Die Impfpionierin (eBook)

Lady Mary Montagu - Mit ihrem Wissen rettete sie Menschenleben und schrieb Medizingeschichte. Roman
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2023 | 1. Auflage
368 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-2865-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Impfpionierin -  Paula Bellheim
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Sie kämpfte für eine Welt ohne Leid und überwand dafür Grenzen: Lady Mary Wortley Montagu


England, Anfang des 18. Jahrhunderts. In Europa wüten die Pocken, Hunderttausende sterben. Auch die junge Lady Mary infiziert sich. Sie, die in Adelskreisen für ihren brillanten Geist und ihre Schönheit gerühmt wurde, überlebt, ist aber für immer gezeichnet. Zunächst zieht sie sich zurück, doch als ihr Mann als Botschafter ins Osmanische Reich entsandt wird, entscheidet sie sich, ihn zu begleiten. Erst hier, fern der Heimat, traut sie sich wieder unter Menschen - und erfährt im Kreis türkischer Frauen, wie man sich vor der tödlichen Krankheit schützen kann. Mary ist fasziniert. Wenn sie dieses Wissen mit nach England nimmt und dort verbreitet, kann sie Tausenden Menschen das Leben retten. Aber wie soll sie sich Gehör verschaffen?


Ein packender Roman über eine schillernde Persönlichkeit, die Geschichte schrieb, deren Verdienst aber in Vergessenheit geriet




Paula Bellheim ist gebürtige Berlinerin, hat aufgrund der Tätigkeit ihres Vaters jedoch einen Großteil ihrer Jugend im Ausland verbracht, wodurch sie mehrere Sprachen fließend spricht. Nach ihrem Studium war sie viele Jahre bei internationalen Firmen im Bereich Kommunikation und Marketing tätig. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann zurückgezogen in Süddeutschland. Der Roman über Lady Montagu ist ihr Debüt als Autorin.

Paula Bellheim ist gebürtige Berlinerin, hat aufgrund der Tätigkeit ihres Vaters jedoch einen Großteil ihrer Jugend im Ausland verbracht, wodurch sie mehrere Sprachen fließend spricht. Nach ihrem Studium war sie viele Jahre bei internationalen Firmen im Bereich Kommunikation und Marketing tätig. Heute lebt sie zusammen mit ihrem Ehemann zurückgezogen in Süddeutschland. Der Roman über Lady Montagu ist ihr Debüt als Autorin.

London 1762


Es war ein grauer Wintertag, windig und feucht. Vor dem Haus in der George Street hielt ein Wagen. Eines der Pferde ließ ein paar Pferdeäpfel fallen, während der Kutscher die Bremse anzog und vom Bock sprang. Er trat vor das offene Fenster des Wagens und zog den Hut. »Wir sind da, Ladys. Dies müsste es sein.«

Aus dem Inneren der Kutsche blickte ein junges Mädchen neugierig auf das Haus, vor dem sie gehalten hatten. Ein hübscher dreistöckiger Klinkerbau, etwas von der Straße zurückgesetzt, schlicht und doch elegant im georgianischen Stil, weiße Fenstersprossen, die Läden dunkelgrün gestrichen wie auch die über zwei Marmorstufen zu erreichende Haustür. Davor lag ein kleiner, von einer kniehohen Mauer eingegrenzter Vorgarten, leider kahl und trist in diesen Februartagen.

Hier also wohnt sie jetzt, dachte Luisa und verspürte einen ehrfürchtigen Schauder. Gleich würde sie zum ersten Mal in ihrem jungen Leben der berühmten Großmutter begegnen.

»Träum nicht, Luisa. Steig aus«, befahl Mrs. Roper, ihre Gouvernante, die neben ihr auf der vom Haus abgewandten Seite des Wagens saß.

Luisa öffnete den Verschlag und tat wie geheißen. Der Kutscher hatte die Koffer seiner Fahrgäste bereits ausgeladen und auf dem gepflasterten Gehsteig abgestellt.

»Sonst noch was, Ladys?«, fragte er und rieb sich die kalten Hände. In seinem Grinsen fehlte ein Zahn. »Das wären dann Sixpence, Ladys.«

»Wie bitte?«, knurrte Mrs. Roper, die ebenfalls ausgestiegen war, und warf ihm einen ungehaltenen Blick zu. »Thruppence wären schon zu viel.«

Das Grinsen auf dem Gesicht des Kutschers verschwand. »Ist ein weiter Weg von der Poststation. Ich muss meine Kinder ernähren. Und meine Pferde. Sollen die etwa verhungern?«

»Seine Gäule sehen gut genährt aus. Vier Pence, mehr kriegt er nicht!«

Der Mann zuckte mit den Schultern und hielt die schwielige Hand auf. »Na schön. Ausnahmsweise. Der jungen Lady zuliebe.« Er zwinkerte Luisa zu.

»Werd er nicht unverschämt!«, fauchte Mrs. Roper. »Und das Gepäck soll er gefälligst ins Haus bringen! Vorher gibt’s kein Geld.«

Der Kutscher seufzte und nickte ergeben. »Wie Ihr wünscht, Ma’am.« Er klemmte sich eine Reisetasche unter den Arm und packte mit jeder Hand einen der schweren Koffer. Für die beiden letzten würde er noch ein zweites Mal gehen müssen.

Mrs. Roper stieß das Vorgartentor auf und marschierte mit strammem Schritt auf die Haustür zu, wo sie den schweren bronzenen Türklopfer betätigte. Dann drehte sie sich zu Luisa um, die verlegen am Tor stehen geblieben war. »Nun komm schon, Luisa, und gaff nicht. Du stehst dem Mann im Weg.«

Schüchtern trat Luisa näher. »Vielleicht kommen wir ungelegen«, sagte sie.

Mrs. Roper schüttelte den Kopf. »Ach was! Außerdem, sie wird dir schon nicht den Kopf abbeißen.«

Das sagt sich so, dachte Luisa. Dabei war Lady Mary bekannt für ihre beißenden Pamphlete, für ihre Korrespondenz mit bedeutenden Menschen, für ihre literarischen Fehden mit Politikern und Dichtern. All das hatte sie in Luisas Augen zu einer übermenschlichen Figur werden lassen, und gerade deshalb wollte sie ihre Großmutter endlich kennenlernen. Aber da war natürlich auch der langjährige Familienzwist. Luisa hatte unter Tränen darum kämpfen müssen, dass man ihr gestattete hierherzukommen. Sie fasste sich ein Herz und trat an Mrs. Ropers Seite. Der Kutscher folgte mit dem schweren Gepäck, stellte es ab und kehrte zur Straße zurück, um den Rest zu holen.

Endlich wurde die Tür geöffnet.

Vor ihnen stand eine schlanke, ganz in Schwarz gekleidete Frau in mittleren Jahren, das dunkle Haar zu einem strengen Nackenknoten gebunden. »Guten Tag. Was wünschen die Herrschaften?«, fragte sie mit deutlich französischem Akzent.

»Lady Luisa Stuart«, sagte Mrs. Roper und deutete mit dem Kopf auf Luisa, »möchte Lady Mary, ihrer Großmutter, ihre Aufwartung machen. Mein Name ist Roper. Ich bin Luisas Gouvernante und begleite sie.«

Die Frau an der Tür, vermutlich eine Magd oder Zofe der Hausherrin, blickte Luisa erstaunt an, lächelte dann freundlich und trat zur Seite. »Oh natürlich. Bitte tretet ein. Ich werde Madame Bescheid sagen, sie wird sich freuen.« Damit wandte sie sich eilig ab und verschwand im Haus.

Mrs. Roper wies den Kutscher an, das Gepäck in einer Ecke der Diele abzustellen. Dann entließ sie ihn mit vier in die Hand gedrückten Pennymünzen. Der Mann zählte mit einem Blick nach, nickte und machte sich davon.

Nun betrat auch Luisa das Haus und schloss die Tür hinter sich. Die Einrichtung der Diele war schlicht: ein Möbelstück mit Spiegel, daneben Mantel- und Hutablage, ein abgetretener Teppich, gelb getünchte Wände. Eine Landschaft mit Themse und London im Hintergrund. Etwas unpersönlich das Ganze, fand sie, aber das Haus war ja auch nur gemietet, wie Großmutter geschrieben hatte.

Es dauerte nicht lange, bis die Hausangestellte zurückkehrte und die Gäste in den Salon bat. »Madame kommt gleich«, sagte sie. »Bitte setzt Euch. Eine Erfrischung vielleicht?«

»Nein, danke«, sagte Mrs. Roper mit einer Miene, als wäre es unter ihrer Würde, in diesem Haus etwas zu sich zu nehmen.

Mutters Einfluss, ging es Luisa durch den Sinn. Während der ganzen Reise hatte Mrs. Roper keinen Zweifel daran gelassen, wie starrsinnig sie es fand, dass Luisa darauf beharrte, ihre entfremdete Großmutter zu besuchen, und wie unangenehm es ihr war, sie zu begleiten. Aber Mutter hatte es angeordnet, also hatte sie sich fügen müssen.

»Vielleicht eine Tasse Tee«, sagte Luisa mit einem dankbaren Lächeln. »Falls im Haus vorhanden, natürlich. Die lange Fahrt hat mich durstig gemacht.«

Tee hatte seit den Zwanzigerjahren das Land erobert. Manche hielten sich an grünen Tee, aber am beliebtesten war schwarzer Tee mit etwas Sahne.

Die Magd nickte. »Gerne, Lady Luisa.«

Sie wandte sich schon zum Gehen, als Luisa sie nach ihrem Namen fragte. »Oh, ich heiße Marie Anne und bin Madames Lady’s Maid, wie man hier sagt. Schon seit vielen Jahren.«

»Sie ist aus Frankreich, nicht wahr?«

»Ganz recht. Aus Avignon.«

»Ah«, sagte Luisa lachend. »Comme ça je peux pratiquer mon français.« So kann ich mein Französisch üben.

»Avec plaisir, Madame!«, erwiderte Marie Anne mit einem herzlichen Lächeln. Dann wandte sie sich erneut an Mrs. Roper und fragte, ob sie nicht doch etwas Tee zu sich nehmen wolle, was diese jetzt gnädig gewährte. Marie Anne entschuldigte sich und verließ den Salon.

Die Damen sanken auf zwei mit dunklem Samt bezogene Chaiselongues, und Luisa sah sich neugierig um. Der Salon war opulenter ausgestattet als die Diele. Die Wände waren mit dunkelgrünem Stoff verkleidet, auf dem einige Landschaften in vergoldeten Rahmen hingen, dazu gab es eher zierliche Möbel und Kommoden, ein paar holländische Vasen und zwei orientalische Teppiche. Über allem schwebte ein Kronleuchter von der Decke, und auf den Kommoden standen silberne Kerzenhalter. Allerdings war der Salon unaufgeräumt. Überall lagen Bücher, Zeitungen und Briefe herum. Offensichtlich hatte die Hausherrin dem Gesinde aufgetragen, nichts davon anzurühren. Davon abgesehen war es alles in allem eine gediegene Einrichtung, wenn auch nicht besonders kostbar.

Bald darauf wurde der Tee serviert, diesmal von einer jungen Magd. Mrs. Roper rührte Zucker und etwas Sahne in ihren Tee und kostete ihn. Dann sah sie sich ebenfalls um. »Ich hatte sie für reicher gehalten«, bemerkte sie abfällig. »Wenn man das hier so sieht …«

»Das Haus ist nur gemietet«, entgegnete Luisa schroff. Mrs. Roper war jemand, der Reichtum mit gesellschaftlicher Überlegenheit verband, und ihre Bemerkung bestätigte diese Einstellung einmal wieder. »Lady Mary hat lange in Italien und Frankreich gelebt. Erst vor Kurzem ist sie heimgekehrt. Auf die Schnelle hat sich wohl nichts Besseres gefunden.« Kaum hatte sie das gesagt, ärgerte sie sich auch schon darüber, dass sie es überhaupt für nötig befunden hatte.

»Wahrscheinlich hat sie ihr Vermögen bei den Franzosen verjubelt, anstatt ihrer Tochter etwas zu vererben.«

»Das geht Euch wohl kaum etwas an, Mrs. Roper.«

»Nein, vermutlich nicht. Ich sag es ja nur.« Die Gouvernante nahm noch einen Schluck von ihrem Tee. »Bei den Franzosen hat sie dann sicher auch diese Marie Anne gefunden. Als ob es keine kompetente Dienerschaft in England gäbe.«

»Mrs. Roper! Ich muss Euch bitten, solche Bemerkungen für Euch zu behalten. Besonders in diesem Haus.«

Mrs. Roper warf ihr einen erstaunten Blick zu. »Sag mal, wie redest du mit mir?«

»Ich rede, wie es mir passt, damit Ihr’s wisst. Wir sind hier nicht bei Maman.«

»Jetzt wirst du auch noch aufmüpfig!« Mrs. Roper warf den Kopf in den Nacken und schoss Luisa einen missbilligenden Blick zu. »Ich wusste, es war ein Fehler herzukommen.«

In diesem Augenblick öffnete sich die Tür zum Salon, und eine alte Dame betrat den Raum. Das musste Großmutter sein, Lady Mary Wortley Montagu. Bei ihrem Anblick sprang Mrs. Roper von der Chaiselongue auf und hätte beinahe ihre Teetasse fallen lassen, wie Luisa belustigt bemerkte. So viel zu ihrem großen Mundwerk!

Auch Luisa hatte sich erhoben und blickte mit einigem Herzklopfen ihrer Großmutter entgegen, die, auf einen Gehstock gestützt, langsam auf sie zukam. Sie war nicht besonders groß – Luisa hatte sie sich größer vorgestellt –, trug ein schlichtes langes Kleid aus dunkelblauer Seide mit glockenförmigem Rock...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2023
Reihe/Serie Mutige Frauen, die Geschichte schrieben
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 17. Jahrhundert • 18. Jahrhundert • Bildung für Frauen • Emanzipation • Impfen • Impfung • Konstantinopel • Medizin • Mutter • Osmanisches Reich • Pionierin • Pocken • Reisen • Saga • Starke Frau • Vakzination • variolation • Wahre GEschichte
ISBN-10 3-7517-2865-1 / 3751728651
ISBN-13 978-3-7517-2865-2 / 9783751728652
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