Normal geht anders (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 2. Auflage
176 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-4982-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Normal geht anders - Holger Prade
Systemvoraussetzungen
6,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Folgen Sie dem Autor durch amüsante Anekdoten, Kurzgeschichten und Wissenswertem.

Bauingenieur, Sachverständiger, drei Kinder, verheiratet, 2014 begann das Schreiben mit einem Fachbuch, welches 2019 fertig war,. "Normal geht anders" ist das sechste Buch.

Archibald zieht um


Niemand hat Lust die Wohnung zu wechseln. Zieht man in eine kleinere Wohnung, muss man den Hausrat verkleinern. Was der eine Partner entsorgen möchte, will der andere unbedingt behalten und umgedreht. Eine gute Gelegenheit für einen gepflegten Streit. Am Ende bekommt irgendjemand die überflüssigen Möbel geschenkt, der damit das Kuddelmuddel nicht zusammenpassender Möbelteile bei sich erhöht. Oder man organisiert sich über Ebay selbst eine Enttäuschung, weil niemand im Internet für die gebrauchten Teile etwas zahlen will.

Zieht man dagegen in eine größere Wohnung, stellen sich weitaus größere Fragen und es fehlen Möbel. Hier ist die Gelegenheit für einen gepflegten Streit noch viel besser:

Wo stellt man um Himmels willen was hin? Welche Tapete, welcher Bodenbelag und welche Farben wählt man aus? Wie viel Geld setzt man ein und kann der geplante Urlaub dann noch stattfinden? Außerdem macht immer jemand etwas kaputt. Darf es eine Schramme an einem Erbstück oder lieber zerbrochenes Geschirr sein? Auch ein abgebrochener Fuß von alten Familienerbstücken wie der Standuhr oder dem Sofa sind im Angebot. Hoch im Kurs der helfenden und aktiv anpackenden Zerstörung stehen auch ein zerbrochener Spiegel, der satte sieben Jahre Unglück bringt, oder geliebte Bilder. Hinzu kommen Kinder, die sich ständig verdrücken, Nachbarn, welche sich über Sperrgut auf der Straße beschweren und ständig ist das Werkzeug weg.

Eigentlich müsste man jeden Umzug mit einem Termin beim Paartherapeuten oder Psychologen beginnen, um sich darauf vorzubereiten. Aber auch die Schluss- und Einräumphase bietet die Gelegenheit auf Umsetzung des Gesetzes von Murphy: „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“ Die Standardfrage ist: Schatz, hast du die Kiste mit den Bilderalben gesehen?“ und die Antwort: „Nein, in der alten Wohnung standen sie im Vorraum rechts oben.“ Eine Information, die genauso unnütz ist, wie ein Kropf. Es ist traurige Tatsache, dass immer Kisten verschwinden, genauso wie Socken in der Waschmaschine. Der zartstaubige Zauber eines Umzuges lässt nicht nur Familienalben verschwinden, sondern auch Bratpfannen und jede Menge Sachen vom Boden oder Keller, von denen man schon gar nicht mehr wusste, dass man sie hatte, aber jetzt beim Einräumen schmerzlich vermisst. Beschweren bringt im Regelfall nichts. Auch Wortwechsel wie: „Schatz müssen wir wirklich umziehen? Ich war hier eigentlich glücklich.“ führen nur zu der Antwort: „Nein, müssen wir nicht. Wenn du zukünftig im Treppenhaus schläfst, hätten wir übrigen genug Platz! Deine Entscheidung.“ So entstehen Glücksmomente, weil man mitbestimmen kann. In einer scheindemokratischen Familiendiktatur hat eben jeder ein Stimmrecht. Es interessiert nur niemanden. Dagegen fördern Bemerkungen wie: „Jetzt steh nicht so herum. Nimm dir die Kisten und trage sie die fünf Etagen hinunter.“ das familiäre Gemeinschaftsgefühl. Es heißt ja auch ‚In guten wie in schlechten Zeiten‘. Übrigens denkt niemand an Umzüge, wenn er diesen Satz im Standesamt bei einlullender Konservenmusik unbedacht nachplappert. Umzüge sorgen eben von Natur aus für unvergessliche Momente, die man später zum hundertsten Male mit den Worten „Weißt du noch...“ am Leben erhalten kann. Selbst demente Menschen erinnern sich noch an ihren ersten Umzug, da ist der am Bett sitzende Ehepartner schon längst vergessen.

Es war einer der kühleren aber schneefreien Wintertage. Der Wind blies trotz Sonne unangenehm um die Häuserecken. Die nur notdürftig temperierte Wohnung sah nach einer zeitgleicher Mischung aus polizeilich angeordneter Hausdurchsuchung, einem Einbruch, zwei Jahren Messidasein und einem ganz normalen Kinderzimmer aus. (Kinderzimmer steht hier für: nicht betretbar, ohne irgendwelche auf dem Boden liegenden Kleinteile mit dem Fuß zu töten.) Überall standen eingewickelte Möbelteile und Kisten herum. Der gesamte übersehene Staub eines Jahrzehntes tollte übermütig in den letzten Sonnenstrahlen herum. Endlich aus Ecken und Nischen befreite Wollmäuse fassten sich glücklich an den Fusseln und drehten sich begeistert im Walzertakt, wenn jemand vorbeilief.

Genau die richtige Stimmung also, um sich nach einem Buch und einer Tasse dampfenden Tee in einem gemütlichen Café zu sehnen.

Archibald hatte schon seit Tagen die Nase davon voll, ständig über alle Sachen steigen zu müssen und nichts mehr zu finden. Jetzt war es endlich soweit. Viele Wochen vorher war der Chef der Umzugstruppe vorbeigekommen, hatte sich die Wohnung angeschaut und ein sehr günstiges Angebot unterbreitet. In der alten Wohnung mussten die Möbelträger die Einrichtung eine Etage hinunter und in der anderen Wohnung die Hälfte der Möbel und Kisten in die erste Etage hinauftragen. Die andere Hälfte kam eine Treppe weiter unter das Dach. Archibald war das egal. Er war heilfroh, dass er diesmal das Klavier nicht selbst mittragen musste. Seine Frau war bereits vorausgefahren, um vor Ort festlegen zu können, was wohin getragen werden sollte. Jetzt wartete er allein schon über eine Stunde auf den verspäteten Umzugsservice. Dann klingelte es Sturm. 'Na endlich!' dachte er und erinnerte sich an Paketboten, die klingelten und wieder abhauen. 'Wer zu spät kommt, macht das wieder wett, indem er so tut, als sei der Versetzte zu langsam, um an die Tür zu gehen. Würde mich nicht wundern, wenn die verschwunden sind, bevor ich die Tür aufmachen kann. Und dann kommt eine Rechnung über eine vergebliche An- und Abfahrt.' Archibald riss sich zusammen, um freundlich zu wirken und riss die Tür auf.

Vor der Tür standen vier Gestalten, die vermutlich von einem Karikaturisten zum Leben erweckt worden waren. "Der erste Eindruck ist der Beste." sagt man. Archibalds Eindruck folgte dieser Logik. Sein Eindruck ging in eine Richtung, in der er verstand, warum manche Menschen sich selbst bei Horrorfilmen nicht mehr gruselten. Die hatten dieselbe Umzugsfirma genommen wie er.

Vor ihm standen Spargeltarzan, daneben ein kleiner dickbäuchiger O-Bein-John, dahinter Suppenkasper und ein Typ, den selbst Spongebob niedergerungen hätte. 'Wenigstens hat der Kleine solche O-Beine, dass man die Kisten dazwischen durchschieben kann.' fiel Archibald abrupt dazu ein.

Der würde mit diesen Beinen dem Transport schon mal nicht im Wege stehen. Mit Teebeutelpackungen hatten die bestimmt kein Problem, aber nur, wenn sie schon angerissen waren und einzeln abtransportiert wurden. Er schaute die zart gebaute Truppe zunächst mit großen runden Augen an und wurde aus acht geistbefreiten Augen zurückbeglotzt.

Ob viermal Nichts mehr als Nichts ist?

Die brachen doch sicher bei der ersten Kaffeetasse zusammen, also einer leeren Tasse. Nachdem er sich etwas gefangen hatte, bat er sie herein und erklärte der Truppe, welche Sachen zuerst in die andere Wohnung müssten und dass seine Frau sie dort erwarten würde.

Sie sollten sich bei ihr melden, damit sie ihnen sagen könne, wo was hinkäme. Die vier Märchengestalten nickten und begannen dann in zwei Etagen wahllos alles anzupacken, was ihnen in die Finger kam. Genauso gut hätte er auch ein Gedicht wie ein Hörbuch in eine Geschenktüte sprechen, diese verpacken und verschenken können. An ein gezieltes Steuern des Umzuges war nicht zu denken. Alle vier hielten immer die völlig verkehrten Kisten in der Hand und liefen permanent über das Gewicht schimpfend und jederzeit unansprechbar, an ihm vorbei, als sei er aus Luft. Also nur drei von ihnen, denn der Vierte (Spongebob) gab immer falsche Anweisungen und trug selbst nichts. Das Chaos wurde immer perfekter. Die verstanden eben ihr Handwerk. Außerdem stapelten sie derart dümmlich ihren Transporter voll, dass sie am Ende zweimal mehr fahren mussten als geplant. Und dann war es das erste Mal plötzlich still. Sie waren ohne ein Wort zu sagen - fort. Das bemerkte er erst, als einfach niemand von draußen zurückkam und die Wohnung immer kälter wurde. Daher rief er seine Frau an um sie vorzuwarnen. Beim Abladen erzeugten sie noch weniger System als beim Aufladen, wenn weniger als nichts überhaupt geht. Sie regten sich auf, dass es teilweise eine Etage höher ging, als in der alten Wohnung hinab. Zwischen all dem Gemeckere stellten sie stöhnend, schwitzend und ächzend die Kisten und Möbel einfach dort ab, wo sie gerade standen. Archibald wunderte sich später, dass es so viele ungeeignete Stellen in der Wohnung gab, um etwas abzustellen. Als alles leicht Bewegliche teilzerstört oder unauffindbar umgelagert war, stand nur noch das Klavier in der alten Wohnung. Statt dieses nun anzupacken, verabschiedeten sich die Karikaturen von kräftigen Möbelpackern und wollten verdunsten. Archibald glaubte sich verhört zu haben: " Und was wird aus dem Klavier?" fragte er mit leicht erbostem Unterton, mit dem sich eine nahende Explosion ankündigte. " Was soll damit sein?" Fragte einer zurück. "Na was wohl?! Ab aufs Auto und rüber damit." "Von einem Klavier hat unser Chef nichts gesagt." maulte Spargeltarzan. Archibalds Stimme senkte sich gefährlich...

Erscheint lt. Verlag 21.3.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga Humor / Satire
Schlagworte Alltag • Anekdoten • humorvoll • Kurzgeschichten • Wissenswertes
ISBN-10 3-7562-4982-4 / 3756249824
ISBN-13 978-3-7562-4982-4 / 9783756249824
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die lustigsten Patientengeschichten. Das Buch zum Podcast. Von …

von Ralf Podszus

eBook Download (2022)
riva (Verlag)
12,99