Das süße Gift der Liebe (eBook)
352 Seiten
Piper ebooks (Verlag)
978-3-492-60429-1 (ISBN)
Lynn Messina ist Autorin von vierzehn Romanen, darunter Fashionistas, der in sechzehn Sprachen u?bersetzt wurde. Ihre Essays und Kolumnen erschienen in verschiedenen Magazinen und Zeitungen, unter anderem der New York Times. Lynn Messina lebt mit ihren Söhnen in New York. Mit ihrer Regency-Krimi-Serie, in deren Mittelpunkt die scharfsichtige Beatrice Hyde-Clare steht, eroberte sie die amerikanischen Bestsellerlisten.
Lynn Messina ist Autorin von vierzehn Romanen, darunter Fashionistas, der in sechzehn Sprachen übersetzt wurde. Ihre Essays und Kolumnen erschienen in verschiedenen Magazinen und Zeitungen, unter anderem der New York Times. Lynn Messina lebt mit ihren Söhnen in New York. Mit ihrer Regency-Krimi-Serie, in deren Mittelpunkt die scharfsichtige Beatrice Hyde-Clare steht, eroberte sie die amerikanischen Bestsellerlisten.
2
Mit erwartungsvoller Miene schwebte Flora in den Salon, als würde sie einen lang vermissten Freund begrüßen.
»Mein lieber Mr. Skeffington«, sagte sie und machte einen Knicks, als er sich am Kaminsims zu ihr umdrehte. »Was für eine nette Überraschung. Wie sehr uns Ihr Besuch freut. Bitte nehmen Sie doch Platz. Dawson wird jeden Moment mit einer frischen Kanne Tee eintreffen. Ich hoffe doch, Sie haben Zeit, um mit uns eine Tasse zu trinken.«
Der junge Mann, der mit sorgenvollem Blick kurz zu Beatrice hinübersah, wurde leicht rot und murmelte eine Erwiderung, die ein Ja oder Nein oder auch eine Bemerkung zum Wetter hätte sein können.
Flora machte es sich auf der Polsterbank bequem, und Beatrice, den Blick auf ihren Besucher gerichtet, ließ sich auf dem Armsessel daneben nieder. Andrew Skeffington erwog die verbliebenen Möglichkeiten und nahm schließlich auf einer Bergère aus Rosenholz Platz. Dann verschränkte er fest die Hände und betrachtete sie mehrere Sekunden lang. Was immer ihn zu den Hyde-Clares geführt hatte, er schien sich dabei nicht besonders wohl zu fühlen.
Obwohl Beatrice guten Grund gehabt hätte, sich über sein Unbehagen zu freuen, bedauerte sie merkwürdigerweise den jungen Mann – den jungen Mann, der ihr im Lake District eine Holzlatte über den Schädel gezogen und sie in einen verfallenen Schuppen gesperrt hatte. Während sie in dem schrecklichen Verlies ausgeharrt, unter rasenden Kopfschmerzen gelitten und befürchtet hatte, Mr. Otleys Mörder würde zurückkehren, um ihr das Lebenslicht auszublasen, hatte sie nicht wissen können, dass der Schurke, der sie dort eingesperrt hatte, der Annahme war, sie selbst wäre die Schurkin.
Mr. Skeffington hatte sie nämlich bei ihren geheimen Ermittlungen zum Mord am Gewürzhändler beobachtet und war zu der Überzeugung gelangt, dass Beatrice selbst die Täterin wäre. Was, aus seiner Perspektive betrachtet, eine vollkommen vernünftige Schlussfolgerung gewesen war, wie selbst sie eingestehen musste. Zum einen hatte er gesehen, wie sie sich auf der Suche nach Informationen in sein Zimmer geschlichen hatte. Zum anderen hatte er nach ihrem Aufenthalt in seinem Zimmer belastende Indizien gefunden – einen blutbefleckten silbernen Kerzenständer. Natürlich musste der junge Erbfolger annehmen, dass sie ihn als den Mörder hinstellen wollte, um die eigene Schuld zu verschleiern.
Nachdem sie das Motiv für sein Verhalten verstand, konnte sie ihm seinen Überfall auf sie nicht mehr übelnehmen. Denn er hatte sie nicht umbringen, sondern lediglich im Schuppen festhalten wollen, damit er seine Eltern aus dem Haus holen und seine Anklagepunkte vorbringen konnte. Dass die gesamte Hausgesellschaft inklusive ihrer Tante und des Duke ihn schließlich auf das Feld begleitete, hatte nicht zu seinem ursprünglichen Plan gehört, diese Kränkung konnte sie ihm daher nicht anlasten. Hätte sie geduldig auf seine Rückkehr gewartet, statt sich mühevoll selbst zu befreien, hätte sie nicht wie eine verwahrloste Wilde ausgesehen, als sie schließlich aus dem Schuppen aufgetaucht war.
Was sie ihm aber übelnahm, waren seine anmaßende Haltung und die Weigerung, ihren Argumenten zuzuhören, mit denen sie ihr eigenes Verhalten zu erklären versuchte. Stattdessen hatte er ihr eine unschickliche Affäre mit dem toten Mr. Otley unterstellt und dabei als Beweis für ihre fragwürdigen Moralvorstellungen auf die Geschichte verwiesen, die ihm über ihre Beziehung zu dem gänzlich erfundenen Mr. Davies zu Ohren gekommen war. Außerdem behauptete er, sie und Kesgrave hätten sich gegen ihn verschworen, er zeigte sich erstaunt über das Interesse des Duke, das er dem Umstand zuschrieb, dieser würde sich auf dem Land langweilen. Wenn sie sich recht erinnerte, hatte er sie in diesem Zusammenhang als »grillenhafte Zerstreuung« bezeichnet.
Eine schlimmere Demütigung, ausgesprochen in einem einzigen Satz, gab es für eine junge Frau nicht. Ihm das zu verzeihen fiel ihr schwerer als die Wunde an ihrer Stirn.
Wenn sie ihn jetzt aber sah, wie er auf seine verschränkten, unter dem großen Druck allmählich weiß werdenden Finger starrte, erkannte sie, dass sie ihm sogar diese Schrecklichkeit nachsehen konnte. Sie musste an seinen Blick denken, als die Wahrheit endlich ans Licht gekommen war. Mit vierundzwanzig war er wahrlich kein Kind mehr, dennoch, als er von der grausamen Abgebrühtheit seiner Eltern erfuhr, schien er wieder zu einem ratlosen kleinen Jungen zu werden. Das Letzte, was sie von ihm damals gesehen hatte, war, als er von dem unerwartet sanften Viscount Nuneaton, einem entfernten Verwandten, aus dem Salon geführt wurde.
Obwohl er geneigt schien, seine Hände auf unbestimmte Zeit zu inspizieren, sah er plötzlich auf und begann äußerst nachdrücklich: »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, Miss Hyde-Clare, für mein entsetzliches Verhalten in Lakeview Hall vergangenen Herbst. Sie müssen mich für einen niederträchtigen Schuft halten, der Ihren guten Namen in den Schmutz ziehen wollte, während mein eigener … während mein eigener …« Seine Stimme verlor sich, seine Knöchel wurden noch weißer, dann aber fuhr er fort, als wäre nichts gewesen. »Während mein eigener zum Synonym für Falschheit und Verrat geworden ist. Ich weiß, nichts davon kann ich ungeschehen machen, auch wenn ich ehrlich und offen heraus spreche, aber ich bin entschlossen, die Schande der Familie wiedergutzumachen, indem ich das Richtige tue.«
Es war eine ehrwürdige Rede von nobler Gesinnung, und selbst wenn Beatrice ihm für seinen Anteil an der Affäre nicht bereits vergeben hätte, jetzt hätte sie ihm kaum ihre Zustimmung verweigern können. Bevor sie aber etwas erwidern konnte, betrat Dawson mit einem Tablett den Raum, unmittelbar gefolgt von Tante Vera, die sich wunderte, warum in einem leeren Salon Tee aufgetragen wurde. Ihre Stirn legte sich in Falten, als sie Mr. Skeffington auf der Rosenholz-Bergère entdeckte, und ihr Blick wurde finster, als sie ihre Nichte bemerkte, die diesem gegenübersaß. Der junge Erbfolger, nicht vertraut mit den Verhältnissen innerhalb der Familie, wurde kreidebleich, da er mit einem harschen Tadel seitens der Tante jener Frau rechnete, die er so misshandelt hatte. Er sprang auf.
Auch Beatrice erhob sich und versuchte ihn zu beruhigen, indem sie die Aufmerksamkeit ihrer Tante auf sich lenkte.
»Wie schön, dass du dich von der Planung des morgigen Abendessens losreißen konntest, liebe Tante, und dich auf eine Tasse Tee zu uns gesellst. Ich weiß, du kannst nur wenige Minuten erübrigen, weil noch so viel zu tun ist, bevor wir heute Abend zum Pemberton-Ball aufbrechen. Dawson, ich werde einschenken, stellen Sie nur den Tee auf dem Tisch ab. Mr. Skeffington wollte uns von seinen Plänen für die Saison erzählen. Werden Sie die ganze Ballsaison bleiben?«
Obwohl Beatrice noch nie Gelegenheit hatte, die anmutige Gastgeberin zu spielen, fand sie sich leicht in die Rolle ein und reagierte auf den finsteren, wütenden Blick ihrer Tante mit einem besänftigenden Lächeln. Argwöhnisch, als wäre sie immer noch unsicher, was sich hier eigentlich zutrug, trat die ältere Frau ins Zimmer und ließ sich neben ihrer Tochter nieder. Mr. Skeffington verneigte sich linkisch vor ihr, bevor er wieder Platz nahm.
»Nun«, sagte Beatrice, schenkte die erste Tasse Tee ein und bot sie ihrem Gast an. »Ist es nicht sehr gemütlich hier? Ich bin sehr erfreut, dass Sie uns Ihre Aufwartung machen, Mr. Skeffington.«
Es war nicht angeraten, sich hämisch zu freuen, wie Beatrice sehr wohl wusste, aber sie konnte nicht anders. Jahrelang hatte sie den Kopf eingezogen, war still und sanftmütig gewesen und hatte befürchtet, ihre Tante und ihr Onkel würden sie beim geringsten Gefühlsausbruch verstoßen. Mittlerweile wusste sie, dass das nie passieren würde. Ihre Tante würde Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um sie an einen Mann zu ketten, irgendeinen Mann, ja, es spielte keine Rolle, von welch niedrigem Stand er war – der Dorfschmied genügte vollauf, danke sehr –, aber nie würde sie die Tochter ihres Schwagers aus der Familie verstoßen. In einer kleinen Ecke ihres knickrigen Herzens liebte Vera Hyde-Clare ihre Nichte.
Das jedenfalls redete Beatrice sich ein.
Mr. Skeffington dankte ihr für den Tee und lehnte den angebotenen Zucker ab.
»Sie sehen gut aus«, sagte ihre Tante, obwohl die Farbe noch nicht in sein...
Erscheint lt. Verlag | 23.2.2023 |
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Übersetzer | Karl-Heinz Ebnet |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | England • Krimi • Regency |
ISBN-10 | 3-492-60429-3 / 3492604293 |
ISBN-13 | 978-3-492-60429-1 / 9783492604291 |
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