Cinema Speculation (eBook)

Die Filme meines Lebens
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-31136-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Cinema Speculation -  Quentin Tarantino
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Quentin Tarantino gehört nicht nur zu den berühmtesten Filmemachern der Gegenwart, sondern ist wohl auch der mitreißendste Filmliebhaber der Welt. Jahrelang hat er in Interviews davon gesprochen, dass er eines Tages Bücher über Filme schreiben wird. Jetzt, mit CINEMA SPECULATION, ist es soweit, und das Ergebnis ist alles, was sich seine Fans und alle Filmliebhaber erhofft haben. Dieses Buch, das sich um die wichtigsten amerikanischen Filme der 1970er Jahre dreht, die er alle zum ersten Mal als junger Kinobesucher gesehen hat, ist durchwoben von überraschenden Erzählungen aus erster Hand über Tarantinos Leben als junger Mann in L.A - ein Blick auf das Hollywood der Siebziger, so nah und doch so fern. Dies sind die ersten Jahre der berühmten Tarantino-Ursprungsgeschichte, die uns der Mann selbst erzählt. Es ist zugleich Filmkritik, Filmtheorie, ein Meisterwerk der Reportage und eine wunderbare persönliche Geschichte, geschrieben mit der einzigartigen Stimme, die man sofort als die von Quentin Tarantino erkennt.

Quentin Tarantino, 1963 geboren, zweifacher Oscarpreisträger, ist einer der bekanntesten Regisseure der Welt. Seine Werke wie »Pulp Fiction«, »Kill Bill«, »Inglourious Basterds« oder »Django Unchained« prägen unser kulturelles Gedächtnis. Sein jüngster Film »Once upon a Time in Hollywood« wurde allein in Deutschland von fast zwei Millionen Kinobesuchern gesehen.

Quentin Tarantino, 1963 geboren, zweifacher Oscarpreisträger, ist einer der bekanntesten Regisseure der Welt. Seine Werke wie »Pulp Fiction«, »Kill Bill«, »Inglourious Basterds« oder »Django Unchained« prägen unser kulturelles Gedächtnis. Sein jüngster Film »Once upon a Time in Hollywood« wurde allein in Deutschland von fast zwei Millionen Kinobesuchern gesehen. Stephan Kleiner, geboren 1975, lebt als literarischer Übersetzer in München. Er übertrug u. a. Geoff Dyer, Michel Houellebecq, Gabriel Talent und Hanya Yanagihara ins Deutsche.

Inhaltsverzeichnis

Bullitt


(1968)

Neben Paul Newman und Warren Beatty war Steve McQueen der größte unter den jüngeren männlichen Filmstars der Sechziger. In England gab es einige aufregende junge Hauptdarsteller wie Michael Caine, Sean Connery, Albert Finney und Terence Stamp, aber bei den jungen sexy Typen in Amerika – die zugleich echte Filmstars waren – belief es sich auf McQueen, Newman und Beatty. In der zweiten Reihe folgten dann James Garner, George Peppard und James Coburn. Aber wenn einer von ihnen eine Rolle bekam, dann meist weil die oberen drei sie abgelehnt hatten. Die Produzenten wollten Newman oder McQueen und begnügten sich mit George Peppard. Sie wollten McQueen und begnügten sich mit James Coburn. Sie wollten Beatty und begnügten sich mit George Hamilton. James Garner war sogar populär genug, um hin und wieder ein Drehbuch abzukriegen, auf dem nicht schon die Fingerabdrücke der oberen drei waren, aber nicht oft.

Eine Stufe darunter kamen die aufstrebenden jungen Hauptdarsteller wie Robert Redford, George Segal und George Maharis und Popstars wie Pat Boone und Bobby Darin, die in den Sechzigern tatsächlich richtige Filmkarrieren hatten. In der Tat war der einzige junge Filmstar, der es mit den drei Schauspielern an der Spitze hätte aufnehmen können, hätte er seine Filmkarriere nur ernst genommen, Elvis Presley. Aber Elvis war nicht nur ein Sklave von Col. Tom Parker, sondern auch seines eigenen Ruhms. Er drehte zwei Filme im Jahr, und keiner machte je Verlust. Und diese Elvis-Filme waren nicht alle schlecht. Es gab bessere und schlechtere. Aber man kann guten Gewissens sagen, dass es keine echten Filme waren. Es waren einfach »Elvis-Filme«.

Doch neben seiner King-of-Cool-Persönlichkeit und seinem nicht von der Hand zu weisenden Charme war Steve McQueen in den Sechzigern so populär, weil er von den drei Top-Schauspielern (Newman, McQueen und Beatty) die besten Filme drehte.

Nachdem McQueen mit The Great Escape (dt. Gesprengte Ketten) zum Filmstar geworden war, drehte er eine Reihe von Filmen, die alle verdammt gut waren. Der einzige echte Flop in seiner Filmografie nach The Great Escape war in den Sechzigern Baby, the Rain Must Fall (dt. Die Lady und der Tramp). Und das lag hauptsächlich am lächerlichen Anblick von Steve McQueen, der einen Folk-Sänger zu spielen versuchte. Paul Newman dagegen hat während seiner Laufbahn eine unglaubliche Menge mieser Streifen und dazu ein paar Kultfilme gedreht. Ich meine, ein paar der Rollen, die Newman im Laufe der Jahre angenommen hat, sind wirklich erstaunlich. Wahrscheinlich war er einfach froh, aus dem Haus zu sein. Warren Beattys Filme nach Splendor in the Grass (dt. Fieber im Blut) taugen allesamt nichts, bis irgendwann Bonnie and Clyde (dt. Bonnie und Clyde) kam (Lilith ist wohl der beste vor Bonnie and Clyde, allerdings nicht wegen Beatty). Aber die Filme, die McQueen sich aussuchte, waren im Vergleich zu denen der anderen beiden durchgehend von höherer Qualität.

Doch die Überlegenheit von McQueens Filmen war nicht der Tatsache geschuldet, dass der Schauspieler alles sichtete, was der Markt hergab, und von seiner unheimlichen Begabung bei der Auswahl von Projekten Gebrauch machte. McQueen las nicht gern. Man darf bezweifeln, dass er jemals freiwillig ein Buch in die Hand nahm. Wahrscheinlich las er nicht mal die Zeitung, solange nichts über ihn drinstand. Und Drehbücher las er nur, wenn er musste. Es war nicht so, dass er nicht lesen konnte. Er hatte keine Leseschwäche, verriet mir seine erste Frau Neile McQueen: »Er las Autozeitschriften.«

Und es war auch nicht so, dass er nicht klug gewesen wäre. Er konnte dir alles über Motorhubraum erzählen, dir erklären, wie man bei einem Motorrad den Vergaser wechselt, oder über Waffen reden, bis es einem zu den Ohren herauskam.

Er las bloß nicht gern.

Wer las also die Drehbücher?

Neile McQueen.

Neile McQueens Bedeutung für Steves Erfolg als Filmstar kann gar nicht überschätzt werden.

Es war Neile, die die Bücher las. Es war Neile, die die Stoffe aussiebte. Es war Neile, die die Projekte auswählte, die für Steve am besten waren. Steves Agent Stan Kamen las zehn angebotene Drehbücher. Dann suchte er fünf davon aus und schickte sie Neile. Sie las diese fünf Bücher, fasste sie schriftlich zusammen, pickte die zwei heraus, die sie am besten fand, und dann erzählte sie Steve den Inhalt und erklärte ihm, weshalb sie sie für passend hielt. Was meist damit endete, dass er das Buch las, das Neile am besten fand.[4] Natürlich kam es auch auf den Regisseur an, es kam auf die anderen Schauspieler an, darauf, wie viel man ihm zahlte, auf den Drehort – auf all das kam es an. Aber eben auch auf Neiles Meinung. Regisseure, mit denen Steve schon zusammengearbeitet hatte – und die er mochte –, wurden natürlich bevorzugt behandelt. Aber wenn Neile das Drehbuch nicht gefiel, kämpften sie gegen große Widerstände. Und mithilfe ihres guten Geschmacks und ihres Wissens um die Fähigkeiten und die ikonische Persönlichkeit ihres Mannes konnte Neile ihn von The Cincinnati Kid (dt. Cincinnati Kid) an auf die größte Siegesstraße der zweiten Hälfte der Sechziger führen (Elvis hätte so eine Neile McQueen gebraucht).

Neile war auch etwas bewusst, was mir der meisterliche Actionfilm-Regisseur Walter Hill einmal über McQueen verriet. Hill arbeitete zweimal als Zweiter Regieassistent mit Steve zusammen, bei The Thomas Crown Affair (dt. Thomas Crown ist nicht zu fassen) und Bullitt, und als er später Drehbuchautor war, verfasste er das Buch für The Getaway (dt. Getaway).

Hill sagte zu mir: »Quentin, an Steve hätte dir unter anderem gefallen, dass er zwar ein guter Schauspieler war, sich aber nicht als bloßen Schauspieler betrachtete.[5] Er sah sich als FILMSTAR. Das war einer seiner charmantesten Wesenszüge. Er wusste, was er gut konnte. Er wusste, was die Zuschauer an ihm mochten, und das wollte er ihnen geben.«

Walter sagte weiter: »Ich habe Steve wirklich bewundert. Er war der letzte wahre Filmstar.«

Und es stimmt, McQueen wollte sich nicht unter vielen Schichten von Charakterzeichnung verbergen oder angeklebte Bärte tragen, die sein Aussehen veränderten (so wie Paul Newman in The Life and Times of Judge Roy Bean ((dt. Das war Roy Bean)) oder Robert Redford in Jeremiah Johnson). Wenn er einen Film drehte, wollte er darin cooles Filmstarzeug machen. Er wollte keine Filme drehen, in denen irgendein anderer eine bessere Rolle hatte als er. Er wollte die Leinwand mit niemandem teilen, und er wollte immer die Oberhand behalten. McQueen kannte sein Publikum, und er wusste, es zahlte dafür, ihn siegen zu sehen.

 

Ich fragte Neile, wie der Film Bullitt zustande kam. Sie erzählte mir, dass Steve gerade einen Deal mit Warner Bros.-Seven Arts für die Finanzierung seiner Produktionsfirma Solar Productions abgeschlossen hatte. Und dass es ihr Projekt war, mit dem Warner den Startschuss für die Zusammenarbeit geben wollte. Auch Neile wollte, dass Steve Bullitt machte. Bullitt folgte auf Steves größten Erfolg, The Thomas Crown Affair, und Neile dachte sich: Das wäre ein schöner Richtungswechsel. In Thomas Crown war er Bankräuber. Jetzt wäre er Polizist.

Alle wollten, dass McQueen es machte, nur McQueen nicht. »Er brauchte ewig für die Zusage«, sagte Neile. »Er ließ sich so lange Zeit, dass Jack Warner mir am Telefon ins Ohr schrie. Und dann schrie ich Steve an: ›Jetzt mach das blöde Ding doch einfach!‹«

McQueen war bekannt dafür, lange zu brauchen, ehe er sich für ein Projekt verpflichtete, aber dass er bei diesem Polizeifilm so zögerte, lag an seiner Vorliebe für die Gegenkultur der Blumenkinder. Der Schauspieler fing an, Liebesperlen um den Hals und von den Hippies inspirierte Kleidung zu tragen. Wie Neile schmunzelnd sagte: »Steve hatte schon seit Jahren freie Liebe praktiziert. Und als es nun zur Philosophie wurde, war er natürlich voll dafür.«

Sie erklärte: »Steve wollte eins mit den Blumenkindern sein. Und sie hassten Polizisten. Er sagte: ›Sie nennen sie Schweine. Ich kann doch kein Schwein spielen.‹«

Walter Hill beschrieb mir auch Folgendes: »Steve empfand so eine mysteriöse Verbindung mit seinen Zuschauern. Er hielt sie für jünger und hipper als die Fans des durchschnittlichen Filmstars. Er wusste, sie sahen sich ganz genau an, was er in einem Film machte und welche Klamotten er trug. Den genauen Schnitt seiner Bluejeans. Er glaubte, dass sein Publikum auf solche coolen Details stand.«

Und Neile erinnert sich, wie Steve sagte: »Wenn ich als Polizist in diesem Film auftrete, verstehen meine Fans die Welt nicht mehr.«

In seinem Buch Steve McQueen: Star on Wheels berichtet der Autor William Nolan, dass Steves Tochter Terry ihm zum Geburtstag eine Schnur mit Hippie-Liebesperlen schenkte. Nolan schreibt: »Sie gefielen ihm so gut, dass er ernsthaft überlegte, die Perlen in einer Handelsanzeige für Bullitt zu tragen.« Liebesperlen und eine Kanone. Ein Sinnbild des hippen Kriminalbeamten.

Letztlich produzierte McQueen Bullitt mit Solar Productions, und Warner Bros.-Seven Arts übernahm den Vertrieb. Das Endergebnis war nicht nur Steve McQueens größter Erfolg, sondern...

Erscheint lt. Verlag 3.11.2022
Übersetzer Stephan Kleiner
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte amerikanischer Film • Filmbuch • Filmliebhaber • Filmproduzent • Filmregisseur • Kill Bill • Kultfilme • Lebensgeschichte • Oscar-Preisträger • Pulp Fiction • Quentin Tarantino
ISBN-10 3-462-31136-0 / 3462311360
ISBN-13 978-3-462-31136-5 / 9783462311365
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