Schicksalskinder (eBook)

Roman
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2023 | 1. Auflage
304 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46265-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schicksalskinder -  Katja Maybach
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Begleiten Sie die Familie Laverne durch die schicksalhaften Jahre ab 1945: Der historische Roman »Schicksalskinder« ist der 3. Teil der großen Familiensaga »Die Chronik der Familie Laverne« um einen eleganten Kurort an der französischen Grenze. Bad Lichtenberg im Mai 1945. Für Luise Laverne ist jeder Tag ein Tanz auf dem Drahtseil: Unter ihrer Leitung hat das mondäne Kurhotel der Familie zu altem Glanz zurückgefunden, nun geht die Polit-Prominenz der NSDAP im »Deutscher Kaiser« ein und aus - während Luise in einem Zimmer ohne Nummer den jüdischen Architekten Simon Roth versteckt, ihre große Liebe. Luises Schwester Victoria fiebert derweil der Premiere in ihrem Showtheater entgegen und übersieht dabei, dass ihre 14-jährige Tochter Natalja sich mit einem Jungen trifft. Und Felix Laverne wartet nach seiner Flucht aus Ostpreußen halb verrückt vor Sorge auf Nachricht von seiner Frau, die ihm mit den beiden Söhnen erst einige Zeit später folgen wollte. Doch noch ist der Krieg nicht vorüber, und eines Nachts heulen schließlich auch in Bad Lichtenberg die Sirenen ... Katja Maybach erzählt im 3. und abschließenden Teil ihres historischen Familienromans vom Ende des 2. Weltkriegs, einer dramatischen Flucht aus Ostpreußen und von einem Familiengeheimnis in Paris - und sie lässt die Kinder der Familie Laverne in eine optimistische Zukunft blicken. Die ergreifende Familiengeschichte »Die Chronik der Familie Laverne« ist in folgender Reihenfolge erschienen: - Schicksalszeit (1914-1920) - Schicksalsstunden (1930-1936) - Schicksalskinder (1945-1948)

Katja Maybach war bereits als Kind eine echte 'Suchtleserin', was beinahe automatisch zum eigenen Schreiben führte. Schon mit zwölf Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und einige Kurzgeschichten. Doch sie hatte immer schon eine zweite Leidenschaft: die Mode. Und so gewann sie mit fünfzehn Jahren den Designerpreis einer großen deutschen Frauenzeitschrift für den Entwurf eines Abendkleides. Mit siebzehn ging sie nach Paris und wurde zuerst Model in einem Couture Haus, später eine erfolgreiche Designerin. Nach einer schweren Krankheit begann sie, Romane zu schreiben. Bereits ihr Debüt 'Eine Nacht im November' war ein großer Erfolg und wurde in Frankreich ein Bestseller. Heute lebt die Autorin in München, sie hat zwei erwachsene Kinder.

Katja Maybach war bereits als Kind eine echte "Suchtleserin", was beinahe automatisch zum eigenen Schreiben führte. Schon mit zwölf Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und einige Kurzgeschichten. Doch sie hatte immer schon eine zweite Leidenschaft: die Mode. Und so gewann sie mit fünfzehn Jahren den Designerpreis einer großen deutschen Frauenzeitschrift für den Entwurf eines Abendkleides. Mit siebzehn ging sie nach Paris und wurde zuerst Model in einem Couture Haus, später eine erfolgreiche Designerin. Nach einer schweren Krankheit begann sie, Romane zu schreiben. Bereits ihr Debüt "Eine Nacht im November" war ein großer Erfolg und wurde in Frankreich ein Bestseller. Heute lebt die Autorin in München, sie hat zwei erwachsene Kinder.

Zwei


Victoria

Victoria saß im abgedunkelten Zuschauerraum ihres Theater im Palmengarten und beobachtete das Probetraining neuer Tänzerinnen auf der Bühne. Sie trugen schwarze Übungstrikots und bemühten sich, auf die Musik von Jacques Offenbach Temperament und Freude beim Tanzen zu versprühen. Auch der Korrepetitor am Klavier tat sein Bestes.

»Wir machen eine Pause«, rief Victoria hoch, lehnte sich zurück und legte die Beine auf die Rückseite des Vordersitzes. »So wird das nichts. Alles wirkt lahm, wenn die Leute an Silvester zu uns kommen, wollen sie ein paar Stunden mitgerissen, unterhalten werden, den Krieg vergessen.« Die Choreografin Berthe kam die paar Stufen von der Bühne herunter, umlief den kleinen Orchestergraben und setzte sich neben Victoria.

»Du erwartest zu viel, Victoria. Wir wissen nicht, was morgen ist. Wie soll man da groß Pläne machen? Seit die Wehrmacht in Stalingrad kapituliert hat und in Ostpreußen der Einmarsch der Roten Armee begonnen hat, wie soll man da bei den täglichen Horrormeldungen noch Freude versprühen können.«

»Das ist unser Beruf, auch Berufung, vergiss das nicht. Wir haben die Aufgabe, Menschen zu unterhalten, sie für ein paar Stunden glücklich zu machen.«

»Jaja, Victoria, ich weiß.« Berthe versuchte, locker zu klingen. »Aber keine Vorstellung ist mehr ausverkauft, Zuschauer aus Baden-Baden und den umliegenden Orten bleiben weg.«

»Das ist verständlich«, sagte Victoria. »Wer will schon im Zug sitzen, der aus der Luft bombardiert wird, oder auf der Autobahn durch einen Tiefflieger erschossen werden.«

»Jaja, und für die Tänzer und Schauspieler ist es wenig motivierend, vor fast leerem Haus zu tanzen oder zu spielen.«

»Da darf man nicht eitel oder empfindlich reagieren, Berthe. Letztendlich haben sie oben hier im Haus eine Wohnung, ein gutes Gehalt, und sollte es zu Luftangriffen kommen, ist der Keller unter dem Orchestergraben bombensicher. Sie sind hier also wesentlich geschützter als in Berlin oder München.«

»Toi, toi, toi.« Berthe klopfte auf die Rücklehne eines Stuhls. »Bis jetzt zumindest. Was noch kommt, wissen wir nicht. Aber du hast recht, wir müssen unser Bestes geben, auch wenn wir nur für drei Zuschauer tanzen.«

»Ja, Berthe. Außerdem ist die Silvestervorstellung ausverkauft, die Karten gehen alle an Gäste des Deutschen Kaisers. Das Hotel ist übrigens ausgebucht, wie offenbar auch die anderen Hotels und Pensionen. Ihr werdet alles geben, euch selbst übertreffen, verstanden?«, rief Victoria hoch zu den Tänzern, die frierend auf der Bühne einen Kreis gebildet hatten.

Sie sahen sich an, nickten stumm zu Victoria hinunter.

»Jetzt geht hoch, für heute ist Schluss.« Damit entließ Victoria ihre Gruppe. »Wärmt euch auf, morgen geht es dann weiter.«

Victoria wühlte in ihrer Tasche und zog eine Zigarette heraus. Die Zigaretten, die man auf Lebensmittelkarten bekam, waren sehr knapp bemessen, und diese hier war bereits die letzte. Sie machte einen tiefen Zug, lehnte sich zurück und nahm die Füße vom Vordersitz. Sie sah zu, wie die Tänzer erschöpft von der Bühne schlichen, da sie heute kein Lob von der Chefin bekommen hatten. »Es wird schon werden, wir haben es immer geschafft«, rief Victoria ihnen noch nach. »War ich zu hart zu ihnen?«, wandte sie sich an Berthe.

»Nein, nein«, widersprach die Choreografin schnell, »du machst das schon ganz richtig, Zuckerbrot und Peitsche.«

Victoria überhörte die Ironie in Berthes Stimme. Auch sie war müde, und letztendlich war es ihre Tanztruppe, ihr Theater, das sie hier im Kurort vor sieben Jahren gegründet und den Erfolg hart erarbeitet hatte. Vor acht Jahren war sie aus Berlin gekommen, weil niemand mehr Victoria Laverne als Kostümbildnerin engagiert hatte. Sie sei »weg vom Fenster«, wie ein Agent ihr kühl erklärt hatte. Keiner hatte geglaubt, dass sie, die »Ausgebrannte, die Erfolglose« ein Theater aufbauen und führen könnte.

Aber sie hatte es geschafft, sie hatte an ihren Erfolg geglaubt, hier in Bad Lichtenberg ein kleines Showtheater eröffnen zu können. Und ihre zähe Arbeit, ihr Wille und das Verzichten auf jegliches Privatleben hatten es ermöglicht. Das Provinztheater war schnell bekannt geworden, zu jeder neuen Aufführung kamen Kritiker aus den Großstädten und hatten dieses kleine Theater hochgelobt, es sei ein Schmuckstück der Provinz. Doch ein Kritiker hatte geschrieben, es sei ein Theater für die Reichen und Schönen, die in Bad Lichtenberg in einem der besten Luxushotels Europas wohnten, vor einer Vorstellung Champagner schlürften und anschließend zum Dinner in eines der edlen Restaurants des Hotels gingen. Das sei ein Hohn, ein Schlag ins Gesicht des ganzen Lands, dessen Bevölkerung hungerte, ausgebombt war oder um ihre Männer an der Front trauerte. Von ihnen, die im Dreck und Schlamm ihr Land verteidigten, mal abgesehen. Und die zu Tausenden ihr Leben für das Vaterland opfern mussten.

Das hatte Victoria getroffen, denn genau das war nicht die Vision eines Theaters gewesen, wie sie es geplant hatte, es sollte ein Theater für alle werden. Aber das war es nicht geworden, die meisten Zuschauer kamen aus dem Deutschen Kaiser.

Victoria erhob sich. »Berthe, ich muss gehen, ich treffe jetzt Frank Welser, er hat das Kurfürstentheater hier übernommen.«

»Was? Der kommt in die Provinz?« Berthe staunte. »Er ist doch international berühmt für seine Inszenierungen am Berliner Opernhaus.«

»Das voriges Jahr durch eine Brandbombe vollkommen zerstört wurde. Ich kenne ihn übrigens aus meiner Berliner Zeit.«

»Ach so, ja, und jetzt findet auch er den Weg in die Provinz.«

Victoria gab keine Antwort mehr, sie war in Gedanken bereits bei dem berühmten Opernregisseur, der das kleine Barocktheater am Rathausplatz übernehmen wollte. Sie schlüpfte in ihren Mantel, schlang sich den gestrickten Schal ihrer Mutter um den Hals und zog die Mütze auf. Sie war komplett durchgefroren, dann verabschiedete sie sich kurz von Berthe und verließ das Theater. Vor dem Restaurant Palmengarten blieb sie einen Moment stehen. Am Flügel saß ein Pianist, wie in früheren Zeiten untermalte er mit seinem Spiel die gedämpfte Unterhaltung der Gäste des Lokals. Manchmal, wenn sie hier stand und dem Klavierspiel zuhörte, erinnerte sie sich an den Sommer 1914, an seine Wärme, die Sonne, die Kriegseuphorie, wenn der kleine Zeitungsjunge durch den Palmengarten lief, das Extrablatt hochhielt und neue Nachrichten verkündete. Eine davon war: Russland hat Deutschland den Krieg erklärt …

In diesen Sommertagen hatte hier ein junger russischer Pianist gesessen, Juri Petkov, und den Liebestraum von Liszt gespielt. Nur für sie, Victoria, das sechzehnjährige junge Mädchen, gerade aus dem Internat zurückgekehrt. Juri, der nach den Tagen der ersten Liebe so plötzlich verschwunden war. Erst viel später war ihr klar geworden, er musste als Russe zurück, um für sein Vaterland gegen Deutschland zu kämpfen. Juri, den sie viele Jahre später in Berlin wiedertraf, Juri, ihre große Liebe. Doch gerade die Momente, die Stunden mit ihm im Sommer 1914 blieben unvergessen, vielleicht auch, weil sie so jung und verletzlich war. Und der Schmerz so groß, als er ging.

Sie gab sich einen Ruck, atmete durch und sah sich im Restaurant um. Der Palmengarten war voll besetzt, die Leute kamen nachmittags hierher, weil sie zu Hause froren und der Palmengarten wie auch das Grand Hotel Deutscher Kaiser noch beheizt wurde.

Jetzt sah sie Frank Welser in einer Ecke sitzen, fast verdeckt durch eine Palme. Er beugte sich vor, sah zum Eingang herüber und beobachtete die Hereinkommenden. Er sah sie an, blickte weg. Erkannte er sie nicht? Hatte sie sich so verändert? Auch als sie ihm winkte und auf ihn zuging, sah er ihr immer noch irritiert entgegen. Da nahm sie ihre Mütze ab, fuhr sich schnell durch die kurzen Haare, und erst als sie direkt an seinem Tisch stand, sprang er auf, um sie zu begrüßen. »Entschuldigen Sie, aber ich habe Sie nicht sofort erkannt.«

Das traf sie mehr, als sie dachte – oft hatten sie sich in Berlin auf Premierenfeiern oder Einladungen gesehen, sich zugewinkt, doch nie miteinander gesprochen. Aber letztendlich war das schon zehn Jahre her. Er half ihr aus dem alten dicken Mantel, und sie setzte sich rasch, denn zum ersten Mal seit langer Zeit wurde ihr bewusst, wie sie aussah in dem gestrickten Pullover ihrer Mutter Irene, die das Stricken entdeckt hatte und es für Kriegswaisen und Mütter tat, und auch für ihre verfrorene Tochter Victoria.

»Ja«, sagte sie forsch, nachdem der erstaunte Blick des Regisseurs sie nicht losließ, »ich weiß, ich weiß, hier sehe ich etwas anders aus als in der Hauptstadt.«

Jetzt lachte Frank. »Entschuldigen Sie, aber in Berlin kannte man Sie als extravagante Frau mit dem besonderen Haarstil und den eleganten Hosenanzügen.«

»Die kurzen Haare habe ich immer noch, wie Sie sehen, und ich trage die Kleidung, die für mich hier passend ist.« Ihre Stimme klang schärfer, als sie gewollt hatte.

Sie setzte sich ihm gegenüber, blieb jetzt aber freundlich, und im Laufe der Unterhaltung ließ sie sich doch von ihm einnehmen, von der Intensität, mit der er über seine Pläne hier im Barocktheater sprach. Er wolle aus diesem kleinen Opernhaus ein berühmtes Theater machen, »in der Art, wie Sie es hier mit Ihrem Showtheater erreicht haben. Das ist außergewöhnlich«.

Wollte er wiedergutmachen, dass er sie gekränkt hatte? Hatte er es erkannt? Sie sprach wenig, hörte zu, als er über Berlin sprach, die Stadt, die...

Erscheint lt. Verlag 2.5.2023
Reihe/Serie Die Chronik der Familie Laverne
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2. Weltkrieg • 50er Jahre Romane/Erzählungen • Baden-Baden • Berlin • Bombenanschlag • Die Chronik der Familie Laverne • Die Chronik der Familie Laverne 3 • dramatische Romane • Drittes Reich Romane/Erzählungen • Familie Laverne • Familiengeschichten • Familiengeschichten Romane • Familienroman • Familienroman Nachkriegszeit • Familiensaga • familiensaga historisch • Familiensaga Kurort • Flucht • Geschwister • Große Liebe • historische Familienromane • historische familiensaga • historische Frauenromane • Historische Romane • historische romane 20. jahrhundert • historische Romane 2. Weltkrieg • Historische Romane Deutschland • historische Romane Europa • historische Romane Nachkriegszeit • Historische Romane Serie • Hotel Roman • Juri Petkov • Katja Maybach • Katja Maybach Bücher • Katja Maybach Laverne • Kurhotel • Kurort • Luise Laverne • Nachkriegszeit Deutschland • Nachkriegszeit Deutschland 50er Jahre • Nachkriegszeit Romane • Nationalsozialismus Roman • Ostpreußen • Pianistin • Romane 2. Weltkrieg • Romane für Frauen • Romane nach wahren Begebenheiten • Romane nach wahren Geschichten • Romane Zweiter Weltkrieg • Roman Hotel • Roman Kurhotel • Rote Armee • Saga Hotel • schicksalsromane • Schicksalsstunden • Schicksalszeit • Schwestern • Theater im Palmengarten • Victoria Laverne • wandel der zeit • Wunderkind • Zeitgeschichte Roman
ISBN-10 3-426-46265-6 / 3426462656
ISBN-13 978-3-426-46265-2 / 9783426462652
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