Ein Nest voller Träume (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491511-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Ein Nest voller Träume -  Glendy Vanderah
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»Eine herzerwärmende, magische Geschichte über Liebe, Verlust und das Finden einer Familie dort, wo man es am wenigsten erwartet.« Christopher Meades Eine Geschichte dreier Menschen, die auf außergewöhnliche Weise zueinander finden Was soll sie jetzt tun? Joanna ist sich nicht sicher. Schmutzig, barfuß, in Pyjamahosen und völlig zerzaust steht das kleine Mädchen da gegenüber von Joannas Haus am Rande des Waldes. Sie sagt, dass sie seit gestern nichts getrunken und gegessen hat. Was soll Joanna jetzt tun? Sie muss die Polizei alarmieren, doch das Mädchen sagt, dass sie dann wegrennen wird. Ursa will nicht mehr von Joannas Seite weichen. Was ist dem Mädchen nur passiert? Wieso hat sie solche Angst? Erst einmal muss Joanna sie versorgen und dann eine Lösung finden.  Um herauszufinden woher das Mädchen kommt, bittet Joanna ihren Nachbarn Gabe Nash um Hilfe. Nach und nach entsteht eine enge Bindung zwischen dreien, die zeigt, wie man nach einer schweren Zeit wieder Vertrauen fasst und Liebe findet. In Glendy Vanderahs herausragenden Roman wird die Geschichte einer starken, selbstbewussten Frau, eines mysteriösen, hochbegabten Mädchens und eines zurückgezogenen Mannes erzählt, die auf ganz besondere Weise zu einer Familie finden.

Glendy Vanderah ist Ornithologin. Obwohl sie in Chicago aufwuchs, interessierte sie sich immer schon mehr für die Tierwelt und die Natur als für das Leben in der Großstadt. Sie studierte an der University of Illinois und arbeitete als Biologin für den Schutz von bedrohten Vogelarten. Heute lebt sie mit ihrem Ehepartner und ihren drei Kindern in Florida und hat sich ganz dem Schreiben gewidmet. Vanderahs Bestseller-Roman »Ein Nest voller Träume« wurde in 33 Sprachen übersetzt und fand weltweit begeisterte Leser*innen.

Glendy Vanderah ist Ornithologin. Obwohl sie in Chicago aufwuchs, interessierte sie sich immer schon mehr für die Tierwelt und die Natur als für das Leben in der Großstadt. Sie studierte an der University of Illinois und arbeitete als Biologin für den Schutz von bedrohten Vogelarten. Heute lebt sie mit ihrem Ehepartner und ihren drei Kindern in Florida und hat sich ganz dem Schreiben gewidmet. Vanderahs Bestseller-Roman »Ein Nest voller Träume« wurde in 33 Sprachen übersetzt und fand weltweit begeisterte Leser*innen. Andrea Fischer hat Literaturübersetzen studiert und überträgt seit über fünfundzwanzig Jahren Bücher aus dem britischen und amerikanischen Englisch ins Deutsche, unter anderem die von Lori Nelson Spielman, Michael Chabon und Mary Kay Andrews. Sie lebt und arbeitet im Sauerland.

Fantasievolle Geschichte über eine Familie, die auf berührende Weise zusammenwächst.

[...] ein hochemotional, spannender und sehr ergreifender Roman.

Eine wärmende Geschichte [...].

1


Das Mädchen hätte ein Feenkind sein können. Es hob sich kaum von der Umgebung ab; das blasse Gesicht, der Kapuzenpullover und die Hose verschwammen mit dem Wald im Dämmerlicht. Die Kleine war barfuß. Reglos stand sie da, einen Arm um den Stamm eines Hickorybaums geschlungen, und rührte sich auch nicht von der Stelle, als das Auto am Ende der Kiesauffahrt wenige Meter von ihr entfernt knirschend zum Stehen kam.

Jo stellte den Motor aus und drehte dem Mädchen den Rücken zu, um Fernglas, Rucksack und Datenblätter vom Beifahrersitz zu nehmen. Wenn sie nicht hinsah, würde das Kind vielleicht wieder in sein Feenreich verschwinden.

Doch als Jo ausstieg, war es immer noch da. »Ich kann dich sehen«, rief Jo zum Schatten neben dem Hickorybaum hinüber.

»Ich weiß«, rief das Mädchen zurück.

Aus den Sohlen von Jos Wanderstiefeln fielen trockene Erdbrocken auf den betonierten Weg. »Kann ich dir irgendwie helfen?«

Das Mädchen antwortete nicht.

»Was machst du auf meinem Grundstück?«

»Ich wollte deinen Hund streicheln, aber er will nicht.«

»Das ist nicht mein Hund.«

»Wem gehört er denn?«

»Niemandem.« Jo öffnete die Tür zu der mit Insektengitter verkleideten Veranda. »Geh besser nach Hause, so lange es noch nicht ganz dunkel ist.« Sie knipste die Insektenlampe an und schloss die Haustür auf. Nachdem sie das Licht eingeschaltet hatte, verriegelte sie die Tür. Das Mädchen war zwar keine zehn Jahre alt, mochte aber trotzdem etwas im Schilde führen.

In der nächsten Viertelstunde duschte Jo und zog sich T-Shirt, Jogginghose und Sandalen an. Sie machte in der Küche Licht, was einen stummen Schwarm Insekten an das erleuchtete Fenster zog. Während sie das Grillgut vorbereitete, wanderten ihre Gedanken zu dem Mädchen draußen. Es hatte bestimmt zu viel Angst vor der einbrechenden Dunkelheit und war nach Hause gegangen.

Jo nahm eine marinierte Hühnerbrust und drei Gemüsespieße mit zu der Feuerstelle auf dem Rasen, der sich zwischen dem mit gelben Schindeln verkleideten Haus und der mondbeschienenen Graslandschaft erstreckte. Das Ferienhaus namens »Kinney Cottage« stammte aus den vierziger Jahren. Es stand auf einer Anhöhe mit Blick auf den Wald; auf der Rückseite gab es eine freie Fläche, die regelmäßig vom Besitzer abgebrannt wurde, damit der Wald nicht zu nah ans Haus heranrückte. Jo entfachte ein Feuer im Steinkreis und platzierte den Grillrost obenauf. Während sie Hühnerbrust und Spieße darauf verteilte, kam eine dunkle Gestalt um die Hausecke geschlichen. Jo zuckte zusammen. Es war das Mädchen. Nur wenige Meter vom Feuer entfernt blieb es stehen und beobachtete, wie Jo den letzten Spieß auf den Rost legte. »Hast du keinen Herd?«, fragte das Kind.

»Doch.«

»Warum kochst du dann draußen?«

Jo setzte sich auf einen der vier klapprigen Gartenstühle. »Weil’s mir Spaß macht.«

»Das riecht gut.«

Falls das Kind sich hier herumtrieb, um etwas zu essen zu bekommen, wäre es enttäuscht von den leeren Schränken einer Feldbiologin, die nur wenig Zeit zum Einkaufen fand. Das Mädchen sprach mit dem gedehnten Akzent der Einheimischen; barfuß, wie sie war, musste sie in der Nähe wohnen. Sollte sie sich doch zu Hause den Bauch vollschlagen.

Das Mädchen kam näher. Im Schein des Feuers sah Jo ihr Gesicht und das schmutzig blonde Haar, doch die Augen blieben mysteriöse schwarze Löcher in ihrem Gesicht.

»Meinst du nicht, dass es Zeit ist, nach Hause zu gehen?«, fragte Jo.

Das Mädchen kam noch näher. »Ich habe kein Zuhause auf der Erde. Ich komme von da oben.« Sie zeigte in den Himmel.

»Woher?«

»Von Ursa Major.«

»Aus dem Sternbild Großer Bär?«

Das Kind nickte. »Ich komme aus der Feuerradgalaxie. Das ist eine Spiralgalaxie im hinteren Teil des Großen Bären.«

Jo hatte keine Ahnung von Galaxien, doch der Name klang erfunden. »Ich habe noch nie von einer Feuerradgalaxie gehört«, sagte sie.

»So wird sie auf der Erde genannt, bei uns heißt sie ganz anders.«

Nun konnte Jo die Augen der Kleinen sehen. Das clevere Funkeln in ihrem Blick wollte nicht recht zu ihrem Puppengesicht passen. Jo dachte, dass das Mädchen sie auf den Arm nehmen wollte. »Wenn du ein Alien bist, warum siehst du dann aus wie ein Mensch?«

»Ich habe mir den Körper eines Erdenmädchens geliehen.«

»Dann sag dem Mädchen, es soll mit dir nach Hause gehen, so lange du da drin bist, ja?«

»Das kann es nicht. Es war tot, als ich mir seinen Körper genommen habe. Wenn es jetzt plötzlich zurückkäme, würden seine Eltern Angst bekommen.«

Das Kind tat so, als sei es ein Zombie. Solche Phantasiespiele waren typisch für Kinder, hatte Jo gehört, aber wenn das Mädchen jemanden suchte, mit dem es Alien oder Zombie spielen konnte, war es bei ihr an der falschen Adresse. Jo hatte weder mit Kindern noch mit Traumwelten je viel anfangen können, auch nicht als sie selbst im Alter des Mädchens war. Jos Eltern, beide in der Wissenschaft tätig gewesen, hatten gern behauptet, das läge an der doppelten Dosis analytischer Gene, die ihre Tochter mitbekommen habe. Sie erzählten oft, Jo sei mit einem grimmigen Stirnrunzeln auf die Welt gekommen, als vertrete sie eine kritische Hypothese darüber, wo sie gelandet war und wer all die Menschen im Kreissaal sein mochten.

Hungrig verfolgte der angebliche Alien in Menschengestalt, wie Jo die Hühnerbrust wendete.

»Geh mal besser zum Essen nach Hause«, sagte Jo. »Deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen.«

»Ich habe doch gesagt, ich habe kein …«

»Willst du irgendwo anrufen?« Jo zog ihr Handy aus der Hosentasche.

»Wen sollte ich denn anrufen?«

»Ich kann das auch für dich tun. Sag mir einfach die Nummer!«

»Wie sollte es denn ein Telefon geben, wenn ich von den Sternen komme?«

»Wie wär’s mit der Nummer des Mädchens, dessen Körper du genommen hast?«

»Ich weiß nichts über sie, nicht mal ihren Namen.«

Was auch immer das Kind da erzählte, Jo war zu müde dafür. Sie war seit vier Uhr morgens auf den Beinen, war mehr als dreizehn Stunden bei großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit durch Wald und Flur gestiefelt. So verliefen bei ihr seit Wochen fast alle Tage, und die wenigen Stunden abends im Cottage waren ihr wichtig, um sich zu entspannen. »Wenn du nicht gehst, rufe ich die Polizei«, sagte sie mit aufgesetzter Strenge.

»Was soll diese Polizei denn tun?«, erwiderte das Mädchen, als hätte sie das Wort noch nie gehört.

»Dich dahin bringen, wo du hingehörst.«

Das Mädchen verschränkte die Arme vor der schmalen Brust. »Und was macht die Polizei, wenn ich sage, dass ich kein Zuhause habe?«

»Dann nimmt sie dich mit zum Polizeirevier und macht deine Eltern ausfindig beziehungsweise ermittelt, wo du wohnst.«

»Und was macht die Polizei, wenn sie da anruft, und die Leute sagen, dass ihre Tochter tot ist?«

Allmählich wurde Jo wütend. »Hör mal, es ist nicht komisch, wenn man niemanden auf der Welt hat. Geh zurück zu den Menschen, die für dich verantwortlich sind.«

Das Mädchen verschränkte die Arme noch fester und schwieg.

Vielleicht half es, wenn Jo ihr ein bisschen Angst machte. »Wenn du wirklich keine Familie hast, bringt dich die Polizei zu einer Pflegefamilie.«

»Was ist das?«

»Dann kommst du zu fremden Leuten. Die sind nicht unbedingt nett, also geh jetzt besser nach Hause, bevor ich die Polizei rufe.«

Das Mädchen rührte sich nicht.

»Ich meine es ernst.«

Der junge Hund, der schon an den letzten Abenden bei Jo um Essen gebettelt hatte, wagte sich in den Widerschein des Feuers. Das Mädchen hockte sich hin, streckte die Hand aus und wollte das Tier mit hoher Stimme zu sich locken.

»Der kommt nicht«, sagte Jo. »Das ist ein wilder Hund. Wurde wahrscheinlich im Wald geboren.«

»Wo ist seine Mutter?«

»Keine Ahnung.« Jo legte ihr Handy zur Seite und wendete die Spieße. »Gibt es irgendeinen Grund, warum du Angst hast, nach Hause zu gehen?«

»Warum glaubst du nicht, dass ich von den Sternen komme?«

Das nervige Kind wusste einfach nicht, wann es genug war. »Hör mal, kein Mensch wird dir abnehmen, dass du ein Alien bist.«

Das Mädchen ging ans Ende der Rasenfläche, wo das Grasland begann, reckte Gesicht und Arme dem Sternenhimmel entgegen und skandierte unverständliche Worte, die wohl die Sprache eines Aliens darstellen sollten. Es klang, als spräche sie fließend eine Fremdsprache. Anschließend drehte sie sich, die Hände in die Hüften gestützt, selbstgefällig zu Jo um.

»Ich hoffe, du hast deine Aliens gebeten, dich abzuholen«, sagte Jo.

»Das war eine Grußadresse.«

»Eine Grußadresse. Aha. Interessant.«

Das Mädchen ging wieder zum Feuer. »Ich kann noch nicht zurück. Ich muss auf der Erde bleiben, bis ich fünf Wunder erlebt habe. Das gehört zu unserer Ausbildung, wenn wir in einem bestimmten Alter sind – so ähnlich wie hier in der Schule.«

»Dann wirst du länger hier bleiben müssen. Es ist mehr als zweitausend Jahre her, dass Wasser in Wein verwandelt wurde.«

»Ich meine keine Wunder wie in der Bibel.«

»Sondern?«

»Alles Mögliche«, antwortete das Mädchen. »Du bist ein Wunder, und der Hund ist eins. Das alles hier ist eine ganz neue Welt für mich.«

»Gut, dann kannst du ja schon zwei abhaken.«

»Nein, die Wunder hebe ich mir für richtig gute Sachen auf.«

»Vielen Dank auch!«

Das Mädchen setzte sich in den Gartenstuhl neben Jo. Von der Hühnerbrust tropfte ölige Marinade ins Feuer. Es qualmte, und ein leckerer Duft...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Übersetzer Andrea Fischer
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Außenseiter • Berührend • Bestseller 2022 • Delia Owens • Der Gesang der Flusskrebse • Draußensein • Familie • Frauenromane Neuerscheinung 2022 • herzerwämend • Hoffnung • leichtlesen • Mutter-Tochter-Roman • Natur • Ornithologin • Pageturner • Wälder
ISBN-10 3-10-491511-3 / 3104915113
ISBN-13 978-3-10-491511-1 / 9783104915111
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