Tango (eBook)

und andere Stücke
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2022 | 1. Auflage
368 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-61095-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tango -  Slawomir Mrozek
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In Tango erinnern sich Arturs Eltern an die Zeiten, in denen Tangotanzen noch ein Skandal war. Doch mit diesen und allen anderen Zwängen und Konventionen haben sie gründlich aufgeräumt. Artur beschwert sich nun über die totale Freiheit, weil nichts mehr möglich ist, weil eben alles möglich ist. Er fordert sein Recht auf Aufruhr.

Slawomir Mrozek, geboren 1930 in Borzecin bei Krakau, studierte Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik. In Polen war er zunächst als Karikaturist erfolgreich, bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat. 1957 erschien sein erstes Buch mit satirischen Erzählungen. Es folgten seine Stücke (darunter ?Tango?, ?Emigranten?, ?Polizei?, ?Striptease?), mit denen er Weltruhm erlangte. In Deutschland gehören sie zu den meistgespielten Theaterstücken überhaupt. 1962 verließ er Polen und beantragte 1968, als Reaktion auf die Niederschlagung des Prager Frühlings, in Frankreich politisches Asyl. Nach langen Jahren in Paris und später in Mexiko kehrte er 1996 in seine Heimatstadt Krakau zurück. Die letzten Jahre lebte er in Nizza, wo er 2013 verstarb.

Slawomir Mrozek, geboren 1930 in Borzecin bei Krakau, studierte Architektur, Kunstgeschichte und Orientalistik. In Polen war er zunächst als Karikaturist erfolgreich, bevor er als Schriftsteller in Erscheinung trat. 1957 erschien sein erstes Buch mit satirischen Erzählungen. Es folgten seine Stücke (darunter ›Tango‹, ›Emigranten‹, ›Polizei‹, ›Striptease‹), mit denen er Weltruhm erlangte. In Deutschland gehören sie zu den meistgespielten Theaterstücken überhaupt. 1962 verließ er Polen und beantragte 1968, als Reaktion auf die Niederschlagung des Prager Frühlings, in Frankreich politisches Asyl. Nach langen Jahren in Paris und später in Mexiko kehrte er 1996 in seine Heimatstadt Krakau zurück. Die letzten Jahre lebte er in Nizza, wo er 2013 verstarb.

Der Herr Kollege

Der Werte Herr Kollege

Die Dritte Person

Wenn der Vorhang aufgeht, ist die Bühne dunkel. Nur in der Ferne ein kleines rotes Licht. Man hört, wie eine Tür aufgeschlossen, ein Lichtschalter angeknipst wird. Dann leuchtet ein eintönig grelles Deckenlicht auf. In der Tür stehen der Herr Kollege und der Werte Herr Kollege.

Die Bühne stellt ein billiges Hotelzimmer dar. Rechts die Eingangstür, durch die der Herr Kollege und der Werte Herr Kollege eingetreten sind. Weiter im Hintergrund ein Kleiderständer. An der hinteren Wand von rechts nach links zunächst eine Seitentür zum benachbarten Zimmer. Sie ist durch eine Spiegelkommode verstellt. Neben dem Spiegel ein gerahmtes Foto hinter Glas mit einem breiten weißen Rand: die Venus von Milo. Dann das erste Metallbett. Mit dem Kopfende zur Wand, so daß es senkrecht zum Publikum steht. In einem kleinen Abstand daneben das zweite Bett. Dazwischen eine Stehlampe. Über den Betten ein großes Ölbild: ein Strauß Rosen. Kitschig und sehr auffällig. In der hinteren Wand befindet sich ein hohes enges Fenster mit einem Tüllvorhang und einer zur Seite geschobenen Portiere. Durch dieses Fenster sieht man das erwähnte Lichtchen, ein Signal, an der nahe gelegenen Eisenbahnlinie. Weiter vorn eine spanische Wand um das Waschbecken. Sie darf das Fenster im Hintergrund nicht verdecken. In der Mitte des Zimmers ein Tisch. Darauf ein Telefon und ein zweiarmiger Leuchter mit Kerzen. Daneben Streichhölzer. An der Decke eine Lampe. Der Herr Kollege und der Werte Herr Kollege sind im besten Mannesalter. Typische mittlere Angestellte, die ihr Diplom haben und sich auf Dienstreise befinden. Der Herr Kollege ist nicht der unmittelbare Vorgesetzte des Werten Herrn Kollegen, hat aber vermutlich eine bessere Stellung, eine längere Dienstzeit, einen größeren Kompetenzbereich. Andererseits scheint die gemeinsame Reise sie einander nähergebracht zu haben. Kleidung und Ausstattung, wie sie für Angestellte auf Dienstreise typisch ist. Beide sind in Mantel und Hut. Wenig Gepäck, eher Aktentaschen als Koffer.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Welches Bett nehmen Sie, Herr Kollege?

DER HERR KOLLEGE

Werter Herr Kollege, wählen Sie.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Ich bitte Sie, Herr Kollege, zuerst Sie!

DER HERR KOLLEGE

Nein, auf keinen Fall! Nach Ihnen! Welches wollen Sie?

DER WERTE HERR KOLLEGE

Es ist mir ganz gleich.

DER HERR KOLLEGE

Mir ist es egal.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Mir auch.

DER HERR KOLLEGE

Das ist doch ganz belanglos.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Selbstverständlich.

Beide wissen nicht weiter. Scheinen sehr müde zu sein.

DER HERR KOLLEGE

ein wenig ungeduldig Welches also?

DER WERTE HERR KOLLEGE

Nein, wirklich, ich bitte Sie …

DER HERR KOLLEGE

Wenn Sie schon so gütig sind, Herr Kollege, dann nehme ich vielleicht das erste hier. Ist es Ihnen recht?

DER WERTE HERR KOLLEGE

Aber ich bitte Sie! Selbstverständlich!

DER HERR KOLLEGE

Meinen verbindlichsten Dank, Herr Kollege.

DER WERTE HERR KOLLEGE

wirft seine Aktentasche auf das zweite Bett beim Fenster. Ich falle um!

DER HERR KOLLEGE

Nichts wie schlafen!

DER WERTE HERR KOLLEGE

setzt sich auf das Bett und zieht die Schuhe aus. Das tut gut!

DER HERR KOLLEGE

setzt sich vorsichtig auf das zweite Bett, das anscheinend eine beschädigte Sprungfeder hat und durchdringend ächzt. Wenn es Ihnen, Werter Herr Kollege, wirklich nichts ausmacht …

DER WERTE HERR KOLLEGE

willig, bereit Aber ich bitte Sie!

DER HERR KOLLEGE

… dann könnten wir vielleicht doch tauschen.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Wie bitte?

DER HERR KOLLEGE

Ich würde doch lieber am Fenster schlafen. Wissen Sie, die frische Luft …

DER WERTE HERR KOLLEGE

beunruhigt Wie meinen Sie? Ich weiß, ich leide manchmal unter Schweißfüßen …

DER HERR KOLLEGE

Aber ich bitte Sie, wie kommen Sie darauf, Herr Ingenieur. Nur, wissen Sie, zu Hause schlafe ich auch immer am Fenster. Eine Gewohnheit von mir.

Das Bett ächzt.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Sie meinen also: tauschen?

DER HERR KOLLEGE

Wenn es möglich wäre …

DER WERTE HERR KOLLEGE

Aber natürlich, selbstverständlich!

Beide stehen auf. Der Werte Herr Kollege zieht sein Bett in die Mitte des Zimmers.

DER HERR KOLLEGE

Aber was machen Sie denn, Herr Ingenieur?

DER WERTE HERR KOLLEGE

Sie wollten doch tauschen, Herr Magister.

DER HERR KOLLEGE

Das schon! Aber wozu so viele Umstände? Machen Sie sich doch keine solche Mühe, Herr Ingenieur!

DER WERTE HERR KOLLEGE

Kleinigkeit! Schiebt das beschädigte Bett an den leeren Platz beim Fenster. Jeder hat seine Gewohnheiten, das ist klar. Das ist doch selbstverständlich, daß jemand am Fenster schlafen will. Bitte sehr, schon erledigt!

DER HERR KOLLEGE

sauer Ich bin Ihnen wirklich sehr verbunden.

DER WERTE HERR KOLLEGE

legt ab. Hängt Mantel und Hut an den Kleiderständer. Öffnet vor dem Spiegel sein Kragenknöpfchen und nimmt die Krawatte ab. Erblickt die Venus von Milo und pfeift anerkennend.

Der Herr Kollege fährt nervös hoch.

Was ist passiert?

DER HERR KOLLEGE

Nur weil Sie gepfiffen haben, Herr Ingenieur.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Ja und …?

DER HERR KOLLEGE

Ich habe eine Allergie.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Oh!

DER HERR KOLLEGE

Ich kann Pfeifen nicht ertragen. Eine Überempfindlichkeit. Von Kind an! Veranlagung!

DER WERTE HERR KOLLEGE

Ich bitte tausendmal um Verzeihung. Das habe ich nicht gewußt.

DER HERR KOLLEGE

Ein seltener Fall! Hypersensibilität des Trommelfells!

DER WERTE HERR KOLLEGE

Es tut mir schrecklich leid.

DER HERR KOLLEGE

Macht doch nichts, macht doch nichts!

DER WERTE HERR KOLLEGE

Ich habe gepfiffen, weil ich das hier sah. Haben Sie es schon bemerkt? Deutet auf die Venus.

DER HERR KOLLEGE

tritt vor das Bild. Ja, ja, die antike Welt!

DER WERTE HERR KOLLEGE

Tolles Weibchen!

DER HERR KOLLEGE

Für mich ist das ein Kunstwerk.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Und sonst fühlen Sie gar nichts?

DER HERR KOLLEGE

Ich bin verheiratet.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Ich auch, Herr Kollege, ich auch. Meinen Sie vielleicht, ich nicht? Meinen Sie, daß ich mit meinem Onkel lebe? Aber auf einer Dienstreise wird man sich wohl noch einen Spaß erlauben dürfen. Unter Männern!

DER HERR KOLLEGE

Aber werter Herr Kollege, das ist doch ein Bild.

DER WERTE HERR KOLLEGE

Aber das Bild hat es in sich.

DER HERR KOLLEGE

Ein Foto, und das nicht einmal nach der Natur. Das Foto einer Plastik, wobei es sich bestimmt auch noch um einen Abguß handelt. Die Reproduktion einer Kopie....

Erscheint lt. Verlag 25.5.2022
Übersetzer Christa Vogel, Ludwig Zimmerer
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
ISBN-10 3-257-61095-5 / 3257610955
ISBN-13 978-3-257-61095-6 / 9783257610956
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