Neuanfang auf Whale Island (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
528 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-27608-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Neuanfang auf Whale Island - Miriam Covi
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Aller Neuanfang ist schwer
Restaurantmanagerin Stella Minetti hofft auf einen gelungenen Neustart für sich und ihre 13-jährige Tochter Feli in der Cameron Lodge auf Whale Island. Doch von einer entspannten Atmosphäre ist in dem charmanten Inselhotel zunächst wenig zu spüren, denn die temperamentvolle Halbitalienerin gerät immer wieder mit dem ebenso hitzigen Chefkoch Aidan Cameron aneinander. Dass sie sich trotz allem zu ihm hingezogen fühlt, macht alles noch viel komplizierter. Dann taucht plötzlich der attraktive Sänger Jackson auf und macht Stellas Gefühlschaos perfekt. Auch Feli, die ein großer Fan von ihm ist, scheint sich gut mit ihm zu verstehen. Doch warum sucht Jackson hier auf der abgeschiedenen Insel Zuflucht? Und für wen wird sich Stellas Herz entscheiden?

Miriam Covi wurde 1979 in Gütersloh geboren und entdeckte schon früh ihre Leidenschaft für zwei Dinge: Schreiben und Reisen. Ihre Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin führte sie 2005 nach New York. Von den USA aus ging es für die Autorin und ihren Mann zunächst nach Berlin und Rom, wo ihre beiden Töchter geboren wurden. Nach vier Jahren in Bangkok lebt die Familie nun in Brandenburg. Zur zweiten Heimat wurde für Miriam Covi allerdings die kanadische Ostküstenprovinz Nova Scotia, in der sie viele Sommer ihrer Kindheit und Jugend verbringen durfte und wo sie heute auch immer wieder Inspiration für neue Romane findet.

1

Ja, Greta hatte erwähnt, dass es auf Whale Island zwar wunderschön, allerdings auch hin und wieder nebelig ist. Aber muss denn schon bei unserer Ankunft so eine dicke graue Suppe über dem Atlantik hängen? Ich ziehe meinen bunt gemusterten Kaschmirschal, den ich mir auf dem Chatuchak-Markt in Bangkok gekauft habe, enger um mich. Der Schal war schon auf unserer schier endlosen Reise hierher mein treuer Begleiter. Auf diesem ganzen langen Weg, von unserem alten Lebensabschnitt in einen unbekannten neuen, hat er mich warm gehalten: Heute, am frühen Morgen, am Frankfurter Flughafen, als ich übernächtigt fröstelnd an einem schlechten Coffee to go genippt habe; dann auf dem Flug nach Halifax, an Kanadas Ostküste, in der Maschine mit der viel zu kalt eingestellten Klimaanlage. Und schließlich in dem schwankenden kleinen Propellerflugzeug, das uns vom Internationalen Flughafen in Halifax zum winzigen Flughafen von Sydney, im Norden der kanadischen Atlantik-Provinz Nova Scotia, gebracht hat. Bei unserer Pinkelpause zwei Stunden hinter Sydney, an einer Tankstelle irgendwo im Nirgendwo, hat mich der Schal vor dem scharfen Wind geschützt – und mir Trost gespendet. Trost, den ich angesichts der weiten Wälder und des endlos langen Highways, der noch vor uns lag, wirklich gebrauchen konnte. Und auch jetzt, auf dem Deck dieser Fähre, als ich meinen vertrauten Schal enger um mich wickele, bin ich dankbar für dieses bisschen Halt.

Dass mir ein Schal, den ich ausgerechnet in Bangkok gekauft habe, Trost spendet, ist allerdings ein wenig ironisch, überlege ich, während ich fröstelnd über die Reling auf die weißen Wellenkämme hinabstarre. Ansonsten verbinde ich kaum noch etwas Positives mit dieser Stadt, die ein paar Monate lang unser Zuhause war.

Nicht zurückschauen, ermahne ich mich selbst. Immer nach vorn sehen. Und so richte ich den Blick entschlossen auf den Horizont, den ich hinter den Nebelschlieren vermute, während sich die Fähre stoisch vorwärtsarbeitet, unserem Ziel entgegen. Der Nebel treibt in feuchtkalten Schlieren über das Meer und hat das Festland mit seinen Bäumen und wenigen Häusern, das wir erst vor wenigen Minuten hinter uns gelassen haben, bereits vollständig verschluckt. Es wundert mich, dass die Fährkapitänin, bei der ich vorhin unsere Passage bezahlt habe, überhaupt genug sieht. Ob diese Fähre oft ausfällt, wenn der Nebel noch dichter ist als jetzt? Nachdenklich löse ich meinen Blick vom Atlantik und betrachte die anderen Fahrzeuge, die sich außer unserem Mietwagen an Deck befinden: Sechs Autos, darunter ein schwarzer Pick-up-Truck, sind hinter- und nebeneinander geparkt. Den meisten Platz nimmt allerdings ein gelber Schulbus ein, worüber ich mich etwas wundere. Ich hätte nicht gedacht, dass der Bus mit der Fähre bis nach Whale Island übersetzt! Hatte Greta nicht erwähnt, dass die Schulkinder der Insel zu Fuß auf die Fähre gehen und der Bus erst am Festland auf sie wartet, um sie zur Schule zu bringen? Aber vielleicht habe ich das auch falsch verstanden. Es war alles so viel in den letzten Wochen, da habe ich bestimmt einiges vergessen. Und zum Glück haben wir ja noch Zeit, bevor es mit der Schule wieder losgeht. Noch liegt der ganze Sommer vor uns.

Wobei ich mir gar nicht so sicher bin, ob das gut oder schlecht ist. Beklommen mustere ich die Windschutzscheibe unseres Mietwagens. Ich kann Feli dahinter nicht erkennen, sondern sehe nur das Grau des Nebels, der sich in der Scheibe spiegelt. Mit einem tiefen Seufzer wende ich mich der Fahrertür zu und steige wieder ins Auto.

»Willst du nicht auch mal frische Luft schnappen?«, erkundige ich mich und versuche, mir weder meine bleierne Müdigkeit nach dieser unendlich langen Reise noch meinen stillen Frust wegen des feuchtkalten Wetters anmerken zu lassen. Es wird hier ganz sicher nicht nur nebelig sein! Sonst hätte sich meine liebe Freundin Greta nicht so Knall auf Fall in diese Insel verliebt. Wobei da natürlich ein bestimmter Mann eine genauso große Rolle gespielt hat. Aber egal – Greta hat geschrieben, dass es hier traumhaft schön ist. Und traumhaft schön sah es auch auf den Fotos aus, die sie mir geschickt hat. Darum versuche ich, Zuversicht zu verströmen – selbst dann, als mich meine Tochter jetzt genervt ansieht und fragt: »Da draußen? In dieser grauen Suppe? Nein, danke!«

»Die Meeresluft ist herrlich«, beharre ich stur. »Es geht wirklich nichts über den Duft nach Salzwasser und …«

»… Fisch«, motzt Feli und rümpft die Nase. »Es stinkt da draußen. Und es ist mir zu windig.«

»Wenn man sich warm einpackt, erfrischt der Wind wunderbar. Komm schon, Feli, sei kein Frosch.«

»Nein, Mama! Ich will nicht! Außerdem siehst du aus, als wärst du in einen Taifun geraten!«

Mit einem leisen Seufzer klappe ich die Sonnenblende hinab und betrachte mich im Spiegel. Meine Tochter hat natürlich mal wieder recht. Leider. Meine schwarzen Locken kringeln sich noch wesentlich wilder als unter normalen Umständen, der Luftfeuchtigkeit sei Dank. Und der Wind hat dazu beigetragen, dass ich tatsächlich aussehe, als hätte mich ein Taifun ordentlich durchgewirbelt. Trotz meiner Erschöpfung und trotz der Angst, die mir seit Wochen in den Knochen sitzt und mich nicht zur Ruhe kommen lässt, bahnt sich ein albernes Kichern seinen Weg aus meiner Kehle hinaus in diesen grauen Nachmittag. Halbherzig versuche ich, meine Locken mit beiden Händen zurechtzuzupfen, bevor ich aufgebe und Feli mit einem breiten Grinsen ansehe.

»Du hast recht, mein Schatz. Ich sehe aus wie nach einem Taifun. Oder, hier in Ostkanada, müsste man wohl Hurrikan sagen. Ja, ich sehe aus wie nach einem Hurrikan.«

Das amüsierte Blitzen in Felis dunkelbraunen Augen entgeht mir nicht, aber es erlischt so schnell wieder, dass ich keine Chance habe, mehr aus meiner Tochter herauszukitzeln. Ein richtiges Lachen zum Beispiel. Wie lange habe ich sie nicht mehr wirklich lachen gehört? Ich muss daran denken, wie wir früher gelacht haben. Richtiges Gelächter, bis uns die Bäuche wehtaten und unsere Gesichter tränennass waren. Wie wir herumgealbert haben. Früher, als wir die Minetti-Girls waren. Nur sie und ich, ein eingeschworenes Team, das die Welt erobert hat – ganz wortwörtlich. Von einem Land ins nächste, die Abenteuerlust im Gepäck. Ich habe immer versucht, meiner Tochter das Schöne an meinem Beruf zu vermitteln: die ewigen Ortswechsel, die zwar kräftezehrend sein können und durchaus Abschiedsschmerz mit sich bringen, aber eben auch so viel Aufregendes bereithalten. Und es gab mal Zeiten, da konnte ich Feli bei jeder Ankunft an einem neuen Ort für das Unbekannte begeistern.

Diese Zeiten sind wohl wirklich vorbei, wird mir mal wieder klar, aber ich verdränge diese negativen Gedanken und sage betont fröhlich: »Du wirst sehen, cara mia: Wenn es hier nicht nebelig ist, ist es wunderschön. Und eigentlich finde ich es sogar im Nebel schön. Sieht das da draußen nicht irgendwie wildromantisch aus? Und geheimnisvoll? Glaub mir, Whale Island wird uns beiden …«

»… guttun, ich weiß!« Jetzt ist es eindeutig Frust, der in Felis Augen aufblitzt, und sie verschränkt ihre Arme vor der Brust und starrt wütend aus dem Beifahrerfenster.

»Ja«, beharre ich stur. »Das wird es. Ganz bestimmt.«

»Ich wüsste nicht, wem auf dieser Welt diese vernebelte Insel irgendwo im Nirgendwo guttun sollte!«

»Feli …«, seufze ich leise. »Es kann auf jeden Fall nur besser werden als in Bangkok. Da sind wir uns doch einig, oder?«

Felis Kopf wirbelt zu mir herum, sie sieht mich mit einer Mischung aus Wut, Verzweiflung und Angst an, die mein Mutterherz in tausend Stücke zu zerreißen droht. Ich würde sie so gern in meine Arme ziehen, möchte ihr den Schmerz nehmen, den sie mit sich herumträgt – aber ich kann nicht. Denn sie lässt mich nicht. Und ich ertrage es nicht, einmal mehr von ihr weggeschoben zu werden.

»Woher willst du wissen, ob es auf dieser Insel besser wird als in Bangkok? Hmm? Woher, Mama? Und an meiner neuen Schule? Warum sollten mich die anderen Schüler da mögen? Ich bin immerhin nach wie vor dieselbe, egal, an welchen neuen Ort du mich schleppst!«

Zitternd hole ich Luft und versuche verzweifelt, die Fassung zu wahren. Die Starke zu bleiben. Zuversichtlich. Unerschütterlich. Es fällt mir so verdammt schwer.

»Ja, mein Schatz, du bist noch dieselbe. Und dafür danke ich dem Himmel, weißt du das? Und es lag nicht an dir, dass das in Bangkok alles so aus dem Ruder gelaufen ist. Das lag an den anderen Schülern. Und hier, auf Whale Island …«

»… da wird nichts besser!« Feli schreit plötzlich, und ich zucke vor Schreck zusammen. Sie atmet heftig ein und aus, ihr rundes Gesicht wird von roten Flecken überzogen. »Nichts wird hier besser, Mama! Weil ich dieselbe dicke, fette Loserin bin wie eh und je!«

»Du bist keine Loserin!« Jetzt schreie auch ich. Aufgebracht sehe ich Feli an, will meine Hand ausstrecken, ihr eine der Locken, die so schwarz und unbändig sind wie meine, aus der Stirn streichen, aber sie schlägt meine Finger wütend weg. »Du bist meine wunderschöne Tochter«, sage ich mit bebender Stimme. »Und ganz bestimmt keine Loserin.«

»Aber fett bin ich. Das kannst du ja wohl echt nicht schönreden, oder?« Herausfordernd sieht mich meine Tochter an, und ich weiß einen Moment lang nicht, wie ich reagieren soll. Denn dass Feli in den letzten Monaten stark zugenommen hat – mehr als dass es noch im grünen Bereich wäre –, das wissen wir beide.

»Feli, hör auf, dich als fett zu bezeichnen«, bitte ich inständig, »und hör auf, dich so fertig zu...

Erscheint lt. Verlag 11.7.2022
Reihe/Serie Whale-Island-Reihe
Whale-Island-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Bay of Fundy • Brier Island • Bücher für den Urlaub • Cameron • Cameron Lodge • Cape Breton • Carley Fortune • eBooks • Ella Thompson • every summer after • Frauenromane • fünf sommer mit dir • Große Gefühle • Hotel • Kanada • Koch • Lake Paradise • Liebesgeschichte • Liebesromane • Manuela Inusa • Neuerscheinung • Neuerscheinungen 2022 • Restaurantmanagerin • Romane für Frauen • Small Town Romance • Sommerlektüre • Sommerroman • Wale • Whale watching
ISBN-10 3-641-27608-X / 364127608X
ISBN-13 978-3-641-27608-9 / 9783641276089
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