KAPITEL I. - DAS TAL DES NILS

Die Abstammung und Geburt Kleopatras.-Kleopatras Aufenthalt in Ägypten.-Physikalische Aspekte Ägyptens.-Die Schwingen des Adlers und die Wissenschaft.-Physikalische Besonderheiten Ägyptens in Verbindung mit den Gesetzen des Regens.-Generalgesetze des Regens. -Ursachen, die die Regenmenge verändern.-Eklatante Gegensätze.-Regenlose Regionen.-Große regenlose Region Asiens und Afrikas.-Die Anden.-Karte der regenlosen Region.-Tal des Nils.-Das Rote Meer.-Die Oasen.-Siweh. -Das Mondgebirge.- Der Nil.-Anhaltende Regenfälle.-Überschwemmung des Nils.-Flusslauf des Nils.-Überschwemmung des Wassers.-Üppige Vegetation.-Abwesenheit von Wäldern.-Großes Altertum Ägyptens.-Ihre Monumente. -Das Nildelta.-Das Delta vom Meer aus gesehen.-Pelusische Mündung des Nils.-Kanopische Mündung.-Altes Ägypten.-Pyramiden.-Eroberungen der Perser und Mazedonier.-Ptolemäer.-Gründung von Alexandria.-Pharos.

DIE Geschichte von Kleopatra ist eine Geschichte des Verbrechens. Sie ist eine Erzählung über den Verlauf und die Folgen einer ungesetzlichen Liebe. In ihrer seltsamen und romantischen Geschichte sehen wir diese Leidenschaft mit der vollständigsten und anschaulichsten Treue in all ihren Einflüssen und Auswirkungen dargestellt; ihre unkontrollierbaren Impulse, ihre berauschenden Freuden, ihre rücksichtslose und verrückte Karriere und die schrecklichen Gewissensbisse und die letztendliche Verzweiflung und den Ruin, in dem sie immer und unweigerlich endet.

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Karte: Schauplatz von Kleopatras Geschichte

Kleopatra war von Geburt an Ägypterin, aber von ihrer Abstammung her war sie eine Griechin. Obwohl Alexandria und das Nildelta der Schauplatz der wichtigsten Ereignisse und Begebenheiten ihrer Geschichte waren, floss in ihren Adern das Blut Makedons. Ihr Charakter und ihre Handlungen sind von dem Genie, dem Mut, der Originalität und der Impulsivität geprägt, die zu dem Stamm gehören, dem sie entsprungen ist. Die Ereignisse ihrer Geschichte und der besondere Charakter ihrer Abenteuer, ihrer Leiden und ihrer Sünden wurden dagegen von den Umständen bestimmt, mit denen sie umgeben war, und von den Einflüssen, die in dem weichen und üppigen Klima, in dem sich die Schauplätze ihres frühen Lebens befanden, auf sie einwirkten.

Ägypten gilt seit jeher als das physisch bemerkenswerteste Land auf dem Globus. Es ist ein langes und enges Tal voller Grün und Fruchtbarkeit, das vom Rest der bewohnbaren Welt völlig isoliert ist. Es ist sogar noch isolierter, als es eine buchstäbliche Insel sein könnte, denn Wüsten sind unpassierbarer als Meere. Allein die Existenz Ägyptens ist ein außergewöhnliches Phänomen. Wenn wir uns nur mit den Flügeln eines Adlers in die Lüfte erheben und auf die Szene herabblicken könnten, um den großartigen und doch einfachen Prozess zu beobachten, durch den dieses lange und wunderbare Tal, in dem es von tierischem und pflanzlichem Leben nur so wimmelt, entstanden ist und jedes Jahr neu belebt und erneuert wird, inmitten der umgebenden Wüsten der Stille, der Trostlosigkeit und des Todes, würden wir es mit unendlicher Bewunderung und Freude betrachten. Wir haben nicht die Flügel des Adlers, aber die Verallgemeinerungen der Wissenschaft liefern uns eine Art Ersatz für sie. Die lange Reihe geduldiger, sorgfältiger und kluger Beobachtungen, die nun schon zweitausend Jahre andauert, bringt uns Ergebnisse, mit deren Hilfe wir durch unsere geistige Vorstellungskraft einen umfassenden Überblick über die gesamte Szene gewinnen können, der in mancher Hinsicht dem entspricht, was uns die direkte und tatsächliche Sicht bieten würde, wenn wir vom Standpunkt des Adlers aus auf sie herabblicken könnten. Es ist jedoch eine gewisse Demütigung für unseren intellektuellen Stolz, wenn wir bedenken, dass langwierige philosophische Untersuchungen und gelehrte wissenschaftliche Forschungen in einem solchen Fall in gewissem Sinne nur eine Art Ersatz für Flügel sind. Ein menschlicher Verstand in Verbindung mit einem Paar Adlerflügeln hätte das Rätsel Ägyptens in einer Woche gelöst, während Wissenschaft, Philosophie und Forschung, die sich auf die Oberfläche des Bodens beschränken, zwanzig Jahrhunderte lang damit beschäftigt waren, dieses Unterfangen zu vollenden.

Schließlich stellt sich heraus, dass sowohl die Existenz Ägyptens selbst als auch seine merkwürdige Isolierung inmitten grenzenloser Gebiete aus trockenem und unfruchtbarem Sand von bestimmten bemerkenswerten Ergebnissen der allgemeinen Gesetze des Regens abhängen. Das Wasser, das von der Atmosphäre durch Verdunstung von der Meeres- und Landoberfläche aufgenommen wird, fällt unter bestimmten Umständen in Form von Regenschauern wieder herunter, deren Häufigkeit und Fülle in den verschiedenen Teilen der Erde sehr unterschiedlich sind. Grundsätzlich ist der Regen in der Nähe des Äquators viel häufiger und ergiebiger als in den gemäßigten Klimazonen, und er wird immer weniger, je mehr wir uns den Polen nähern. Das war natürlich zu erwarten, denn unter der brennenden Sonne des Äquators muss die Verdunstung des Wassers zwangsläufig viel schneller vonstatten gehen als in den kälteren Zonen, und alles Wasser, das aufgenommen wird, muss natürlich auch wieder zurückfließen.

Die Menge des Regens, die aus der Atmosphäre fällt, hängt jedoch nicht ausschließlich von der geographischen Breite der Region ab, in der die Verdunstung stattfindet. Denn die Bedingung, von der das Zurückfallen des durch Verdunstung aufgenommenen Wassers in Form von Regen hauptsächlich abhängt, ist die Abkühlung der atmosphärischen Schicht, in der es sich befindet, und dieser Effekt wird auf sehr unterschiedliche Weise erzeugt und durch viele verschiedene Ursachen verändert. Manchmal wird die Schicht abgekühlt, indem sie über Gebirgsketten geweht wird, manchmal, indem sie auf kühlere Luftströme trifft und sich mit ihnen vermischt, und manchmal, indem sie von Winden in höhere und damit kühlere Breitengrade getrieben wird. Bewegt sich die Luft dagegen von kalten Bergen zu warmen und sonnigen Ebenen oder von höheren zu niedrigeren Breitengraden, oder vermischt sie sich in den verschiedenen Strömungen, in die sie gerät, mit Luft, die wärmer ist als sie selbst, so erhöht sich ihre Kapazität, den Dampf in Lösung zu halten, und sie wird durstig nach mehr, anstatt das Wasser, das sie bereits in ihrem Besitz hat, loszulassen. Unter diesen Umständen bewegt er sich als warmer und austrocknender Wind über ein Land. Unter umgekehrten Umständen hätte er Nebelschwaden oder vielleicht sogar ergiebige Regenschauer gebildet.

Aus diesen Überlegungen wird ersichtlich, dass die Häufigkeit der Regenschauer und die Menge des Regens, die in den verschiedenen Regionen, die die Erdoberfläche aufweist, fallen wird, von dem kombinierten Einfluss vieler Ursachen abhängen muss, wie der Wärme des Klimas, der Nähe und der Richtung von Bergen und Meeren, dem Charakter der vorherrschenden Winde und den reflektierenden Eigenschaften des Bodens. Diese und ähnliche Ursachen führen tatsächlich zu großen Unterschieden in der Regenmenge, die in den verschiedenen Regionen fällt. Im nördlichen Teil Südamerikas, wo das Land auf jeder Seite von riesigen tropischen Meeren umgeben ist, die die heiße und durstige Luft mit Dämpfen beladen, und wo die mächtigen Kordilleren der Anden ihre eisigen Gipfel erheben, um die Dämpfe abzukühlen und wieder auszufällen, fällt in einem Jahr eine Regenmenge von mehr als zehn Fuß in senkrechter Höhe. In St. Petersburg hingegen beträgt die Menge, die in einem Jahr fällt, nur wenig mehr als einen Fuß. Die gewaltigen Wassermassen, die sich in Südamerika aus den Wolken ergießen, würden das Land vollständig überschwemmen, wenn das Wasser dort bliebe, wo es fällt. So aber fließen die Ströme durch die Täler zum Meer und bilden den größten Fluss der Welt - den Amazonas. Die Vegetation, die durch die Hitze angeregt und durch die reichliche und unaufhörliche Zufuhr von Feuchtigkeit genährt wird, wird so üppig und überzieht die Erde mit einer so verfilzten Masse von Stämmen, Stängeln und verschlungenen Kränzen und Ranken, dass der Mensch fast ausgeschlossen ist. Die grenzenlosen Wälder werden zu einem riesigen und fast undurchdringlichen Dschungel, der wilden Tieren, schädlichen Reptilien und riesigen und wilden Raubvögeln überlassen ist.

Natürlich muss das Gebiet von St. Petersburg mit seinem eisigen Winter, seiner tiefstehenden und kraftlosen Sonne und seinen zwölf Zoll Regen pro Jahr zwangsläufig einen auffälligen Kontrast zur üppigen Pflanzen- und Tierwelt von New Grenada darstellen. Es ist jedoch nicht das absolut entgegengesetzte Extrem. Es gibt bestimmte Regionen auf der Erde, in denen es tatsächlich nicht regnet, und diese bilden den wahren und echten Kontrast zu der üppigen Vegetation und dem wimmelnden Leben im Land des Amazonas. In diesen regenlosen Regionen herrscht zwangsläufig Stille, Trostlosigkeit und Tod. Keine Pflanze kann wachsen, kein Tier kann leben. Auch der Mensch ist für immer und hoffnungslos ausgeschlossen. Wenn die üppige Fülle des tierischen und pflanzlichen Lebens ihn in gewissem Maße von den Regionen ausschließt, in denen ein Übermaß an Hitze und Feuchtigkeit zu produktiv ist, so verbietet ihm die völlige Abwesenheit von ihnen noch effektiver eine Heimat in diesen Regionen. Sie werden daher zu riesigen Wüsten aus trockenem und unfruchtbarem Sand, in dem keine Wurzel Nahrung finden kann, und zu trostlosen Felsen, an denen sich nicht einmal eine Flechte festhalten kann.

Die ausgedehnteste und bemerkenswerteste regenlose Region der Erde ist ein riesiger Landstrich, der...