Kein Horizont zu weit (Tales of Sylt, Band 1) (eBook)
480 Seiten
Loewe INTENSE (Verlag)
978-3-7320-1958-8 (ISBN)
Alexandra Flint hat als Kind unzählige Stunden mit ihrer Familie auf Sylt verbracht und in den Wellen das Schwimmen gelernt. Kein Wunder also, dass ihre neue New-Adult-Trilogie auf dieser Insel ihr Zuhause gefunden hat. Wenn Alexandra nicht gerade dem Meer lauscht, lebt sie mit ihrem Mann in München, wo sie Elektro- und Informationstechnik studierte und sich nun ganz dem Schreiben widmet. Zudem bloggt sie über Bücher, das Autorinnenleben und ihre Reisen. Weitere Informationen auf Instagram unter @alexandra_nordwest
Alexandra Flint hat als Kind unzählige Stunden mit ihrer Familie auf Sylt verbracht und in den Wellen das Schwimmen gelernt. Kein Wunder also, dass ihre neue New-Adult-Trilogie auf dieser Insel ihr Zuhause gefunden hat. Wenn Alexandra nicht gerade dem Meer lauscht, lebt sie mit ihrem Mann in München, wo sie Elektro- und Informationstechnik studierte und sich nun ganz dem Schreiben widmet. Zudem bloggt sie über Bücher, das Autorinnenleben und ihre Reisen. Weitere Informationen auf Instagram unter @alexandra_nordwest
Kapitel 1
ABENDLICHE FATA MORGANA
Ich würde zu spät kommen. Wieder einmal.
»Paps? Bist du schon so weit? Ich muss los.« Meine Stimme hallte durch unsere Werft im Hafen von Munkmarsch und verlor sich irgendwo zwischen der aufgebockten Stella und unserem provisorischen Holzlager im hinteren Teil der großen Haupthalle. »Paps?«
Ich schnappte mir meinen abgenutzten Kånken-Rucksack von der alten Werkbank, die zum Empfangstresen umfunktioniert worden war, und seufzte. Für heute hatte ich wirklich genug von Tabellen über Werkstoffe und trockener Methodik. Ich würde drei Kreuze machen, wenn die schriftliche Zwischenprüfung meiner Ausbildung zur Schiffsbauerin endlich vorbei war und ich mich wieder voll und ganz der praktischen Arbeit widmen konnte. Dem, was ich an meinem Beruf so liebte.
Kopfschüttelnd lief ich tiefer in die Werft hinein und steuerte dann zielsicher das Büro meines Vaters an. In neun von zehn Fällen, wenn er sich verspätete, hatte sich Emil Wilke nicht von seinen geliebten Entwürfen loseisen können. Im zehnten war er in der Arbeit direkt am Schiff verloren gegangen. Zwischen Holzspänen, Schrauben und Planken.
Die Tür zu dem schlauchartigen Büro stand sperrangelweit auf und das Bild, das sich mir bot, war so ziemlich exakt das, was ich erwartet hatte. Schmunzelnd verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich in den Türrahmen. »Paps?«
Mein Vater fuhr filmreif von seinem Pult hoch. Papiere und Pläne lagen vor ihm ausgebreitet, über denen er ganz offensichtlich bis jetzt gebrütet hatte.
»Leni! Haben wir schon Feierabend?«, fragte er und strich sich über die Stirn. »Ich hätte schwören können, dass ich noch keine Stunde hier sitze.«
»Genau genommen sind es fast drei Stunden gewesen.«
»Oh. Das erklärt, warum sich Heinrich und Kalle bereits vor …« – er schaute kurz auf die große Wanduhr – »… du meine Güte, zweieinhalb Stunden verabschiedet haben.«
Ich lachte leise und zog mein Handy hervor, das in einer Tour brummende Signale von sich gab. Die WhatsApp-Gruppe meiner Freundinnen und mir explodierte förmlich, weil sie sich – zu Recht – erkundigten, wo zum Kuckuck ich blieb.
Malia
Leni, du schuldest uns einen Kuchen.
Ida
Nein, nicht nur einen Kuchen, sondern ein ganzes Kuchenbüfett. Und @Elisa, die Wette geht an mich
Die darauffolgenden Nachrichten waren zusammengefasst eine ausführliche Diskussion über ihre Wetteinsätze, die mich grinsend die Augen verdrehen ließ. Ja, meine Mädels waren unverbesserlich. Und ich immer noch zu spät. Hastig ließ ich das Smartphone zurück in meine Hosentasche gleiten und wandte mich wieder an meinen Vater: »Können wir?«
Paps nickte und schob die Unterlagen zusammen. »Sicher, wir sind ohnehin schon weit über der Zeit. Tut mir leid, dass ich die Uhr aus den Augen verloren habe. Macht der Gewohnheit.« So konnte man seinen inneren Workaholic natürlich auch beschreiben. Ich würde es eher die Emil-Zeit nennen – immer ein, zwei Stunden nach offiziellem Arbeitsende, aber gut.
»Kein Ding, dafür kenne und liebe ich dich ja. Also nehme ich dich mit nach Hause, bevor ich zur Flaschenpost fahre?«, fragte ich ihn.
»Das wäre super, Mäuschen. Wir müssten allerdings noch schnell die zwei neuen Planken bei Klaus vorbeibringen. Ich habe sie vorhin für ihn gebogen und lackiert.«
Klaus gehörte die Hafenkneipe mit dem stilvollen Namen Hafenkneipe, in der mein Vater mit Kalle und Heinrich oft nach der Arbeit noch auf ein Bier vorbeischaute.
»Klar, kein Ding«, meinte ich. »Soll ich sie schon in den Jeep laden?«
»Danke. Ich schließe alles ab und komme dann nach.«
»Das hoffe ich, nicht, dass du doch wieder in deinen Papieren verloren gehst.«
Ein kleiner Anflug von Schuldgefühl huschte über seine Züge, doch ich lächelte nur und verließ dann das Büro, um besagte Planken zu holen.
Mein Vater hatte die kleine Wilke Werft vor knapp zwanzig Jahren nach Opas frühzeitigem Tod übernommen und sie seitdem zu einem florierenden Familienunternehmen aufgebaut. Anders als die meisten Werften hatten wir uns auf exklusive Holzsegelschiffe spezialisiert, die in Handarbeit und mit höchster Präzision hergestellt wurden. Statt maschinell produzierte Bauteile zu verwenden, fertigten wir jedes noch so kleine Werkstück traditionell an, sodass echte Unikate entstanden. Diese hatten natürlich ihren Preis und nahmen einige Arbeitswochen in Anspruch, allerdings änderte das nichts an den hoffnungslos überfüllten Wartelisten und neuen Projektanfragen, vor denen sich mein Vater kaum retten konnte. Einer der Gründe, warum er meine Ausbildung zur Schiffsbauerin direkt hierherverlegt hatte und mit dem Gedanken spielte, in eine Erweiterung des Unternehmens zu investieren.
Für mich war die Werft schon immer ein fester Bestandteil meines Lebens gewesen und einen Tag ohne Schiffe, Holz oder die einzigartigen Entwürfe meines Vaters konnte ich mir nicht vorstellen. Ich war quasi in der Werft zwischen Spänen und Kielen aufgewachsen und verband einige meiner schönsten Erinnerungen mit diesem Ort. Genauso wie mit Paps. Seine Leidenschaft für den Schiffsbau und das Meer waren eine gewaltige Inspiration und er mein größtes Vorbild. Okay, er teilte sich diesen Titel mit Krystyna Chojnowska-Liskiewicz, die als erste Frau ganz allein die Welt umsegelt hatte – aber das musste er ja nicht wissen.
Ich fand die gebogenen Planken in einem der Nebenräume, wo wir Lackierarbeiten vornahmen, und klemmte sie mir unter den Arm, ehe ich die Werft verließ und an die frische Luft trat. Es war Montagabend, die Sonne längst untergangen und bis auf die träge im Wasser schwankenden Schiffe lag der Hafen still da. Zielsicher fand ich den Mast meines eigenen Segelbootes, der Möwe, die ich zusammen mit meinem Vater vor ein paar Jahren gebaut hatte. Sofort stieg prickelnde Vorfreude in mir hoch. Nachdem das Wetter in der vergangenen Woche nicht so richtig mitgespielt hatte, würde ich morgen früh endlich wieder raus aufs Meer fahren und mich ein paar Stunden lang in der grenzenlosen Weite da draußen verlieren.
Ich atmete aus und legte die kurze Distanz zu unserem alten dunkelblauen Jeep zurück, den ich mir mit meinem großen Bruder Till teilte. Normalerweise brauchte ich keinen eigenen Wagen, aber heute hatte ich vor der Arbeit noch einen Stapel Geschirr bei meiner Großmutter im Leuchtturm vorbeibringen müssen und deswegen kurzerhand zum Jeep gegriffen, statt wie üblich das Rad zu nehmen. Auf Sylt lagen die wichtigsten Dinge nicht allzu weit voneinander entfernt, denn im Prinzip war die Insel nichts anderes als ein lang gezogenes Dorf.
Genau in dem Moment, als ich den Kofferraum schloss, erschien auch endlich mein Vater und eilte zu mir. Über die Schulter trug er eine Zeichenrolle, in der vermutlich die Pläne steckten, an denen er bis eben gefeilt hatte.
»Tut mir echt leid, dass es so spät geworden ist. Ich weiß, du bist verabredet.«
Ich winkte ab und kletterte auf den Fahrersitz. »Malia und Ida kommen auch noch ein paar Minuten ohne mich aus.«
»Du kannst es ja auf mich schieben. Und auf Klaus, der die Planken unbedingt heute Abend noch haben möchte, um die Bar gleich morgen früh zu reparieren.«
»Ist wirklich kein Ding. Gibt es einen besonderen Grund, warum du heute so lange gearbeitet und die Emil-Zeit derart großzügig ausgenutzt hast?« Ich lenkte den Wagen aus der Hofeinfahrt der Werft und warf ihm einen schnellen Blick zu.
»Emil-Zeit?« Kurz kräuselten sich seine Lippen, dann fügte er – nun wieder ernst – an: »Ein neuer Projektabschluss.«
»Und das sagst du erst jetzt? Worum geht es?«
Tiefe Falten gruben sich in seine Stirn und er wirkte nicht annähernd so euphorisch wie sonst, wenn es um einen frischen Auftrag ging. »Es ist eine Sonderanfertigung. Für ein Hotel. Das Nielsen-Hotel.«
Der Wagen kam einen Tick zu abrupt auf dem kleinen Parkplatz vor der Hafenkneipe zum Stehen. »Das Nielsen-Hotel?«
Diese Großbaustelle war seit Monaten eines der Hauptgesprächsthemen auf der Insel. Aus vielerlei Gründen, von denen keiner wirklich angenehm war.
»Ich weiß, Leni. Du musst das gar nicht so sagen.«
Ich hob eine Braue. »Wie habe ich es denn gesagt?«
Beinahe gequält verzog mein Vater das Gesicht und schnallte sich ab. »Es ist kompliziert. Du kennst die Geschichte und ich … ich denke, ich bin es Sasha schuldig.«
Mein Magen zog sich zusammen, als ich den alten Schmerz in seinen leisen Worten hörte. Aus einem Impuls heraus legte ich ihm eine Hand auf den Arm. »Bist du dir sicher, dass du das machen möchtest? So interessant das Projekt vielleicht auch sein mag, die Sache mit Sasha und dem Hotel …« Ich ließ den Satz unbeendet, denn mein Vater wusste auch so, worauf ich hinauswollte. Auf den Brand im ursprünglichen Nielsen-Hotel vor fünf Jahren, der nicht nur ein klaffendes Loch in der Anlage bei den Roten Klippen hinterlassen hatte, sondern bei dem auch sein bester Freund Sasha und dessen ältester Sohn Liam ums Leben gekommen waren. Danach hatte sich alles verändert.
Vor dem Feuer waren die Nielsens und wir quasi eine große Patchwork-Familie gewesen. Till und ich waren mit Liam und seinem jüngeren Bruder Raffael aufgewachsen, mal bei uns zu Hause, mal bei Thea und Sasha im großen Hotel mitten in den Dünen bei Kampen. Doch dann war der Brand ausgebrochen und hatte innerhalb weniger Stunden unser aller Leben aus den Fugen gerissen. Thea war mit Raffael zu ihrem Bruder nach Kiel...
Erscheint lt. Verlag | 8.2.2023 |
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Reihe/Serie | Tales of Sylt | Tales of Sylt |
Illustrationen | Aishwar Kalloo |
Verlagsort | Bindlach |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Bücher Bestsellerautorin Alexandra Flint • Bücher Empowerment für Teenager • Bücher mit schönem Setting Küste • Bücher Second-Chance-Love ab 16 Jahren • Bücher Sylt • Bücher über die erste Liebe • Bücher von Alexandra Flint • Bücher wie A Place to Love • Bücher wie Durch die dunkelste Nacht • Bücher wie Where the Waves Rise Higher • Geschichten über Freundschaft ab 16 Jahren • Jugendbücher ab 16 Jahren • Jugendbuch unerfüllte Liebe ab 16 Jahren • Liebesgeschichte Sylt • Liebesroman Sylt • new adult liebesromane • New adult Romance • new adult romane deutsch • New Adult Romane mit Spice • Roman Liebe und Neuanfang • Young Adult Liebesromane |
ISBN-10 | 3-7320-1958-6 / 3732019586 |
ISBN-13 | 978-3-7320-1958-8 / 9783732019588 |
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