Fräulein vom Amt - Spiel auf Leben und Tod (eBook)

Roman | Tauchen Sie ein in die flirrenden 1920er Jahre!
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491781-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Fräulein vom Amt - Spiel auf Leben und Tod -  Charlotte Blum
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Alma Täuber ermittelt zwischen Schachspiel-Begeisterung und mysteriösen Vorkommnissen - der dritte Fall für das Fräulein vom Amt Baden-Baden 1925. Die Kurstadt wird von begeisterten Schach-Anhängern überrannt und brummt wie zur Sommerfrische. Alle wollen das Internationale Schachturnier im prachtvollen Turniersaal des Kurhauses verfolgen. Auch das Fräulein vom Amt Alma Täuber und ihre Freundin Emmi hat das Schachfieber gepackt. Bis ein tragisches Unglück Almas gesamte Aufmerksamkeit fordert. Gertrude, die Cousine einer Kollegin, wurde tot in einer Wäschetrommel der Waschdampfanstalt gefunden. Die Polizei geht von Unfall oder Selbsttötung aus. Doch Alma erscheint beides eher unwahrscheinlich.  Entgegen der Warnung ihres Freundes - Kriminalkommissar Ludwig Schiller - beginnt sie, Gertrudes Umfeld zu befragen. Und sieht im verruchten Tanzlokal Libelle etwas, das nicht für ihre Augen bestimmt ist. Wusste auch Gertrude davon? Und hat sie das das Leben gekostet?

Ein Foto von ihrer mit Kopfhörern vor einem Schaltschrank sitzenden Großmutter hatte es Regine Bott schon als Kind angetan. Dem Begriff des »Fräulein vom Amt« begegnete sie damals zum ersten Mal, und der Beruf der Telefonistin ließ sie nicht mehr los. Dorothea Böhme begegnete Regine Bott hingegen erst Jahrzehnte später. Und siehe da: Auch das Leben von Dorotheas Großmutter bot so einiges an Romanstoff, stellte sie doch die damaligen Geschlechterrollen auf den Kopf. Die Idee, gemeinsam als Charlotte Blum eine Serie um das Fräulein vom Amt Alma Täuber und ihre unkonventionelle Freundin Emmi zu schreiben, war geboren. Die beiden Autorinnen sind gemeinsam nicht nur schreibend unterwegs, sondern treten auch regelmäßig im Rahmen einer Lesebühne zusammen auf. Sie leben mit ihren Familien in Stuttgart und Kornwestheim.

Ein Foto von ihrer mit Kopfhörern vor einem Schaltschrank sitzenden Großmutter hatte es Regine Bott schon als Kind angetan. Dem Begriff des »Fräulein vom Amt« begegnete sie damals zum ersten Mal, und der Beruf der Telefonistin ließ sie nicht mehr los. Dorothea Böhme begegnete Regine Bott hingegen erst Jahrzehnte später. Und siehe da: Auch das Leben von Dorotheas Großmutter bot so einiges an Romanstoff, stellte sie doch die damaligen Geschlechterrollen auf den Kopf. Die Idee, gemeinsam als Charlotte Blum eine Serie um das Fräulein vom Amt Alma Täuber und ihre unkonventionelle Freundin Emmi zu schreiben, war geboren. Die beiden Autorinnen sind gemeinsam nicht nur schreibend unterwegs, sondern treten auch regelmäßig im Rahmen einer Lesebühne zusammen auf. Sie leben mit ihren Familien in Stuttgart und Kornwestheim.

1


»Der einzige Satz, den du auf Russisch brauchst, lautet: ›Ja tebja ljublju‹.«

Alma musste grinsen, als Ida sich nach dieser Aussage selbstzufrieden im Stuhl zurücklehnte.

»Und was heißt das?«, fragte Marianne.

Sie war die Jüngste unter den Kolleginnen, die allesamt wie Alma selbst als Telefonistinnen arbeiteten, als Fräulein vom Amt. Es gab wie immer genug zu tun, mehr als üblich eigentlich, aber ebenfalls wie immer fanden die Fräulein ein paar Minuten zwischen Klinkenstecken, Klinkenlösen und dem Herunterspulen ihres Sprüchleins: »Hier Amt, was beliebt?«, um ein paar Sätze untereinander zu wechseln.

»Ja tebja ljublju«, probierte Alma leise den Klang der Worte aus.

»Na, was wird das heißen?«, sagte Friederike ungehalten und presste die Lippen aufeinander. »Sicher was Schweinisches, wenn es von Ida kommt.«

»Aber i wo, wo denkst du hin?« Ida klimperte mit den Wimpern. »Obwohl so ein schöner Russe gern was Schweinisches mit mir anstellen darf.« Sie kicherte, während Friederike bis unter die Haarspitzen ihres blonden Ponys errötete.

Russen gab es in den Sommermonaten in Baden-Baden immer einige, viele besaßen hier eigene Villen, und eines der Gründungsmitglieder des Internationalen Clubs, der die Rennen in Iffezheim ausrichtete, Fürst Menschikow, stammte ebenfalls aus Russland. Aber in diesem Frühjahr fand eine ganz besondere Veranstaltung in Baden-Baden statt, die einige seiner Landsleute in die Kurstadt ziehen würde: das Internationale Schachturnier. Der erste große Wettbewerb seit 1914. »Und wie jeder weiß, spielt man nur in Russland Schach«, warf Alma ironisch ein. Besonders der Name Alexander Alexandrowitsch Aljechin, der sich das Ziel gesetzt hatte, in wenigen Jahren Weltmeister zu werden, geisterte momentan durch die Badener Presse.

»Aber ich bin auf alles vorbereitet«, beeilte Ida sich zu sagen. »Ja tebja ljublju. Auf Französisch heißt es: Je t’aime.«

Jetzt musste Alma lachen. Sie schüttelte ihren dunklen Bob, und Erna neben ihr stieß ein bellendes Geräusch aus, das die Aufmerksamkeit der Aufsicht nach sich zog. Mit Fräulein Klinger – von den Telefonistinnen auch Drache genannt –, seit über zwanzig Jahren als Postbeamtin im Dienst, war nicht zu spaßen. Sie herrschte mit gnadenlosem Regiment, und so senkten die Kolleginnen schnell ihre Köpfe.

»Hier Amt, was beliebt?«, nahm Alma die nächste Verbindung auf.

Doch ihr Gespräch schien nicht unentdeckt geblieben zu sein. »Fräulein Weber«, dröhnte es durch den Saal.

Erschrocken fuhr Friederikes blonder Schopf in die Höhe.

Mit ernstem Blick schritt der Drache durch den Raum.

»Fräulein Klinger, da haben Sie nun aber wirklich die Falsche am Wickel«, sagte Ida resolut, als die Aufsicht zu ihnen trat. Trotz ihrer kleinen Reibereien mit Friederike hatte Ida das Herz am rechten Fleck.

»Sie müssen Frau Weber mit mir verwechselt haben«, mischte sich Alma ebenfalls ein. Auch wenn sie keine Rüge kassieren wollte, so doch besser sie als Ida, die schon einmal kurz vor der Kündigung gestanden hatte.

Aber die Klinger ignorierte sie beide und bedeutete stattdessen Friederike, ihr ins Büro zu folgen. Verwirrt stand die Kollegin auf und warf Alma einen Hilfe suchenden Blick zu. Alma erinnerte sich daran, wie es in Fräulein Klingers Büro gewesen war, damals, als es eine Beschwerde gegen sie selbst gegeben hatte, und sie hoffte, dass die Aufsicht Friederike gegenüber ebenso nachsichtig wäre. Denn bei all ihrer Strenge war die Klinger vor allem eines: gerecht. Die meisten der Fräulein hatten davon keine Ahnung, aber der Drache stellte sich – fauchend und Feuer speiend – auch gegenüber Höhergestellten vor ihre Schützlinge.

Die Bürotür schlug zu, die Fröhlichkeit von vorhin hatte ein jähes Ende gefunden.

»Hier Amt, was beliebt?«

Alma konnte den Kloß in Mariannes Hals förmlich hören.

Sie selbst bediente schnell Friederikes Schaltschrank mit, der sich neben ihrem befand. Auch bei Toilettenpausen sprangen die Fräulein füreinander ein. Flink tanzten ihre Finger über die Stecker, Klinken und Schalter, während Erna auf der anderen Seite immer noch nachdenklich die Bürotür anstarrte, hinter der die Klinger mitsamt Friederike verschwunden war. Sie zog die Nase kraus und wandte sich an Ida: »Und was heißt auf Russisch: ›Ich mach mit bei eurer Revolution?‹«

Der Bann war gebrochen, und auch Almas Mundwinkel zuckten.

Ida beugte sich vor und raunte: »Ein Gespenst geht um in Europa. Ein Gespenst namens Erna.«

Erneut brachen die Fräulein in Gelächter aus, gedämpfter diesmal, und noch etwas unsicher.

Erna deutete auf die Kopfhörer, die Mikrophone und die Schalttafeln. »Ist doch wahr«, sagte sie. »Wir buckeln uns hier krumm, und wofür? Die paar Kröten?«

Die männlichen Postbeamten verdienten das Doppelte, das wussten sie alle.

»Ein Streik«, flüsterte Marianne.

»Ach, Kinder, was ist denn mit euch los?«, sagte Ida seufzend, während sie die Klinke etwas heftiger steckte als notwendig. »Zu viele Romane gelesen? Zu viele Filme gesehen?« Sie schüttelte den Kopf. »Hier wird sich nichts ändern. Außer dass wir noch schneller, noch nutzbringender arbeiten müssen. Dass die Technik sich noch schneller und immer weiter entwickelt. Aber bessere Bezahlung? Weniger Arbeit?« Sie schnaubte. »Im Leben nicht.«

»Wir werden überflüssig.« Ohne richtig hinzusehen, fanden Almas Finger die richtige Buchse.

»Willy sagt …«, begann Ida, wurde jedoch von Marianne unterbrochen.

»Wer ist denn jetzt schon wieder Willy? Du hast einen Verschleiß an Liebhabern, den haben andere nicht mal an Zigaretten.«

Ida ließ sich jedoch nicht beirren. »Willy sagt«, begann sie erneut, bevor sie ein weiteres Mal unterbrochen wurde, diesmal von der Bürotür der Aufsicht, die sich in diesem Augenblick öffnete.

Mit ernster Miene trat die Klinger heraus, eine Hand auf Friederikes Schulter. Alma hob die Augenbrauen. Wollte der Drache ihre Kollegin trösten?

Im gleichen Moment drehte Friederike sich jedoch um und verschwand, beinahe im Lauftempo, aus dem Saal.

Stille herrschte, bis auf das Surren der Mikrophone.

»Was war denn das?«, flüsterte Ida. »Sie hat doch nicht … Hat sie …«

»Ist Friederike entlassen?«, vervollständigte Marianne schließlich ihrer aller Gedanken.

War das ein erster Schritt zur sogenannten »Optimierung«? Der technische Fortschritt war unaufhaltbar, das hatte man nicht nur im Krieg gemerkt, jeden Tag wurde es auch zu Hause deutlich: Almas Vater war bei weitem nicht mehr der einzige Mann, der seiner Frau eine Waschmaschine gekauft hatte, in den Wohnungen hielten Radios und Telefone Einzug, und Alma hatte gehört, dass man in Berlin schon beinahe alle Mietwohnungen mit elektrischen Klingeln ausgestattet hatte.

Die Fernmeldebeamtinnen würden durch Telefone mit Selbstwählscheiben ersetzt werden, wie es sie schon in Amerika gab. Man brauchte weniger Arbeitskräfte.

Alma blickte zu Fräulein Klinger, die immer noch in ihrer Bürotür stand. Ernst hatte sie ausgesehen, als sie Friederike die Hand auf die Schulter gelegt hatte, und mitfühlend. Ja, das wäre sie sicher auch bei einer Kündigung gewesen, war sie doch selbst ein stolzes Fräulein vom Amt. Und dennoch … Weshalb ausgerechnet Friederike? Alma konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es hier um etwas anderes ging. Aber was?

*

»Entschuldige, meine Taube, aber wie um alles in der Welt soll ich denn hier die verschiedenen Figuren auseinanderhalten?« Emmi hielt einen quadratischen schwarzen Stein zwischen den Fingern und wedelte damit vor Almas Nase herum. Mit der anderen Hand griff sie zur Spielschachtel und drehte sie so, dass sie die Aufschrift lesen konnte. »Das neue Schach.« Diese drei Worte stieß sie mit derartiger Inbrunst aus, dass die Flamme der Kerze auf dem Küchentisch erzitterte.

Alma wünschte sich in letzter Zeit mehr denn je elektrisches Licht, so wie es in ihrem Elternhaus in Oos eingerichtet worden war. Aber die Witwe Meier sah anscheinend keine Notwendigkeit, ihr Haus zu elektrifizieren. Zumindest hatten Alma und Emmi davon nichts läuten hören. Und wenn die Meier dennoch eines schönen Tages zu einer anderen Einstellung gelangte: Hoffentlich würde sie die kleine Dachwohnung nicht aussparen!

»Formgebung ist ja so ne Sache«, fuhr Emmi fort. »Reduziert ist gut und schön, wir sind ja froh, dass wir diese Schnörkelei nicht mehr überall sehen müssen. Aber das?« Wieder wackelte sie mit der Spielfigur. »Bauer oder Turm? Mir sind diese Klötze eindeutig zu modern. Woher hast du das noch mal?«

»Von unserer bunt geblümten Wirtin«, antwortete Alma mit Bezug auf den verspielten Schlafrock, den die Meier vormittags gern zu tragen pflegte. »Herr Schulze aus dem ersten Stock hat ihr das Spiel geschenkt, als er letzte Woche ausgezogen ist.«

»Da wird sie sich aber gefreut haben.« Emmi grinste schief. »Wetten, der Schulze konnte die Figuren auch nicht auseinanderhalten und war froh, dass er die Schachtel los war?« Sie warf den Kopf in den Nacken und prustete. »Er hat die Schachtel einer Schachtel vermacht!«

Das war zwar ein ausgemachter Kalauer, aber für eine Weile ersannen die beiden Freundinnen vergnügt einen Fachwortschatz für die ältere Witwe, die im Erdgeschoss über die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung wachte. Als sie ausgekichert hatten, griff Alma zu derselben Figur, die Emmi in der Hand hielt. »Wölkchen, das ist eindeutig ein Turm. Siehst du, hier. Der Bauer ist viel kleiner und...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2023
Reihe/Serie Alma Täuber ermittelt
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 1920er Jahre • 20er Jahre • Anne Stern • Babylon Berlin • Baden-Baden • Bäderstadt • Bücher Bestseller 2023 • bücher für frauen • Buchgeschenk für Frauen • Casino • Damengambit • Die Telefonistinnen • Emanzipation der Frau • Entspannung Geschenk für Frauen • Frauenschicksal • Fräulein Gold • Glücksspiel • Goldene Zwanziger • Helene Sommerfeld • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Krimi Bestseller 2023 • Krimi neuerscheinung 2023 • Kurstadt • Mord • Pferdewetten • Polizeiärztin Magda Fuchs • Schach • Schachspielerin • Schachturnier • Telefonistin • The Queens Gambit • Verbrecherbande • Volker Kutscher • Weihnachtsgeschenk • Weimarer Republik
ISBN-10 3-10-491781-7 / 3104917817
ISBN-13 978-3-10-491781-8 / 9783104917818
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