Watzlaff (eBook)

und andere Stücke
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2022 | 1. Auflage
272 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61096-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Watzlaff -  Slawomir Mrozek
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Watzlaff lebt im Land der Unfreiheit. Bei einer Fahrt übers Meer erleidet er Schiffbruch. Eine gute Gelegenheit für Watzlaff, ins Land der Freiheit zu fliehen. Sein Alter ego, in Form eines Doppelgängers, meldet letzte Zweifel an ­ doch Watzlaff läßt es ungerührt im Meer ertrinken. Nun hindert ihn nichts mehr, reich, mächtig und glücklich zu werden.
Außerdem: Nochmals von vorn, Propheten'

Slawomir Mrozek, geboren 1930 in Borzecin bei Krakau, studierte Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik. In Polen war er zunächst als Karikaturist erfolgreich, bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat. 1957 erschien sein erstes Buch mit satirischen Erzählungen. Es folgten seine Stücke (darunter ?Tango?, ?Emigranten?, ?Polizei?, ?Striptease?), mit denen er Weltruhm erlangte. In Deutschland gehören sie zu den meistgespielten Theaterstücken überhaupt. 1962 verließ er Polen und beantragte 1968, als Reaktion auf die Niederschlagung des Prager Frühlings, in Frankreich politisches Asyl. Nach langen Jahren in Paris und später in Mexiko kehrte er 1996 in seine Heimatstadt Krakau zurück. Die letzten Jahre lebte er in Nizza, wo er 2013 verstarb.

Slawomir Mrozek, geboren 1930 in Borzecin bei Krakau, studierte Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik. In Polen war er zunächst als Karikaturist erfolgreich, bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat. 1957 erschien sein erstes Buch mit satirischen Erzählungen. Es folgten seine Stücke (darunter ›Tango‹, ›Emigranten‹, ›Polizei‹, ›Striptease‹), mit denen er Weltruhm erlangte. In Deutschland gehören sie zu den meistgespielten Theaterstücken überhaupt. 1962 verließ er Polen und beantragte 1968, als Reaktion auf die Niederschlagung des Prager Frühlings, in Frankreich politisches Asyl. Nach langen Jahren in Paris und später in Mexiko kehrte er 1996 in seine Heimatstadt Krakau zurück. Die letzten Jahre lebte er in Nizza, wo er 2013 verstarb.

Ein großes Zimmer mit drei Wänden. In der mittleren zwei symmetrisch angebrachte Fenster, hinter denen man die Äste von Bäumen mit bereits etwas gelbbraun gefärbtem Laub und einen blauen Spätnachmittagshimmel sieht. Grüne, nach innen geöffnete Fensterläden. Dazwischen ein vergoldeter Rahmen, der früher wohl ein Bild enthielt. Darunter ein abgenutztes Sofa. Weiter vorn auf der linken Seite – »links« und »rechts« vom Zuschauer aus gesehen – ein runder, mit grünem Stoff bespannter Tisch. Darüber hängt eine Petroleumlampe mit großem Schirm aus Milchglas. Ein paar Rohrstühle. Gleichartige Türen in der linken und in der rechten Wand. An beiden Wänden je ein Hirschgeweih.

Von rechts treten auf: Sie und Papa. Sie, eine hübsche Achtzehnjährige in einem kurzen, ärmellosen, violetten Sackkleid. Weiße Strümpfe und schwarze Lackschuhe mit niedrigen Absätzen. Trägt eine kleine Reisetasche und ein Handtäschchen.

Papa, ein stattlicher und kräftiger Mann an die Fünfzig, sieht gesund aus, hat ein grobschlächtiges, etwas apoplektisches Gesicht. Fassonschnitt, gestutzter, graumelierter Schnurrbart. Solider dunkler, ein wenig altmodisch wirkender Anzug, Fliege, Melone. Trägt Koffer und Regenschirm. Stellt den Koffer rechts vom Eingang in die Ecke.

Nimmt ihr die Reisetasche ab, stellt sie neben seinen Koffer. Behält den Regenschirm in der Hand.

SIE

sich umsehend Wo sind wir?

PAPA

Rate mal!

SIE

Nicht nötig! Ich weiß alles. Wirft sich auf das Sofa. Ich bin verloren.

PAPA

Warum denn?

SIE

Du hast mich kompromittiert.

PAPA

Wieso denn?

SIE

Du bist ein Scheusal, ein Scheusal!

PAPA

Was hast du denn jetzt schon wieder?

SIE

Wir befinden uns in einem Hotel.

PAPA

Nichts dergleichen!

SIE

sachlich Wo denn sonst?

PAPA

Ja, wie soll man das bezeichnen?

SIE

abermals tragisch Widersprich mir nicht! Ich habe gleich gewußt, daß das dabei herauskommt. Irgendein Provinzhotel, das schmierige Lächeln des Portiers und natürlich ein Doppelzimmer. Ach, wie mickrig das alles ist, wie mickrig! Schluchzt, schnieft, sucht Tränen zu vergießen.

PAPA

Da bist du aber im Irrtum.

SIE

Ich flehe dich an, hab wenigstens die Courage, es zuzugeben. Du richtest mich zugrunde. Du bist ein widerlicher Egoist, du hast dein Wort gebrochen.

PAPA

Ich bitte dich …

SIE

Nur keine Ausreden! Alle werden es erfahren. Und er auch. Du weißt schon, wer. Schluchzt ein wenig künstlich.

PAPA

Beruhige dich endlich! Das ist kein Hotel.

SIE

Natürlich nicht! Das ist eine schmutzige, verstunkene Absteige. Hier gibt es ja nicht einmal Bett, Schrank und Telefon … Bricht plötzlich ab, zieht einen Spiegel aus der Handtasche, schaut hinein. Mein Gott, wie ich aussehe!

PAPA

erfreut über den Wechsel des Themas Hübsch!

SIE

Grauenvoll! Klingle dem Zimmermädchen! Macht ihr Gepäck auf, wühlt darin herum. Worauf wartest du noch? Ich brauche ein Bügeleisen.

PAPA

Wenn du endlich einmal zuhören wolltest …

SIE

Dann klingle ich selbst. Wo ist denn hier die Klingel?

PAPA

Erstens, wenn ich klingle, dann kommt wer und sieht dich in meiner, dich kompromittierenden Gesellschaft.

SIE

Stimmt, das hatte ich vergessen.

PAPA

Zweitens, wenn wer kommt, sieht er auch mich in deiner, mich kompromittierenden Gesellschaft.

SIE

Nein! Klingle lieber nicht!

PAPA

Drittens, ich klingle nicht, weil hier gar keine Klingel ist. Viertens, ich könnte noch so lange klingeln, es käme doch niemand, weil wir hier ganz unter uns sind.

SIE

Wieso? Ist hier niemand?

PAPA

Absolut niemand!

SIE

Dann sind wir also gar nicht im Hotel?

PAPA

Nein! Wie oft soll ich es dir noch sagen? Hängt den Schirm über eine Stuhllehne, nimmt sie an der Hand und führt sie ans rechte Fenster. Reißt es auf. Was siehst du?

SIE

Bäume, einen Park …

PAPA

Einen Wald, einen alten Forst. Wir sind in einer Einöde.

SIE

Du hast mich betrogen.

PAPA

Ich?

SIE

Ja! Du hast mir eine Fahrt ins Blaue versprochen.

PAPA

Ist das nicht eine Fahrt ins Blaue?

SIE

Natürlich nicht! Wenn mir jemand so etwas verspricht, dann denkt er an das fescheste Hotel am Platz, am Meer oder in den Bergen. Und wohin hast du mich gebracht? In eine Bruchbude!

PAPA

Übertreib nicht! Hier ist es ganz gemütlich.

SIE

Ich hatte gedacht, ich verdiente wenigstens einen gewissen Luxus. Aber vielleicht reicht es bei dir nicht dazu?

PAPA

irritiert Aber … wenn du damit gerechnet hast, dann wäre es doch keine Überraschung gewesen … dein Hotel … an diesem Platz.

SIE

Im Gegenteil! Ich bin immer von den Socken, wenn ein Mann hält, was er verspricht.

Papa gibt ihr eine Ohrfeige.

PAPA

Und jetzt marsch, in die Ecke!

Sie geht kindlich schluchzend in die Ecke.

Auf die Knie!

SIE

Ich mag nicht.

PAPA

Auf die Knie, sag ich!

Sie kniet, mit dem Rücken zum Zuschauer, nieder.

Du glaubst, so etwas kannst du dir mir gegenüber herausnehmen?

SIE

Warum haust du mich?

PAPA

Was sollen diese Flausen, Launen und Szenen? Ich bin doch schließlich nicht dein Liebhaber.

SIE

Aber …

PAPA

Kein Wort mehr!

SIE

Nur …

PAPA

Hast du vergessen, wer ich bin?

SIE

Aber du …

PAPA

Du wagst es immer noch, den Mund aufzumachen?

SIE

Aber du sollst doch mein Liebhaber werden.

Schweigen.

PAPA

Woher weißt du das?

SIE

Du hast es selbst gesagt.

PAPA

Das habe ich nicht gesagt.

SIE

Auf jeden Fall hast du es mir zu verstehen gegeben.

PAPA

Wie kannst du es wagen, mir solche Absichten in die Schuhe zu schieben?

SIE

Du hast mir klipp und klar gesagt, daß ich dir gefalle.

PAPA

Eine Frechheit, mir das zu glauben …

Schweigen.

Und selbst wenn es so wäre! In erster Linie hast du Respekt vor mir zu haben. Ich kann sagen, was ich will.

Du hast dich auf jeden Fall bescheiden und anständig zu benehmen.

SIE

Ja, Päpchen!

PAPA

wieder in Zorn geratend Du darfst mich nicht aufregen.

SIE

Ich will es nicht mehr tun.

PAPA

Mich nicht quälen!

SIE

Es soll nicht mehr vorkommen.

PAPA

leiser Und warum nicht?

SIE

Weil du es nicht mehr möchtest.

PAPA

Und wenn ich es wollte?

SIE

dreht sich, immer noch auf den Knien, zum Zuschauerraum hin. Hoffnungsvoll Also machen wir doch was Schlimmes?

PAPA

Wenn ich es mir nicht anders...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2022
Übersetzer Rolf Fieguth, Ludwig Zimmerer
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte 20. Jahrhundert • Anthologie • Doppelgänger • Drama • Dramen • Flucht • Freiheit • Humor • Polen • Propheten • Sammlung • Schiffbruch • Schiffbrüchiger • Theaterstück • Unfreiheit
ISBN-10 3-257-61096-3 / 3257610963
ISBN-13 978-3-257-61096-3 / 9783257610963
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