how I feared love -  Billy Remie

how I feared love (eBook)

Gay - Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
843 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7541-9094-4 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
5,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Neue Schule - Neues Glück? Von Wegen! Ich wollte nur meine Ruhe, doch dann schickten mich meine Eltern auf ein Drill-Internat und ich fand mich eingepfercht mit übellaunigen Nachwuchskriminellen in der Hölle wieder. Meine Schüchternheit, meine geringe Intelligenz und meine Akne hatten mich mein Leben lang zum Ausgegrenzten gemacht, womit ich eigentlich ziemlich zufrieden war, doch dann traf ich auf Grünauge, der mich auf jede erdenkliche Art reizte, wie man einen anderen Menschen nur reizen konnte. Dieser bipolare Mistkerl verwirrte mich von der ersten Minute an, denn so arrogant und herrisch er auch sein konnte, war er plötzlich auch der einzige Mensch, der meine tiefsitzenden sozialen Ängste zu verstehen schien. Das Problem war nur, dass er mir von allen anderen am meisten Angst einflößte, weil er die Macht besaß, mir am meisten wehzutun.

Hinter Billy Remie versteckt sich eine scheue Person, Baujahr 1992. Lebt zurückgezogen in einem friedvollen Waldgebiet (das ist Kein Scherz), und bedient eine junge, verrückte Hündin von vorn bis hinten, meidet die Öffentlichkeit, wird nicht auf Sozialenmedien oder Messen zu finden sein, und will einfach nur schreiben um des Schreibens willen.

Prolog



Im schwummrigen Halbdunkel leuchtete die orangene Flamme so hell auf, dass sie wie Nadeln in die Augäpfel stach. Glühendrot, wie der Schlund eines feuerspeienden Drachen, glomm die Spitze der Zigarette auf, gefolgt von einem leisen Knistern in der tiefen Stille.

»Danke«, presste ich emotionslos hervor und unterdrückte mühsam den Hustenreiz, der mir die Tränen auf die Lider trieb. Das Licht des auf »mute« geschalteten Fernsehers zuckte über mein Gesicht, nur durchbrochen von der »smooth« Funktion der LED-Lampe, die ihre Farben neben mir im gemächlichen Rhythmus wechselte.

Mein Sitznachbar nahm das Feuerzeug herunter, sein Blick klebte an meinem Profil, hoffend und flehend zugleich, ich möge ihn ansehen. Mein passives Verhalten machte ihn nervös. Doch meine abweisende Art lag nicht an ihm. Nicht nur. Ich war abgelenkt von meinen eigenen Gedanken. Dem Warten auf die dumpfe Reue.

Mühsam schluckte ich und räusperte mich, betrachtete dabei angestrengt die Zigarette, nachdem ich den Rauch ausgestoßen hatte. Es fühlte sich an, als hätte ich Sand inhaliert. Meine gesamte Lunge brannte und meine Kehle war eng, auch mehrfaches Schlucken brachte da nichts. Von dem scheußlichen Geschmack auf meiner Zunge ganz zu schweigen. Mir war übel, aber nicht nur vom Rauchen. Eigentlich war mir ständig übel, seit ich geboren wurde.

Nachdenklich starrte ich auf die glühende Spitze des weißen Sargnagels, der zwischen meinen feingliedrigen, aber kurzen Fingern steckte. Zwei Fragen jagten mir in diesem Moment durch den Kopf. Zum einen, wann verfickt noch mal meine Hände so alt geworden waren. Und was zum Teufel ich hier eigentlich machte, ich hatte doch schon vor Jahren das Rauchen aufgehört.

Aber eine weitere schlechte Entscheidung machte den Braten jetzt wohl auch nicht mehr fett, dachte ich in jenem Moment und nahm noch einen Zug. Der zweite ging schon leichter, als ob mein Körper sich daran erinnerte, sich nicht gegen das Gift zu wehren, sondern sich einfach zu ergeben. Das Nikotin wirkte sofort und gaukelte mir vor, ich hätte den winzigen Rausch vermisst. Aber das hatte ich nicht. Na ja, vielleicht ein paar Mal in den ersten Jahren, doch danach immer seltener. Eine Zeitlang hatte ich zu große Angst vor den Auswirkungen auf Herz und Lunge, als dass ich es hätte vermissen können. Selbsterhaltungstrieb konnte eine so wundervolle Sache sein.

Doch der wurde in den letzten Tagen, Wochen – vielleicht begann es auch schon vor Monaten – immer leiser und leiser…

Da hatte ich meine Antwort. Ich rauchte wieder, weil es mir plötzlich egal war, ob ich lebte.

Vielleicht war das der Moment, als ich langsam aufwachte. Rückblickendbetrachtet war dieser Augenblick dort auf dem fremden Sofa zumindest das erste Mal, dass ich bewusst dachte: ich bin unglücklich.

Aber das, was ich dort getan hatte, machte mich auch nicht glücklicher. Nur irgendwie… freier.

»Deine Finger zittern.« Seine sanfte Stimme holte mich aus meinen Gedanken. Ich zog eine Augenbraue hoch und schielte zur Seite.

Ein molliges Gesicht betrachtete mich. Selbst das spärliche Licht und eine halbe Flasche Chardonnay konnten es nicht annähernd »hübsch« erscheinen lassen. Rund wie ein Vollmond, dunkle Barthaare, darunter Krater und leuchten rote Punkte, eine Monobraue. Aber treudoofe, liebevolle Augen, die so intensiv nach Liebe und Nähe flehten, dass ich mir am liebsten eine Knarre an die Schläfe gesetzt hätte, weil ich so ein verficktes Arschloch war, dass ich nicht einmal zum Schein zurücklächeln konnte, damit er sich nach der Aktion nicht völlig ausgenutzt vorkam.

Ich sah auf meine Hände und ballte die eine zur Faust, um das Beben in den Gliedern zu unterdrücken. Mein Herz raste, ich bekam kaum Luft. »Nur die Anstrengung«, murmelte ich monoton. Mehr hatte ich nach einem Blowjob nicht zu sagen.

Ich spürte sein fettes Grinsen. »War echt geil. Nächstes Mal würde ich dich gern ficken.«

Mir fuhren die Worte wie Hagelschauer über den Rücken, gingen mir durch und durch, aber nicht auf die schöne Art. Ficken. Mich. Meine Übelkeit verstärkte sich. Plötzlich ekelte ich mich vor ihm, obwohl ich doch vor einer halben Stunde nichts mehr genossen hatte, als mal wieder angeschmachtet zu werden.

Ich bin nämlich auch kein Schönheitsideal, nicht einmal mehr guter Durchschnitt. Ich bin mollig geworden, ich bin klein, ich bin fast dreißig und besitze die unreine Haut eines Fünfzehnjährigen, auch mein Gesicht war mit Kratern durchzogen und mein Bartwuchs ähnelte dem eines Werwolfes in der Pubertät. Kurz um, ich war auch kein Hauptgewinn. Aber Mann, ich weiß, wie man eine Pinzette benutzt, um vor dem Fickdate die Augenbraue von einer dunklen Linie in zwei zu verwandeln.

Er schien die Veränderung meinem harten Gesicht abzulesen. »Alles okay?«, fragte er mich erneut, deutlich kleinlauter, und nahm eines der muffig riechenden Sofakissen, um es sich wie einen Teddy vor den stark gewölbten Bauch zu halten. Seine Statur war nicht einfach nur »kräftig«, er war fett. Ganz einfach. Fett. Wie eine Schwangere im sechsunddreißigsten Monat, die bald ein voll entwickeltes Kleinkind gebären würde.

Okay, okay. Ich bin gemein! Ich weiß das! Eigentlich war mir seine Statur egal, ich mag keine Muskelmänner, keine Adonisse, keine Fitnessfreaks. Und sind wir ehrlich, in der Schwulenscene bekam man solche Elitestuten auch nur ab, wenn man selbst aussah wie ein griechischer Gott – oder wie ein gerade volljähriger Twink mit Pfirsichhaut. Ich meine, die ganze Pornoindustrie ist ja nicht nur auf Lügen aufgebaut, sie gibt der Fantasie, was sie wirklich will.

Dass er und ich hier saßen, verdankten wir zwei Umständen. Wir waren beide keine Schönlinge und ich war ein betrügerischer Wichser, der seine Einsamkeit ausgenutzt hatte, um sich für zwei Sekunden gut zu fühlen.

»Willst du ein Glas Wasser?«, fragte er fürsorglich. Offenbar spürte er instinktiv, was ich gerade über ihn dachte, denn er starrte mich bereits mit so verletzten Augen an, dass ich kotzen wollte.

Wegen mir, nicht wegen ihm. Er war ein toller Kerl, der mir – obwohl wir uns so gut wie fremd waren – immer zuhörte, immer verständnisvoll und warm mit mir sprach. Er verdiente Besseres.

Jetzt tu wenigstens so, als ob du ihn magst!, schimpfte ich mit mir selbst. Es ging ja nur darum, ihm ein gutes Gefühl zu geben, nachdem er mir einen geblasen hatte! Das war ja wohl das Mindeste!

»Ich sollte gehen«, sagte ich kurz angebunden. Es war gar nicht nötig, ihn dabei anzusehen, ich konnte förmlich spüren, wie etwas in ihm zerbrach.

Fuck. Das tat mir selbst weh. Ich hasste mich. Aber so sehr ich mich auch zu einem Lächeln zwingen und ihn anschauen wollte, ihm signalisieren wollte, Kumpel, das war geil, du bist toll, du bist ein ganz wunderbarer Mensch, auch ohne Muskeln … Ich konnte mich nicht überwinden, empfand nur noch Ekel für uns beide.

Er starrte mich tieftraurig an, als ich die Kippe zwischen die Lippen steckte und wegen dem Qualm die Augen zusammenpetzte, um mir eilig mein noch feuchtes Geschlecht in die Hose zu stopfen und diese zu schließen. Das alles im Aufstehen. Wenn es darum ging, zu flüchten, war ich Profi. In vielerlei Hinsicht.

Er stand auch auf. »Soll ich dich fahren?«

Ich schnappte meine Jacke auf dem Weg nach draußen. »Schon gut, ich laufe, ist ja quasi um die Ecke.«

»O…okay«, stammelte er verwirrt.

Scheiße, ich musste hier raus. Das war alles, was ich wusste. Ich musste einfach nur da raus, aus seiner winzigen, stickigen Bude. Es war nur der ausgebaute Keller unter dem Haus seiner Eltern.

Ich verurteilte ihn nicht, ich war auch ein Versager.

»Wir schreiben dann, okay?«, fragte er an der Kellertür.

»Klar«, sagte ich. Immerhin diese Lüge kam mir über die Lippen. Wobei, er würde mir bestimmt schreiben und ich war kein Mensch, der es einfach ignorieren würde. Na ja, nicht mehr.

Nein, nein, stattdessen würde ich mir eine saudumme Geschichte ausdenken, so wie ich es immer tat, um andere loszuwerden.

Es ist schließlich mein Job, mir Geschichten aus dem Hut zu ziehen, die man mir einigermaßen abkauft.

In meinem Kopf ratterte es bereits auf der Suche nach einer guten Abfuhr, ohne ihn noch mehr zu verletzen, während ich die letzten Stufen aus dem feuchten Keller nahm und in einen frühsommerlichen Abend eintauchte. Am Ende entschied ich, ihm dann doch einfach die Wahrheit zu erzählen, sie würde die Bekanntschaft mit ihm am effektivsten im Keim ersticken.

Ich bin vergeben, Kumpel, sorry.

Mir ist an dieser Stelle bewusst, dass ich gerade alle möglichen Sympathiepunkte verloren habe, deshalb möchte ich gleich einwerfen, dass ich kein notorischer Fremdgänger bin! Ich bin sehr treu und ich habe in sexueller Hinsicht eigentlich keinen Grund, fremdzugehen, denn genau genommen kann ich sexuell nicht mithalten und ich muss mich schon ziemlich ins Zeug legen, damit ich keinen Grund liefere, betrogen zu werden.

Warum ausgerechnet ich fremdgebumst habe, obwohl ich um jede Pause eigentlich froh war, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Und es würde nicht das letzte Mal bleiben.

Ich bin kaputt, in jedweder Hinsicht. Damals, heute, immer schon. Vermutlich hatte es selten jemanden gegeben, dessen Psyche derart zerstört ist wie die meine. Auch wenn ich kein Serienmörder bin, ganz richtig bin ich auch nicht. Ich zerfetze in Serie mein eigenes Leben, dabei sollte ich so verflucht dankbar sein, dass ich jede Sekunde meines Dasein damit zubringen sollte, den Boden unter den Füßen meiner Mitmenschen zu küssen, die mich immer noch...

Erscheint lt. Verlag 27.4.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-7541-9094-6 / 3754190946
ISBN-13 978-3-7541-9094-4 / 9783754190944
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,2 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99