Die Reise nach Paris -  Louise Penny

Die Reise nach Paris (eBook)

Spiegel-Bestseller
Der 16. Fall für Gamache

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
560 Seiten
Kampa Verlag
978-3-311-70418-8 (ISBN)
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Armand Gamache, Leiter der Mordkommission der Sûreté du Québec, reist mit seiner Frau Reine-Marie nach Paris, um ihre hochschwangere Tochter zu besuchen. Die Gamaches genießen ihren Urlaub - bis Armands Patenonkel Stephen Horowitz nach einem gemeinsamen Abendessen angefahren und schwer verletzt wird. Alle anderen haben gerade den Lichterglanz des Eiffelturms bewundert, nur Gamache hat gesehen: Das war kein Unfall. Hilfesuchend wendet er sich an Claude Dussault, den Polizeipräfekten von Paris. Kurz darauf machen Gamache und Reine-Marie eine grausame Entdeckung in Stephens Wohnung. Welche Geheimnisse hütet der alte Herr? Und welchen Gefahren ist er tatsächlich ausgesetzt? Gamache kommen immer mehr Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Pariser Polizei, und er beschließt, mit der Hilfe von Beauvoir auf eigene Faust zu ermitteln. Schnell geraten sie in ein Netz aus Lügen. Um die Wahrheit herauszufinden, muss Gamache entscheiden, wem er trauen kann: seinen Freunden, seinen Kollegen, seinem Instinkt oder seiner eigenen Vergangenheit?

LOUISE PENNY, 1958 in Toronto geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Angewandten Kunst achtzehn Jahre lang als Rundfunkjournalistin und Moderatorin in ganz Kanada. Mit dem Schreiben begann sie erst spät. Ihr erster Roman »Das Dorf in den roten Wäldern« wurde 2005 weltweit als Entdeckung des Jahres gefeiert, und auch die folgenden Gamache-Krimis wurden vielfach ausgezeichnet und eroberten die Bestsellerlisten in zahlreichen Ländern. Louise Penny lebt in Sutton bei Québec, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnelt. Weitere Fälle mit Armand Gamache sind im Kampa Verlag in Vorbereitung.

LOUISE PENNY, 1958 in Toronto geboren, arbeitete nach ihrem Studium der Angewandten Kunst achtzehn Jahre lang als Rundfunkjournalistin und Moderatorin in ganz Kanada. Mit dem Schreiben begann sie erst spät. Ihr erster Roman »Das Dorf in den roten Wäldern« wurde 2005 weltweit als Entdeckung des Jahres gefeiert, und auch die folgenden Gamache-Krimis wurden vielfach ausgezeichnet und eroberten die Bestsellerlisten in zahlreichen Ländern. Louise Penny lebt in Sutton bei Québec, einem kleinen Städtchen, das Three Pines zum Verwechseln ähnelt. Weitere Fälle mit Armand Gamache sind im Kampa Verlag in Vorbereitung.

1


»Die Hölle ist leer«, sagte Stephen Horowitz.

»Das hast du schon mal gesagt. Und alle Teufel sind hier?«, fragte Armand Gamache.

»Nun ja, das nicht unbedingt«, Stephen breitete die Arme aus, »also nicht genau hier.«

»Hier«, das war der Garten des Musée Rodin in Paris, wo Armand und sein Patenonkel ein paar ruhige Minuten verbrachten. Von jenseits der Mauern war Verkehrslärm zu hören, das Getöse der großen Stadt.

Hier jedoch herrschte Frieden. Der tiefe Frieden, der sich nicht nur mit Stille, sondern auch mit Vertrautheit einstellt.

Mit dem Bewusstsein, in Sicherheit zu sein. In diesem Garten. In der Gesellschaft des anderen.

Armand reichte seinem Begleiter ein tartelette au citron, dann ließ er den Blick über den Garten schweifen. Es war ein angenehm warmer Nachmittag Ende September. Die Schatten streckten sich, wurden länger. Strebten davon.

Das Licht obsiegte.

Kinder rannten herum und jagten lachend über die lange Rasenfläche vor dem Château. Junge Eltern sahen von den Holzbänken aus zu, die im Laufe der Jahre ergraut waren. Wie die Eltern es schließlich auch tun würden. Aber jetzt saßen sie entspannt da, glücklich über ihre Kinder und noch glücklicher, dass sie an diesem geschützten Ort einige Minuten für sich hatten.

An einem solchen Ort ließ sich der Teufel nur schwer vorstellen.

Andererseits, dachte Armand Gamache, wo sonst fand man Finsternis, wenn nicht im Licht? Gab es einen größeren Triumph für das Böse, als sich eines Gartens zu bemächtigen?

Es wäre nicht das erste Mal.

»Erinnerst du dich?«, begann Stephen, und Armand sah wieder zu dem alten Mann neben sich. Er wusste, was jetzt kam. »Als du beschlossen hast, um Reine-Maries Hand anzuhalten?« Stephen klopfte auf die Bank. »Hier. Ausgerechnet hier.«

Armand verstand die Anspielung und lächelte.

Die Geschichte war hinlänglich bekannt. Stephen erzählte sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit, auf jeden Fall immer, wenn Patenonkel und Patensohn hierherpilgerten.

Es war ihr Lieblingsort in Paris.

Der Garten des Musée Rodin.

Gab es einen schöneren Ort, um Reine-Marie einen Heiratsantrag zu machen?, hatte sich der junge Armand vor vielen Jahren gedacht. Er hatte den Ring. Er hatte sich die Worte zurechtgelegt. Er hatte die Reise sechs Monate lang von seinem lausigen Gehalt als Polizist bei der Sûreté du Québec zusammengespart.

Er wollte mit der Frau, die er liebte, an den Ort, den er liebte. Und sie bitten, den Rest ihres Lebens mit ihm zu verbringen.

Sein Reisebudget gab kein Hotelzimmer her, also würden sie in einem Hostel übernachten müssen. Aber er wusste, dass Reine-Marie so etwas nichts ausmachte.

Sie waren verliebt, und sie waren in Paris. Und schon bald würden sie verlobt sein.

Aber wieder einmal eilte Stephen zu seiner Rettung herbei und überließ dem jungen Paar seine herrliche Wohnung im 7. Arrondissement.

Nicht zum ersten Mal kam Armand dort unter.

Er war in diesem wunderschönen Haussmann-Gebäude praktisch groß geworden. Die Zimmer der riesigen Wohnung hatten bodentiefe Fenster, die zum Hotel Lutetia hinaussahen, Fischgrätparkett und Marmorkamine, und die Decken waren so hoch, dass jeder Raum hell und luftig wirkte.

Mit ihren vielen Winkeln und Nischen war sie ein wahres Paradies für ein neugieriges Kind, und er war davon überzeugt, dass der Schrank mit den Scheinschubladen einzig und allein dem Zweck diente, dass sich ein kleiner Junge darin verstecken konnte. Außerdem gab es überall Schätze, mit denen man spielen konnte, wenn Stephen nicht hinsah.

Und Möbel, auf denen man herumhüpfen konnte.

Bis sie kaputtgingen.

Stephen sammelte Kunst, und jeden Tag wählte er aus seiner Sammlung ein Werk aus und erzählte seinem Patensohn etwas über den Künstler. Cézanne. Riopelle und Lemieux. Kenojuak Ashevak.

Mit einer Ausnahme.

Das winzige Aquarell, das auf Augenhöhe eines Neunjährigen hing. Stephen sprach nie darüber, vor allem weil es darüber nicht viel zu sagen gab, wie er Armand einmal erklärte. Verglichen mit den anderen war es nicht gerade ein Meisterwerk. Dennoch war etwas Besonderes daran.

Wenn sie müde von einem Tag in der großen Stadt zurückkehrten, verschwand Stephen in der engen Küche und bereitete chocolat chaud zu, während der kleine Armand zu den Bildern ging.

Unweigerlich fand Stephen den Jungen jedes Mal vor dem kleinen Aquarell vor, als stünde er vor einem Fenster, hinter dem ein kleines Dorf in einem stillen Tal lag.

»Das ist wertlos«, hatte Stephen gesagt.

Ob wertlos oder nicht, es war das Lieblingsbild des jungen Armand. Bei jedem Besuch kehrte er dorthin zurück. Instinktiv wusste er, dass etwas, das einem einen solchen Frieden schenkte, großen Wert besaß.

Und er vermutete, dass auch sein Patenonkel es so empfand. Sonst hätte er das Bild nicht zu all den Meisterwerken gehängt.

Wenige Monate nachdem Armands Eltern bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren, hatte Stephen den Neunjährigen das erste Mal mit nach Paris genommen. Gemeinsam waren sie durch die Stadt spaziert. Schweigend, damit der stille kleine Junge seinen Gedanken nachhängen konnte.

Irgendwann hatte Armand den Kopf gehoben und angefangen, seine Umgebung zu erfassen. Die breiten Boulevards, die Brücken. Notre-Dame, den Eiffelturm, die Seine. Die Brasserien, vor denen die Pariser an runden Marmortischen saßen und Espresso, Bier oder Wein tranken.

An jeder Straßenkreuzung nahm Stephen seine Hand und hielt sie fest, bis sie sicher auf der anderen Seite waren.

Langsam begriff der junge Armand, dass er in Sicherheit war, dass er bei diesem Mann immer in Sicherheit sein würde. Dass er es auf die andere Seite schaffen würde.

Und langsam, ganz langsam kehrte er ins Leben zurück.

Hier. In Paris.

Eines Morgens hatte sein Patenonkel dann gesagt: »Heute, garçon, gehen wir an meinen Lieblingsort in ganz Paris. Und danach essen wir ein Eis im Lutetia.«

Sie waren den Boulevard Raspail entlangspaziert und links in die Rue de Varenne eingebogen. An den Läden und Patisserien vorbei. Armand blieb vor den Schaufenstern stehen und betrachtete die Mille-feuilles, Madeleines und pains aux raisins.

In eine der Patisserien gingen sie hinein, und Stephen kaufte zwei tartelettes au citron und gab Armand die kleine Papiertüte zum Tragen.

Und dann waren sie schließlich am Ziel und standen vor einem in eine Mauer eingelassenen Tor.

Nachdem sie den Eintritt bezahlt hatten, gingen sie durch.

Armand dachte nur an die Leckerei in der Tüte und hatte kaum einen Blick für seine Umgebung. Es kam ihm vor, als müsste er eine Aufgabe erfüllen, bevor es die Belohnung gab.

Er öffnete die Tüte und sah hinein.

Stephen legte dem Jungen die Hand auf den Arm. »Geduld. Geduld. Mit der Geduld kommen die Entscheidungsmöglichkeiten, und damit kommt die Macht.«

Die Worte sagten dem hungrigen kleinen Jungen nichts, außer dass er das Törtchen noch nicht essen durfte.

Zögernd schloss Armand die Tüte wieder, dann sah er sich um.

»Was sagst du?«, fragte Stephen, als sein Patensohn erstaunt die Augen aufriss.

Er konnte die Gedanken des Jungen lesen. Wobei das, zugegeben, nicht sehr schwer war.

Wer hätte gedacht, dass es irgendwo auf der Welt einen solchen Ort gab, noch dazu mitten in der Stadt, versteckt hinter hohen Mauern? Es war eine eigene Welt. Ein verzauberter Garten.

Allein wäre Armand bestimmt daran vorbeigegangen, seine Gedanken von dem unangetasteten Törtchen gefesselt, und hätte nie entdeckt, was hinter den Mauern lag, nie das wunderschöne Château mit den hohen Fenstern und der breiten Terrasse erblickt.

Nicht, dass er schon abgestumpft gewesen wäre, aber inzwischen war er an die prachtvollen Gebäude in Paris gewöhnt. Die Stadt war voll davon. Was ihn jedoch in Erstaunen versetzte, waren die Gärten.

Die gepflegten Rasenflächen, die zu Kegeln getrimmten Bäume. Die Springbrunnen.

Aber anders als der Jardin du Luxembourg, der beeindrucken sollte, wirkte dieser Garten beinahe intim.

Und dann waren da auch noch die Statuen, die zwischen dem Grün standen. Als hätten sie geduldig gewartet. Auf sie.

Hin und wieder drang das Heulen einer Sirene über die Mauern. Hupen. Rufe.

Das alles verstärkte den Eindruck des tiefen Friedens, den Armand in diesem Garten spürte. Eines Friedens, den er seit dem leisen Klopfen an der Haustür nicht mehr empfunden hatte.

Langsam spazierten die beiden herum, und zum ersten Mal führte Stephen Armand nicht, sondern folgte ihm zu jeder der Statuen von Rodin, vor denen der Junge stehen blieb.

»Die Bürger von Calais«, hatte Stephen mit leiser, beruhigender Stimme gesagt. »Im Hundertjährigen Krieg belagerte der englische König Edward die französische Hafenstadt Calais.«

Er blickte zu Armand, ob er auch zuhörte, aber es ließ sich nicht erkennen.

»Die Bürger befanden sich in großer Not. Durch die englische Belagerung war die Versorgung unterbrochen, und sie hatten nichts mehr zu essen. Der französische König Philip hätte Verhandlungen aufnehmen können, um die Stadt aus ihrer Notlage zu befreien. Aber er griff nicht ein. Er ließ sie verhungern. Immer mehr Männer, Frauen und Kinder starben.«

Jetzt drehte Armand sich um und sah zu Stephen hoch. Der Junge wusste vielleicht nicht, was Krieg bedeutete. Aber er wusste, was Sterben bedeutete.

»Wirklich? Der König hätte etwas tun können, aber er hat sie sterben lassen?«

»Das gilt für beide Könige. Ja. Weil...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2023
Reihe/Serie Ein Fall für Gamache
Übersetzer Andrea Stumpf, Gabriele Werbeck
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Ferien • Gefahr • Geheimnis • Mordkommission • Paris • Polizei • Québec • Unfall
ISBN-10 3-311-70418-5 / 3311704185
ISBN-13 978-3-311-70418-8 / 9783311704188
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