Der schlauste Mann der Welt (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
222 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-4294-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der schlauste Mann der Welt -  Andreas Eschbach
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Jens Leunich besitzt nur so viel, wie in zwei Koffer passt - und außerdem genug Millionen auf dem Konto, um sein ganzes Leben in den Luxushotels der Welt zu verbringen. Abgesehen davon tut er - nichts. Gar nichts. Denn nichts zu tun, hat er erkannt, ist der beste Weg, die Welt zu retten. Bloß ist nichts zu tun nicht so einfach, wie die meisten denken. Diese und andere schlaue Einsichten will er nun niederschreiben - doch ganz gegen seine Gewohnheiten muss er sich damit beeilen, denn er hat nur noch zehn Tage zu leben ...



<p><span class="hervorhebung2"><strong><span style="background: white;"><strong>Andreas Eschbach</strong>,</span></strong></span><span style="background: white;">geboren 1959 in Ulm, verheiratet, schreibt seit seinem 12. Lebensjahr.Bekannt wurde er vor allem durch den Thriller<span class="eigentitel Eigentitel"><span style="text-transform: uppercase;">Das Jesus-Video</span></span>, gefolgt von Bestsellern wie<span class="eigentitel Eigentitel"><span style="text-transform: uppercase;">EINE BILLION DOLLAR</span></span>und<span class="eigentitel Eigentitel"><span style="text-transform: uppercase;">AUSGEBRANNT</span></span>. Sein Roman<span class="eigentitel Eigentitel"><span style="text-transform: uppercase;">NSA - NATIONALES-SICHERHEITS-AMT</span></span>befasst sichmit der brisante<span class="standardtext">n</span> Frage:Was wäre, wenn es im dritten Reich bereits Computer und das Internet gegeben hätte - und deren totale Überwachung?</span></p>

Andreas Eschbach, geboren 1959 in Ulm, verheiratet, schreibt seit seinem 12. Lebensjahr. Bekannt wurde er vor allem durch den Thriller DAS JESUS-VIDEO, gefolgt von Bestsellern wie EINE BILLION DOLLAR und AUSGEBRANNT. Sein Roman NSA - NATIONALES-SICHERHEITS-AMT befasst sich mit der brisanten Frage: Was wäre, wenn es im dritten Reich bereits Computer und das Internet gegeben hätte - und deren totale Überwachung?

Noch 10 Tage


Es ist halb elf Uhr. Ich habe, wie immer, ausgiebig gefrühstückt und sitze nun in der Hotellobby, habe meinen Computer auf dem Schoß und merke, dass ich nicht recht weiß, wie ich anfangen soll. Ein paar erste Versuche habe ich wieder gelöscht, aber das werde ich nicht mehr machen; so viel Zeit bleibt mir nicht, als dass ich mir derlei erlauben dürfte.

Also: Wie beginne ich?

Keine Ahnung. Irgendwie eben. Am besten, ich schreibe einfach drauflos, dann wird sich schon alles finden. Das war immer so in meinem Leben.

Es ist ruhig um diese Zeit. Alle, die heute auschecken, sind bereits weg, und neue Gäste kommen in der Regel erst ab dem Nachmittag. Ohnehin verlieren sich aller Lärm und alle Hektik in dieser Halle, werden unbedeutend zwischen Marmorsäulen, goldenen Ornamenten, dicken Perserteppichen, ausladenden Polstergarnituren und üppigen Zimmerpflanzen. Ich pflege jeden Tag um diese Zeit in der Halle meines jeweiligen Hotels zu sitzen, eine Tasse Tee neben mir, die mir ein aufmerksamer Angestellter bringt, der meine Gewohnheiten kennt. Auch das Zimmermädchen kennt meine Gewohnheiten und nutzt diese Zeit, meine Suite wieder tipptopp in Ordnung zu bringen. In diesem Hotel hier war ich schon oft; man könnte sagen, es zählt zu meinen Lieblingshotels.

Ungewöhnlich ist heute nur, dass ich etwas tue. Normalerweise tue ich nämlich den Tag über nichts.

Sind Sie dazu imstande? Nichts zu tun?

Das glauben Sie vielleicht, aber meiner Erfahrung nach halten das die wenigsten Menschen lange aus. Fünf Minuten still auf einem Stuhl zu sitzen und nichts zu reden, nichts zu denken, nichts zu tun überfordert die meisten schon. Eine Stunde faul auf einem Liegestuhl liegen, ohne einen Drink zu schlürfen, dummes Zeug zu reden oder Frauen hinterherzublicken und sich vorzustellen, wie es wäre … das braucht richtig Übung.

Ich habe lange gebraucht, bis ich es konnte. Aber wenn man muss, kann man vieles.

Und ich musste ja.

Ah, das könnte ein guter Einstieg in die Geschichte meines Lebens sein. Ja, hier werde ich anfangen.

Also: Es gibt ein anderes Wort für Nichtstun – ein sehr schönes, Ehrfurcht einflößendes, gesellschaftlich ganz und gar akzeptiertes Wort: Meditation.

Verblüfft Sie das? Ich versichere Ihnen, es stimmt. Meditation ist nichts anderes, als dazusitzen und absolut nichts zu tun. Es ist die Kunst des Nichtstuns. Eine heilige Kunst, wie manche meinen.

Aber wie ich schon sagte, es ist tatsächlich schwierig, wirklich nichts zu tun. Furchtbar schwierig, und in diesem Fall ist das Wort furchtbar absolut angebracht. Die Gammler, die Faulpelze, die sogenannten »Sozialschmarotzer« oder wie immer man diejenigen nennt, die nur herumsitzen und nichts tun, tun in Wirklichkeit ja nicht nichts. Im Gegenteil, solche Leute tun eine Menge, und das die ganze Zeit. Sie quasseln. Sie rauchen. Sie spielen Karten. Sie pfeifen sich irgendwelche Drogen rein. Sie versuchen, jemanden ins Bett zu kriegen. Sie streifen umher auf der Suche nach Ablenkung, Beschäftigung, Unterhaltung, und das unablässig. Die Arbeitslosen und die Unterschicht sind die besten Kunden der Unterhaltungsindustrie; die willigsten Abnehmer für Flachbildfernseher, Fernsehshows und Computerspiele, wenn sie irgendwo das Geld dafür auftreiben. Tagediebe tun nicht nichts, sie tun nur nichts Produktives. Das ist es, was man ihnen übel nimmt.

Deshalb haben sich die Gurus und Weisheitslehrer aller Zeiten allerlei Methoden ausgedacht, die es leichter machen, wirklich nichts zu tun. Zum Beispiel, den Atem zu beobachten. Eine bestimmte Position einzunehmen. Ein Mantra zu wiederholen. Und so weiter.

Braucht man alles nicht, wenn man imstande ist, einfach nichts zu tun. Also: faul zu sein.

Und das bin ich. Ich setze mich hin und tue – nichts. Ich lese keine Tageszeitung. Ich halte nicht Ausschau nach irgendetwas oder irgendjemandem. Ich schmiede keine Pläne. Ich träume nicht von vergangenen Tagen, und ich versuche auch nicht, mir kommende auszumalen. Es ist mir gelungen, einen Grad an Faulheit zu entwickeln, der all das nicht mehr erforderlich macht.

Ich weiß, dass man Faulheit gemeinhin für etwas Unanständiges, Verächtliches hält, aber nach all den Jahrzehnten, die ich gebraucht habe, um es darin zur Meisterschaft zu bringen, kann ich kaum noch nachvollziehen, wieso.

Wieso denken alle, es sei etwas Gutes, tüchtig und produktiv zu sein?

Unfug. Es ist der Tüchtige, der all die schönen Bäume fällt, der Äcker in die Landschaft pflügt und der sich in die Tiefen der Erde wühlt auf der Suche nach Bodenschätzen, um Dinge daraus herzustellen. Die Allertüchtigsten erfinden Maschinen, um Bäume noch schneller zu fällen, unberührtes Land noch schneller in Äcker zu verwandeln, noch mehr Bodenschätze zu fördern und noch schneller noch mehr Dinge daraus zu machen. Dinge, die ihre Benutzer möglichst bald wieder auf den Müll werfen sollen, damit man ihnen neue Dinge verkaufen kann.

Es sind die Tüchtigen, die unseren schönen Planeten nach und nach in eine Müllhalde verwandeln.

Es sind die Fleißigen, die uns in den Untergang treiben.

Faulheit, habe ich erkannt, ist eine Tugend.

Der normale Bürger einer westlichen Industrienation, so sagt man, besitzt etwa zehntausend Dinge. Ich dagegen besitze nur, was in zwei handliche Koffer passt. Es handelt sich um lauter Gegenstände, die entweder von hervorragender Qualität sind oder die mir so viel bedeuten, dass ich sie um mich haben will. Der größte Teil ist Kleidung, der Rest ein paar Bücher, die mich so berührt haben, dass ich sie immer wieder lese, und ein paar Erinnerungsstücke.

Alles andere miete ich, könnte man sagen.

Das ist die Art und Weise, wie ich seit über dreißig Jahren lebe. Andere produzieren – ich konsumiere und bilde damit das notwendige Gegenstück. Andere sind fleißig – ich bin faul und schiebe so das Gleichgewicht der Welt wenigstens ein bisschen weiter in Richtung Balance. Andere arbeiten, so viel sie können – ich tue so wenig wie möglich, meistens nichts, und trage damit möglicherweise zu meinem Seelenheil bei, denn Meditation gilt ja als der Weg zur Erleuchtung.

Allerdings bin ich, ehrlich gesagt, auch zu faul, um mir Gedanken darüber zu machen, ob das wirklich so ist.

Man wird sehen. Und das bald. Ändern kann ich ohnehin nichts mehr.

***

Ich merke gerade, dass ich weiter ausholen muss. Mit Überlegungen wie diesen kann man nichts anfangen, ohne die Geschichte dahinter zu kennen.

Ich mache es auch kurz und schmerzlos, versprochen.

Geboren bin ich in Deutschland – wo und wann, tut nichts zur Sache. Stellen Sie sich eine Vorortsiedlung vor, mit mittelprächtigen Reihenhäusern, in denen Angestellte wohnen, kleine Beamte, hier und da ein Rentner-Ehepaar, das einen Kleinkrieg gegen lärmende Kinder führt. Stellen Sie sich Autos vor, die ihre Besitzer samstagvormittags unnötigerweise, aber stolz waschen und auf Hochglanz polieren, dazu Jägerzäune, dröhnende Rasenmäher zur Unzeit, Streit um zu laute Musik aus Teenagerzimmern, Grillabende, die zu lustig werden, dann haben Sie das Bild. Wir schreiben die Siebzigerjahre. Der Bundeskanzler heißt Helmut Schmidt, die Baader-Meinhof-Bande sprengt Bankchefs in die Luft – was man damals noch empörend fand –, und in den Oberstufen der Gymnasien sind marxistische Ideen groß in Mode, auch wenn sie nicht wirklich verstanden werden oder vielleicht gerade deshalb.

Und mitten darin ich: ein mittelmäßiger Schüler, der auf ein mittelmäßiges Abitur zusteuert und dumpf ahnt, dass ihm danach Bundeswehr, Studium, Beruf, Heirat und ein mittelmäßiges, bürgerliches Leben drohen, in dieser Reihenfolge. Keine Aussicht, die mich begeistert hätte, bloß wusste ich keine Alternative. Ich kannte auch niemanden, der eine wusste. Außerdem hätte ich das alles sowieso klaglos akzeptiert, wenn ich nur eine feste Freundin gehabt hätte. Hatte ich aber nicht, weil ich nichts Besonderes war. Weder war ich einer von den großen, coolen, sportlichen Typen, denen die Mädchen sowieso zu Füßen liegen, noch einer von den klugen Überfliegern, bei denen klar war, dass eine glänzende Karriere auf sie wartete, mit Doktortitel, Ferienhaus in den Bergen, einem Mercedes für die Gattin und einem Segelboot auf dem Bodensee für den Herrn des Hauses. Ich war nur ein magerer, unansehnlicher Jüngling mit Pickeln, und ich hatte nicht mal ein Mofa, nur ein altes Fahrrad.

Entsprechend begrenzt waren meine sexuellen Erfahrungen. Mein erstes Erlebnis in diesem Zusammenhang hatte ich mit einer Cousine, als ich in den Ferien bei Verwandten zu Besuch war: Beauftragt, mir die Umgebung zu zeigen, lockte sie mich in ein einsames Wäldchen, um mir dort ungeschickt, aber fest entschlossen einen von der Palme zu wedeln, und zwar, wie sie mir danach erklärte, um nachzuprüfen, ob es stimme, was ihr eine Freundin erzählt hatte. Ich schlug vor, dass wir das ruhig öfter machen könnten, aber sie meinte, so toll fände sie es nun auch wieder nicht.

Dann, kurz nach meinem sechzehnten Geburtstag, zog mich im Trubel einer aus den Fugen geratenen Silvesterfeier ein dürres betrunkenes Mädchen in ein dunkles Zimmer und über sich: ein aufregendes Erlebnis und nicht schlecht als »erstes Mal«, wie ich fand. Danach gingen wir ein paar Wochen miteinander und taten es noch weitere vier Mal, aber dann machte sie Schluss mit der Begründung, sie habe das an Silvester sowieso nicht so ernst gemeint. Mir war es...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2023
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Arbeit und Freizeit • Aus dem Leben eines Taugenichts • Ausgebrannt • Automatisierung • Freiheitsgeld • Jesus Video • kunst des nichtstuns • literarische Unterhaltung • Luxushotels • Müßiggang • Nationales Sicherheitsamt • Reisen • Sinn des Lebens • Urlaub
ISBN-10 3-7517-4294-8 / 3751742948
ISBN-13 978-3-7517-4294-8 / 9783751742948
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