Nell Sweeney und die letzte Lüge (eBook)

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2021 | 1. Auflage
dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH (Verlag)
978-3-96817-700-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Nell Sweeney und die letzte Lüge - P.B. Ryan
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Nell wird von ihrer dunklen Vergangenheit eingeholt …
Der letzte Fall für Nell Sweeney – Gouvernante mit Herz und Detektivin aus Leidenschaft

Cape Cod, 1870: Nell ist erschüttert, als sie erfährt, dass ein Mann, der nach einem heimtückischen Raubüberfall und Mord in seinem Versteck verbrannte, ihr Bruder Jamie gewesen sein soll. Unmöglich, glaubt sie und beginnt im sommerlichen Cape Cod zu ermitteln. Bis unversehens ein dunkles Geheimnis aus ihrer irischen Vergangenheit ans Tageslicht kommt. Plötzlich ist alles bedroht, was Nell sich in der neuen Welt aufgebaut hat. Und das ausgerechnet als Will Hewitt, ihr Geliebter, in den europäischen Kriegswirren verschollen ist …

Weitere Titel dieser Reihe
Nell Sweeney und die Spur des Todes (ISBN: 9783960877554)
Nell Sweeney und der dunkle Verdacht (ISBN: 9783960877561)
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Erste Leserstimmen
„Würdiger Abschluss einer großartigen, fesselnden Krimi-Reihe!“
„Auch dieses Mal hat es großen Spaß gemacht Nell beim Ermitteln zu begleiten.“
„Mit viel Liebe zu historischen Details geschrieben, tolles E-Book!“
„Für mich der spannendste und dramatischste Teil der Reihe.“



P.B. Ryan ist das Pseudonym von Patricia Ryan. Sie ist USA-Today-Bestsellerautorin von mehr als zwei Dutzend Krimis und Liebesromanen wie dem nationalen Nummer-1-Bestseller Dunkel wie die Spur des Todes. Ihre Werke wurden von den Kritikern hochgelobt und in über 20 Ländern veröffentlicht. Sie hat bereits den RITA Award gewonnen (für Verhängnis des Herzens) und wurde vier weitere Male nominiert. Außerdem erhielt sie drei Romantic Times Awards und wurde mit Nell Sweeney und der dunkle Verdacht - dem zweiten Teil ihrer berühmten Nell-Sweeney-Krimi-Reihe - für den Mary Higgins Clark Award nominiert.

1. Kapitel


August 1870

Cape Cod, Massachusetts

„Miss Sweeney, wer ist der Mann da?“, fragte die kleine Gracie Hewitt atemlos, während sie zwischen den beiden jungen Frauen, die mit ihrer Obhut betraut waren, im Wasser der Waquoit Bay strampelte.
„Welcher Mann, Butterblümchen?“ Nell Sweeney, die hüfttief im seichten Wasser stand, folgte Gracies Blick zum großen, holzverschindelten Sommer-Cottage der Hewitts. Schützend hob sie die Hand über die Augen und sah im Licht der tiefstehenden Nachmittagssonne einen Mann über den Rasen zwischen Haus und Strand laufen und geradewegs auf sie zukommen. Er war von schlanker Gestalt und hatte einen anmutigen Gang, trug einen gut geschnittenen Cutaway und einen Bowler. Erst als er den Hut abnahm und Nell anlächelte – dieses herzliche, warme Lächeln, das ihr einst so vertraut gewesen war –, erkannte sie ihn.

„Ja, ist das denn zu glauben?“, murmelte sie.

„Ja, wer ist er denn?“, wollte Eileen Tierney mit ihrer mädchenhaften, irisch getönten Stimme wissen.

„Das ist ... ähm ... jemand, den ich kannte, als ich noch hier auf dem Cape lebte. Ich habe ihn schon eine Weile nicht mehr gesehen.“

Von den Sommerwochen auf Falconwood abgesehen, lebte Nell mittlerweile mit den Hewitts in Boston. Drei Jahre war es jetzt her, dass Nell Dr. Cyril Greaves erstmals wieder begegnet war. Im Juli 1867 hatte sie ihre Dienstherrin Viola Hewitt zu einer Wohltätigkeitsveranstaltung nach Falmouth begleitet, bei der auch er zugegen gewesen war. Obwohl sie sich herzlich, fast schon vertraulich, unterhalten hatten, gab es doch ein unausgesprochenes Einverständnis zwischen ihnen, ihre Bekanntschaft von einst nicht wieder aufleben zu lassen. Und zwei Sommer zuvor waren sie einander, wiederum zufällig, auf der Short Street in Falmouth begegnet – er in seiner allwettertauglichen Arztdroschke, Nell und Gracie in ihrer eleganten Bostoner Chaise – und hatten ein paar Minuten miteinander geplaudert, bis ein Salzkarren hinter Dr. Greaves herangerumpelt gekommen war und er hatte weiterfahren müssen.

Dass er sie nun auf diese Art aufsuchte, war ungewöhnlich genug, um beunruhigt zu sein.

„Oh, der sieht aber gut aus“, flüsterte Eileen.

„Er ist verheiratet“, ließ Nell sie wissen. „Und älter als es den Anschein hat.“

Als Nell Dr. Greaves das erste Mal begegnet war, hatte sie sich an die Statue des heiligen Franz von Assisi erinnert gefühlt, die vor St. Catherine's stand, ihrer Gemeindekirche auf dem Cape. Von Geburt an mit noblen Zügen gesegnet, ausdrucksvollen Augen und eben jenem Lächeln, gehörte er zudem zu den glücklichen Männern, die in mittleren Jahren nur wenig altern. Seine hellbraunen Haare zeigten gerade mal die ersten grauen Strähnen an den Schläfen, und er bewegte sich noch immer mit der leichten Anmut eines jungen Mannes.

„Ist er nett?“, fragte Gracie schnaufend und verlegte sich aufs Hundepaddeln, um mit Nell mithalten zu können, die zurück zum Strand watete.

„Er ist sehr nett.“

„Kann ich ihn kennenlernen?“

„Ob du kannst?“

Darf ich?“, fragte die Kleine und verdrehte theatralisch die Augen.

„Ihr habt euch bereits kennengelernt. Du erinnerst dich bloß nicht mehr daran.“

„Dann würde ich ihn jetzt gern noch mal kennenlernen.“

Am Fuße der Bucht blieb Nell stehen, um den klitschnassen, knielangen Rock ihres Badekleides auszuwringen, als Dr. Greaves auch schon leichten Fußes über den Sandstrand gelaufen kam. Sie schaute auf und sah, dass er ihre Aufmachung – die gerüschte Haube, das Matrosenkleid aus schwarzer Wolle, die dazu passenden Beinkleider und die geschnürten Leinenschuhe – mit einem sinnigen Lächeln betrachtete. Das Blut schoss ihr heiß in die Wangen.

„Nun starren Sie mich doch nicht so an“, sagte sie und lachte verlegen.

„Begrüßt man so einen alten Freund?“

Einen alten Freund. Komisch, dachte Nell, dass Dr. Greaves sich so bezeichnete, denn so viel sie einander auch bedeutet hatten, waren sie doch im eigentlichen Sinne nie Freunde gewesen. Zumindest wäre ihr nie der Gedanke gekommen.

„Und ich habe Sie gar nicht angestarrt“, fügte er hinzu, „sondern bewundert.“ Ehe Nell darauf etwas erwidern konnte, hatte er sich auch schon Gracie und Eileen zugewandt und verneigte sich grüßend. „Meine Damen. Entschuldigen Sie, dass ich so unangemeldet hereinplatze, doch der Butler sagte mir, dass Sie hier draußen wären, und meinte, ich solle einfach zum Strand hinuntergehen.“

„Keine Ursache“, sagte Nell. „Grace Hewitt, Eileen Tierney, dürfte ich euch Dr. Cyril Greaves vorstellen, Arzt in East Falmouth.“ Und an Dr. Greaves gewandt fügte sie hinzu: „Miss Tierney und ich kümmern uns um Gracie, deren Bekanntschaft Sie ja bereits gemacht haben.“

„Sehr erfreut, Sie wiederzusehen, Miss Hewitt“, sagte Dr. Greaves.

„Ganz meinerseits“, erwiderte Gracie – auch in ihrem kurzen weißen Badekleid und mit nassen Zöpfen ganz die kleine Bostoner Dame.

Die artige Antwort schien Dr. Greaves zu amüsieren. „Ich muss schon sagen, meine junge Dame, das ist doch ein weitaus wohlerzogenerer Empfang als das laute Gebrüll, mit dem du mich bei unserer ersten Begegnung begrüßt hast.“

„Dr. Greaves ist der Arzt, der dich aus dem Bauch deiner Mama geholt hat“, erklärte Nell dem Mädchen.

„Mit Miss Sweeneys Hilfe“, fügte er hinzu. „Ohne sie hätte ich es nicht geschafft.“ Eine äußerst wohlmeinende Übertreibung, war es doch ihm und ihm allein zu verdanken, dass in jener sturmumtosten Nacht vor sechs Jahren Gracies Leben und das ihrer Mutter – einem Zimmermädchen der Hewitts namens Annie McIntyre – durch einen beherzten Kaiserschnitt in letzter Minute gerettet werden konnte. Er fing Nells Blick auf und meinte lächelnd: „Ich hätte Sie niemals gehen lassen sollen.“

Mit großen Augen schaute Gracie zu Nell auf. „Du warst dabei, als ich geboren wurde?“

Nell zögerte. Dr. Greaves sah betreten drein, als ihm aufging, dass er anscheinend etwas verraten hatte, das Nell bislang für sich behalten hatte, um Gracies ständige Fragerei nach ihren Eltern zu unterbinden. Nun, da die Katze aus dem Sack war, nickte Nell nur und sagte: „Ja, ich war vier Jahre lang Dr. Greaves‘ Assistentin. Als dann du gekommen bist und Nana beschlossen hatte, dich zu adoptieren, hat sie mich gefragt, ob ich mit nach Boston kommen würde, um dein Kindermädchen und später deine Gouvernante zu werden.“

Dies jedoch erst, nachdem sie Dr. Greaves einer ausführlichen Befragung unterzogen hatte – die Nell zufällig mitangehört hatte –, um sich zu vergewissern, ob sie zur Erziehung eines jungen Mädchens geeignet sei. Kann ich davon ausgehen, dass sie einen guten Charakter und einen anständigen Lebenswandel vorzuweisen hat? Er hatte beides bestätigt, wenngleich seine Antwort absichtsvoll vage gehalten war. Keine Andeutung ihrer zwielichtigen Vergangenheit oder des Umstandes, dass sie drei der vier Jahre, die sie seine Assistentin gewesen war, auch das Bett des Doktors geteilt hatte. Nell hatte kaum zu atmen gewagt und ihm im Stillen für seine Diskretion gedankt, denn sie hatte diese Stelle unbedingt haben wollen.

Sie ist doch aus guter Familie?, hatte Mrs. Hewitt weiter gefragt.

Sie sind aus der alten Heimat gekommen, Ma‘am. Beide weilen längst nicht mehr unter uns – erst ist der Vater von uns gegangen, dann die Mutter, als Nell noch ein Kind war.

Und mehr Familie gibt es nicht?

Sie hatte einige jüngere Geschwister – so hat sie auch gelernt, sich um Kinder zu kümmern. Die meisten wurden früh von Krankheiten dahingerafft – Cholera, Diphterie –, nur ein Bruder hat das Erwachsenenalter erreicht. Sie vermutet, dass er noch am Leben ist, hat ihn jedoch seit Jahren nicht mehr gesehen. Sein Name ist James, aber sie nennt ihn Jamie.

Nell hatte aufgeatmet, erleichtert und dankbar, dass er Duncan nicht erwähnt hatte. Alles andere war schon vernichtend genug, aber hätte Viola von Duncan gewusst, wäre es um ihre Anstellung und ihre Zukunft ein für alle Mal geschehen gewesen.

Sie verstehen gewiss, hatte Viola zu Nell gesagt, als sie ihr die Stelle angeboten hatte, dass ich es vorziehen würde, wenn Sie unverheiratet blieben. Zumindest solange Gracie klein ist, damit Sie ihr Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit widmen können. Auch Ihr Lebenswandel und Ihr Ruf müssen selbstverständlich über jeden Tadel erhaben sein – schließlich sind Sie für die Erziehung eines jungen Mädchens verantwortlich. Aber ich gehe davon aus, dass Sie mich in dieser Hinsicht nicht enttäuschen werden.

Wenn Nell es in den letzten sechs Jahren gelungen war, Violas Erwartungen gerecht zu werden, dann nur dank einer Lüge durch Unterlassung, derer sie sich ausgerechnet jener Frau gegenüber schuldig gemacht hatte, die ihr mittlerweile fast wie eine Mutter geworden war. Soweit Viola wusste – damals wie auch heute – war Miss Nell Sweeney nichts weiter als eine unbescholtene, tugendhafte irische Katholikin aus einfachen Verhältnissen, die gut mit Kindern umzugehen verstand. Das war indes nicht alles. Viel, sehr viel hatte es gegeben, das Nell all die Jahre hatte verheimlichen müssen, um ihre Stelle nicht zu verlieren, ihr wunderbares neues Leben und – das vor allem – Gracie.

„Miss Sweeney?“ Gracie zupfte an ihrem Rock. „Hast du?“

„Was habe ich, mein Schatz?“

„Meine Mama gekannt? Meine richtige Mama?“

„Ich bin ihr in jener Nacht zum ersten Mal begegnet“, erwiderte Nell wahrheitsgemäß.

„Und du?“, fragte sie Dr....

Erscheint lt. Verlag 22.9.2021
Reihe/Serie Nell Sweeney-Reihe
Übersetzer Alexandra Kranefeld
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte Agatha Christie • amerika-nisch • historisch-e-r Krimi-nal-roman • klassisch-Who-done-it • Mord-Mörder-in • spann-ung-end-e Detektiv-in-geschichte • Tod-es-mord-fall-tat-ort-opfer-ermittlung-en-kommissar
ISBN-10 3-96817-700-2 / 3968177002
ISBN-13 978-3-96817-700-7 / 9783968177007
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