Geteiltes Land - Zwischen Angst und Freiheit (eBook)

Roman einer deutschen Familie

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60421-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Geteiltes Land - Zwischen Angst und Freiheit -  Farina Eden
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Für Liebe und Freiheit wagten sie alles - das Schicksal einer Familie im geteilten Deutschland Berlin 1961: Die Schrecken des Zweiten Weltkriegs sind Vergangenheit, und die Hauptstadt blüht wieder auf. Die 19-jährige Gesine aus Berlin-Mitte und der Westberliner Student Peter sind frisch verliebt, aber ihnen bleiben nur wenige Monate, bevor der Bau der Mauer der Beziehung ein jähes Ende bereitet. Gesine ist verzweifelt. Ihre alleinerziehende Mutter Lotte versteht den Schmerz ihrer Tochter und versucht, Gesine und ihrer Schwester Sonja trotz der schwierigen Situation in Ostberlin ein gutes Leben zu ermöglichen. Doch Gesines Entschluss steht fest: Sie wird zu Peter in den Westen flüchten. Sie ahnt nicht, dass der Preis für ihre Liebe weit mehr sein wird als ihre Freiheit ... Inspiriert von der eigenen Geschichte der Autorin Farina Eden ist selbst im Osten Berlins und damit in der DDR aufgewachsen. Ein Teil ihrer Familie reiste in den Westen aus, weshalb die in der DDR verbliebenen Angehörigen politischem Druck ausgesetzt waren. Diese Erfahrung diente der Autorin als eine Inspiration für die Trilogie, der jedoch keine einzelne Familienbiografie zugrunde liegt. Vielmehr hat sie verschiedenste historisch belegte Ereignisse zusammengetragen und zu einer »exemplarischen Familiengeschichte« verwoben. Farina Edens  mitreißende DDR-Saga, für die Leser:innen von Claire Winters »Kinder ihrer Zeit« und Ulrike Schweikerts »Friedrichstraßensaga« sowie für Fans der Serie »Weißensee«.

Farina Eden, 1977 in Berlin geboren, entdeckte bereits als Kind ihre Begeisterung für Bücher und begann früh mit dem Schreiben. Nach Schule und Abitur fand sie einen Weg, die Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Beruf zu verbinden. Sie studierte Deutsch und Englisch und unterrichtet heute an einer Realschule in Baden-Württemberg. Historischer Roman, Liebesroman, Jugendbuch oder Kurzgeschichten - Farina Eden ist in vielen Genres zuhause. 

Farina Eden, 1977 in Berlin geboren, entdeckte bereits als Kind ihre Begeisterung für Bücher und begann früh mit dem Schreiben. Nach Schule und Abitur fand sie einen Weg, die Leidenschaft fürs Schreiben mit ihrem Beruf zu verbinden. Sie studierte Deutsch und Englisch und unterrichtet heute an einer Realschule in Baden-Württemberg. Historischer Roman, Liebesroman, Jugendbuch oder Kurzgeschichten – Farina Eden ist in vielen Genres zuhause. Die dreibändige DDR-Saga ist inspiriert von wahren Begebenheiten und der eigenen Familiengeschichte der Autorin.

Kapitel 1


Gesine


Freitag, 9. September 1960


Gesine war außer sich. Einen Moment lang lief sie im dunklen Flur der kleinen Wohnung auf und ab und versuchte, sich zu beruhigen. Dann öffnete sie die Küchentür. Ihre Mutter Lotte saß am Tisch und schälte Kartoffeln. Inzwischen war nicht mehr zu übersehen, dass sie in anderen Umständen war. Auf Anraten des Arztes, galt sie mit ihren zweiundvierzig Jahren doch als Spätgebärende, hätte sie längst kürzertreten sollen, doch das war finanziell nicht machbar. Um ihre fast erwachsenen Töchter durchzubringen, arbeitete Lotte Richter weiter im Schichtbetrieb, war gerade nach einem schweren Tag in der Nachtschicht aufgestanden und hatte sich sofort darangemacht, Mittagessen zuzubereiten. Ihre Augen waren winzig, ihre Haare ungekämmt.

Vermutlich war sie noch gar nicht richtig wach, doch Gesine wollte nicht warten. Die Empörung platzte aus ihr heraus und entlud sich wie ein Sommergewitter. »Das darf nicht wahr sein! Was soll das nun schon wieder werden? Was tun die uns denn noch alles an? Hast du’s schon gehört, Mutti?«

»Ist es aus der Mode, guten Morgen zu sagen?«, fragte Lotte zurück, ohne von ihren Kartoffeln aufzusehen.

»Guten Morgen«, erwiderte Gesine, warf einen Blick auf die Uhr und schaltete dann das Radio ein. »Gleich zwölf. Zeit für Nachrichten.«

»So geheimnisvoll? Was bringt dich denn an einem Freitag im September so in Rage?«

Anstelle einer Antwort hob Gesine den Zeigefinger und deutete auf das Radio. Es dauerte einen Moment, doch dann rückte der Radiosprecher mit der Neuigkeit heraus, die Gesine bereits kannte:

»Das Revanchistentreffen, das vom 1. bis zum 4. September in Westberlin stattfand, stellte eine erhebliche Gefährdung von Ordnung und Sicherheit für unseren Staat dar. Daher wird angeordnet, dass Bürger der Bundesrepublik Deutschland nach unseren Strafgesetzen zur Verantwortung gezogen werden, wenn sie die Hauptstadt unserer Deutschen Demokratischen Republik ohne gültige Aufenthaltsgenehmigung betreten.«

»Diesem verschwurbelten Gerede kann doch sowieso keiner folgen«, sagte Lotte achselzuckend.

Gesine stemmte beide Hände in die Hüften und starrte ihre Mutter an. »Tu nicht so! Du hast ganz genau verstanden, was das heißt. Ab jetzt können uns Westberliner nur noch mit Genehmigung besuchen. Vati muss also von nun an jedes Mal nett fragen, bevor er kommt. Und was passiert, wenn ihm der Passierschein verweigert wird?«

Ihre Mutter verdrehte die Augen, erhob sich und stellte den Kartoffeltopf auf den Herd, der seit etwa anderthalb Jahren zu ihrer Küchenausrüstung gehörte und sowohl mit Holz als auch mit Gas befeuert werden konnte.

Lottes Schweigen brachte Gesine nur noch weiter auf. »Deine Gleichgültigkeit nehme ich dir nicht ab, Mutti! Du kannst mir nichts mehr vormachen. Du und Vati – ihr tut beide so, als käme er nur wegen Sonja und mir. Aber er kommt auch wegen dir. Was, wenn das nun nicht mehr geht? Wenn er diese dumme Erlaubnis nicht bekommt?«

»Dann ist das eben so«, gab Lotte kurz angebunden zurück. »Es wird schon seine Gründe haben, dass diese Anordnung nun in Kraft tritt.«

Gesine ließ sich auf den Küchenstuhl plumpsen, von dem ihre Mutter gerade aufgestanden war, und atmete hörbar aus. Es war sinnlos, mit ihr über Politik zu diskutieren. Ein einziges Mal hatte Lotte ihrer Tochter erklärt, dass nichts auf der Welt so schlimm wäre wie die Nazis. Mehr gab es für Lotte Richter zu diesem Thema offenbar nicht zu sagen.

»Du würdest ihn doch auch vermissen, Mutti«, sagte Gesine etwas leiser in der Hoffnung, ihre Mutter doch noch aus der Reserve zu locken.

»Ach ja?«, fragte Lotte zurück, und ihre Stimme bekam plötzlich einen giftigen Unterton. »Was genau sollte ich deiner Meinung nach denn vermissen? Dass er sich alle acht Wochen hier zum Kaffee einlädt, einige Tage bleibt und unsere karge Speisekammer leer futtert? Dass er trotz diesem Wurm hier«, sie deutete auf ihren gewölbten Bauch, »noch immer nicht daran denkt, mehr für mich und euch zu tun, als ab und an mal aufzukreuzen? Dass er Sonja und dir jedes Mal erzählt, dass da drüben, wo er lebt, alles viel besser und bunter und größer und überhaupt ist? Er setzt euch Kindern Flausen in den Kopf und verschwindet dann wieder. Ich stehe da mit all der Arbeit und den Geldsorgen und muss sehen, wie ich euch Mädchen durchbringe! Mag ja sein, dass du bemerkt hast, dass ich noch etwas für deinen Vater empfinde. Gefühle lassen sich schlecht in Schachteln verpacken und auf dem Dachboden verstauen. Aber Tatsache ist nun mal, dass er nach jedem Besuch wieder geht, weil ihm andere Dinge wichtiger sind. Es hilft nicht, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. Dann kann er eben nicht mehr kommen. Was ändert das in unserem Alltag schon groß?«

Ihre Mutter wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab, verließ eilig die Küche und ging ins Bad.

Mit hochgezogenen Augenbrauen sah Gesine ihr hinterher. Noch nie hatte sie sich so offen und ausführlich zu ihrem getrennt lebenden Mann Max Richter geäußert. Die Worte waren aus ihr herausgesprudelt, als hätten sie schon lange Zeit an der Oberfläche geschlummert.

Es hatte eine Zeit gegeben, in der Vati mit ihnen unter einem Dach gelebt hatte. Die Streitereien der beiden waren Gesine unauslöschbar im Gedächtnis geblieben. Andere Frauen waren das immer wiederkehrende Problem ihrer Eltern. Oder besser gesagt, das Problem ihrer Mutter, denn sicher genoss Vati seine unzähligen Liebschaften und empfand diese nicht als problematisch.

Sie musste etwa elf oder zwölf gewesen sein, als sie das Gespräch ihrer Eltern belauscht hatte, das das vorläufige Ende ihrer Familie darstellte. Vati hatte beteuert, dass ihm all die anderen Frauen nichts bedeuteten und lediglich ein spielerischer Zeitvertreib für ihn waren.

Doch von diesem Tag an hatte sich Gesines Mutter nicht mehr erweichen lassen und ihren Mann endgültig vor die Tür gesetzt. Er dürfe die Mädchen sehen, wann immer er wolle, hatte Gesine sie sagen hören. Er dürfe auch sie besuchen, wenn ihm der Sinn danach stand. Doch nie wieder würde sie einem Schürzenjäger wie ihm gestatten, auf ihren Gefühlen herumzutrampeln, während sie damit beschäftigt war, ihm das Leben so angenehm wie nur möglich zu machen.

Damals war Gesine stolz gewesen auf die Stärke ihrer Mutter. Inzwischen wusste sie jedoch, dass ihre Worte nie Realität geworden waren, denn Lotte Richter ließ noch immer zu, dass ihr Mann sie verletzte. Er mochte nicht mehr bei ihnen wohnen, doch wann immer er kam, gab es nur noch ihn. Gesine konnte sich nicht daran erinnern, dass sie jemals Nein gesagt hätte, wenn er seinen Besuch ankündigte, sie in den Arm nahm oder gar vor aller Augen küsste.

Gesine starrte auf die geschlossene Badezimmertür. Da ihre Mutter keinerlei Anstalten machte herauszukommen, packte sie das schlechte Gewissen. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, sie so zu bedrängen? Sie wusste doch, dass sie ihr Bestes gab, um für sie und ihre Schwester zu sorgen. Lotte hatte es geschafft, für sie drei eine Wohnung in der Stalinallee zu ergattern, in einem erst Ende der Fünfzigerjahre neu gebauten Wohngebiet zwischen Alexanderplatz und Strausbergerplatz. Schule, Kindergarten, Poliklinik, Kino, all diese Einrichtungen lagen fußläufig zu ihrem Zuhause, und als wären diese Annehmlichkeiten nicht schon genug, verfügten die Richters sogar über ein Innenbad mit fließendem Wasser und Badeofen. Die Toilette lag zwar einen Treppenabsatz tiefer und musste mit weiteren Mietern geteilt werden, doch das war nur ein winziger Nachteil, mit dem sich leben ließ.

Vati hatte immer wieder angedeutet, dass...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2023
Reihe/Serie Die DDR-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 60er Jahre • Ausreiseantrag • authentisch • Belletristik Neuerscheinung • Berliner Mauer • Berlin-Roman • Berührend • DDR-Buch • DDR-Flucht • DDR-Saga • DDR-Serie • Familiensaga • familiensaga bücher • Fluchttunnel • Frauenroman • Friedrichstraße • Geteiltes Deutschland • gute historische Romane • historienromane • Liebe • Mauerbau • Mauerfall • Mutter-Tochter-Beziehung • Neuer Historischer Roman • Ost-Berlin • Ostdeutschland • Ost-West • Roman für Frauen • Schwangerschaft • Schwestern • Stasi • wahre Begebenheiten • Weißensee • zerrissene Familie
ISBN-10 3-492-60421-8 / 3492604218
ISBN-13 978-3-492-60421-5 / 9783492604215
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