Die Stewardessen. Bis zum Horizont (eBook)

Roman

(Autor)

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2022
512 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-26905-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Stewardessen. Bis zum Horizont - Svea Lenz
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Margot Frei hat die halbe Welt bereist. Jetzt greift sie nach den Sternen ...
Hamburg 1957. Als Stewardess hat Margot Frei die halbe Welt bereist, doch ihre Familie missbilligt dieses unabhängige Leben zutiefst. Die Lufthansa wiederum legt großen Wert darauf, dass alle Flugbegleiterinnen ungebunden bleiben, und spätestens mit der Eheschließung endet jede Karriere. Als für Margot alles auf dem Spiel steht, bekommt sie die einmalige Chance, für die legendäre Fluggesellschaft Pan Am zu arbeiten. Doch auch im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist nicht alles Gold, was glänzt. Margot steht vor einer schweren Entscheidung: Ist sie bereit, alles hinter sich zu lassen - auch den Piloten, an dem ihr Herz noch immer hängt?

Svea Lenz ist ein Pseudonym der erfolgreichen Autorin Nicole C. Vosseler, die ihre Leser*innen gerne in fremde Welten und vergangene Zeiten entführt. Sie hat Literaturwissenschaften und Psychologie studiert und lebt am Bodensee. Wenn sie nicht gerade an einem ihrer Romane arbeitet, reist sie am liebsten mit der Kamera um die Welt.

1

Sag, wie heißt du, süße Kleine

Wie auf Schienen glitt die Super-Constellation mit dröhnenden Motoren über den Nachthimmel. Die Passagiere waren verköstigt und hatten es sich mit einem Schlummertrunk und Lesestoff gemütlich gemacht oder versuchten, in der abgedunkelten Kabine die Zeit bis zum Frühstück zu verschlafen. In der Pantry dagegen brannten noch alle Lichter.

»So habe ich mir das während der Ausbildung nicht vorgestellt«, jammerte Bärbel.

Zermatschte Kartoffeln hafteten an ihren von Fett und Bratensoße verschmierten Fingern, während sie einen aufgeweichten Klumpen aus Papierservietten gründlich auseinandernahm und dann mit angewiderter Miene in den bereitstehenden Eimer warf.

Margot lachte. »Nimm’s als Lehrstunde! Noch mal passiert dir das garantiert nicht.«

Anstatt nach der Hälfte ihrer gut zwanzigstündigen Schicht zwischen New York und Hamburg selbst endlich etwas zu essen oder ein Nickerchen zu machen, knieten die beiden Stewardessen auf dem Boden der Pantry und wühlten mit hochgekrempelten Blusenärmeln im Abfall.

»Das ist so eklig!« Schaudernd ließ Bärbel eine Papiertüte mit Erbrochenem in den Eimer fallen; über Neufundland waren die Flüge immer holprig.

»Deshalb sollst du die Tüten am oberen Ende fest zusammenfalten«, erklärte Margot.

»Da geht er hin«, spöttelte Hartmut Schwertfeger, »der strahlende Glanz der Stewardessen.«

»Vorsicht, Hacki!«, erwiderte Margot. »Sonst schnappe ich mir in einem unbeobachteten Moment den Salzstreuer und leere ihn in deine Suppe.«

Der Koch lachte und zündete sich eine Zigarette an.

Ein paar ausgetrunkene Gläser in der Hand, trat Felix Jungblut durch den Vorhang. »Was macht ihr denn da?«, fragte er verwundert.

»Mrs Miller auf Platz 10A hat ihre Zahnprothese auf dem Tablett liegen lassen«, antwortete Margot. »Sie hat es erst bemerkt, als Bärbel schon längst abgeräumt hatte.«

»Hast du beim Abtragen nicht genau hingeschaut?«, hakte Felix nach.

»Was glaubst du wohl?«, fuhr Bärbel ihn an, eine verlegene Röte auf dem mädchenhaft zarten Gesicht.

Felix grinste und nahm den gefüllten Teller entgegen, den Hacki ihm reichte. »Denn mal Prost Mahlzeit.«

Er hatte kaum den ersten Bissen im Mund, als das Greinen eines Säuglings aus der Kabine drang. Seufzend legte Felix das Besteck weg und begann, mit Milchpulver und Schnullerflasche zu hantieren.

»Lass das lieber Ruth machen«, sagte Margot, während sie und Bärbel weiter den Müll durchforsteten. »Mrs Todd ist eine dieser furchtbar nervösen Mütter. Die traut dir das sicher nicht zu, dass du dich genauso gut um ihren Goldschatz kümmern kannst wie wir Mädels.«

»Wo bleibt da die Gleichberechtigung?«, protestierte Felix, während er das Fläschchen in heißem Wasser aufwärmte. Das semmelblonde Haar akkurat gescheitelt, sah er in seiner Uniform auch mit Mitte zwanzig noch aus wie ein Schuljunge. »Wo steckt Ruth überhaupt?«, fragte er.

Margot antwortete nicht. Zwischen Essensresten, durchnässten Servietten, Kaffeesatz und anderem Abfall hatte sie etwas Hartes ertastet.

»Ta-daa!« Triumphierend reckte sie die Dritten von Mrs Miller in die Höhe und drückte sie Bärbel in die Hand. »Jetzt aber hurtig! Schrubb sie mit einer der abgepackten Zahnbürsten gründlich ab.«

Sie warf den restlichen Müll in den Eimer und stand auf. Das Wimmern des Babys steigerte sich zu ohrenbetäubendem Heulen.

»Halt!« Margot pfiff Bärbel zurück, die schon loslaufen wollte. »Krempel erst die Ärmel runter und zieh deine Uniformjacke wieder an. Und trag die Prothese um Himmels willen nicht in der bloßen Hand! Mach’s ein bisschen diskret und nimm eine Serviette.«

Bärbel tat wie geheißen. Auf dem Weg in die Kabine stieß sie beinahe mit Ruth zusammen, die in die Pantry stürmte und ein leeres Glas auf die Arbeitsfläche knallte.

»Immer langsam mit den jungen Gäulen«, kommentierte Hacki gutmütig.

»Was ist denn mit dir los?«, fragte Margot, während sie sich Hände und Unterarme einseifte und unter dem Wasserhahn abspülte.

Ihre Kollegin Ruth, stupsnasig und mit weichen Haarwellen in der Farbe von Cognac, schäumte sichtlich vor Wut. »Der Widerling auf 5C hat mir an den Po gegrapscht«, stieß sie hervor. »Und jetzt tobt er herum, weil er unbedingt noch was zu trinken will.«

»Frollein!«, tönte es über das Babygeschrei aus der Kabine. »He, Frollein! Wird man hier mal noch bedient?«

»Wie viel hatte er schon?«, erkundigte sich Margot und trocknete sich die Hände ab.

Ruth schnaubte. »Eindeutig zu viel.«

»Soll ich ihm Manieren beibringen?«, bot Felix an.

Just in diesem Moment betätigte jedoch jemand in seinem Bereich den Rufknopf, und mit einer entschuldigenden Geste verschwand er hinter dem Vorhang.

Margot schloss die Manschettenknöpfe ihrer Bluse und griff zur Uniformjacke. »Kümmere du dich um den kleinen Schreihals«, wies sie Ruth an. »Ich übernehme den großen.«

Sie schlüpfte ebenfalls durch den Vorhang. Mrs Todd hatte ihren schreienden Säugling aus dem Babybettchen geholt, das an die Trennwand montiert war, und schaukelte ihn auf ihrem Arm.

»I’m so sorry«, entschuldigte sie sich bei den benachbarten Passagieren, die bereits murrten. »Really sorry.« Sie war den Tränen nahe.

Margot hob den Schnuller vom Kabinenboden auf und reichte ihn Mrs Todd; allenfalls eine Notlösung, das wussten sie beide. Im Flüsterton kündigte sie Milchflasche und frische Windeln an, die Wundermittel gegen kleine Krakeeler. »Miss Ruth will be with you any minute.«

Behutsam drückte sie die Schulter der jungen Frau, die zu ihrem in der Pfalz stationierten Ehemann unterwegs war. Eine Geste, die zu verstehen geben sollte: Wir meistern das gemeinsam.

Mrs Todd nickte, und ein Anflug hoffnungsvoller Erleichterung zog über ihr Gesicht, das trotz des perfekten Make-ups erschöpft wirkte.

Entschlossen setzte Margot ihren Weg durch den Mittelgang fort. Zügig, aber ohne Hast. Gerade in den Nachtstunden fürchteten die Passagiere sonst schnell, dass etwas nicht stimmte und sie in sechstausend Metern Höhe auf eine Katastrophe zusteuerten. Hinter Margot brach das Babygeschrei jäh ab; nur noch Ruths zärtliches Gurren war zu hören, und erleichtertes Aufatmen wanderte durch die Sitzreihen.

»Bedienung!«, schallte es Margot entgegen. »He, Bedienung! Was ist das für ein Saftladen hier?«

Margot verdrehte die Augen. Die Passagiere mit einem Ticket der ersten Klasse, das auf der Nordamerikalinie neuerdings unter dem Namen »De Luxe« beworben wurde, erwiesen sich auf jedem Flug als pflegeleicht. Sie genossen einfach ihre bequemen Comforette-Liegesessel und diverse Extras wie den Lufthansa-Cocktail aus Weinbrand, Wermut und Orangen-Aprikosen-Likör zur Begrüßung an Bord. Nur in der Hauptkabine glaubte immer wieder einer, sich wie ein Halbstarker auf dem Kiez aufführen zu müssen.

In Reihe fünf war ein vierschrötiger Mittfünfziger im Anzug aufgestanden. Unsicher auf den Beinen, suchte er im schwankenden Flugzeug am Kopfteil des Sitzes Halt. Ein unverkennbarer Alkoholdunst ging von ihm aus.

»Herr Wucke«, sprach Margot ihn leise, aber bestimmt an, »würden Sie sich bitte setzen?«

»Ich habe einen Haufen Geld für diesen Flug hingeblättert!«, beschwerte er sich lautstark. »Dafür kann ich ja wohl was erwarten.«

»Selbstverständlich, Herr Wucke«, entgegnete Margot. »Unter anderem, dass Sie mit heilen Knochen ankommen. Also nehmen Sie bitte wieder Platz.«

»Von Ihnen lasse ich mir rein gar nichts vorschreiben«, fuhr er sie an. »Mit meinem Ticket bezahle ich doch quasi Ihr Gehalt!«

»Mein Gehalt«, erwiderte Margot ungerührt, »bekomme ich hauptsächlich dafür, dass ich für Ihre Sicherheit sorge. Also setzen Sie sich bitte umgehend hin.«

»Haben Sie nicht gehört, was die Lady gesagt hat?«, schimpfte ein Mann mit amerikanischem Akzent hinter Margot. »Jetzt setzen Sie sich endlich und halten die Klappe, for Christ’s sake

Na großartig, dachte Margot. Sobald sich andere Gäste einmischten, konnte leicht ein Tumult losbrechen. In diesem Fall musste sie laut Protokoll einen Piloten hinzuziehen – was aber nach genau demselben Protokoll unbedingt zu vermeiden war.

Mit einer beschwichtigenden Geste wandte sie den Kopf und nickte kurz, um dem Amerikaner zu bedeuten, dass sie seine Ritterlichkeit zu schätzen wusste, die Lage aber im Griff hatte. Dann setzte sie das mütterliche Lächeln auf, das normalerweise für quengelnde Kleinkinder reserviert war, die sie mit Kakao, einem Bilderbuch oder einem Lolli bestach.

»Machen Sie es sich einfach wieder gemütlich, Herr Wucke«, säuselte sie. »Ist doch ein langer Flug, da sollen Sie es bequem haben. Was darf ich Ihnen denn bringen?«

»Na also, geht doch.« Schnaufend ließ der Gast sich wieder in seinen Sitz fallen. »Whisky. Einen doppelten.«

»Sehr wohl, der Herr«, zwitscherte Margot.

»Entschuldigen Sie, Ma’am.« Der Amerikaner fing sie auf dem Weg zurück in die Pantry ab. »Es geht mich zwar nichts an … aber halten Sie das wirklich für eine gute Idee? Der ist doch schon sternhagelvoll.«

Es ging Mr Hayes auf Platz 7B wirklich nichts an, schließlich war Margot der Boss in der Kabine. Dennoch zwinkerte sie ihm im Vorbeigehen gut gelaunt zu. »Vertrauen Sie mir!«

Ruth hatte inzwischen Todd junior auf den Wickeltisch gelegt und zuckte nicht einmal mit der Wimper, als der Kleine sie mit vergnügtem Krähen...

Erscheint lt. Verlag 9.11.2022
Reihe/Serie Die Stewardessen-Serie
Die Stewardessen-Serie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • eBooks • Familiensaga • Flugreisen • Frauenromane • historisch • Liebe • Liebesromane • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2022 • New York • Pan-Am • Pilot • Reihe Band 2 • Romane für Frauen • Taschenbuch • Zweiter Band
ISBN-10 3-641-26905-9 / 3641269059
ISBN-13 978-3-641-26905-0 / 9783641269050
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