Die Schwestern vom See (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022
416 Seiten
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-28060-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Schwestern vom See - Lilli Beck
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Ein idyllischer Ort am Bodensee und drei Schwestern, die alles daransetzen, die familieneigene Pension in eine blühende Zukunft zu führen ...
Auerbach am Bodensee: Als Max König im Alter von 86 Jahren stirbt, hinterlässt er eine große Lücke. Er war die Seele der Pension, die mit viel Herz und Verstand von ihm geführt wurde. Zur Beisetzung sind seine Enkelinnen Iris, Rose und Viola und der Rest der Familie nach langer Zeit wieder vereint. Doch ausgerechnet am Tag der Beerdigung entdecken die Schwestern ein verheerendes Geheimnis des Großvaters. Bald mischen sich auch Sorgen um die Pension in die Trauer: Eine anonyme Anzeige bringt den Lebensmittelkontrolleur ins Haus. Führt jemand absichtlich eine Schmutzkampagne gegen den Betrieb?

Wenn Sie wissen wollen, wie es weitergeht, lesen Sie auch Band 2 und 3 der Bodensee-Saga!

Lilli Beck wurde 1950 in Weiden/Oberpfalz geboren und lebt seit vielen Jahren in München. Nach der Schulzeit begann sie eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau. 1968 zog sie nach München, wo sie von einer Modelagentin in der damaligen In-Disko Blow up entdeckt wurde. Das war der Beginn eines Lebens wie aus einem Hollywood-Film. Sie arbeitete zehn Jahre lang für Zeitschriften wie Brigitte, Burda-Moden und TWEN. Sie war Pirelli-Kühlerfigur und Covergirl auf der LP Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz von Marius Müller-Westernhagen.


Köln, Frühjahr 2022 


Iris lehnte sich an die Spiegelwand des Aufzugs und drückte auf die Sieben. Erst als sich die Tür automatisch schloss, erlaubte sie sich aufzustöhnen.

Rose hatte eben angerufen, um ihr eine traurige Nachricht mitzuteilen: Großvater Max war in der Nacht gestorben. Mit sechsundachtzig Jahren friedlich im eigenen Bett für immer eingeschlafen. Damit war er seiner geliebten Frau Margarete gefolgt, die im Frühjahr 2020 vorausgegangen war. Auch das war ein trauriger Tag gewesen, weil die Familie ein wichtiges Mitglied verloren hatte. Doch mit Max König, dem prämierten Konditormeister und Gründer der Pension König am Bodensee, endete eine Ära, die 1956 begonnen hatte. In jenem Jahr war er aus Wien zurückgekehrt, wo er seine Konditorkünste im berühmten Hotel Sacher verfeinert hatte. Wenige Monate nach seiner Heimkehr heiratete er Margarete, deren Mitgift dieses Haus am See war, in dem damals nur einfache Zimmer mit Waschgelegenheit vermietet wurden. Ein schlichtes Emailleschild mit der Aufschrift Fremdenzimmer zu vermieten prangte neben dem Haupteingang und hing bis heute als liebe Erinnerung an der Wand in Roses Büro hinter der Rezeption. In den 1950ern beherbergte man die Fremden praktisch noch unter seinem eigenen Dach, und manche wurden zu Stammgästen. Doch es waren vor allem Großvaters köstliche Backwaren, Torten und Kuchenstücke aus der eigenen Konditorei, die bald die Kasse kräftig hatten klingeln lassen, wie er voller Stolz zu sagen pflegte. Nach und nach wurden die Zimmer renoviert, der Pensionsbetrieb um den Wintergarten und ein Terrassencafé vergrößert, das sich schon bald großer Beliebtheit erfreute. Bis ins hohe Alter hatte Max König am täglichen Geschehen teilgenommen, und sein Interesse für den Betrieb war nie erloschen.

Der Lift hielt mit sanftem Ruck in der siebten Etage, die automatische Tür öffnete sich, und Iris eilte in ihr privates Reich. Die Schwiegereltern hatten vor drei Jahren als Hochzeitsgeschenk den noch leer stehenden Teil des Dachgeschosses ausbauen lassen. Sie und Christian lebten seitdem in dieser letzten Etage des privat geführten Hotels im Belgischen Viertel. Neben der Lobby und dem Restaurant im Erdgeschoss verfügte das Haus über 65 Gästezimmer, die auf fünf Etagen verteilt waren.

Aus der breiten Fensterfront des Lofts hatte man einen fantastischen Ausblick über die Dächer der Kölner Innenstadt und nachts auf die erleuchteten Fenster der gegenüberliegenden Häuser. Aber Iris war nicht in der Stimmung, die Nachbarn zu beobachten oder das einzigartige Panorama zu genießen, das auch an einem regnerischen Aprilmorgen wie heute beeindruckend war. Nicht einmal die zahlreichen Kissen auf dem weichen Sofa lockten sie, sich wie gewöhnlich hineinfallen zu lassen und die Beine nach dem anstrengenden Stehen hochzulegen.

Sie benötigte dringend ein Taschentuch, um ihre Tränen zu trocknen, und griff nach der Box auf dem Couchtisch aus hellem Birkenholz. Die Schachtel war leer. Gedankenlos wischte sie sich die Nase mit dem Ärmel ihrer weißen Baumwollbluse ab, und zu spät wurde ihr bewusst, dass es die Uniformbluse war, die sie während der Arbeit trug. Sich die Nase wie ein Kleinkind am Blusenärmel abzuwischen passte zum heutigen Tag. Einer von der Sorte, den man nicht einmal seinen ärgsten Feinden wünschen würde.

Morgens um sechs, vor Beginn ihrer Frühschicht, hatte sie sich mit Christian über das ewig gleiche Thema gestritten. Er wollte einfach nicht verstehen, dass sein männliches Ego durch eine Fruchtbarkeitsuntersuchung keinen Kratzer bekommen würde. Sosehr sie ihn auch darum bat, er beharrte darauf, zeugungsfähig zu sein. Aber warum wurde sie dann nicht schwanger? Seit drei Jahren versuchten sie nun ein Baby zu bekommen, aber es wollte einfach nicht klappen. An ihr konnte es nicht liegen, das hatte ihr die Gynäkologin versichert.

Seufzend begab sich Iris zu dem Sideboard aus hellem Holz, auf dem sie ihre ganz persönliche Bildergalerie aufgestellt hatte; glückliche Momente aus ihrem Leben und dem ihrer Familie. Sie griff nach dem silbernen Rahmen mit dem Familienfoto, das zu Großvaters achtzigstem Geburtstag aufgenommen worden war.

Der glücklich lachende, silbergraue Patriarch im feinen Anzug, umringt von all seinen Lieben. Seine weißhaarige Frau Margarete in einem dunkelblauen Kleid mit dreireihiger Perlenkette, direkt neben ihm. Hinter dem Paar die erstgeborene Tochter Annemarie, daneben Sohn Herbert mit seiner Frau Florence, die Eltern der drei Schwestern Iris, Rose und Viola, die zu Füßen ihrer Großeltern saßen.

So agil und lebensfroh wie auf diesem Bild wollte Iris den Großvater in Erinnerung behalten. Sie wollte sich an die Worte erinnern, die er ihr kurz vor ihrer Abreise in die Flitterwochen zugeflüstert hatte: »Auch wenn ich bedauere, dass du uns verlässt: Junge Menschen müssen in die Welt hinausgehen! Auch ich habe als junger Spund wichtige Erfahrungen im wunderschönen Wien gesammelt. Ich wünsche dir nur das Allerbeste. Behalte dein freundliches Wesen, sei offen für Neues und besuche uns so oft wie möglich.«

Liebevoll strich Iris über das Bild, bevor sie den Rahmen zurückstellte. Wie magisch angezogen fiel ihr Blick auf ihren getrockneten Brautstrauß; pinkfarbene Rosen eingebunden in Seerosenblätter. Daneben der größte Bilderrahmen, mit dem Lieblingsfoto vom Hochzeitstag: Christian und sie auf der Tanzfläche. Ein Profifotograf war engagiert worden, der sich unter die Gäste gemischt und mit seiner Kamera die schönsten Motive eingefangen hatte. Von ihrem frisch angetrauten Ehemann war nur der Rücken zu sehen, und es musste schon ziemlich spät gewesen sein – ihr Kopf lag auf seiner Schulter, ihre Augen waren geschlossen. Iris erinnerte sich ganz deutlich daran, was er ihr während eines Tanzes zugeflüstert hatte: »Ich verspreche dir ewige Liebe und ein glückliches Leben.« Nichts war geblieben von seinem Schwur. Die Liebe war von Streitereien zermürbt worden und ihr Traum von einer eigenen Familie und drei Kindern gleich mit. Begonnen hatte es mit kleinen Unfreundlichkeiten, die schließlich zu einem Berg aus Schuldzuweisungen gewachsen waren. Die Erkenntnis trieb ihr erneut die Tränen in die Augen.

Im angrenzenden Badezimmer riss Iris Toilettenpapier ab und putzte sich geräuschvoll die Nase. Was sie dann in dem von Wand zu Wand reichenden Spiegel über dem Doppelwaschbecken erblickte, stoppte die Tränen augenblicklich. Ihre goldbraunen Augen waren rot unterlaufen. Die Nase geschwollen. Hektische Flecken blühten auf Hals und Wangen. Und ihr kurzes kastanienbraunes Haar benötigte dringend einen neuen Schnitt. Ähnlichkeiten mit der strahlenden Braut auf dem Foto konnte sie nicht mehr erkennen.

Resignierend trieb sie sich zur Eile an. Sie wollte duschen, die Haare waschen und musste auch noch Koffer packen, aber wenn sie weiter über verschüttete Milch heulte, würde sie den Zug verpassen. Ohnehin drehten sich die Streitereien im Kreis, und schon oft hatte sie überlegt, Christian eine Eheberatung vorzuschlagen.

Unter der heißen Regendusche wurde sie ruhiger. Es war, als könne der angenehm weiche Wasserstrahl auch ihre aufgewühlten Gedanken besänftigen.

Der auf sieben Minuten eingestellte Timer ihres Handys beendete das Vergnügen. Sie liebte es, von Wasser umspült zu werden, und vermisste das morgendliche Schwimmen im Bodensee. Von April bis Oktober war das früher ihr tägliches Ritual gewesen, und danach war sie voller Elan in den Tag gestartet. Im Rhein zu schwimmen, war ihr zu gefährlich und die Regendusche ein kleiner Ersatz. Den verschwenderischen Luxus zeitlich zu begrenzen hatte sie sich selbst auferlegt, da sie sonst stets alles vergessen und dadurch zu spät zur Arbeit erscheinen würde. Christian hätte großzügig darüber hinweggesehen, und auch die Schwiegereltern hätten es niemals kommentiert, doch ihr Pflichtbewusstsein war groß genug, sodass sie sich disziplinierte. Vom Wasserverbrauch ganz zu schweigen. Unter diesem Aspekt waren selbst sieben Minuten beinahe unmoralisch.

Gewickelt in ein großes Handtuch, verließ Iris das Badezimmer und erschrak, als Christian im selben Moment den Raum betrat.

Einen Augenblick lang starrten sie einander an wie zwei Hotelgäste, von denen sich einer im Zimmer geirrt hatte.

»Tut mir leid … ich wollte dich nicht erschrecken …«, murmelte er übertrieben höflich, als käme er vom Zimmerservice. »Hier, dein Koffer.« Er hob den silbernen Leichtmetallkoffer in seiner Hand etwas an, stellte ihn dann neben dem Bett ab und legte einen Papierausdruck auf den Bettüberwurf. »Das Ticket für den Zug. Olga aus der Buchhaltung hat es für dich erledigt.«

»Danke. Einen lieben Gruß an Olga, das hilft mir sehr. Und danke deiner Mutter noch einmal, dass sie meine Arbeit an der Rezeption übernimmt, obwohl sie doch kürzertreten wollte.« Iris lächelte verbindlich, während sie das über der Brust verschlungene Handtuch festhielt. Drei Jahre und zwölf Tage waren sie inzwischen verheiratet, doch sie fand ihren Mann noch genauso attraktiv wie bei der ersten Begegnung. Christian war fünf Jahre älter als sie und kein perfekter Schönling mit ebenmäßigen Gesichtszügen. Die Narbe über der linken Augenbraue, die er sich als Sechsjähriger zugezogen hatte, und die große, leicht schiefe Nase trugen jedoch zu seiner umwerfenden Ausstrahlung bei. Dazu die einen Meter fünfundachtzig große, gut trainierte Figur mit Muskeln, die nicht übertrieben ausgebildet waren, doch genug, um sie unter der dunkelblauen Uniformjacke zu erahnen. Sein besänftigendes Lächeln beruhigte jeden gestressten Gast in Sekunden. Und ein Blick aus seinen graugrünen Augen konnte Iris immer noch...

Erscheint lt. Verlag 18.7.2022
Reihe/Serie Die Bodensee-Reihe
Die Bodensee-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Bodensee • eBooks • Erbe • Familiengeschichten Romane • Familienroman • Familiensaga • Frauenromane • Frauenunterhaltung Neuerscheinung 2022 • Geschenk für Frauen • Glück und Glas • Großeltern • Konditorei • Krise • Liebe • Liebesroman • Liebesromane • Neuerscheinung • Romane für Frauen • Roman Hotel • Schwestern • Schwestern Roman • Starke Frauen • Torten • Träume verwirklichen • Trennung • Urlaubslektüre • Urlaubsroman • Urlaubsroman für Frauen • Wie der Wind und das Meer
ISBN-10 3-641-28060-5 / 3641280605
ISBN-13 978-3-641-28060-4 / 9783641280604
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