Die Cafés von Paris (eBook)

Die perfekte Urlaubslektüre für den Sommer
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
254 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-76895-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Cafés von Paris -  Murielle Rousseau
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Paris und seine Cafés - die Pariserin Murielle Rousseau nimmt Sie mit in ihre Lieblingscafés der Stadt. Vom Café de Flore über das Café Marly im Louvre, dem Deux Moulins im Montmartre bis zur Brasserie Lipp: Sowohl die kleinen, mit einfachen Holztischen ausgestatteten Bistrots um die Ecke als auch die traditionellen und interessanten Cafés, in denen sich seit je Kultur und Alltag begegnen, sind untrennbar mit dem Leben und dem Flair der Stadt verbunden.

Murielle Rousseau entführt die Leserinnen und Leser in die schönsten und einzigartigsten Cafés ihrer Heimatstadt und erzählt auf besondere, charmante und sehr französische Art zahlreiche Café-Geschichten der Vergangenheit und Gegenwart. Ein lebendiges Porträt der traditionellen und modernen Pariser Caféhaus-Tradition.



<p>Murielle Rousseau<strong>, </strong>geboren<b> </b>1966, ist in Paris aufgewachsen. Nach dem Studium der Romanistik und Germanistik Stationen bei verschiedenen Verlagen. Heute ist sie Inhaberin einer Agentur f&uuml;r Pressearbeit. Sie ver&ouml;ffentlichte literarische Kochb&uuml;cher zur franz&ouml;sischen K&uuml;che, die mehrfach ausgezeichnet wurden, und geh&ouml;rt zum Team der TV-K&ouml;che der ARD. Murielle Rousseau ist Mutter zweier Kinder und lebt mit ihrer Familie in Freiburg.</p>

Erstes Arrondissement


Wie der Eisvogel in seinen grün-schimmernden Fluss – die grün-gelbe Szenerie des bistrot-théâtre


Bar de l’Entracte

47 rue Montpensier

75001 Paris

Es ist spät. Wie der Eisvogel in seinen grünschimmernden Fluss tauchen wir am Ende eines langen Arbeitstages in die grün-gelbe Szenerie dieses bistrot-théâtre, der allerersten Bar von Paris. Bei der Eröffnung 1614 hieß sie noch La Pissote. Damals kamen die Pferdekutscher zum pisser, Pinkeln, und um ein Glas zu trinken, sobald sie die Kurtisanen des Königs nach Hause gebracht hatten. Seitdem ist viel Wasser unter den Brücken der Seine geflossen. Wir sind in der Nähe des Palais Royal, keine 200 Meter vom Louvre entfernt, in einer so kleinen Gasse, dass ich jedes Mal das Gefühl habe, auf dem Dorf zu sein und nicht mitten in der Hauptstadt. Die Comédie-Française, in der die Truppe von Molière spielte, wurde erst später an das Palais Royal angebaut – La Pissote, heute L’Entracte, gab es schon davor.

Wir hatten noch gar nichts bestellt, da serviert uns der Patron zwei kleine Gläser Weißwein von der Loire. Das Wasser, das er reicht, stammt aus einem der beiden kaum bekannten unterirdischen Bäche von Paris, dem Grange-Batelière, der in der Nähe der Oper und unter dem Kaufhaus Le Printemps fließt. Doch die Weine sind von der Loire. Wie der Patron. Die Loire trägt er in seinem Herzen und auf der Weinkarte. Das verstehe ich gut, meine Familie besitzt seit vielen Jahrzehnten ein Haus an der Loire, eine longère inmitten von Weizenfeldern.

Nach und nach trudeln die ersten Schauspieler ein, die nach der Aufführung mehr oder weniger schnell aus der Garderobe schlüpfen und hier ihre Gewohnheiten pflegen. Ich erkenne Jean Carmet und Jacques Villeret. Es gibt Abende, da sprechen die Schauspieler viel, laut und schnell und spielen die französische commedia dell’arte in den winzigen Räumlichkeiten des L’Entracte einfach weiter. An diesem Abend aber schweigen sie und trinken wortlos ihren Bourgeuil. Was mag im Theatersaal heute vorgefallen sein? Ihre Anspannung füllt den ganzen Raum, ist spürbar, umöglich, sich ihr zu entziehen. An diesem Donnerstagabend verdichtet sich das Lokal zu einem Ort ohne Zeit und Norm. Mein Blick wandert nach oben, auf die dunklen Fassaden an der gegenüberliegenden Straßenseite. Sonst sehen die beleuchteten Fenster wie Augen auf uns herab, heute sind sie erloschen. Die 400 Jahre alte Geschichte, sie ist hier greifbar nahe: Im Café de Foy um die Ecke hat sich 1789 Camille Desmoulins auf einen der Tische gestellt und die Menschen zu den Waffen gerufen. Am Tag darauf wurde die Bastille gestürmt, die Französische Revolution nahm ihren Lauf.

Der Wein schmeckt fruchtig und trocken zugleich. Der Patron kennt seine Winzer sowie den Geschmack seiner Gäste und schenkt uns ungefragt, aber großzügig nach. Wieder werden keine Worte gewechselt. Dabei haben wir schon oft über die kalkigen Böden an den Hängen der Loire gesprochen, Marcel und ich. Und über die Winzer, bei denen er einkauft. Es wird immer später, der Hunger lässt uns zum nahegelegenen Restaurant Le Grand Véfour rüberschielen, in dem schon Victor Hugo saß. Doch dessen Fenster sind verschlossen. Stattdessen lächelt uns hier im L’Entracte ein heißer chêvre auf Blattsalat an, von dem Marcel mir schon vorgeschwärmt hat. Er käme direkt vom Produzenten und Marcel wüsste, wo dessen Ziegen grasen. Wir müssen nicht lange überlegen. Während wir Marcels kulinarische Empfehlung genießen, verlassen die Schauspieler nach und nach das L’Entracte – um am nächsten Abend wieder hier zu sitzen, diesmal mit der ausgelassenen Laune, die dem einmaligen Ort gerecht wird.

Tipp:

Das Café de Foy befand sich von 1749 bis 1874 in den edlen Galerien des Palais Royal und war, wie das L’Entracte, beliebt bei den Schauspielern der nahegelegenen Theater. Es war das erste Café, das Getränke, Limonaden und Eis im Garten servieren durfte, allerdings zunächst ohne Tische, nur Stühle standen bereit. Im Jahr 1775 entstand die Caféterrasse und erfreute sich dann mit Stühlen und Tischen großer Beliebtheit. Das mit Holzsäulen und Spiegelglas verzierte und ausschließlich mit Öllampen beleuchtete Café de Foy zog sowohl Personen aus dem literarisch-künstlerischen wie auch politischen Leben an – und befand sich zuerst in der rue de Richelieu. Doch nach dem vom Duc d’Orléans veranlassten Umbau, der den Garten von der Straße rue de Richelieu trennte, zog das Café in die Arkaden des Palais Royal – und erstreckte sich hier unter sieben Arkadenwölbungen.

Im Stil Napoleons III.


Café Marly

93 rue de Rivoli

75001 Paris

Es ist Winter. Eine eisige Stille hat sich über die Stadt gelegt. Die rue de Rivoli, entlang des nördlichen Flügels des Louvre, gehört sowieso nicht mehr den Autos. Aus der Metrostation Tuileries strömen Touristen. Sie stellen ihre Mantelkragen hoch und laufen schnell über die Cour Napoléon zur Pyramide du Louvre. Das Café Marly, das zwar nicht jetzt, aber zu späterer Stunde gut besucht ist, lassen sie dabei links liegen. Es befindet sich im Flügel Richelieu des Palais du Louvre, benannt nach Kardinal Richelieu (1585-1642), Minister unter Ludwig XIII. Der hintere Teil des Cafés ist im Stil Napoleons III. eingerichtet – üppig, blumengemustert und wandvertäfelt – und an diesem Morgen für ein Arbeitstreffen beim petit déjeuner reserviert: Kuratoren aus dem In- und Ausland besprechen eine große Ausstellung, die in zwei Jahren realisiert werden soll.

Im vorderen Teil hat sich – kurz nachdem das Café um acht Uhr seine Türen öffnete – ein Paar mittleren Alters an einen der kleinen Tische gesetzt. Die Frau, die ihr dunkelbraunes Haar wie in den sechziger Jahren hochgesteckt und einen großen dunkelgrünen Seidenschal elegant darum gewickelt hat, sieht aus, als käme sie geradewegs aus einer Filmszene von Jean-Luc Godards Erstlingswerk Außer Atem spaziert. Der Mann hingegen hat seinen Hut nicht abgesetzt – als hätte er ihn auf dem Kopf »vergessen«. Sie dreht ihr Gesicht zur Terrasse unter den hohen Arkaden und stützt elegant ihren Ellenbogen auf den Tisch. Nonchalant in ihrer Teetasse rührend, senkt sie zunächst den Blick, dann schlägt sie ihre Augen auf und schaut den Mann ihr gegenüber direkt an. Er berührt ihren Arm, ihre Hand, nimmt diese in beide Hände und führt sie zu seinem Gesicht. Nur eine halbe Armlänge trennt die beiden, es ist offenbar zu viel: Er beugt sich über den Tisch, um sie zu küssen.

Das Café ist zugleich ein offener, neutraler wie auch ein intimer Ort. Als ob die beiden kein Zuhause hätten und das Café Marly der einzige Ort wäre, an dem sie eng ineinander verschlungen sitzen können. Die Kellner schauen diskret weg, gerührt, Zeuge ihrer Gefühle zu sein. Das Halbrund, das die beiden mit ihren Gesichtern formen, erinnert an das Gemälde »Die Kartenspieler« von Paul Cézanne, in dem zwei Männer mit Hut im Café an einem Tisch sitzen, der, wie auch jener im Marly, mit einer sehr kurzen Tischdecke bedeckt ist. Wie eine Pyramide ist die Szene aufgebaut, mit der Tischplatte als Basis, die Gesichter etwas eckig, die Kopfbedeckungen wie Zylinder. Der Unterschied ist das Kartenspiel, das Cézanne seinen Cafébesuchern in die Hände malt, während das Liebespaar nichts anderes hält als die Hand des anderen. Und im Gegensatz zur Szene bei Cézanne sitzen die beiden Liebenden in schweren Sesseln statt auf einfachen Holzstühlen.

Das Café ist ein Ort der Begegnungen, der sich kreuzenden Geschichten, des Lichts und der menschlichen Wärme. Zwischen den hohen Wänden des Marly streichelt der Mann die Wangen seiner Geliebten, im hinteren Teil diskutieren sich die Kuratoren die Köpfe heiß. Man ist anonym und bekannt zugleich – und das an einem Ort, der nach Marly, dem...

Erscheint lt. Verlag 12.9.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
Sonstiges Geschenkbücher
Schlagworte Bildband • Bistro • Café au lait • Cafés • Champs-Élysées • Chocolaterie • Confiserie • Eifelturm • Flanieren • Fotografien • Frankreich • Gärten von Paris • Geschenk • Geschenkbuch • Geschenk für Frauen • Geschenk für Freundin • Geschichte • Giverny • Illustrationen • insel taschenbuch 4845 • IT 4845 • IT4845 • Kultur • Leben wie eine Französin • Marie Preaud • Marly-le-Roi • Notre Dame • Reisen • Savoir-vivre • Sehenswürdigkeiten • Seine • Urlaub • Urlaubslektüre • Verreisen • Versailles
ISBN-10 3-458-76895-5 / 3458768955
ISBN-13 978-3-458-76895-1 / 9783458768951
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