Die Hofgärtnerin ? Sommerleuchten (eBook)
720 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-26734-6 (ISBN)
Der Traum einer eigenen Gärtnerei. Eine Frau, die mutig in die Zukunft geht. Eine Liebe, die alle Hindernisse überwindet.
Oldenburg, 1893: Marleene und ihr Verlobter träumen davon, eine eigene Gärtnerei aufzubauen, in der sie duftenden Flieder und prachtvolle Rhododendren züchten. Als sich ihnen die Gelegenheit bietet, ein Stück Land zu bewirtschaften, können sie ihr Glück kaum fassen. Eine Auszeichnung auf der Hamburger Gartenschau könnte ihnen außerdem die begehrte Auszeichnung als »Hofgärtnerei« einbringen. Doch innerhalb von kürzester Zeit aus dem Nichts eine Gärtnerei aufzubauen verlangt ihnen und ihrer Liebe alles ab - sogar die Hochzeitspläne müssen zu Marleenes Kummer auf Eis gelegt werden. Und auch ihre Konkurrenten schrecken vor nichts zurück, um die beiden von ihrem Ziel abzubringen. Können sie es dennoch schaffen, ihren großen Traum wahrzumachen?
Dieser Sommer duftet nach bunten Blumen. Die wundervolle Hofgärtnerinnen-Saga geht weiter. In hochwertig veredelter, liebevoller Ausstattung.
Rena Rosenthal hat schon als Kind jede freie Minute in der Baumschule ihrer Eltern verbracht. Die Baumschule in einem kleinen Örtchen in der Nähe von Oldenburg wird heute von ihrer Schwester geführt. Obwohl sie - im Gegensatz zum Rest ihrer Familie - nicht den Beruf der Gärtnerin ergriffen hat, ist ihre Liebe zu Blumen geblieben. Daher war schnell klar, dass ihre erste Familiensaga von duftenden Fliederbäumen und prächtigen Rhododendren handeln soll. Rena Rosenthal lebt heute mit ihrer Familie in Köln.
»Ein sehr sinnliches Lesevergnügen.« — freundin
1. Kapitel
Oldenburg, August 1892
Marleene beugte sich zu den rosafarbenen Ranunkeln hinunter und sog den süßlichen Duft tief in sich ein. Für einen Moment vertrieb er den Geruch des Bohnerwachses aus ihrer Nase und ließ sie vergessen, dass ihre Hände nun erneut rissig vom Seifenwasser waren und sich nicht mehr durch frische Blumenerde graben durften.
Niemals hätte sie vermutet, dass sie je wieder einen Fuß in das Hotel Holthusen setzen würde, wo sie vor ihrer Gärtnerlehre als Zimmermädchen gearbeitet hatte.
Dennoch war es so gekommen.
Sachte strich sie über die weichen Blätter der Dekorationspflanze auf der Anrichte – und erschrak, als es im Nebenzimmer laut klirrte. Ein unterdrückter Schrei drang herüber. Ohne zu zögern, stürzte sie los und stieß die hölzerne Tür auf. Zum Glück ging es diesmal nicht um einen übergriffigen Gast, wie sie insgeheim befürchtet hatte. Seitdem sie selbst einmal bedrängt worden war, war sie stets vor solchen Vorkommnissen auf der Hut und achtete auch auf die anderen Mädchen. Doch diesmal stand nur ihre Kollegin Sophie in ihrer weiß gestärkten Schürze mit Rüschen an den Rändern vor den Scherben einer Vase auf dem edlen Parkett. Sie hatte die Hände vor den Mund geschlagen und blickte Marleene panisch an.
Im Hotel Holthusen war eine kaputte Vase nicht eben nur eine kaputte Vase. Es war ein Desaster – insbesondere wenn es bereits das zweite zerbrochene Einrichtungsstück in diesem Monat war. Derlei Dinge wurden nicht nur vom Lohn abgezogen, die Hoteldirektorin hatte es auch schon fertiggebracht, ein Mädchen nach mehreren kleinen Missgeschicken vor die Tür zu setzen.
Ohne mit der Wimper zu zucken.
Mit drei Schritten war Marleene im Zimmer und machte sich daran, die Scherben vorsichtig aufzusammeln. »Komm,wenn wir uns beeilen, merkt der Hausdrachen vielleicht gar nichts.«
Sophie ging neben ihr in die Hocke. »Und wie erklären wir die fehlende Vase?«
»Das würde mich auch interessieren«, sagte eine kühle Stimme hinter ihnen.
Marleene roch einen Hauch Zigarettenqualm. Offenbar war auch Frau Holthusen durch den Tumult herbeigelockt worden. Für eine Sekunde war sie erstarrt, machte dann aber emsig weiter.
»Die Vase ist einfach von der Kommode gefallen. Es kann keiner etwas dafür«, sagte sie über die Schulter hinweg.
»Ich bitte dich.« Frau Holthusen schnaubte verächtlich. »Vasen fallen doch nicht grundlos herunter. Wie anmaßend von dir, das zu behaupten!« Sie verschränkte die Arme, und zwischen ihren Augen bildete sich eine steile Falte. »Und jetzt raus mit der Sprache. Wer von euch hat das hier zu verantworten?«
Marleene schob eine ihrer hellblonden Strähnen zurück unter die Haube, während sie händeringend nach einer Ausrede suchte.
»Ich höre?« Frau Holthusen sah sie über ihre spitze Nase so streng an, dass Marleene keine Widerworte wagte.
Sophie atmete tief ein, um sich für ihr Geständnis zu wappnen, doch im letzten Moment fiel Marleene ihr ins Wort.
»Ich wars. Es ist meine Schuld. Meinetwegen ist die Vase heruntergefallen. Ich bitte gnädigst um Verzeihung.«
Sie hatte sich in ihrer Zeit im Hotel noch nichts zuschulden kommen lassen und konnte nicht mit ansehen, wie Sophie ein weiteres Vergehen angelastet wurde. Ihre junge Kollegin wollte ihr ganzes Leben als Zimmermädchen tätig sein, und wenn es hier nicht möglich sein sollte, war sie bei einem Fortgang auf eine Empfehlung von Frau Holthusen angewiesen. Marleene hingegen hatte andere Pläne und würde bei der nächstbesten Gelegenheit ohnehin kündigen, deswegen beschloss sie, Sophie diese Schmach zu ersparen. Das vom Lohn abgezogene Geld würde sie Marleene gewiss erstatten.
»Du bist wahrhaftig ein Trampeltier, Marleene.« Frau Holthusen atmete lautstark aus. Keiner sonst schaffte es, durch einen simplen Atemzug dermaßen viel Unmut deutlich zu machen wie die Direktorin. »Dein freier Tag morgen ist damit gestrichen.«
»Was?« Marleene riss die Augen auf. »Äh … Wie bitte?, meinte ich natürlich. Mein freier Tag? Ich bitte Sie, alles, nur das nicht. Ich brauche diesen Tag!« Die Verzweiflung in ihrer Stimme war deutlich, denn es war nicht gelogen. Es war der einzig schöne Tag der Woche. Der Tag, an dem sie ihren Verlobten Julius, Sohn des Hofgärtners Alexander Goldbach, sehen konnte. Der lebte mittlerweile nämlich nicht mehr in Oldenburg in der Hofgärtnerei, sondern weiter draußen auf dem Lande. Nach dem Zerwürfnis mit seinem Vater hatte sein Onkel ihn aufgenommen, und er arbeitete mit auf dessen Tafelgut, das Obst und Gemüse für den Großherzog erwirtschaftete. Nur lag das in Mansholt, und Marleene benötigte zu Fuß fast drei Stunden – zu lange für einen Besuch nach Feierabend.
An ihren freien Tagen verbrachten sie jede Minute gemeinsam und fertigten Stecklinge und Steckhölzer für die eigene Gärtnerei an, die sie eröffnen wollten. Nur fehlte ihnen noch das Geld, um das benötigte Land zu kaufen. Heute würde Julius erfahren, ob die letztmögliche Bank ihnen einen Kredit gewähren würde. Und jetzt hätte sie keine Gelegenheit, ihm Bescheid zu sagen, warum sie nicht kam.
Er könnte das Schlimmste vermuten.
»K-können Sie mir die Vase nicht einfach vom Lohn abziehen?«
»Das werde ich natürlich zusätzlich machen.«
Marleene biss die Zähne zusammen, um nicht loszuschreien. Es war so, so, so ungerecht! Sie fand es ohnehin nicht richtig, dass die Angestellten die kaputten Gegenstände selbst bezahlen mussten. Wenn man täglich zweihundert Teller schrubbte, ließ es sich nicht vermeiden, dass hin und wieder einer zu Bruch ging. Und wenn man verglich, wie viel eine Nacht im Hotel kostete und wie viel die Zimmermädchen verdienten, wäre es gewiss ein Leichtes für das Hotel gewesen, für solche Dinge aufzukommen. Ihr jetzt auch noch einen ganzen freien Tag zu streichen, war unverhältnismäßig.
Das unterdrückte Grinsen im Gesicht der Direktorin ließ Marleene zudem vermuten, dass diese genau wusste, was sie ihr damit antat. Frau Holthusen nahm ihr den einzigen Tag, an dem sie an der Verwirklichung ihres Traumes arbeiten konnte. Warum hatte die Frau sie überhaupt wieder eingestellt, wenn sie sie dermaßen hasste? Es war ein Rätsel, das Marleene bis zum heutigen Tag nicht zu lösen vermocht hatte. Nur ungern gab sie zu, dass ausgerechnet Frau Holthusen sie mehr oder weniger gerettet hatte, nachdem ihr kleines Abenteuer so gänzlich schiefgegangen war.
Schon ihr Vater hatte in der Hofgärtnerei gearbeitet und ihr vor seinem Tod alles über Pflanzen beigebracht, was er wusste. Marleene liebte Blumen und Gewächse genauso wie er, und so war es seit jeher ihr großer Traum gewesen, Gärtnerin zu werden – nur leider durften Frauen keine entsprechende Lehre machen. Das war allein Männern vorbehalten. Es gab zwar neuerdings eine Schule für Gärtnerinnen, aber die war unglaublich kostspielig und, da Marleene sich kaum die Kleidung an ihrem Leib leisten konnte, gänzlich außerhalb ihrer Reichweite.
Also hatte sie sich etwas überlegt.
Ihr Plan war wahnsinnig riskant gewesen, aber ihr Wunsch so übermächtig, dass sie es dennoch gewagt hatte. Sie hatte sich als Junge verkleidet. Dass sie die Stelle tatsächlich bekommen hatte, hatte sie allein dem zu verdanken, was ihr Vater ihr beigebracht und was sie sich nach seinem Tod angelesen hatte. Der Chef der Hofgärtnerei war beeindruckt gewesen und hatte sie in den höchsten Tönen gelobt – was ihr allerdings einen schlechten Stand unter den anderen Arbeitern beschert hatte. Die hatten ihr das Leben ganz schön schwer gemacht. Aber so richtig kompliziert war es erst geworden, als sie sich in Julius verliebt hatte.
Alexander hatte ihr die Maskerade zudem nicht verzeihen können, als alles herausgekommen war, und Julius kurzerhand enterbt.
Er war so voller Groll gewesen, dass er zusätzlich in ganz Oldenburg verkündet hatte, welch liederliche Person sie sei.
Und so hatte keiner sie eingestellt.
Die wenigen Gärtnereien, die es neben der Hofgärtnerei im Umland gab, waren ebenso abgeneigt gewesen wie die Hotels und Gastwirtschaften. Aus der Not heraus hatte Marleene all ihren Stolz heruntergeschluckt und war in das Hotel zurückgekehrt, wo sie vor ihrer Gärtnerlehre als Zimmermädchen gearbeitet hatte.
Es war ihr nichts anderes übrig geblieben. Sie sah es noch genau vor sich, wie sie im Kontor der Hoteldirektorin gestanden hatte. Frau Holthusens Blick war nicht einzuordnen gewesen. Eine absonderliche Mischung aus Ärger, Triumph und womöglich sogar eine Spur Mitleid.
»Was willst du?«, fragte sie in dem ihr so eigenen desinteressierten Ton und wandte sich sogleich wieder der Korrespondenz auf ihrem Schreibtisch zu.
»Ich wollte anbieten, für Sie als Zimmermädchen zu arbeiten.« Die Worte hatte Marleene sich genauestens zurechtgelegt. Sie würde nicht zurückkehren und um Arbeit betteln, dieser Mensch war sie nicht mehr. Wenn sie eines aus ihrer Zeit als junger Bursche gelernt hatte, dann war es das, mit mehr Selbstbewusstsein durchs Leben zu gehen. Dieses Gefühl hatte sich geradezu natürlich mit dem Anlegen der Männerkleider eingestellt, da ihr fortan ein gänzlich anderer Respekt entgegengebracht worden war. Und auch wenn sie ihre Rolle als Gärtnerlehrling hatte aufgeben müssen, die veränderte innerliche Einstellung hatte sie sich bewahrt.
Und so ging sie auch an das Gespräch heran. Sie musste nicht um Arbeit flehen, denn sie hatte etwas zu bieten.
»Und warum sollte ich dich wieder in Lohn und Brot nehmen, nachdem du mich letztes Mal dermaßen hast...
Erscheint lt. Verlag | 26.4.2022 |
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Reihe/Serie | Die Hofgärtnerinnen-Saga |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 19. Jahrhundert • Alpenrosen • Anja Marschall • Bestseller • Corina Bomann • Die Schokoladenvilla • Familiengeheimnis • Familiensaga • Felicia Otten • Flieder • Frauenromane • Garten • Gärtnern • Historischer Liebesroman • historische Romane Neurscheinungen 2022 • Liebesromane • Maria Nikolai • Norddeutschland • Oldenburg • Petra Durst-Benning • Rhododendron • Romane Neuerscheinungen 2022 • Susanne O'Leary • Ulrike Renk |
ISBN-10 | 3-641-26734-X / 364126734X |
ISBN-13 | 978-3-641-26734-6 / 9783641267346 |
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