Die hundert Jahre von Lenni und Margot (eBook)

Roman. »Bezaubernd und zu Tränen rührend.« (Elle)
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
400 Seiten
C. Bertelsmann (Verlag)
978-3-641-27440-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die hundert Jahre von Lenni und Margot -  Marianne Cronin
Systemvoraussetzungen
14,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Manchmal ist es nicht so wichtig, was du im Leben erreichst, sondern mit wem du es teilst ...
Das Leben ist kurz. Niemand weiß das besser als die siebzehnjährige Lenni. Sie leidet an einer unheilbaren Krankheit, die ihr nicht mehr viel Zeit lässt. Was soll sie mit gleichaltrigen Freunden, die ihr ganzes Leben noch vor sich haben? Was soll sie anfangen mit der ihr verbleibenden Zeit, wenn sie noch so viele Fragen hat, die das Leben ihr nie beantworten wird?

In einem Malkurs im Krankenhaus trifft sie auf Margot: dreiundachtzig, voller Lebenserfahrung, Witz und Widerspenstigkeit. Margot weiß, wie es ist, im letzten Kapitel des Lebens angekommen zu sein. Als sie entdecken, dass sie zusammen genau einhundert Jahre gelebt haben, fühlt es sich für Lenni an wie ein Weckruf. Sie wollen gemeinsam Bilder malen - für jedes ihrer hundert Jahre eins. Für all die kostbaren Momente, voller Liebe, Lachen und Weinen, voller Erinnerungen, von denen sie sich gegenseitig erzählen.

Und auch wenn ihre gemeinsame Geschichte sich dem Ende neigt, spüren sie doch umso mehr, dass im Leben jeder Moment zählt, bis zum letzten Augenblick ...

Ein unvergessliches Buch, das mit Anmut, Weisheit und ganz viel Herz davon erzählt, worauf es im Leben wirklich ankommt.

»Bezaubernd und zu Tränen rührend. Diese Geschichte wird man so schnell nicht vergessen.« Elle

Marianne Cronin wurde 1990 in Warwickshire, England, geboren. Nach ihrem Studium hat sie in Birmingham promoviert und nebenbei an ihrem ersten Roman gearbeitet. Von der ersten Idee bis zum letzten Satz hat sie die Geschichte von Lenni und Margot fast sieben Jahre lang begleitet. Dass der Roman so ein großer Erfolg werden würde, hätte sie niemals zu träumen gewagt: innerhalb weniger Tage wurde das Buch in 25 Länder verkauft und die Filmrechte gingen nach Hollywood.

Marianne Cronin schreibt bereits an einem neuen Roman - unter den wachsamen Augen ihrer neuen vierbeinigen Mitbewohnerin, einer kleinen Katze aus der Haustierauffangstation, die es sich gerne unter ihrem Schreibtisch gemütlich macht.

Lenni und der Priester


Ich habe Gott einen Besuch abgestattet. Schließlich gibt es hier sonst kaum was zu tun. Die Leute sagen, wenn man stirbt, dann bedeutet das, dass Gott einen zu sich ruft, also dachte ich mir, am besten stelle ich mich schon mal vor. Außerdem habe ich mitbekommen, dass die einen in die Kapelle lassen müssen, wenn man religiös ist, und die Vorstellung, einen Raum zu sehen, den ich noch nicht kannte, und gleichzeitig dem Allmächtigen zu begegnen, reizte mich irgendwie.

Eine Schwester, die ich noch nie zuvor gesehen hatte und deren Haare kirschrot gefärbt waren, hakte sich bei mir unter, dann liefen wir durch die endlos langen Flure zwischen den Toten und Sterbenden hindurch. Begierig sog ich jeden neuen Eindruck auf, jeden neuen Geruch, jeden Schlafanzug, bei dem die Hose nicht zum Oberteil passte.

Man könnte meine Beziehung zu Gott als kompliziert bezeichnen. In meiner Vorstellung ist er so etwas wie ein kosmischer Wunschbrunnen. Ich habe ihn schon öfter um was gebeten, und ein paarmal hat er sogar geliefert. Manchmal kam auch nichts. Aber mittlerweile denke ich, vielleicht habe ich die ganzen Male nur angenommen, Gott wäre still, während er mir in Wirklichkeit jedes Mal irgendwas Fieses in den Körper gesteckt hat, was ich erst Jahre später bemerkt habe, so eine Art stilles »f… – dich«, weil ich es gewagt habe, ihn infrage zu stellen.

Als wir uns der Tür zur Kapelle näherten, war ich enttäuscht. Ich hatte mir einen beeindruckenden gotischen Torbogen vorgestellt, und stattdessen standen wir vor einer schweren, grauen, doppelflügeligen Tür mit viereckigen Milchglasfenstern. Ich dachte nur: Was macht er da drin?

Die neue Schwester und ich stolperten in die Stille hinter der Tür.

»Ah!«, sagte er. »Hallo!«

Er war so um die sechzig und trug ein schwarzes Hemd, eine schwarze Hose und ein weißes Hundehalsband. Und er grinste von einem Ohr zum anderen.

Ich salutierte. »Euer Ehren.«

»Das ist Lenni … Peters?« Die Schwester schaute mich fragend an.

»Pettersson.«

Sie ließ meinen Arm los und fügte leise hinzu: »Sie ist von der Mai-Station.«

Es war die netteste Art, es auszusprechen. Ich nehme an, sie wollte ihn warnen, denn er strahlte mich an wie ein Kind, das eine mit einer roten Schleife verpackte elektrische Eisenbahn zu Weihnachten geschenkt bekommt und noch nicht weiß, dass sie kaputt ist. Er konnte sein Herz an das Geschenk hängen, wenn er wollte, aber die Räder waren schon lose, und das Ding würde kaum bis zum nächsten Weihnachten halten.

Ich ging auf ihn zu. Mit meinem Infusionsschlauch, der am Infusionswagen befestigt war.

»In einer Stunde komme ich wieder«, erklärte die Schwester mir, und dann sagte sie noch etwas, aber ich hörte schon gar nicht mehr zu, denn ich hatte den Blick nach oben gerichtet. Durch ein Fenster fiel Sonnenlicht in allen Schattierungen von Pink bis Lila.

»Gefällt es dir?«, fragte er.

In der Mitte des Bleiglasfensters befand sich ein braunes Kreuz, umgeben von gezackten Glaselementen in Lila, Aubergine, Pink und Rosa. Es sah aus, als würde es in Flammen stehen. Das Licht fiel auf den Teppichboden, die Kniebänke, auf ihn und auf mich.

Er wartete geduldig, bis ich mich zu ihm umdrehte.

»Freut mich, dich kennenzulernen, Lenni«, sagte er. »Ich bin Arthur.« Er schüttelte mir die Hand, und ich rechnete es ihm hoch an, dass er nicht zusammenzuckte, als seine Finger die Stelle berührten, wo der Tropf an meiner Hand befestigt war.

»Möchtest du dich setzen?«, fragte er und zeigte auf die leeren Kirchenbänke. »Es freut mich, dich kennenzulernen.«

»Das haben Sie schon gesagt.«

»Hab ich das? Tut mir leid.«

Ich schob meinen Infusionswagen hinter mich und zog den Gürtel meines Bademantels fester. »Können Sie Gott sagen, dass mir das mit dem Schlafanzug leidtut?«, fragte ich und setzte mich.

»Du hast es ihm gerade selbst gesagt. Er hört immer zu«, sagte Pater Arthur und nahm neben mir Platz.

Ich betrachtete das Kreuz.

»Dann erzähl doch mal, Lenni – was führt dich heute in die Kapelle?«

»Ich überlege, ob ich mir einen gebrauchten BMW kaufen soll.«

Damit wusste er nichts anzufangen, also nahm er eine Bibel von dem Platz neben sich, blätterte darin, ohne hinzusehen, und legte sie wieder weg.

»Wie ich sehe … äh … gefällt dir das Fenster.«

Ich nickte.

Schweigen.

»Machen Sie Mittagspause?«

»Wie bitte?«

»Na ja, ich meine, müssen Sie die Kapelle abschließen und wie alle anderen in die Kantine gehen, oder machen Sie hier drin Pause?«

»Ich … äh …«

»Es kommt mir nur ein bisschen unverschämt vor, eine Mittagspause zu machen, wo Sie doch eigentlich den ganzen Tag nichts zu tun haben.«

»Nichts zu tun?«

»Also, in ’ner leeren Kirche rumzusitzen ist ja nicht gerade Schwerstarbeit.«

»So ruhig wie jetzt ist es hier nicht immer, Lenni.«

Ich sah ihn an, um herauszufinden, ob ich ihn beleidigt hatte, aber wenn es so war, ließ er sich das zumindest nicht anmerken.

»Samstags und sonntags ist Messe, mittwochnachmittags findet hier die Bibelstunde für Kinder statt, und es kommen mehr Besucher her, als du glaubst. Ein Krankenhaus macht Angst, da tut es gut, mal in einem Raum zu sein, wo keine Ärzte und Schwestern sind.«

Ich war wieder mit dem Fenster beschäftigt.

»Also, Lenni, gibt es einen Grund für deinen Besuch?«

»Ein Krankenhaus macht Angst«, sagte ich. »Es tut gut, mal in einem Raum zu sein, wo keine Ärzte und Schwestern sind.«

Er lachte.

»Soll ich dich allein lassen?«, fragte er und klang dabei nicht einmal beleidigt.

»Eigentlich nicht.«

»Möchtest du über irgendwas Bestimmtes reden?«

»Eigentlich nicht.«

Pater Arthur seufzte. »Soll ich dir von meiner Mittagspause erzählen?«

»Ja, bitte.«

»Ich mache von eins bis zwanzig nach eins Pause. Meine Haushälterin serviert mir gekochtes Ei und Kresse auf Weißbrot, das sie in kleine Dreiecke schneidet. Hinter dieser Tür da …«, er zeigte darauf, »… ist mein Büro. Ich nehme mir eine Viertelstunde Zeit zum Essen und fünf Minuten, um meinen Tee zu trinken. Dann komme ich wieder aus dem Büro. Aber die Kapelle ist immer geöffnet, auch wenn ich in meinem Büro bin.«

»Werden Sie dafür bezahlt?«

»Niemand bezahlt mich.«

»Und wovon bezahlen Sie dann die Eier und die ganze Kresse?«

Pater Arthur lachte.

Eine Weile saßen wir schweigend da, dann fing er wieder an zu reden. Für einen Priester schien ihm das Schweigen schwerzufallen. Ich hätte erwartet, dass die Stille Gott Gelegenheit gegeben hätte, sich bemerkbar zu machen. Aber Pater Arthur behagte sie offenbar nicht, also unterhielten wir uns über seine Haushälterin Mrs. Hill und darüber, dass sie ihm aus dem Urlaub immer Ansichtskarten schickte, die sie, wenn sie zurückkam, aus seiner Postablage fischte und an den Kühlschrank klebte. Er erklärte mir, wie die Glühbirnen hinter dem bunten Fenster ausgewechselt werden (es gibt einen Geheimgang hinter der Wand). Wir sprachen auch über Schlafanzüge. Als die neue Schwester kam, um mich abzuholen, sah er ziemlich müde aus, aber er sagte mir, er würde sich freuen, wenn ich wiederkäme.

Trotzdem glaube ich, dass er überrascht war, als ich am nächsten Nachmittag wieder vor ihm stand, in einem frischen Schlafanzug und ohne meinen Tropf. Jacky, die Oberschwester, war nicht begeistert, dass ich gleich am nächsten Tag wieder zur Kapelle wollte, aber ich hielt ihrem Blick stand und sagte leise: »Es ist mir wichtig.« Und wer kann einem sterbenden Kind schon einen Wunsch abschlagen?

Als Jacky dann nach einer Schwester rief, die mich begleiten sollte, kam die neue, die mit den kirschroten Haaren, die sich von ihrer blauen Schwesternkleidung abhoben. Sie war erst seit ein paar Tagen auf der Mai-Station, und sie war nervös, vor allem den Flughafenkindern gegenüber, und man musste ihr immer wieder versichern, dass sie ihre Sache gut machte. Als wir durch die Flure gingen, habe ich ihr gesagt, wie toll ich es fand, dass sie mich begleitete. Ich glaube, das gefiel ihr.

Die Kapelle war wieder leer, bis auf Pater Arthur. Diesmal saß er in einer Kirchenbank. Über seinem schwarzen Anzug trug er ein langes, schwarzes Gewand und las. Aber nicht in der Bibel, sondern in einem großen Buch mit billiger Bindung und einem laminierten Umschlag. Als ich durch die Tür ging, die die neue Schwester mir aufhielt, drehte der Pater sich nicht gleich um. Die neue Schwester ließ die Tür los, und als sie hinter uns mit einem dumpfen Rumms ins Schloss fiel, drehte der Pater sich um, setzte die Brille auf und lächelte uns an.

»Herr Pfarrer … äh … Reverend?«, stotterte die Schwester. »Sie, äh, Lenni hat gefragt, ob sie eine Stunde hier in der Kapelle verbringen darf. Geht das?«

Arthur klappte das Buch auf seinem Schoß zu.

»Aber sicher«, sagte er.

»Danke, äh, Herr Vikar …?«, sagte die Schwester.

»Pater«, flüsterte ich.

Sie schnitt eine Grimasse, und ihr Gesicht wurde ganz rot, was sich mit ihrer Haarfarbe biss. Dann drehte sie sich um und lief wortlos davon.

Ich setzte mich neben Pater Arthur in die Kirchenbank. Die Farben des Fensters waren genauso schön wie am Tag zuvor.

»Heute ist es schon wieder so leer hier«, sagte ich....

Erscheint lt. Verlag 1.4.2022
Übersetzer Charlotte Breuer, Norbert Möllemann
Sprache deutsch
Original-Titel The Hundred Years of Lenni and Margot
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Alle Farben meines Lebens • Anna McPartlin • Cecelia Ahern • Claudia Schumacher • Das Leben ist kostbar • Das Schicksal ist ein mieser Verräter • Die großen Fragen des Lebens • eBooks • Freundschaft • Ildikó von Kürthy • Jeder Moment zählt • John Green • Jojo Moyes • Lebensgeschichte • Liebe ist gewaltig • Matt Haig • Morgen kann kommen • Neuerscheinung • Neuheiten 2022 • Romane Neuerscheinungen 2022 • Tod • Unheilbare Krankheit • Warten auf ein Wunder
ISBN-10 3-641-27440-0 / 3641274400
ISBN-13 978-3-641-27440-5 / 9783641274405
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 1,7 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von T.C. Boyle

eBook Download (2023)
Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
20,99