Leuchtturmhoffnung (eBook)
352 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2886-7 (ISBN)
Karin Wimmer lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Niederösterreich. Seit sie denken kann, sind Bücher ihre treuen Begleiter und Freunde und schon im Teenageralter entdeckte sie auch das Schreiben für sich. Ihre Ideen kommen meist spontan aus alltäglichen Situationen und lassen sie dann nicht mehr los, bis sie sich an den Laptop setzt. Die Liebe spielt in ihren Romanen immer die Hauptrolle. Ihre eigene Leidenschaft gehört ihrer Familie, dem geschriebenen Wort und Schokolade - in etwa in dieser Reihenfolge.
Karin Wimmer lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Niederösterreich. Seit sie denken kann, sind Bücher ihre treuen Begleiter und Freunde und schon im Teenageralter entdeckte sie auch das Schreiben für sich. Ihre Ideen kommen meist spontan aus alltäglichen Situationen und lassen sie dann nicht mehr los, bis sie sich an den Laptop setzt. Die Liebe spielt in ihren Romanen immer die Hauptrolle. Ihre eigene Leidenschaft gehört ihrer Familie, dem geschriebenen Wort und Schokolade – in etwa in dieser Reihenfolge.
Kapitel 1
Kennt ihr das? Es gibt diesen einen Moment im Leben, den man schon hundertmal durchgespielt hat. Das Zusammentreffen mit dieser einen Person, auf das man sich in Gedanken vorbereitet hat, für das man sich Worte zurechtgelegt und alle möglichen Emotionen durchgedacht hat, nur damit man perfekt dafür gewappnet ist. Es kann eigentlich nichts schiefgehen. Und dann kommt diese Situation, mit der man gerechnet hat, für die man einen Plan hat. Aber alles läuft anders.
Für mich ist dieser Augenblick nun gekommen. Die Sekunde, in der das Leben von Anna Klausner seinen ruhigen, vorhersehbaren Verlauf verlässt und auf eine unberechenbare Bahn geworfen wird.
Ich wusste, dass ich ihm heute begegnen würde. Schließlich bin ich Brautjungfer bei jener Hochzeit, auf der er Trauzeuge ist. Als er Mariella im Winter hier in Sterenholm besucht hat, bin ich ihm geschickt aus dem Weg gegangen. Doch auf einer Feier begegnet man sich notgedrungen irgendwann. Doch seien wir mal ehrlich: Es gibt Schlimmeres, als seiner Vergangenheit bei so einer Gelegenheit wieder zu begegnen.
Ich stecke in einem wunderschönen Kleid, mein dickes dunkelbraunes Haar ist perfekt frisiert, und meine braunen Augen sind professionell geschminkt. Ich sehe umwerfend aus. Ja, das kann ich von mir selbst sagen, ich habe den halben Morgen damit verbracht, fremden Leuten dabei zuzusehen, wie sie mich in diese Märchenprinzessin verwandeln. Und ausnahmsweise fühle ich mich in diesem Aufzug sogar wohl. Ich hatte vor, freundlich, aber distanziert zu lächeln, ein nettes Hallo von mir zu geben, wie man es mit flüchtigen Bekannten tut und mich dann mit den anderen Personen an meinem Tisch zu unterhalten. Doch dann sagt er mit seiner Stimme, die ich immer noch unter Tausenden wiedererkennen würde, einfach nur »Anna!«. Und das genügt, um mir klarzumachen, dass mein Plan gescheitert ist.
Ich sehe auf, und Lukas Behrens steht vor mir. Die Erinnerungen lassen mich erstarren, nein, sie erschlagen mich förmlich, so geballt prasseln sie auf mich ein. Und es sind so unendlich viele. Er hat sich kaum verändert, obwohl wir uns seit Jahren nicht mehr gesehen haben. Natürlich bin ich nicht darum herumgekommen, seine Kochshow Strandküche im Fernsehen anzuschauen, vor allem, da meine engste Freundin und heutige Braut Mariella eine Staffel lang mit ihm zusammengearbeitet hat. Aber ihn in natura zu sehen, ist etwas ganz anderes. Da war kein Maskenbildner am Werk und auch kein Stylist. Man erkennt die kleinen Lachfältchen um seine Augen, die er schon lange hat, und sein Haar sieht nicht aus wie in der Show, sondern so, wie ich es noch von früher kenne. Heute ist er Lukas pur und seine Präsenz lässt meine Brust eng werden. Ich habe das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, doch ich reiße mich zusammen, denn dafür ist keine Zeit.
Sein Gesicht ist männlicher geworden, er ist glatt rasiert und hält seinen Körper offensichtlich fit. Überrascht blitzen seine grünen Augen auf, jene Augen, die ich so gut kenne. Und auch die Art, wie er sich mit den Fingern durch sein hellbraunes Haar fährt, ist mir altvertraut. Er ist nervös. Seine Hände umklammern das Sektglas, das er bei seiner Rede vor dem Essen gehoben hat und das nun bereits halb leer ist. Sein Blick verrät mir, dass er nicht damit gerechnet hat, mich am Nebentisch vorzufinden. Ich hingegen wusste durch die vielen Abende, in denen Mariella mit mir und unseren anderen Freundinnen die Tischordnung durchgegangen ist, dass ich Lukas heute vermutlich nicht aus dem Weg gehen kann. Niemand weiß, dass wir uns kennen, denn mein Leben vor Sterenholm, halte ich unter Verschluss.
Rasch stehe ich auf, denn ich will nicht länger zu Lukas aufsehen müssen. Ich will ihm bei diesem Aufeinandertreffen auf Augenhöhe begegnen. Mein grünes Kleid raschelt um meine Knöchel, und er mustert mich erneut.
»Du siehst toll aus«, bricht es aus ihm heraus. Ich muss zugeben, es gibt schlechtere Sätze, um eine unangenehme Situation zu überspielen. Lukas war schon immer sehr offen und direkt, aber dieses eindeutige Kompliment führe ich auf seine Überraschung zurück. Er hat mich schon in jedem erdenklichen Outfit gesehen, aber so zurechtgemacht noch nicht besonders oft.
»Danke«, antworte ich knapp. Unsicherheit macht sich in mir breit. Wie selbstverständlich hebe ich meine Hand, um eine Haarsträhne hinters Ohr zu streichen. Eine Geste, die ich tausendmal am Tag mache, aber heute ist sie überflüssig, denn mein Haar ist hochgesteckt und mit Nadeln und Haarspray bombenfest fixiert. Ich zwinge mich, ruhig ein- und auszuatmen, damit ich wieder auf Kurs komme. Mein Lächeln wirkt bestimmt etwas aufgesetzt, aber zumindest traue ich mir wieder zu zu sprechen.
»Schönen Abend noch, Lukas«, wünsche ich ihm und wende mich von ihm ab. Sanft legen sich seine Finger um mein Handgelenk.
»Anna, du kannst mich doch nicht einfach so stehen lassen«, sagt er leise, und Fassungslosigkeit ist aus jedem seiner Worte deutlich herauszuhören. Meine Augen werden eng, und als ich mich zu ihm umdrehe, ist mein Blick so eiskalt, dass er mich sofort loslässt.
»Können wir bitte miteinander reden?«, versucht er es nun auf die höfliche Art. Ich mache einen Schritt zurück, um Distanz zwischen uns zu bringen und ihm deutlich zu zeigen, dass er mir fernbleiben soll.
»Ich bin heute Brautjungfer auf der Hochzeit meiner Freundin Mariella. Auf der du im Übrigen Trauzeuge bist«, erinnere ich ihn kühl. »Wenn du also nichts Organisatorisches von mir brauchst, das diese Feier betrifft, dann entschuldige mich bitte. Ich glaube, das Brautpaar will die Torte anschneiden, und ich habe versprochen, beim Verteilen zu helfen.«
Lukas sieht sich um und entdeckt Mariella und Daniel, die eben auf dem Weg zur riesigen Hochzeitstorte sind. Flehend sieht er mich an.
»Können wir nach der Feier reden?« Ich kenne diesen Dackelblick nur zu gut. Ich war dabei, als er ihn perfektioniert hat. Aus diesem Grund bin ich immun dagegen und kann ihm gelassen standhalten. Ich habe mit der Sache abgeschlossen. Wozu etwas wieder hochwürgen und zerkauen, was man längst runtergeschluckt hat?
»Der Zeitpunkt, an dem du mit mir hättest reden sollen, ist schon lange vorbei, Lukas«, stelle ich klar. »Ich wünsche dir einen schönen Abend und eine gute Heimreise!« Mit diesen Worten lasse ich ihn stehen.
Die Hochzeit von Mariella und Daniel ist eine Megaparty. Sterenholm, unser Zuhause, ist eine Kleinstadt an der Ostsee, in der irgendwie jeder jeden kennt. Und da Daniel in der Pension L&P unserer Freunde Lilly und Paul kellnert und Mariella beim örtlichen Radiosender gearbeitet hat, bevor sie in Mutterschutz gegangen ist, haben sie viele Freunde und Bekannte. Daher ist die Anzahl der Gäste enorm groß. Noch dazu kommt, dass Mariellas Familie aus Italien stammt, wo es üblich ist, die Verwandtschaft bis zum dritten Grad auf seine Hochzeit einzuladen. Alle sind zwar nicht gekommen, aber die italienischen Wortfetzen mischen sich doch recht munter unter die deutschen.
Ich sehe mich um und entdecke meine Freundin Lexi mit ihrem Freund Niko auf der Tanzfläche, wo sich auch Sylvie und Georg tummeln. Die beiden Frauen haben die Hochzeit organisiert, genau genommen ihre Eventagentur Strandkorb. Meine beste Freundin Livia hingegen steht gerade bei Mariella. Sie hat die Torte gebacken und gibt der Braut Tipps, wo und wie sie diese am besten anschneiden kann. Lilly und ihr Mann Paul, die beiden Inhaber des L&P, halten währenddessen händeringend ihre einjährige Tochter Lucy von dem Kunstwerk aus Kuchenteig fern. Der kleine Wirbelwind würde sich anscheinend gerne durch alle drei Stöcke futtern. Ich frage mich, wie es in einem Jahr sein wird, wenn auch Mariellas und Daniels kleiner Sohn das Licht der Welt erblickt hat und durch die Gegend tappst. Noch trägt sie ihn jedoch stolz als unübersehbare Kugel vor sich her.
Ein warmes Gefühl macht sich in mir breit, als ich meine Freunde auf einem Haufen versammelt sehe. Alle wirken gelöst und glücklich. Und ich bin es auch, einfach weil ich sie an meiner Seite weiß. Ein großer Freundeskreis war mir fremd, bevor ich nach Sterenholm gezogen bin. Doch dieser bunte Haufen an Frauen hat mich so ganz nebenbei adoptiert, und ehe ich michs versah, war ich bei den Mädelsabenden mittendrin. Meistens fehlt bei diesen Treffen auch unser aller Freund und Lieblingsbarkeeper Johnny nicht. Er hat ebenfalls hier an der Ostsee seine neue Heimat gefunden, und so wie es in diesem Augenblick aussieht, auch jemanden, dem er sein Herz schenken möchte. Dieser Jemand heißt Frank und ist Livias lange verschollener Bruder, der vor Kurzem wieder hier aufgetaucht ist. Aber das ist eine andere Geschichte.
Livia entdeckt meinen wandernden Blick und kommt zu mir herüber.
»Alles in Ordnung bei dir?«, fragt sie forschend. Sie hat ein gutes Gespür für mich, obwohl ich nicht die zugänglichste Freundin bin. Auch heute lächle ich ihre Fürsorge einfach weg.
»Ja, ich dachte nur eben, was für eine gelungene Hochzeit es ist«, antworte ich ehrlich. Auch Livia sieht sich um und nickt.
»Sylvie hat sich selbst übertroffen. So perfekt organisiert habe ich noch keine andere Hochzeit erlebt, und als Konditorin bin ich bei den Vorbereitungen...
Erscheint lt. Verlag | 5.6.2023 |
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Reihe/Serie | Sterenholm | Sterenholm |
Verlagsort | Berlin |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 25 letzte Sommer • Alte • Baby • bester • Blumen • Chance • End • Enttäuschung • Freund • Freundinnen • Gefühle • Happy • Hochzeit • Hoffnung • Julia Rogasch • Küste • Leuchtturm • Liebe • Meer • Night • One • ONS • Ostsee • Rogasch • Romance • romantisch • Second • Sommer • Sommerbuch • Sonne • Stand • Strand • Unfruchtbar • Wellen • Wiedersehen • Zweite |
ISBN-10 | 3-8437-2886-0 / 3843728860 |
ISBN-13 | 978-3-8437-2886-7 / 9783843728867 |
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