Gnadenlose Provence (eBook)
384 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491453-4 (ISBN)
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Wieder gelingt es ihm aufs kurzwelligste und spannendste, den Widerspruch zu schildern: Hier der Charme der Provence, da das ungeheure Verbrechen.
Lesen und anschließend Kochen.
Das ist spannend und berührend, lebensfroh und ein bisschen Radsportverrückt – Provence eben, im Tour-Sommer.
Man mag das Buch gar nicht weglegen, bevor man es durchgelesen hat. Klasse!
Pierre Lagrange hat erneut einen spannenden Krimi vor der schönen Landschaft der Provence vorgelegt.
Der perfekte Urlaubskrimi für den nächsten Provence-Urlaub
2
Castel schob einen Kaugummi in den Mund, zerknüllte das Papier und ließ es in der Jeanstasche verschwinden. Sie schob die Pilotenbrille ins Haar, das sie inzwischen halblang trug. Der etwas femininere Touch gefiel ihr gut. Sie hatte genug von dem Tomboy-Schnitt der vergangenen Jahre. Die alten Chucks trug sie aber immer noch. Ebenso das schlichte, helle Longshirt mit der Knopfleiste. Die Ärmel waren hochgeschoben. Über dem rechten hatte sie die signalrote Binde mit der Aufschrift »Police« befestigt.
An der linken Hand trug sie einen silbernen Chronographen mit Metallarmband, der das arabische Tattoo auf der Innenseite des Handgelenks verdeckte. Sie hatte keine Lust mehr, ständig darauf angesprochen zu werden. Ihr war nichts Besseres eingefallen, als es mit einer fetten Uhr zu verdecken. Der Zeitanzeiger hatte ihrem Kollegen Alain Theroux Respekt eingeflößt, der auf solche Dinge abfuhr. Er stand drüben bei den anderen Polizisten und trug ebenfalls eine Armbinde, außerdem eines dieser Hemden mit zahllosen Aufnähern, die Anfang des neuen Jahrtausends einmal modern gewesen waren. Gerade ließ er sich irgendetwas erklären, wozu er sich Notizen machte.
Castel rollte den Kaugummi von der einen Backe zur anderen, kickte einen Stein zur Seite und schob die Hände in die Gesäßtaschen der Jeans. Sie sah nach links, nach rechts, drehte sich um die eigene Achse und ließ den Blick über ein Weinfeld schweifen, das an die ihr gegenüberliegende Straßenseite angrenzte. Hinter ihr ging es hangaufwärts. Rechts führte die voll gesperrte Straße nach Saint-Pierre, links ging es nach Mormoiron. Vor ihr auf dem Asphalt lagen das Rennrad und sein Fahrer in einer getrockneten Blutlache.
Die Spurensicherung untersuchte das Umfeld, während der Fundort bereits wieder freigegeben war und die Rechtsmedizin ihre Arbeit verrichtete. Berthe und ihr Team waren aus Nîmes gekommen, um das Offensichtliche zu bestätigen: Ein Radfahrer war getötet worden, und zwar durch einen seitlichen Schuss in den Kopf. Gemäß der Ausrichtung des Körpers und des Fahrrads war der Mann, den Cat auf Mitte sechzig schätzte, auf dem Weg nach Saint-Pierre gewesen. Was bedeutete, dass der Schütze wohl aus Richtung des Weinfeldes geschossen haben musste.
Es war noch völlig unklar, ob er ein Gewehr oder eine Pistole benutzt oder womöglich sogar aus einem fahrenden Auto geschossen hatte – zum Beispiel aus der Gegenrichtung kommend oder bei einem Überholvorgang.
Die Leiche war von einem Lkw-Fahrer entdeckt worden, der zunächst von einem Unfall mit Fahrerflucht ausgegangen war. Aber vor Ort hatte die Gendarmerie sehr schnell gesehen, dass der Radfahrer erschossen worden war, eine entsprechende Meldung abgesetzt und die Straße abgesichert. Schließlich waren Castel und Theroux angerückt, die sich eigentlich gerade mit einer Einbruchsserie in leer stehende Ferienhäuser befassten und zu einigen Zeugenbefragungen aufbrechen wollten. Aber das musste nun warten.
Castel machte mit dem Kaugummi eine Blase, ließ sie platzen. Theroux war mit seiner Unterhaltung fertig und kam herüber. Obwohl er eine übergroße Sonnenbrille mit goldglänzendem Gestell trug, war ihm der Schlafmangel anzusehen. Er war kürzlich erneut Vater geworden. Die Belastung setzte ihm offensichtlich zu. Die Kleine trug den Namen Valerie. Castel erinnerte sich gut daran, wie Theroux freudestrahlend bei der Hochzeitsfeier der Leclercs aufgetaucht war und die frohe Botschaft verkündet hatte.
Heute Morgen hatte Alain bereits sein Leid darüber geklagt, dass Valerie Verdauungsstörungen habe und die Nächte die Hölle waren. Zu allem Überfluss hatte sich auch noch sein Sohn beim Skateboardfahren vorgestern das Schienbein gebrochen, und außerdem war zu Hause die Klimaanlage ausgefallen, was bei dieser Gluthitze kein Vergnügen war.
Theroux blähte die Backen, nahm die Sonnenbrille ab und rieb sich die Augen. »Gaspard Lacroix, verflucht noch eins.«
Castel kaute. »Und?«
»Wie und?«
Castel zuckte mit den Achseln. »Ist das der Name des Toten?«
»Habe ich doch gesagt.«
»Du hast nur den Namen erwähnt. Was weiß ich, das könnte ja jeder sein, zum Bespiel einer der Gendarmen.«
Theroux blickte Castel an, als habe sie ihm gerade eine Dreisatzaufgabe mit vier Unbekannten aufgegeben. Er war ein ausgezeichneter Polizist, aber manchmal stand er ziemlich auf der Leitung. Dann war es so, als würden Informationen wegen irgendeiner gebrochenen Lötstelle in seinem Gehirn falsch übersetzt oder nicht ankommen.
»Nein«, erwiderte er, »die heißen anders. Steht doch auf ihren Namensschildern.«
»Alain …«
»Was gibt’s denn da noch mehr zu sagen?«
»Alain, können wir uns …«
»Gaspard Lacroix, habe ich gesagt. Ist doch klar, was ich damit meine.«
Castel machte noch eine Kaugummiblase und ließ sie erneut platzen. »Also, der Tote ist ein Mann namens Gaspard Lacroix.«
»Der Gaspard Lacroix.«
Castel zuckte wieder mit den Schultern. »Den Namen habe ich noch nie gehört.«
»Was?«
»Nein, noch nie gehört.«
Theroux dachte kurz nach, nickte dann und sagte: »Okay, das muss vor deiner Zeit in Carpentras gewesen sein, als du noch in Marseille gearbeitet hast. Gaspard Lacroix ist ein früherer Kollege, ein Expolizist.«
»Oh«, machte Castel. »Nicht gut.«
»Ganz und gar nicht gut«, sagte Theroux. »Er hatte seine Papiere dabei, sein Handy ebenfalls. Wir haben ihn eindeutig identifiziert. Berthe kennt ihn auch. Er ist vor drei Jahren in Pension gegangen, hat zuvor bei der Police Municipale in Avignon gearbeitet, lebte aber in Carpentras.«
Ein getöteter Kollege, ob Ex oder nicht – das setzte bei der Polizei eine ganz andere Dynamik in Gang als bei sonstigen Mordfällen. Es weckte den Korpsgeist und eine große interne Anteilnahme. Natürlich war es nicht so, dass sich die Polizei sonst weniger Mühe gab. Doch wenn es einen Kollegen erwischte, hatte es einen von ihnen erwischt. Es war persönlich.
Schließlich merkte Castel auf, als sie eine Geste von Berthe sah, die sie und Theroux zu sich winkte. Beide traten zu ihr und zu der Leiche, die gerade von Berthes Assistenten gefilmt wurde wie zuvor schon von der Spurensicherung – es war später immer besser, Standbilder von Videos als einzelne Fotos zu haben.
Berthe nahm ihre Lesebrille ab und tauschte sie gegen das Modell mit dem knallroten Rahmen. Die Sonne schien ihr nichts auszumachen. Einen Moment später kam auch Bruno Grinamy herüber, der die Spurensicherung leitete. Er trug einen weißen faserfreien Overall. Der Reißverschluss war aufgezogen und darunter ein pinkfarbenes Poloshirt zu sehen. Grinamy schwitzte. Eigentlich wollte er schon längst im Ruhestand sein. Aber man hatte ihn gefragt, ob er nicht noch etwas verlängern wollte, weil es personelle Probleme gab. Grinamy hatte eingewilligt, aber angekündigt, dass in diesem Jahr endgültig Schluss sei und er nicht länger den potenziellen Nachfolgern im Wege stehen wolle. Seine Glatze glänzte in der Sonne.
»Also«, sagte Berthe, »nach der Erstbeschau würde ich sagen, dass uns später bei der Obduktion keine größeren Überraschungen ins Haus stehen sollten. Ich bin der Meinung, dass der Mann links oberhalb des Ohres von einem Schuss getroffen wurde, der seinen Helm auch beim Austritt durchdrang. Dann stürzte er tot vom Rad. Das Ereignis dürfte vielleicht zehn Meter von unserem Standort entfernt stattgefunden haben. Dann ist er – je nach Tempo – noch etwas gerollt und über die Straße geschlittert. Er war in jedem Fall sofort tot. Da es ein Durchschuss war, müsste es noch ein Projektil geben.«
Grinamy nickte und seufzte. Das bedeutete für sein Team, dass sie eine Nadel im Heuhaufen suchten. Dennoch klang er zuversichtlich und sagte: »Auf der anderen Straßenseite ist ja ein Felshang. Das sollte nicht allzu schwer werden. Die Kugel dürfte sich in den Stein gebohrt haben, oder sie ist abgeprallt.« Immerhin besser und chancenreicher, dachte Castel, als ein leeres Feld oder einen Wald absuchen zu müssen, was Tage dauern konnte.
Theroux wandte sich an Berthe: »Gibt es eine Vermutung, welche Art Waffe verwendet wurde?«
»In Anbetracht der Verletzungen würde ich annehmen, dass es eine Waffe mit hoher Durchschlagskraft war. Also eher ein Gewehr als eine Pistole.«
Castel drehte sich in Richtung des Weinfeldes und deutete dorthin. »Also hielt sich der Schütze vermutlich im Weinfeld zwischen den Rebstöcken auf und hat von dort aus auf Gaspard Lacroix geschossen. Das nächste Gebäude dort hinten ist einige hundert Meter entfernt.«
»Einige hundert Meter«, sagte Grinamy, »sind mit dem richtigen Gewehr keine Entfernung.«
Castel nickte. »Aber von dort aus wäre der Winkel ein anderer gewesen, oder? Wäre der Schütze dort gewesen, dann hätte der Schuss eher die Stirn getroffen.«
»Richtig«, sagte Grinamy und sah sich um. »Sehen wir doch mal gemeinsam nach«, meinte er dann, zog zwei Packungen mit Überziehern für die Schuhe aus der Tasche und gab sie Castel und Theroux.
Ein paar Minuten später gingen sie durch das Feld, nachdem Grinamy auf der Fahrbahn die Zone markiert hatte, in der Lacroix wohl von der Kugel getroffen worden war. Die übrigen Forensiker hatten bereits begonnen, in diesem Abschnitt an den Felsen nach dem Projektil zu suchen, und nutzten dazu auch ein Metallspürgerät.
Im Weinfeld nahm sich Castel eine Furt vor, Grinamy und Theroux jeweils die parallel verlaufenden. Castel fixierte den Blick auf die trockene Erde, ohne dass ihr etwas auffiel. Sie gingen etwa zweihundert Meter weit, bis...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2023 |
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Reihe/Serie | Ein Fall für Commissaire Leclerc | Ein Fall für Commissaire Leclerc |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Carpentras • Commissaire Albin Leclerc • Ermittlerkrimi • Ermittlerroman in Frankreich • Frankreich • frankreich-krimi • Geschenk für Männer • Hund • Jean-Luc Bannalec • Mops Tyson • Pierre Lagrange • Provence-Krimi • Radrennen • Tour de France • Tour de France Kriminalroman • Urlaub • Urlaubsroman |
ISBN-10 | 3-10-491453-2 / 3104914532 |
ISBN-13 | 978-3-10-491453-4 / 9783104914534 |
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