Das Pestschiff (eBook)
448 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3036-2 (ISBN)
Pesthauch auf der Königsburg
Irland 672: Zum Beltaine-Fest am 1. Mai treffen sich die sieben Prinzen von Muman in Cashel, um die sieben Regierungsjahre ihres Königs einzuschätzen. Da wird der alte Apotheker Conchobhar ermordet, der Hüter des Schwerts von Nuada, das entscheidend für den Fortbestand des Königreichs ist. Richtet sich der Angriff gegen König Cogús Friedensschluss mit den früheren Todfeinden von Muman? Als ein Pestschiff an der Küste anlegt und ein Mordanschlag auf Fidelma verübt wird, drohen die Ermittlungen außer Kontrolle zu geraten.
Die erfolgreichste historische Krimiserie auf dem deutschen Markt
»Meisterhaft erzählt von einem Autor, der die Zeit, über die er schreibt, auf faszinierende Weise lebendig werden lässt.« Belfast Telegraph
»Eine brillante und bezaubernde Heldin. Unheimlich anziehend.« Publishers Weekly
Peter Tremayne ist das Pseudonym eines anerkannten Historikers, der sich auf die versunkene Kultur der Kelten spezialisiert hat. Seine im 7. Jahrhundert spielenden Romane mit Lady Fidelma sind zurzeit die älteste und erfolgreichste historische Krimiserie auf dem deutschen Buchmarkt. Fidelma, eine mutige Frau von königlichem Geblüt, ehemalige Nonne und Anwältin bei Gericht, löst darin auf kluge und selbstbewusste Art die schwierigsten Fälle. Wegen des großen internationalen Erfolgs der Serie wurde Peter Tremayne 2002 zum Ehrenmitglied der Irish Literary Society auf Lebenszeit ernannt. Mehr Informationen unter www.sisterfidelma.com
Kapitel 1
Fidelma brachte ihr grauweißes gallisches Pferd auf der Kuppe einer kleinen Anhöhe zum Stehen; sie lag an dem breiten Weg durch die Tiefebene, die sich wie ein grüner Teppich nach Süden ausbreitete und bis zu dem imposanten, steil aufragenden Kalksteinfelsen reichte, der die ganze Gegend beherrschte. Wie oft sie sich auch der Burg ihres Bruders näherte, die sich dort oben erhob – jedes Mal hielt sie einen Augenblick inne und ließ ihre überwältigende Schönheit auf sich wirken. Und jedes Mal war sie ihrem Vorfahren Conall Corc aufrichtig dafür dankbar, dass er vor Jahrhunderten beschlossen hatte, an dieser Stelle den Regierungssitz des Königreichs Muman zu errichten. Heute war Muman das größte der Fünf Königreiche von Éireann. Fidelma beugte sich vor und tätschelte ihrem Pferd den Hals. Sie hatte es Aonbhárr genannt – nach dem Zauberpferd des Meeresgottes Manannán Mac Lir, das Land und Wasser überqueren konnte. Fidelma rekelte sich im Sattel und atmete tief und genüsslich ein. Frühling lag in der Luft, und Zufriedenheit und Lebensfreude erfüllten ihr Herz.
Obwohl es noch nicht Mittag war, stand die Sonne schon hoch am wolkenlosen Himmel und warf lange Schatten über die Ebene im Westen. Der leuchtend grüne Teppich, der sie bedeckte, bestand aus den jungen Trieben des Sommergetreides: Gerste, Hafer und Weizen. Man hatte es erst vor wenigen Wochen ausgesät, denn gegen Ende des Frühjahrs bestellte man die Felder. In wenigen Monaten würden die Halme hoch aufragen und sich golden färben, und bevor der Sommer zu Ende ging, wären sie reif für die Ernte. Man hatte auf dem Land um den hohen Felsen herum, auf den Fidelma zuritt, schon vor Jahrhunderten Getreide angebaut und es so in eine ertragreiche, fruchtbare Gegend verwandelt.
Erfreulicherweise regte sich am Himmel wenig, auch wenn Fidelma zu ihrer Rechten ein paar Ringeltauben im Balzflug entdeckte; sie stiegen mit flatterndem Flügelschlag in die Höhe, bevor sie in ihren unverwechselbaren Gleitflug übergingen. Diese Tauben galten als die Todfeinde der Getreidebauern, denn sobald die Körner reif waren, konnten sie in Scharen über die Felder herfallen und sie verwüsten. Ringeltauben waren die größte Taubenart und die schlimmsten Räuber hier. Fidelma wies sich im Geiste zurecht, weil sie eben noch die spatzenähnlichen Vögelchen bedauert hatte, die in einem Busch am Wegesrand so lange aufgehört hatten zu zwitschern, bis sie an ihnen vorbeigeritten war. Heckenbraunellen fraßen genauso gern Getreide wie Ringeltauben, und so hielt sich ihr Mitgefühl mit ihnen in Grenzen.
Nun wandte Fidelma ihr Gesicht mit geschlossenen Augen der Morgensonne zu und atmete so tief ein, als könne sie auf diese Weise auch deren Wärme in sich aufnehmen. Dabei hatte die Frühlingssonne noch wenig Kraft. Dennoch genoss sie das kurze Sonnenbad; dann ritt sie zügig weiter auf die mächtige graue Burg zu.
An diesem Tag hatte ihr Morgenritt sie nach Norden geführt, auf die breite Straße in Richtung Durlus Éile. Sie hatte eigentlich nur wenige Kilometer durch das Flachland reiten und dann umkehren wollen. Es war ein ruhiger Tag, den blassblauen Himmel trübte kaum eine Wolke, und eine warme Brise von Westen kündigte die baldige Ankunft des Sommers an. Deshalb saß Fidelma ab, setzte sich für einen Augenblick ans Ufer eines Flüsschens, lehnte sich an den Stamm einer Eibe und lauschte dem Plätschern des Wassers, das seine einschläfernde Wirkung nicht verfehlte; sie hätte für immer so sitzen bleiben können.
Nach den letzten, überaus geschäftigen Tagen in der Burg tat es ihr gut, allein durch die Gegend zu reiten; kurz vor dem alljährlichen Beltainefest und dem großen Jahrmarkt war immer viel zu tun. Neben dem Volksfest mit seinen Verkaufsständen und Belustigungen trafen sich zu dieser Zeit die sieben Prinzen der Eóghanacht, der sogenannte Rat der ceithirfine, der Cousins aus dem vierten Kreis der Herrscherdynastie. Für Fidelmas Bruder Colgú, den König von Muman, war die Zusammenkunft von größter Bedeutung. Der König musste dem Rat seinen jährlichen Regierungsbericht präsentieren; er war auf die Zustimmung der Prinzen angewiesen. Das stets wiederkehrende Ritual der Beltainefeuer mit seinen Gelagen und Feierlichkeiten war ein altes heidnisches Fest zu Ehren des Lichtbringers Bel. Es verkündete den Beginn des Sommers und der hellen Jahreszeit. Dem Neuen Glauben war es nicht gelungen, dieses Fest abzuschaffen, so dass es mit dem Segen der Äbte und Bischöfe weiterhin gefeiert wurde. Papst Gregor der Große hatte angeordnet, die heidnischen Kultstätten sowie die Rituale, die man nicht ausmerzen konnte, in den Neuen Glauben einzubinden.
Einige der sieben Prinzen waren mit ihren Ehefrauen und ihrem Gefolge bereits in der Burg eingetroffen. Die meisten ihrer Begleiter und Leibwächter blieben jedoch in Ráth na Drínne, wo sie als Gäste der Burg Unterkunft fanden. Dort, am Südrand von Cashel, wurde traditionell der Jahrmarkt aufgebaut. Bald würden sich die restlichen Prinzen und geistlichen Würdenträger in der Burg einfinden, darunter auch Abt Cuán von Imleach, der Oberste Bischof des Königreichs. Er würde nach dem Ratstreffen Fidelmas Bruder und Prinzessin Gelgéis von Durlus Éile trauen. Man hatte die Trauung verschieben müssen, nachdem die Prinzessin erst kürzlich entführt und schließlich von Fidelma befreit worden war.
Fidelma konnte das Alleinsein an diesem Morgen nicht ganz ungetrübt genießen; sie fühlte sich schuldig, weil sie es sich in Abwesenheit von Eadulf und ihrem kleinen Sohn Alchú gut gehen ließ. Eadulf hatte die Gelegenheit genutzt und den Jungen in die Abtei Imleach Iubhair mitgenommen, die Abtei im Grenzland der Eiben; ihr Gründer war der heilige Ailbe, der den Neuen Glauben als Erster nach Muman gebracht hatte. Je näher Fidelma der Burg kam, desto häufiger begegneten ihr Leute, die ihrem jeweiligen Tagwerk nachgingen. Von Norden her wirkte der Felsen, auf dem in über sechzig Meter Höhe die mächtige Königsburg thronte, geradezu bedrohlich, uneinnehmbar und einsam. Der einzige Zugang zur Burg befand sich auf der Südseite, dort, wo nach und nach in ihrem Schutz das Städtchen Cashel entstanden war. Fidelma musste also den Felsen umrunden, um die großen Eichentore am Ende des steil ansteigenden Zufahrtsweges zu erreichen. Am Tor standen mehr Angehörige der königlichen Leibgarde als üblich. Die Krieger nutzten häufig die Gelegenheit, hier eine Pause zu machen und ein Schwätzchen zu halten, doch heute wirkten sie ungewöhnlich aufgeregt.
Enda, der Befehlshaber der Leibgarde, rannte über den gepflasterten Innenhof direkt auf sie zu. Fidelma zügelte ihr Pferd und starrte den Krieger an, den sie nur selten so hatte rennen sehen; sein Lauf verriet große Angst und Eile, die sich auch in seiner Miene widerspiegelten.
Atemlos blieb er vor ihr stehen. Fidelma musterte ihn nachdenklich; er war blass und angespannt.
»Lady«, keuchte er, ohne sich Zeit zum Luftholen zu nehmen. »Lady, ich soll dich unverzüglich zum König bringen.«
Eiskalte Furcht durchzuckte Fidelma.
»Colgú? Ist meinem Bruder etwas passiert?« Ihre Stimme überschlug sich, während sie aus dem Sattel glitt und dem Stallburschen, der herbeigeeilt war, die Zügel zuwarf.
Der junge Krieger schüttelte den Kopf, drehte sich um und hastete ihr voraus über den Innenhof.
»Nein, Lady. Nicht dem König. Aber du musst dich beeilen.«
Die Furcht ließ sie nicht los.
»Ist meinem Mann etwas passiert – Eadulf? Oder meinem Sohn Alchú?«
Enda wandte sich mit flehentlichem Blick zu ihr um.
»Lady, soweit ich weiß, geht es Eadulf und Alchú gut. Aber der König erwartet dich ungeduldig. Bitte komm jetzt.«
»Dann handelt es sich also nicht um eine Nachricht aus Imleach?«, fragte sie und rührte sich noch immer nicht vom Fleck. »Bist du sicher, dass mit meinem Sohn und seinem Vater alles in Ordnung ist?«
Enda spürte Fidelmas Verunsicherung und sah die Panik in ihren Augen.
»Nein, es gibt keine Nachricht aus Imleach, Lady. Ich verspreche dir, Eadulf und Alchú ist nichts passiert. Bitte komm.«
Wieder drehte er sich um und eilte ihr das letzte Stück bis zum Eingang des Hauptgebäudes voraus, in dem sich die Privatgemächer des Königs befanden. Der wachhabende Krieger dort nahm vor der Schwester...
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2022 |
---|---|
Reihe/Serie | Schwester Fidelma ermittelt | Schwester Fidelma ermittelt |
Übersetzer | Bela Wohl |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The House of Death |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Historische Kriminalromane | |
Schlagworte | Bruder Eadulf • Burg von Cashel • Cashel • Druiden • Eadulf • Fidelma • historischer Krimi • Historischer Kriminalroman • Historischer Roman • Irland • Irland im 7. Jahrhundert • Katholisch • Kelten • Kelten in Irland • Keltenkrimi • Mittelalter • Nonne • Schwester Fidelma • Schwester Fidelma ermittelt • Welt der Kelten |
ISBN-10 | 3-8412-3036-9 / 3841230369 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3036-2 / 9783841230362 |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
Größe: 976 KB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich