Der Storyteller (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
464 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2568-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Storyteller -  Dave Grohl
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Drummer von Nirvana, Band Leader der Foo Fighters, erfolgreicher Solokünstler: Dave Grohl ist einer der größten Rockstars unserer Zeit - und seine Stories sind der lässigste Bestseller im Herbst 2021 'Es gibt einen roten Faden, der sich durch alles zieht, was ich tue: das Geschichtenerzählen. Ob in Liedern, Filmen oder auf Instagram, ich habe immer das Bedürfnis, Momente aus meinem Leben zu teilen.'   Dave Grohl ist ein Weltstar auf den Musikbühnen. Und er ist ein fulminanter Erzähler. Von den Geschichten seines Lebens handelt sein Buch: von einschneidenden Erlebnissen in Kindheit und Jugend, vom Aufbruch aus der Familie in die Welt der Musik, von eindrücklichen Begegnungen, einem Auftritt im Weißen Haus oder auch einem partysprengenden Feuerwerk bei einer Familienfeier ...  Grohl schildert ein Leben in voller Lautstärke, das reich ist an lustigen Absurditäten wie auch berührenden Momenten.

David 'Dave' Eric Grohl, geboren 1969 in Warren, Ohio, war Schlagzeuger der Bands Scream, Nirvana, Queens of the Stone Age und Them Crooked Vultures. Seit 1995 ist er Sänger und Rhythmusgitarrist der von ihm gegründeten Band Foo Fighters.

David "Dave" Eric Grohl, geboren 1969 in Warren, Ohio, war Schlagzeuger der Bands Scream, Nirvana, Queens of the Stone Age und Them Crooked Vultures. Seit 1995 ist er Sänger und Rhythmusgitarrist der von ihm gegründeten Band Foo Fighters.

»Dad, ich will lernen, wie man Schlagzeug spielt.«

Mir war klar, dass das irgendwann kommen würde.

Vor mir stand meine achtjährige Tochter Harper und sah mich mit ihren großen, braunen Augen an wie Cindy Lou Who aus Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat, während sie nervös zwei meiner abgesplitterten Schlagzeugstöcke in ihren kleinen Händen hielt. Mein mittleres Kind, mein Mini-Ich, meine Tochter, die mir rein äußerlich am ähnlichsten sieht. Es war zu erwarten, dass sie sich eines Tages für Musik interessieren würde, aber … Schlagzeug? Geil! Ein Job ganz unten, auf Einstiegsniveau!

»Schlagzeug?«, wiederholte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.

»Yeah!«, quiekte sie grinsend durch ihre Zahnlücken.

Ich dachte einen Moment lang nach, und während sich in meinem Hals ein sentimentaler Frosch bildete, fragte ich: »Okay … Und du willst, dass ich es dir beibringe?«

Sie verlagerte das Gewicht von einem karierten Vans-Sneaker auf den anderen, nickte schüchtern und meinte: »Mh-hm«, woraufhin mich eine Woge des Vaterstolzes erfasste, gepaart mit einem breiten Lächeln. Wir umarmten einander und gingen Hand in Hand nach oben zu dem alten Drumkit in meinem Büro. Das war einer jener rührseligen Momente, wie man sie oft in hyperemotionalen Super-Bowl-Werbespots sieht (und bei denen selbst der abgebrühteste Monstertruck-Enthusiast in seinen Buffalo-Chicken-Dip weint) – ein Moment, der mir auf ewig ins Gedächtnis eingebrannt ist.

Als wir das Büro betraten, fiel mir siedend heiß ein, dass ich selbst nie richtig Unterricht gehabt hatte und deshalb gar nicht wusste, wie man jemandem das Schlagzeugspielen beibringt. Das Einzige, was annähernd als »Musikunterricht« hätte gelten können, war ein kurzes Intermezzo bei einem außergewöhnlichen Jazz-Dummer namens Lenny Robinson, dem ich immer sonntagnachmittags in der Jazzkneipe One Step Down im nahe gelegenen Washington, D. C., zuhörte. Dieser kleine Club in der Pennsylvania Avenue war nicht nur fester Anlaufpunkt für Bands auf Tour, sondern veranstaltete außerdem an jedem Wochenende auch einen Jazz-Workshop, bei dem die Hausband (geleitet von der örtlichen Jazzlegende Lawrence Wheatley) in dem düsteren, vollgepackten Raum ein paar Sets spielte und dann aufstrebende Musiker zum Jammen auf die Bühne einlud. Als ich ein Teenager war, also in den Achtzigern, wurden diese Workshops für meine Mutter und mich zu einem festen Sonntagsritual. Wir setzten uns an einen kleinen Tisch, bestellten Getränke und Snacks und hörten stundenlang diesen Musik-Cracks zu, die sich der wunderbaren improvisatorischen Freiheit des traditionellen Jazz hingaben. Man wusste nie, was einen zwischen diesen kahlen Backsteinwänden erwartete, wo die Luft voller Zigarettenrauch hing und man nichts als Musik hörte (Reden war streng verboten). Damals war ich fünfzehn und komplett meiner Punkrock-Obsession verfallen – ich hörte nur die schnellste und brachialste Musik, die sich irgendwie auftreiben ließ –, aber trotzdem sprachen mich die emotionalen Seiten des Jazz an. Im Gegensatz zur modernen Popmusik (vor der ich damals zurückschreckte wie das besessene Kind aus Das Omen in der Kirche) gab es im chaotischen Durcheinander der Jazzkomposition eine Schönheit und Dynamik, die mich faszinierte. Manchmal gab es Struktur, dann wieder nicht. Am meisten gefiel mir aber Lenny Robinsons Schlagzeugspiel. So etwas hatte ich bei einem Punkkonzert noch nie erlebt: exzessiver Ausdruck mit eleganter Präzision. Bei ihm sah alles ganz leicht aus (ich weiß längst, dass es das überhaupt nicht ist).

Das war für mich eine Art musikalische Erweckung. Da ich mir das Schlagzeugspiel selbst beigebracht hatte, indem ich in meinem Zimmer auf dreckige Kissen eindrosch, stand auch nie jemand neben mir und erklärte, was daran jetzt »richtig« oder »falsch« war. Aus diesem Grund hatte mein Getrommel eine gewisse Inkonsistenz und war geprägt von fragwürdigen Angewohnheiten. IM GRUNDE WAR ICH DAS TIER AUS DER MUPPET SHOW, NUR OHNE DESSEN TECHNIK.

Lenny hingegen hatte ganz offensichtlich eine Ausbildung genossen, und über sein Rhythmusgefühl und die Beherrschung seines Instruments konnte ich nur staunen. Meine »Lehrer« waren damals Punkplatten: schnelle, dissonante Brachialstücke auf lärmigem Vinyl, mit Schlagzeugern, die kaum jemand traditionell nennen würde, deren ungehobelte Brillanz aber nicht zu leugnen war, weshalb ich auf ewig in der Schuld dieser unbesungenen Helden des Underground-Punkrock stehe. Drummer wie Ivor Hanson, Earl Hudson, Jeff Nelson, Bill Stevenson, Reed Mullin, D. H. Peligro, John Wright … die Liste ist endlos lang. Bis zum heutigen Tag hört man das, was sie gemacht haben, auch in meinem eigenen Spiel; in Stücken wie »A Song for the Dead« von den Queens of the Stone Age, »Monkey Wrench« von den Foo Fighters und sogar in »Smells Like Teen Spirit« von Nirvana (um nur ein paar zu nennen) haben sie einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. All diese Musiker waren ganz offenbar Welten von Lennys Szene entfernt, aber was sie dennoch mit ihm verband, war dieses faszinierende, strukturierte Chaos, wie ich es Sonntag für Sonntag im One Step Down bewunderte. Genau das wollte ich ebenfalls hinkriegen.

Eines schwülen Sommernachmittags beschlossen meine Mutter und ich, ihren Geburtstag mit dem Besuch eines weiteren Jazz-Workshops zu feiern. Das war relativ schnell »unser Ding« geworden, und ich denke wahnsinnig gern daran zurück. Keiner meiner Freunde hing mit seinen Eltern ab, schon gar nicht in einem beschissenen Jazzclub in Downtown D. C. Deshalb fand ich meine Mutter im Grunde ganz cool, und unsere Verbindung wurde immer stärker. In der Ära von Generation X, von Scheidungen und dysfunktionalen Familien waren wir tatsächlich miteinander befreundet – und sind es bis heute!

An diesem Tag – nach einem Schälchen Fritten und ein paar Sets von Lawrence Wheatleys Quartett – sah meine Mutter mich an und fragte: »David, kannst du bitte auf die Bühne gehen und als Geschenk für mich ein bisschen mitspielen?«

Ich weiß nicht mehr genau, was ich darauf geantwortet habe, aber es muss etwas gewesen sein wie: »BIST DU EIGENTLICH TOTAL BESCHEUERT?« Ich meine, ich spielte erst seit wenigen Jahren Schlagzeug (also Kissen), und da ich alles von den alten, verkratzten Punkplatten in meiner Sammlung gelernt hatte, war ich nicht mal ANNÄHERND so weit, da raufzugehen und mit diesen Hammerleuten JAZZ zu spielen. Es war echt eine absurd unerfüllbare Bitte – als würde man mich den Löwen zum Fraß vorwerfen, ein Desaster mit Ansage. Aber … das war eben auch meine coole Mom, und sie war der Grund dafür, dass ich überhaupt hier saß. Also …

Ich stimmte widerwillig zu, erhob mich langsam von unserem Tischchen und ging durch den Raum voller Jazzliebhaber zu dem kaffeebefleckten Anmeldeblatt neben der Bühne. Es hatte zwei Spalten: »Name« und »Instrument«. Ich sah mir diese Liste mit den Namen ganz offenbar fähiger Musiker an und setzte mit zittriger Schrift »David Grohl – Drums« darunter. Mir war, als würde ich mein eigenes Todesurteil unterschreiben. Benommen ging ich zurück an unseren Tisch, wobei ich die Blicke aller Versammelten auf mir spürte und so zu schwitzen begann, dass meine zerrissene Jeans und mein Punkrock-T-Shirt klatschnass wurden. Was hatte ich bloß getan? Das konnte ja nur schiefgehen!

Die Minuten wurden zu Stunden, während ein toller Musiker nach dem anderen aufgerufen wurde, um diese geheiligten Hallen und erfahrenen Ohren zu erfreuen. Jeder von ihnen konnte mit diesen Jazz-Cats ganz gut mithalten. Mein Selbstvertrauen ging mit jeder Sekunde tiefer in den Keller. Mit verknotetem Magen, feuchten Händen und Herzrasen saß ich da, hörte den schwindlig machenden Tempi der Band zu und überlegte krampfhaft, was ich dem Können dieser unglaublichen Musiker entgegensetzen sollte, die hier Woche für Woche die Bühne zierten. Bitte lass mich nicht der Nächste sein, dachte ich. Bitte, lieber Gott …

Irgendwann dröhnte dann Lawrence Wheatleys satter Bariton aus den Lautsprechern und formulierte die Worte, die mich bis heute im Traum verfolgen: »Ladies and gentlemen, bitte begrüßen Sie … am Schlagzeug … David Grohl!«

Ich erhob mich unter heftigem Beifall, der allerdings sofort verebbte, als die Leute sahen, dass ich keine bekannte Jazz-Legende war, sondern ein dürrer Vorstadt-Punk mit komischer Frisur, dreckigen Chucks und einem T-Shirt, auf dem KILLING JOKE stand. Die entsetzten Gesichter der Bandmitglieder wirkten, als würde sich ihnen der Sensenmann persönlich nähern.

Ich betrat die Bühne. Der große Lenny Robinson drückte mir seine Sticks in die Hand, während ich mich auf den Schlagzeughocker setzte. Zum ersten Mal sah ich den Raum aus dieser Perspektive. Ich hatte die Sicherheit von Mutters mit Snacks gefülltem Tisch verlassen und saß nun quasi auf dem elektrischen Stuhl: Wie festgefroren glotzte ich ins grelle Rampenlicht, und sämtliche Zuschauer sahen mich an, als wollten sie sagen: »Okay, Junge, dann zeig mal, was du draufhast.«

Es wurde kurz eingezählt, dann legte die Band mit etwas los, das ich noch nie gespielt hatte (was im Grunde für jede Jazznummer galt). Ich gab mir alle Mühe, einfach nur im Tempo zu bleiben, ohne ohnmächtig zu werden und an meiner eigenen Kotze zu ersticken. Kein Solo, keine Kunststückchen, nur Rhythmus halten und nicht rausfallen.

Zum Glück war alles schnell und ohne...

Erscheint lt. Verlag 1.11.2021
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Bowie • Bühne • Charts • Cobain • Emmy • Foo Fighters • Grammy • Jagger • Konzert • Musik • Nirvana • Queens Of The Stone Age • Rock • Rockstar • Taylor Hawkins • USA
ISBN-10 3-8437-2568-3 / 3843725683
ISBN-13 978-3-8437-2568-2 / 9783843725682
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