien einer neuen Welt

Eva Wagendorfer ist das Pseudonym einer erfolgreichen Autorin. Sie wuchs in Passau auf und studierte in Regensburg. In ihren Romanen verarbeitet sie gern Stoffe mit historischem Hintergrund, die von starken Frauenfiguren getragen werden. Die »Radioschwestern-Saga« wurde inspiriert durch ein altes Rundfunkgerät, das sich seit vier Generationen im Familienbesitz befindet - und noch immer im Einsatz ist.

Gesa


Frankfurt 1955


Radionachrichten 1955:

»Immer mehr unverheiratete Frauen möchten im Alltag nicht mehr mit Fräulein angesprochen werden. Aus diesem Grund haben die Innenminister der Länder entschieden, dass auch ledige weibliche Erwachsene im amtlichen Geschäftsverkehr mit Frau tituliert werden dürfen.«

Allerdings nur auf Antrag …

Bereits 1919 hatte ein Erlass bestimmt, dass die Bezeichnung Frau nicht mit Ehefrau gleichzusetzen wäre. Was zunächst revolutionär geklungen hatte, war im Alltag gänzlich verpufft. Schlecht bezahlte Sekretärinnen, Telefonistinnen oder Bedienungen waren und blieben das klassische Fräulein. Denn wären sie verheiratet und somit eine Frau, müssten sie schließlich nicht arbeiten. Sechsunddreißig Jahre später beschwerten sich derart viele Frauen darüber, kein Fräulein mehr sein zu wollen, dass die Regierung handeln musste. Den meisten ging es nicht nur um den Ausdruck der Verniedlichung, der zudem Herren suggerierte, dass man theoretisch noch zu haben war. Sondern auch um die Tatsache, dass es in der deutschen Sprache kein entsprechendes Pendant für ledige Männer gab. Also kein Herrlein.

Eine Woche war seit dem explosiven Aufeinandertreffen von Gesa Kellermann und den van Leeuwens im Frankfurter Hof vergangen. Vor acht Tagen hatte sie Rikard van Leeuwen, dem Vater ihres Enkels Peterchen, eine Tasse Kaffee ins Gesicht geschüttet. Das hatte er natürlich absolut verdient. Niemand durfte Gesas Tochter beleidigen. Dazu kam die Drohung von van Leeuwen senior, Thomas mit Vornamen, dem international bekannten Dirigenten, ihr den Enkel wegzunehmen und Gesas Karriere beim Hessischen Rundfunk zu zerstören. Lächerlich! Dieses lautstarke Säbelrasseln konnte sie nicht ernst nehmen. Doch das respektlose Verhalten der beiden Männer, das in seiner Arroganz an Verachtung grenzte, trieb Gesa auch Tage später noch die Zornesröte ins Gesicht, sobald sie nur daran dachte.

Leider konnte niemand etwas an der Vaterschaft von Rikard van Leeuwen ändern, das war eine bedauerliche, wenngleich unumstößliche Tatsache. Wobei der Begriff Vater jeglicher Grundlage entbehrte. Biologischer Erzeuger war treffender. Ein im Internat durch Täuschung und Schmeicheleien provozierter Beischlaf, anschließende Demütigungen, Spott und Häme – mit dem Resultat, dass die minderjährige Christel Bronnen schwanger die Schule abgebrochen hatte. Im Frühling vor fünf Jahren, gerade erst achtzehn und selbst fast noch ein Kind, hatte Christel Peterchen das Leben geschenkt und war seitdem die beste Mutter, die Gesa sich vorstellen konnte. Sie bewunderte ihre Tochter für deren Hingabe und den klaglosen Verzicht auf die Freuden der Jugend.

In den Augen von Rikard van Leeuwen, privilegiert aufgewachsen und durchaus gut aussehend, stand eine Leere, die Gesa erschreckte. Unmöglich zu sagen, ob er sich überhaupt für Peterchen interessierte. Nur zu gern wüsste sie, was seine Vaterschaft für den jungen Mann bedeutete. Wahrscheinlich würde sich nie die Gelegenheit dazu ergeben, ihn danach zu fragen oder ein offenes, ehrliches Wort mit ihm zu sprechen. Der alte van Leeuwen würde das zu verhindern wissen. Ein Gefühl sagte Gesa, dass sein eigener Sohn eine Enttäuschung für ihn darstellte. Nun erhob er einen aberwitzigen Anspruch auf den Enkel, wollte ihn mitnehmen, nach seinem Gutdünken formen und als Stammhalter großziehen. Eine gruselige Vorstellung. Genügte Rikard nicht den Wünschen des großen Übervaters? Sollte statt ihm nun Peterchen in seine Fußstapfen treten? Ausgeschlossen!

Zwar verurteilte Gesa, wie übel Rikard ihrer Tochter damals im Internat mitgespielt hatte. Dennoch kam sie nicht umhin, ein gewisses Maß an Mitleid mit ihm zu empfinden, nun, da sie seinen Vater getroffen hatte. In Gesa ruhte die tiefe Überzeugung, dass kein Kind grundsätzlich schlecht war. Wenn sich also ein Halbwüchsiger vermeintlich Schwächeren gegenüber derart auffällig verhielt wie Rikard und auch mit vierundzwanzig noch vor dem Herrn Papa kuschte, dann war sicher einiges dramatisch schiefgelaufen. Nach dem Treffen mit Thomas van Leeuwen wunderte sie sich nicht mehr über die Frauenverachtung seines Sohnes. Van Leeuwen senior triefte geradezu vor Selbstüberschätzung und Arroganz. Für ihn war es zu spät. Doch trotz aller Sorgen, die diese Familie ihr bereitete, hoffte Gesa ehrlich, dass Rikard sich würde freischwimmen können.

Sie für ihren Teil ließ sich schon lange von keinem Mann mehr einschüchtern, mochte er noch so wichtig und bekannt sein.

»Du glaubst nicht, was Herr Beckmann mir erzählt hat.« Die sonore Stimme von Gesas Ehemann Philip riss sie aus ihren Gedanken. Er klappte seine Morgenzeitung zu und sah sie an. Die beiden saßen am Frühstückstisch in Philips Haus in der Bruchfeldstraße. Seit ihrer Hochzeit im Sommer neunzehnhundertdreiundfünfzig wohnten sie ausschließlich hier, während Christel und Peterchen in der kleinen Villa in Sachsenhausen lebten, die Gesa vor vielen Jahren mit ihrem nun verstorbenen Mann Albert gekauft hatte. Und seit Kurzem hatten sie dort Gesellschaft. Julius, Gesas Erstgeborener, war in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aus Berlin heimgekehrt und verkroch sich derzeit im Elternhaus.

Die räumliche Trennung von ihren erwachsenen Kindern war Gesa nur recht. Die Bruchfeldstraße lag zudem gleich im benachbarten Stadtteil Niederrad. Und hier ließ es sich zusammen mit Philip herrlich aushalten.

»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Eine Klatschbase ist unser Sendeleiter ja nun wirklich nicht, es muss also etwas Wichtiges sein, wenn er dich damit behelligt.«

»Thomas van Leeuwen war bei ihm.«

Stirnrunzelnd legte Gesa den Kopf schief. »Und? Was hat er Schlimmes gegen mich vorgebracht?« Sie versuchte ihrer Stimme einen verschmitzten Klang zu geben.

»Zuerst einmal hat er von seinem großen Können gesprochen und davon, wie glücklich sich der Hessische Rundfunk schätzen kann, für sein Sinfonieorchester einen Gastdirigenten wie ihn verpflichtet zu haben. Er hat gemeint, falls der Aufsichtsrat darauf besteht, könne er es einrichten, dauerhaft als Chefdirigent zu bleiben. Denn der Posten würde ja bald frei werden.«

Erstaunt hob Gesa die Augenbrauen, enthielt sich aber eines Kommentars. Es stimmte zwar, dass ein neuer Dirigent gesucht wurde, doch van Leeuwens Vorgehen war gelinde gesagt unüblich. Sicherlich konnte er nicht einfach seinen Wunsch äußern, die Stelle zu besetzen, und würde sie dann schwups bekommen. Von ihrer Freundin Margot Milanski, der ersten Cellistin des Orchesters, wusste Gesa, dass es einem diplomatischen Staatsakt gleichkam, bis ein neuer Chefdirigent eingesetzt wurde. Die Herren Orchesterleiter waren zum überwiegenden Teil wichtig und gefragt, wollten gebauchpinselt werden und wogen ihre Optionen sorgfältig ab. Ging es nach Gesa, sollte van Leeuwen schleunigst aus Frankfurt verschwinden und sich nicht dauerhaft hier einnisten. Sie presste die Lippen aufeinander.

»Ich denke nicht, dass Beckmann ihn halten will.« Philip legte seine Hand auf die von Gesa und umschloss sie sanft mit seinen Fingern. Die Berührung verscheuchte ihre aufsteigende Unruhe.

Nach dem Frühstück musste Philip in den Sender. Als Programmdirektor hatte er immer viel zu tun. Gesa wurde erst am Nachmittag für Proben zu einem Hörspiel gebraucht. Weil der Herbstregen in nassen Böen durch die Straßen peitschte, beeilte sie sich, in den Bus nach Sachsenhausen zu steigen. Normalerweise fuhr sie die Strecke am liebsten mit dem Fahrrad.

Natürlich waren Christel und Peter bereits wach, als sie ankam. Sie hatten ebenfalls schon gefrühstückt, saßen im Wohnzimmer auf dem Boden und legten ein Puzzle.

»Onkel Julius schläft noch«, informierte sie der Junge, gleich als sie eintrat. »Ich muss leise sein. Du auch, Oma.«

Hinter seinem Rücken verdrehte Christel die Augen. »Mein Herr Bruder ist erst vor ein paar Stunden heimgekommen. Der wird sich noch länger nicht zeigen.«

»Schade. Ich hatte gehofft, mit ihm reden zu können.«

Christel stand auf und ging mit ihrer Mutter hinüber in die Küche. Sie winkte Peterchen zu und bedeutete ihm, allein nach weiteren Puzzleteilen zu suchen.

»An deiner Stelle würde ich hochgehen und ihn aus den Federn werfen. Ehrlich, Mama, der führt uns doch alle an der Nase herum. Seitdem er wieder hier ist, schläft er entweder oder er geht aus. Hauptsache, er begegnet uns möglichst wenig, damit wir nur keine Fragen stellen. Ich bin das leid.«

Alles, was die beiden über Julius’ Scheitern in Berlin wussten, war, dass er zu viel gefeiert und Schulden gemacht hatte. Schließlich hatte er auch noch seine Arbeit beim RIAS verloren. Mit sechsundzwanzig hätte Gesa mehr Reife von ihrem Sohn erwartet, doch so war die Situation nun mal.

»Ich verstehe dich vollkommen«, antwortete sie leise, damit ihr Enkel nicht mithören konnte. »Und ich werde ihm das auch nicht viel länger durchgehen lassen. Julius muss wieder auf die Beine kommen. Er braucht eine neue Stelle. Dringend. Aber ehrlich gesagt bin ich froh, dass gerade jetzt ein Mann im Haus ist. Wo doch …« Sie verstummte und nickte hinüber in Richtung offener Wohnzimmertür.

»Du meinst, wo die van Leeuwens noch immer in der Stadt sind?« Christel nagte an ihrem Daumennagel. Wenn ihre Tochter das tat, war sie mehr als nervös.

»Was ist los?«, fragte Gesa.

»Rikard hat sich gemeldet. Er will seinen Sohn persönlich kennenlernen.«

Das hatte Gesa befürchtet. Jedoch – war es nicht verständlich, dass ein Vater sein Kind sehen wollte, von dessen...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2024
Reihe/Serie Die Radioschwestern-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1950er Jahre • 1960er Jahre • 2024 • Die Ruhrpott-Saga • Die Telefonistinnen • Die Wunderfrauen • eBooks • Familiensaga • Fernsehen • Film • Flower Power • Frankfurt am Main • Frauenromane • Freundschaft • Historische Romane • Hörspiel • Junge Generation • Liebe • Liebesromane • Nachkriegszeit • Netflix • Neuerscheinung • Orchester • Rock'n'Roll • Rundfunk • Sixties • unterhaltungsmedium • Wirtschaft • Wirtschaftswunder
ISBN-10 3-641-29875-X / 364129875X
ISBN-13 978-3-641-29875-3 / 9783641298753
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