Feuer auf den Bergen (eBook)

Der atmosphärische Roman aus Südtirol
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2023 | 1. Auflage
432 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491273-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Feuer auf den Bergen -  Romina Casagrande
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Von Heimat, Aufbruch und der Weisheit der Berge Eine junge Frau sucht die Freiheit unter Schmugglern, ein verwilderter Junge sucht ein Zuhause Südtirol, am Hinteren Seelenkogel: Mächtig sind die Berge, hart ist das Leben hier an der Grenze zwischen Italien und Österreich. Luce lebt mit ihrem Vater und Bruder versteckt im Wald. Nachts riskieren die Männer auf alten Schmugglerpfaden ihr Leben, doch die Welt verändert sich schnell. Luce wünscht sich nichts mehr, als der Enge zu entkommen. Gibt es Frauen, die ihr helfen können? Und dann begegnet ihr der Junge, der versucht, im Wald zu überleben.  Jahre später macht sich ein Mann auf hoch in die Berge, denn ein Kind wird vermisst. Keiner kennt sich dort oben so gut aus wie er. Doch ihm bleibt nicht viel Zeit, um das Kind zu finden. Atmosphärisch und mitreißend erzählt Romina Casagrande von Menschen auf der Suche nach Heimat und Freiheit - und von der Schönheit und Weisheit der Berge und des Waldes.  »Eine soghafte Geschichte: Zwischen Bergen und Tälern mangelt es bis zur letzten Seite nicht an Geheimnissen.« Corriere del Trentino »Welch elegante und suggestive Prosa.« La Stampa »Gibt den vergessenen Frauen eine Stimme und erzählt uns von ihren Eroberungen.« Unione Sarda

Romina Casagrande, geboren 1977, lebt in Meran in der Provinz Bozen in Südtirol. Ihre Mutter ist deutsch, ihr Vater Italiener. Mit ihrem Roman »Als wir uns die Welt versprachen« gelang ihr auf Anhieb der Durchbruch als Autorin; auch ihr zweiter Roman »Feuer auf den Bergen« wird in viele Sprachen übersetzt. Romina Casagrande hat klassische Literatur und Geschichte studiert, für Museen in Südtirol gearbeitet und unterrichtet als Mittelstufen-Lehrerin. Sie liebt die Natur, besonders die Berge; ihr Zuhause teilt sie mit ihrem Mann, drei Papageien und zwei Hunden.

Romina Casagrande, geboren 1977, lebt in Meran in der Provinz Bozen in Südtirol. Ihre Mutter ist deutsch, ihr Vater Italiener. Mit ihrem Roman »Als wir uns die Welt versprachen« gelang ihr auf Anhieb der Durchbruch als Autorin; auch ihr zweiter Roman »Feuer auf den Bergen« wird in viele Sprachen übersetzt. Romina Casagrande hat klassische Literatur und Geschichte studiert, für Museen in Südtirol gearbeitet und unterrichtet als Mittelstufen-Lehrerin. Sie liebt die Natur, besonders die Berge; ihr Zuhause teilt sie mit ihrem Mann, drei Papageien und zwei Hunden. Teresa Englert, Jahrgang 1990, studierte Italianistik und Politikwissenschaft in Passau, Florenz und Augsburg sowie Literarisches Übersetzen in München. Heute arbeitet sie als Korrektorin, Texterin und Übersetzerin und lebt mit ihrem italienischen Ehemann in München.

Atmosphärische[r] Roman mit fast schon poetischer Sprache.

Mitreißend erzählt Romina Casagrande von Menschen auf der Suche nach Heimat - und von der Schönheit und Weisheit der Berge.

Eine wunderbare Geschichte, die einen weiten Bogen durch die Zeit spannt [...].

1


Jan blickte Richtung Gipfel, er hielt den Rand seiner Kapuze fest, damit sie nicht nach hinten flog. Er hätte den strömenden Regen verfluchen können, den der Wind auf ihn herabpeitschte und der ihn trotz der Wachsjacke bis auf die Haut durchnässte. Oder dieses Stück Land am Rande der Rätischen Alpen zwischen Wasserfällen und Flüssen, Felswänden und ewigem Eis. Eine Gegend, die er, stur, wie er war, nie verlassen hatte, um dort hinzugehen, wo der Sommer wirklich warm war und sich nicht nur auf zwei schwüle Wochen mit Stechmücken beschränkte, die im Frost des zehnmal so langen Winters zur blassen Erinnerung wurden. Und das, obwohl er die Kälte mit jedem Jahr mehr spürte, in den Knochen, in der Lunge. Auch seine Frau hatte ihm gesagt, dass sie ihren Ruhestand, mit Kokosöl eingerieben, an einem weißen Sandstrand verbringen wolle.

Die Spitze seines Stocks versank im Matsch. Birkenholz, gut zum Sammeln von Pilzen unter den Blättern, aber wenig hilfreich, um auf einem Pfad durch Tannen- und Kiefernwälder voranzukommen, der immer schmaler wurde und sich dann zwischen den Gesteinsbrocken auf der Gebirgswiese verlor.

Im Herbst würde noch mehr Regen fallen und den Boden weiter durchweichen, das war absehbar. Und dieses Stück Erde würde sich nicht weiter nach Süden drehen, den Beginn eines neuen Erdzeitalters oder die Verschiebung der Erdachsen einmal ausgeschlossen. Es gelang ihm nicht, den Gedanken zu vertreiben, der ihm seit mehreren Stunden im Kopf herumschwirrte: Wer brach mit einer Gruppe von Kindern und Erwachsenen, allesamt undiszipliniert und leichtsinnig, zu einer Wanderung auf, ohne die Wetteraussichten im Blick zu haben?

Die Antwort führte auf direktem Wege zu ihm, Jan Fein: einem Mann um die fünfzig Jahre, der gerade inmitten des Unwetters auf einen Schlammberg stieg, um das im Wald verlorengegangene Kind nach Hause zu bringen. Er hatte seinen Rucksack, einen Schlafsack und die alten Bergschuhe dabei, die er im letzten Moment vor der Mülltonne gerettet hatte. Er hatte sie seiner Frau aus den Händen gerissen, die einfach nicht verstehen wollte, wie sehr er an ihnen hing, obwohl er sie in der Garage verstauben ließ.

Eigentlich sollte er gar nicht hier sein. Während ihn der rauschende Regen den Schritt beschleunigen ließ, dachte Jan daran, dass ihm nur noch wenige Stunden Tageslicht blieben. Im Basislager unten im Tal hatten sie inzwischen die ersten Scheinwerfer eingeschaltet. Zwei waren auf einem großen Laster angebracht, den sie auf die Straße gestellt hatten.

Begonnen hatte alles an einem sonnigen Morgen mit einer fröhlichen Gruppe von Kindern, gefolgt von Eltern und Verwandten, Rucksäcken und Zelten. Vor dem Aufbruch zum Pfarrausflug hatten sie ein Foto geschossen, das nur wenige Stunden später von Hand zu Hand gereicht werden würde, markiert mit einem roten Kreis um das Gesicht des Jungen mit dem Superhelden-T-Shirt. Sie hatten den ganzen Nachmittag auf der Schneidalm verbracht, gespielt und gesungen. Danach waren sie in Fünfergruppen abgestiegen. »Schön hintereinander«, hatte Clara, eine der Mütter, gesagt.

Diszipliniert, in Reih und Glied. Wie eine Büffelherde. Er verzog das Gesicht, als er sich an das Gespräch mit Kepler erinnerte, dem Koordinator der Einsatzkräfte.

Er, Wilma und die anderen Eltern hatten gebannt nach oben zum gewaltigen Schatten des Hubschraubers geblickt, als der plötzlich abdrehte. Seine Flughöhe war wie ihre Hoffnung gesunken.

Dem Regen und den Windböen konnte der Helikopter standhalten, aber die herabsinkenden Nebelbänke zwangen ihn umzukehren, während sich der Bodentrupp auf rutschigen Pfaden weiter voranschleppte, hinter den Hunden her, die vom vielen Wasser und all den Gerüchen, die sich in ihren schwarzen Nasen verfingen, verwirrt waren – sie rochen Wald, Wasserfälle, Felshöhlen, Tiere und Wurzeln, Moos, Bergschuhe, Gummi.

»Wie kann man bloß ein Kind verlieren, wenn sich alle zusammen auf den Rückweg gemacht haben?«, war es seiner Frau herausgerutscht.

»Wilma, die Kinder sind zurück ins Tal gelaufen wie eine Büffelherde.« Kepler war nicht gerade feinfühlig, und in einer anderen Situation hätte Jan über den passenden Vergleich schmunzeln müssen.

»Da waren Erwachsene dabei«, setzte sie nach.

»Die haben Fotos mit ihren Handys gemacht und Rezepte ausgetauscht, während die Kinder vorausgelaufen sind und sich dabei gegenseitig mit ihren Trinkflaschen abgeworfen und mit ihren Regenschirmen bekämpft haben.« Kepler musste zurück auf seinen Posten. »Die beste Gelegenheit, zum Wildbach zu laufen, die Flasche aufzufüllen und zurückzubleiben.«

»Oder auf einem Felsen auszurutschen und abzustürzen.« Das ganze Tal lag auf erdrutschgefährdetem Gestein und war durchzogen von Gebirgsbächen und Wasserfällen, die von den Gletschern herunterkamen und die Erde aushöhlten. Eine natürliche Festung, die auf Treibsand ruhte.

Kepler war stehen geblieben: »Jan, was zum Teufel soll passiert sein? Meinst du, ein Bär hat ihn gefressen?« Er hatte gelacht und den Schirm seiner Mütze zurechtgerückt, während die Gruppe von Eltern ihn erschrocken angestarrt hatte.

»Das ist alles nicht auszuschließen.« Dann, nachdem Jan noch mal darüber nachgedacht hatte: »Außer das mit dem Bären.«

Kepler hatte sich in die Mitte gestellt, er hatte jetzt die volle Aufmerksamkeit: »Von der Almhütte führen zwei fast parallele Wege ins Tal.« Er hatte die Strecke mit der Hand in die Luft gezeichnet. »Einer führt am Bach entlang, der andere ist der alte Saumpfad der Schmuggler, der verläuft westlicher und geht bis hier oben.«

Niemand nannte ihn mehr so, Schmugglerpfad. Das erinnerte an Legenden, die keine waren und die mit den Geschichten der Alten verlorengegangen waren. »Wir glauben, dass er unaufmerksam war und den falschen Weg genommen hat. Dann hat er gemerkt, dass er allein ist, und es hat angefangen zu regnen. Ihr wisst besser als ich, wie Kinder sind. Aber ihm war klar, dass er runter muss. Und wir werden ihn im Tal finden.«

Kepler hatte sich von der Gruppe der Eltern verabschiedet und ihm bedeutet mitzukommen.

Als sie allein waren, verdunkelte sich seine Miene.

»Das Kind wird runterkommen, das ist unsere einzige Gewissheit. Da draußen ist die Hölle los, und ich kann das Leben meiner Männer nicht riskieren. Du hast sie gesehen, Jan. Sie sind halbe Kinder.«

Unerfahren. »Aber gut ausgerüstet.«

»Kannst du dich daran erinnern, als wir bei der Bergrettung waren und hochgegangen sind?«

Jan hatte sich zwingen müssen, nicht auf die Hüfte des Freundes zu starren. Das bionische Ersatzteil, wie er es scherzhaft nannte. Ein tiefer Sturz von einer Felswand und vier eingesetzte Stahlplatten hatten ihn für immer zum hinkenden Krüppel gemacht. Aber das hatte ihn keinen Tag von den Bergen ferngehalten, er war dort geboren, sein Blut war aus feuchter Erde, und Jan wusste, was das bedeutete.

»Wir haben vierundzwanzig Stunden, um ihn zu finden. Wenn er Wasser und ein Brötchen im Rucksack hat, könnte er wie lange ausharren? Drei Tage? Vorausgesetzt, er ist keinen Abgrund hinuntergestürzt und wirklich keinem Bären begegnet. Du weißt besser als ich, dass mit jeder Stunde, die vergeht, die Wahrscheinlichkeit steigt, ihn in einer Felsspalte zu finden.« Er musste das nicht weiter ausführen. Kepler scherzte nicht mehr. Jan ebenso wenig.

»Du kennst diese Berge. Du weißt, wozu sie imstande sind.«

Jan fühlte, wie sein Herz schneller schlug. »Ich gehe da schon ewig nicht mehr rauf.«

»Du kennst die Bauern. Sie vertrauen dir. Jedes Frühjahr, bevor sie das Gras mähen, holen sie dich wegen der Hirsche. Dachtest du, ich wüsste das nicht?« Es gefiel ihm, im Vorteil zu sein und die Schwächen seines Freundes zu kennen, für die er ihn immer geschätzt hatte.

Jan senkte den Kopf. Die Hirschkälber blieben zusammengekauert im hohen Gras, während die Mütter loszogen, um Nahrung zu suchen. Der Instinkt befahl den Kälbern, reglos im sicheren Versteck ihre Rückkehr abzuwarten. Als Schutz vor Raubtieren hatte das lange ihr Überleben gesichert – bis zum Aufkommen der Mähmaschinen. Die Messer zerfetzten ihre wehrlosen kleinen Körper. Jan spürte sie auf, bevor es zu spät war.

»Jedes Kind könnte sie ganz einfach von oben mit einer Spielzeugdrohne ausfindig machen.«

»Aber du brauchst keine Drohne.«

»Willst du mir sagen, dass ich hochsteigen soll?«

Kepler hatte den Kopf geschüttelt. »Ich könnte dich jetzt niemals rausschicken, nicht offiziell«, sein tiefer Seufzer entließ eine Atemwolke in die Luft. »Aber ich bin mir sicher, dass der Junge hier irgendwo ist, viel näher, als wir glauben. Man braucht einfach den richtigen Riecher, und den hast du. Und wir bräuchten jemanden, der diese verfluchten Wolken wegbläst, damit wir keine Zeit verlieren.«

Sie waren von Gabriele überrascht worden, der ihnen entgegenrannte.

Jan erinnerte sich gut an seine Worte. »Sie finden ihn, stimmt’s Papa? Er war bei mir, weißt du.«

Sie hatten ihm gesagt, dass es nicht seine Schuld war, dass er nichts hätte tun können. Weil Dinge passieren. Aber das hatten sie ihm nicht gesagt. Dass manchmal etwas kaputtgeht, auch wenn wir überzeugt sind, dass es in unseren Händen sicher ist.

»Es ist noch viel komplizierter als das, Gabriele«, flüsterte Jan dem Felsen zu, während er sich das Gesicht seines Sohnes vorstellte, den Glanz...

Erscheint lt. Verlag 26.4.2023
Übersetzer Teresa Englert
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Acht Berge • Alpen • Aufstand • Bauern • Bergbauern • Bergromantik • Bergsalz • Bergwandern • Der Gesang der Flusskrebse • Der Salzpfad • Elena Ferrante • Entspannen • Frauenschicksal • Gebirge • Geheimnis • geschenke für freundinnen • Grenze • Heimat • ich bleibe hier • Italiener • Jarka Kubsova • Junge Frau • Karin Kalisa • Leben in den Bergen • Luca Di Fulvio • Marco Balzano • Natur • Offene See • Robert Seethaler • Schmuggler • Seelenkogel • Siebziger Jahre • Südtirol • Unabhängigkeit • Urlaubs-Lektüre • Urlaubs-Roman • Wald
ISBN-10 3-10-491273-4 / 3104912734
ISBN-13 978-3-10-491273-8 / 9783104912738
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