Why Patti Smith Matters (eBook)

Deutsche Ausgabe

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
240 Seiten
btb Verlag
978-3-641-30270-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Why Patti Smith Matters - Caryn Rose
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»Eine liebevolle Würdigung von Patti Smiths wahrhaftigem Genie und ihrem großen Beitrag zur globalen Kultur der letzten fünfzig Jahre.« Shirley Manson, Garbage
Why Patti Smith Matters ist das erste Buch über die ikonische Künstlerin, das von einer Frau geschrieben wurde. Die Musikjournalistin Caryn Rose untersucht Smiths kreative Arbeit, ihren Einfluss und ihren weitreichenden und sich immer noch entwickelnden Einfluss auf die Rock'n'Roll-Geschichte, bildende Kunst und das geschriebene Wort. Rose steigt tief in Smiths Werk ein, von ihrem ersten Album Horses bis hin zu ihren gefeierten Memoiren, die weit über ihre Musik hinausreichen.

Caryn Rose ist Musikjournalistin, deren Arbeiten in Pitchfork, MTV News, Salon, Billboard, der Village Voice, Vulture und dem Guardian erschienen sind.

PROLOG


Es ist der 31. Dezember 2008. Patti Smith und ihre Band läuten das neue Jahr mit dem letzten von drei aufeinanderfolgenden Gigs im Bowery Ballroom ein, seit 1998 große Tradition in New York City. Kurz vor Mitternacht spielen sie »Beneath the Southern Cross« von der 1996 veröffentlichten Platte Gone Again, dem ersten Album der zweiten Phase von Patti Smiths Karriere. In der Studioversion ist »Southern Cross« eine Hymne, ein Klagelied, ein Lobgesang. Auch live ist der Song all das, und dann macht Patti daraus etwas ganz und gar Heiliges und Erhebendes, beschwört die ganze Kraft der Musik, vor allem der Gesangsmelodie, die zur Totenklage wird.

Beim Herunterzählen der letzten Sekunden bis Mitternacht – Freunde verteilen Partyhüte, das Publikum trötet, und wir bewerfen uns selbst und die Band auf der Bühne mit Konfetti – ertönt die letzte Bridge von »Southern Cross«, eine Wand aus wogenden Gitarren und melodischem Bass. An diesem Abend bildet der Song den Hintergrund für Pattis improvisierte Würdigung der Wahl Barack Obamas ins Weiße Haus, erleichtert und dankbar ist sie, ermuntert uns aber, die Regierung stets zur Verantwortung zu ziehen.

Darauf folgt eine saukomische, ziemlich anarchische Interpretation von »Auld Lang Syne«, bei der Lenny Kaye, Pattis Gitarrist, Majordomus und Bandgefährte aus den frühen Tagen, versucht, die Musiker zum Chorgesang zu animieren. Er gibt endgültig auf, als Patti den Text abändert (»What the hell / does lang syne mean? / What the hell does it / mean«) und alle, Band wie Publikum, in frenetisches Kichern ausbrechen. Vielleicht ist es nicht das, was die meisten Leute von der »Godmother of Punk« erwarten, aber eigentlich bietet der Abend ein perfektes Beispiel für das typische Patti-Smith-Live-Erlebnis: Sie erzeugt intensive Momente von Gemeinsamkeit und Rock’n’Roll-Ekstase, nur um im nächsten Augenblick einen Witz zu erzählen oder eine selbstironische Bemerkung zu machen. Sie erinnert uns daran, dass unsere Füße noch immer den Erdboden berühren.

Als Zugabe spielt die Gruppe den Motown-Klassiker »Reach Out (I’ll Be There)« von den Four Tops, und mittendrin erklärt Patti: »Wir müssen uns beeilen, weil noch eine Band kommt, wir werden also nicht von der Bühne gehen, euch klatschen lassen und dann wiederkommen. Das wäre Zeitverschwendung, also spielen wir jetzt noch einen Song. Frohes neues Jahr.« Sie entschuldigt sich, falls sie ein bisschen daneben wirke, aber es sei sehr heiß und dampfig auf der Bühne.

Jedem Künstler und jeder Künstlerin wäre es an dieser Stelle nachgesehen worden, den Auftritt schön sachte ausklingen zu lassen. Aber hier geht es um Patti Smith, und meiner Erfahrung nach macht Patti Smith keine halben Sachen. Ihre Band reagiert also mit einem tiefen, vibrierenden Grollen als Untermalung von Pattis leidenschaftlicher Beschwörung, 2009 möge ein besseres Jahr werden, in dem wir unseren Präsidenten unterstützen müssten, von dem wir eine Menge erwarten könnten. Drummer Jay Dee Daugherty (»Mein einziger Drummer«, erinnerte uns Patti ein Jahr zuvor, als sie in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen wurde) bearbeitet sein Schlagzeug mit der für ihn typischen klaren, martialischen Wildheit, und die ersten Takte von »Rock N Roll N**r« ertönen, ein Song von ihrem dritten Album Easter und eine nicht untypische Wahl für diesen Zeitpunkt der Show. (Ich werde an dieser Stelle nicht erklären, warum dieses Lied immer noch gespielt wird; das kommt später.)

Die Worte des Songs kann ich nicht mitsingen, aber ich kann in seinem psychedelischen Punksound schwelgen, dazu mit meinen Freunden rumspringen und dankbar sein, dass ich das hier erleben darf, neunundzwanzig Jahre nachdem ich Patti Smith zum ersten Mal live gesehen habe, neunundzwanzig Jahre nachdem sie den Rock’n’Roll an den Nagel hängte, um zu heiraten und eine Familie zu gründen, dreizehn Jahre nachdem sie zurückkehrte zum »Familiengeschäft«. Als sie uns 1979 verließ, hätte ich nicht gedacht, dass wir sie noch mal zu Gesicht kriegen. Mit Sicherheit aber hätte ich niemals erwartet, dass sie im Alter von einundsechzig Jahren mit der elektrisierenden Energie und Begeisterung ihrer jungen Jahre zurückkommt.

Während der Bridge, Patti haut in die Saiten ihrer Fender Duo-Sonic, tritt sie mit folgender Botschaft ans Mikrofon: »Ich wünsche euch ein frohes neues Jahr! Arbeitet hart! Habt keine Angst zu arbeiten! Habt keine Angst zu scheitern! Habt keine Angst, wenn das Geld mal knapp ist! Habt keine Angst vor Brot und Wasser! Es wird besser! Habt keine Angst!«

Augenblicklich erstarre ich, es ist, als würde sie direkt zu mir sprechen. Ich habe einen Roman geschrieben und einen Agenten davon überzeugen können, der gerade versucht, einen Verlag dafür zu finden. Eine Absage nach der anderen. Mein Agent meint, das sei in Wahrheit ein gutes Zeichen, und dass ich »einfach« noch einen schreiben solle. Das tue ich nun tatsächlich (und werde dann noch einen dritten und einen vierten schreiben). Es ist ein hartes und einsames Unterfangen, ich habe meinen Nine-to-five-Job und schreibe zusätzlich in jeder freien Minute an meinem Buch. Beim Konzert von Patti Smith bin ich aus denselben Gründen wie immer – ich habe jedoch nicht damit gerechnet, hier etwas zu bekommen, was einem Wink des Universums ähnelt.

Das ist wahrscheinlich der Moment, als ich zum ersten Mal daran denke, ein Buch über sie zu schreiben.

Patti Smith war und ist bis heute eine Heldin, eine Göttin, eine Feldmarschallin, eine Heilige. Sie war außerdem früher ein merkwürdiges dünnes Kind aus South Jersey. Sie hätte aber auch von jedem anderen Fleck auf diesem Planeten stammen können; in ihren Ecken und Kanten, in ihrer Unfähigkeit, sich an die »normale« Welt anzupassen, erkannten wir uns selbst. Aber anstatt sich verstohlen durch diese Welt zu schleichen, bestand sie darauf, gesehen und gehört zu werden.

Für diejenigen unter uns, die sich in der Gegenwart von Büchern wohler fühlten als in der von Menschen, machte Smith die Literatur und das Lesen nicht nur erstrebenswert, sondern alternativlos. Ihre ersten Streifzüge in die Welt öffentlicher Auftritte unternahm sie mit ihren Gedichten. Sie verehrte Arthur Rimbaud genauso sehr wie Bob Dylan. Dank ihr wurden Jean Genet, William Blake und Allen Ginsberg zu Interviewthemen. Sie betrachtete sich selbst als nächste Sprosse dieser Leiter, und es war ihr vollkommen ernst damit. Noch heute trägt Patti auf der Bühne Gedichte vor.

Als sie sich in den Siebzigerjahren dazu entschied, es mit dem Rock’n’Roll zu versuchen, gab es einen echten Mangel an starken weiblichen Vorbildern in der Popmusik, besonders an solchen, die sich nicht in die gängigen Normen weiblicher Schönheit einfügten. Punkrock gab uns das Gefühl, genau das tun zu können, was die Künstlerinnen und Künstler da oben auf der Bühne taten. Mit Patti Smith eine Frau zu erleben, die nicht nur Sängerin war, sondern die Band anführte, deren Name auf der Eintrittskarte und auf dem Albumcover stand, war ein Silberstreif am Horizont. Dass sie weder auf Make-up noch auf kunstvoll frisierte Haare besonders viel Wert legte und auf der Bühne trug, was sie wollte, war keine Kleinigkeit für diejenigen unter uns, die versuchten, sich einen Weg durch eine Welt aus Blumenkleidern und knallengen Jeans zu bahnen, die Teenager-Must-haves der Siebziger.

Patti Smiths Einfluss lässt sich über die Jahrzehnte nachzeichnen, wenn sie auch allzu reflexartig als Referenzgröße für jede selbstbewusste Frau in der Musik herangezogen wird. Aber sie ist und bleibt prägend für Generationen von Musikerinnen und Musikern. Michael Stipe. Florence Welsh. Ted Leo. PJ Harvey. Eddie Vedder. Carrie Brownstein, Janet Weiss und Corin Tucker von Sleater-Kinney. Alle Bandmitglieder von U2. Margo Price. Shirley Manson. Sonic Youth. Courtney Love. The Smiths. Bikini Kill. Penelope Houston. The Raincoats. Und diese Liste ist bei Weitem nicht vollständig. Wenn Patti bei einem Festival spielt, egal wo auf der Welt, dann sind auch immer zahlreiche Musikerinnen und Musiker im Publikum. Und sie sind genauso aufgeregt wie alle anderen Zuschauer.

Dieses Buch trägt den Titel Why Patti Smith Matters, und das bereits Gesagte reicht fast aus, um zu erklären, warum. Das Buch wäre jedoch noch sehr viel dicker, wollte man ihren generationenübergreifenden Einfluss ausführlich würdigen. Oder ihre bahnbrechende, revolutionäre Punk-Karriere. Die Werke, die auf ihre Rückkehr ins Musikgeschäft nach dem Tod ihres Mannes folgten. Ihre Gedichte. Ihre literarischen Erfolge (Smith bemerkte 2019: »Früher kamen die Leute auf mich zu und dankten mir für Horses, heute danken sie mir für Just Kids1«). Ihre Beiträge zu Filmsoundtracks. Ihr soziales Engagement. Die unzähligen Freunde, Kolleginnen und Förderer, für deren Arbeit sie sich auf unterschiedlichen Wegen stark macht. Ihre Gastauftritte und ihre bildende Kunst. Patti öffnet sich fortwährend neuen Ausdrucksformen: Vor einigen Jahren hat sie sich mit dem Soundwalk Collective zusammengetan, einer experimentellen Sound-Truppe, zu deren Field Recordings sie obskure Texte vortrug. Sie hat fast eine Million Follower bei Instagram, wo sie in einem täglichen Stream of Consciousness darüber berichtet, was sie gerade liest, wer Geburtstag hat und woran sie zurzeit arbeitet. Im Frühjahr 2021 launchte sie einen Newsletter mit tagebuchähnlichen Einträgen und serienartig aufbereiteten Informationen zu aktuellen Projekten, inklusive Audiokommentar.

Dieses Buch ist weder eine Biografie noch eine Heiligengeschichte. Es ist ein Buch über Patti Smiths Arbeit. Denn genau...

Erscheint lt. Verlag 13.9.2023
Übersetzer Nina Lieke
Sprache deutsch
Original-Titel Why Patti Smith Matters
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte 2023 • außergewöhnliche Frauen • Biografie • Biographien • Bruce Springsteen • eBooks • Frauenpower • Künstlerbiografie • Legende • Musikerbiografie • Neuerscheinung • New York • Patti Smith • Pop-Poetin • Rockstar • Role model
ISBN-10 3-641-30270-6 / 3641302706
ISBN-13 978-3-641-30270-2 / 9783641302702
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