Wellenrauschen -  Stella Cornelius-Koch

Wellenrauschen (eBook)

Auf den Spuren der Vergangenheit
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
280 Seiten
Edition Forsbach (Verlag)
978-3-95904-175-1 (ISBN)
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Sina, Karin und Louise genießen ihr neues Glück an der Ostsee. Privat und beruflich läuft es bei ihnen rund, bis ein Brief an Louises verstorbenen Mann sie aus ihrem gewohnten Leben reißt. Der Brief lässt den Frauen keine Ruhe. Wer ist die Verfasserin Hanna? Welches Geheimnis verbirgt sie? Und was hat sie ausgerechnet mit Heiligenhafen zu tun? Auf den Spuren der Vergangenheit begeben sich die drei Freundinnen auf die Suche nach Hanna. Dabei hat jede von ihnen neue Herausforderungen zu meistern. Die Fortsetzung von 'Wellengesang' und 'Wellenflüstern' erzählt davon, dass sich Durchhalten immer lohnt und mit der Kraft der Freundschaft selbst alte Wunden heilen können.

Stella Cornelius-Koch, Jahrgang 1967, lebt mit ihrer Familie in Bremen. Sie ist Medizin-Journalistin, Herausgeberin eines Pressedienstes, Sachbuchautorin sowie Mental- und Stresscoach. Als 'Leseratte' liebt sie Romane, die humorvoll, romantisch und ernsthaft zugleich sind. Schon als Kind fuhr sie regelmäßig mit ihren Eltern nach Heiligenhafen in den Urlaub. Seither zieht es sie immer wieder in das Ostseebad zurück, wo sie sich entspannt und neue Energie tankt. Durch ihre eigenen Erfahrungen hat sie vielfach erleben dürfen, wie wertvoll und hilfreich Freundschaften zu Frauen unterschiedlichen Alters sein können - ohne Neid und Zickereien.

Zwei

Karin und Sina saßen ihrer Freundin gegenüber und sahen sich immer wieder schweigend an. Louise konnte förmlich sehen, wie es in ihren Köpfen rauchte.

„Hm“, sagte Karin und drehte das Foto ein ums andere Mal um, als wenn auf der Rückseite eine Antwort zu finden war.

Sina schlürfte an ihrem Latte Machiatto und wippte mit den Füßen, was sie immer tat, wenn sie sich auf etwas konzentrierte.

Die drei Freundinnen hatten sich an diesem Samstagnachmittag in einem Eiscafé im Ferienpark getroffen, nachdem Peter Karin noch am gestrigen Abend angerufen hatte. Er klang besorgt, sodass Karin zunächst befürchtet hatte, Louise sei krank. Glücklicherweise hatte Peter gleich Entwarnung gegeben. Stattdessen hatte er nur von einem geheimnisvollen Brief gesprochen, der Louise sehr beunruhigen würde und sie gefragt, ob sie und Sina sich diesbezüglich mal mit Louise zusammensetzen könnten. Er komme da „als Mann“ einfach nicht weiter.

Karin fand es erstaunlich, dass Peter sich an sie gewandt hatte, machte er doch den Eindruck, stets alles im Griff zu haben. Keine Frage: Der neue Mann an ihrer Seite tat Louise gut. Doch – und da war sie mit ihm einer Meinung – gab es Dinge, die man unter Frauen am besten besprechen konnte.

Sie sah hinüber zu Sina, die noch immer mit ihren Füßen wippte. Nachdem Karin gleich ihre jüngere Freundin angerufen und von einem „notwendigen Freundinneneinsatz“ gesprochen hatte, war Sina ebenfalls sofort bereit gewesen, ihrer Freundin und Schwiegermutter zu helfen. Peter hatte vermutet, dass Sina wegen ihrer Familie nicht abkömmlich sei und hatte daher nur Karin informiert. Doch da hatte er sich gewaltig getäuscht!

Sina hatte sofort ihren geplanten Ausflug mit Mark und den Kindern verschoben und sich auf den Weg von Fehmarn hinüber nach Heiligenhafen gemacht, um Louise zur Seite zu stehen.

Mark als Louises Sohn wollte zwar ebenfalls helfen. Doch Sina hatte das Gefühl, dass sie erstmal vorfühlen und herausfinden sollte, worum es eigentlich ging. Denn so sehr sie ihren Mann auch liebte: Er konnte manchmal ganz schön unsensibel sein. Als Ingenieur war er es eben gewohnt, die Dinge sachlich anzugehen. Er hatte zwar auch seine romantischen Momente. Doch was seine Mutter betraf, wirkte er mitunter etwas steif, obwohl er sich inzwischen mit ihr versöhnt hatte.

Jahrelang hatten die beiden kaum Kontakt gehabt. Mark, der seinerzeit in Argentinien lebte, konnte es seiner Mutter nicht verzeihen, dass sie ihm nichts von der schweren Erkrankung seines Vaters erzählt hatte. Erst später hatte er erfahren, dass dies der ausdrückliche Wunsch seines Vaters gewesen war. Glücklicherweise hatte sich alles längst aufgeklärt, sodass ihr Mutter-Sohn-Verhältnis wieder in Ordnung war.

Inzwischen war der einst nach Unabhängigkeit strebende Mark zu einem liebevollen Ehemann und Familienvater gereift. Das wurde auch heute deutlich. So war er gerne bereit, alleine etwas mit Ben und Julia zu unternehmen, bis Sina wieder zurückkommen würde. Sie hatte zwar kurz überlegt, die Kinder mitzunehmen. Doch sie befürchtete, dass sie Louise nur ablenken würden und sie dann ihren Freundinnen nicht alles verraten würde, was sie über den geheimnisvollen Brief wusste.

Allerdings war es auch jetzt noch nicht viel, was sie ihnen darüber sagen konnte.

Geräuschvoll stellte Sina ihr Glas auf den Tisch, sodass Karin zusammenzuckte und ihr einen irritierten Blick zuwarf.

„Also, lasst uns nochmal zusammenfassen: Du hast den Brief mit dem Foto ganz unten in einer von Carls Holzschachteln gefunden. Du weißt jedoch nicht, wer Hanna ist und warum Carl sie dir die ganze Zeit verschwiegen hat. Ist das soweit richtig?“

Louise nickte und rührte weiter in ihrer Eisschokolade, in der sich die Sahne mit der Schokolade immer mehr zu einer cremigen Masse vermischte.

„Hast du in der Schachtel noch irgendetwas anderes gefunden, das uns einen Hinweis auf Hanna geben könnte?“

„Ja genau. Gibt es da noch etwas?“, war jetzt auch Karins Neugierde geweckt.

Louise schüttelte den Kopf.

„Glaubt mir: Ich habe die Schachtel und die gesamte Kiste von oben bis unten untersucht. Es waren nur alte Papiere seines Arbeitgebers darin, außerdem einige Münzen und besonders wertvolle Miniatur-Modellautos, die er gesammelt hat.“

„Und warum glaubst du, hat er den Brief von Hanna dort aufbewahrt?“, wollte Karin nun wissen.

Sina zog genervt eine Augenbraue hoch.

„Na vermutlich, weil sie ihm wichtig war.“

Manchmal war Karin einfach schwer von Begriff.

Damit hatte Sina genau das ausgesprochen, was Louise längst wusste. Dies zu hören, versetzte Louise dennoch einen Stich.

Sina griff nach Louises Hand, als sie ihren gequälten Gesichtsaussdruck bemerkte.

„Oh, tut mir leid, Louise. Ich wollte dich damit nicht verletzen.“

Louise legte ihre freie Hand auf die von Sina.

„Schon gut. Du hast ja Recht. Warum sollte Carl den Brief sonst so lange Zeit wie einen Schatz gehütet haben?“

Nach ein paar Sekunden zog Sina ihre Hand zurück und richtete sich entschlossen auf.

„Wir müssen unbedingt herausfinden, was es damit auf sich hat.“

„Und wie wollen wir das anstellen?“, fragte Karin.

Sina lächelte. „Das werden wir schon sehen.“

Zwei Tage später saß Sina vor ihrem Computer und starrte auf den Cursor, der unaufhörlich im geöffneten Textverarbeitungsprogramm blinkte. Die Kinder waren in der Kita und Mark bei der Arbeit, sodass sie bis zum Nachmittag Zeit hatte, an ihrem neuen Kinderbuch zu arbeiten. Es sollte Kindern im Grundschulalter die Welt der Ostsee erklären – ein Thema, das ihr eigentlich großen Spaß machte.

Doch heute konnte sie sich einfach nicht auf Ohrenquallen und Dorsche konzentrieren. Sie musste immer wieder an Hannas Brief denken. Welche Rolle sie wohl in Carls Leben gespielt hatte? Schon vorgestern bei ihrem Treffen mit Louise und Karin hatte sie es sich in den Kopf gesetzt, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Als gelernte PR-Beraterin war sie es gewohnt, zu recherchieren und die gesammelten Informationen auf den Punkt zu bringen. Doch in diesem Fall war es sehr wenig, was sie bislang wusste.

Leider lebten Carls Eltern nicht mehr, die sie nach Hanna hätte fragen können. Das hatte sie von Mark erfahren. Es gab zwar noch eine Tante in der Schweiz. Doch Mark hatte längst keinen Kontakt mehr zu ihr und wusste auch gar nicht, wo sie genau lebte.

Also musste sie sich auf das konzentrieren, was sie hatten: das Datum und „New Y…“. Sina war sicher, dass es sich bei der Ortsangabe um „New York“ handelte.

Sie gab beides in die Suchmaschine ihres Internetbrowsers ein: „3. März 1968“, „New York“. Sie fand jedoch Links zu anderen Themen, die sie nicht weiterbrachten.

Sina rieb sich die Stirn. Sie musste sich etwas anderes einfallen lassen. Vor lauter Nachdenken begann sie wieder, mit ihren Füßen zu wippen. Dann kam ihr eine Idee: Sie musste herausfinden, was Ende der 1960er Jahre politisch und gesellschaftlich los gewesen war.

Sie erfuhr, dass in den 1960er Jahren in New York wie auch in den gesamten USA eine Protestkultur herrschte und Demonstrationen gegen Rassentrennung, den Vietnamkrieg und die Diskriminierung Homosexueller stattfanden.

Sina notierte einige Punkte auf einem Zettel. Dies half ihr noch nicht wirklich, also scrollte sie weiter in den Suchergebnissen nach unten. Sie wollte schon aufgeben und eine andere Suchanfrage starten, als sie plötzlich auf einen Artikel des NDR stieß, der ihr Interesse weckte.

„Als die Ostfriesen nach New York kamen …“, begann sie leise zu lesen.

Schon nach ein paar Sätzen hielt sie inne. Genau das war es!

Hektisch griff sie zum Telefon und wählte Louises Nummer. „Mertens?“

„Du, Louise, ich weiß jetzt, was Hanna gemacht hat“, legte Sina sofort los, ohne sich mit ihrem Namen zu melden.

„Und?“, hörte sie Louise mit einem leichten Zweifel in der Stimme fragen.

„Sie ist wie viele andere Deutsche damals in die USA ausgewandert. Und dafür …“, Sina machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach, „… musste sie einen triftigen Grund gehabt haben.“

„Wie kommst du darauf?“

„Nun, die Auswanderer mussten damals hart arbeiten und viele Entbehrungen auf sich nehmen, um sich in den USA ein neues Leben aufzubauen. Das macht man nicht mal eben so. Dafür braucht man triftige Gründe.“

„Und du meinst, dass Hanna …?“

„… von Carl schwanger war“, sprach Sina das aus, was Louise auch gerade in den Sinn kam.

Louise spürte, wie sich ihre Nackenhaare sträubten und ihr plötzlich ganz heiß wurde. Sie hatte zwar vermutet, dass Hanna eine verflossene Liebe von Carl war. Doch dass in den USA womöglich nicht nur eine frühere Frau seines Herzens, sondern auch ein Kind von...

Erscheint lt. Verlag 26.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
ISBN-10 3-95904-175-6 / 3959041756
ISBN-13 978-3-95904-175-1 / 9783959041751
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