Die Nibelungen (eBook)
256 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-401615-3 (ISBN)
Felicitas Hoppe, geb. 1960 in Hameln, lebt als Schriftstellerin in Berlin. 1996 erschien ihr Debüt »Picknick der Friseure«, 1999 - nach einer Weltreise auf einem Frachtschiff - folgte der Roman »Pigafetta«. Anschließend erschienen »Paradiese, Übersee«, »Verbrecher und Versager«, »Johanna«, »Iwein Löwenritter«, »Sieben Schätze«, »Der beste Platz der Welt«, »Abenteuer - was ist das?« und »Grünes Ei mit Speck«, eine Übersetzung von Texten des amerikanischen Kinderbuchklassikers Dr. Seuss. Es folgten die Romane »Hoppe«, »Prawda. Eine amerikanische Reise«, »Die Nibelungen. Ein deutscher Stummfilm« sowie der Essay »Gedankenspiele über die Sehnsucht«. Für ihr Werk wurde Felicitas Hoppe mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Bremer Literaturpreis, dem Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim, dem Rattenfänger-Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, dem Erich Kästner Preis für Literatur, dem Großen Preis des Deutschen Literaturfonds sowie dem Berliner Literaturpreis. Außerdem Poetikdozenturen und Gastprofessuren in Wiesbaden, Mainz, Augsburg, Göttingen, am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, an der Georgetown University, Washington D.C., in Hamburg, Heidelberg und Köln. Literaturpreise: u.a.: Foglio-Preis für junge Literatur (1995) Aspekte-Literaturpreis (1996) Ernst-Willner-Preis im Bachmann-Literaturwettbewerb (1996) Rauriser Literaturpreis (1997) Laurenz-Haus-Stiftung Basel (1998) Niedersächsischer Förderpreis für Literatur (1999) Spycher: Literaturpreis Leuk, Nicolas Born-Preis, Heimito von Doderer-Literaturpreis (alle 2004) Brüder Grimm-Preis der Stadt Hanau (2005) Bremer Literaturpreis (2007) Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim (2007) Rattenfänger-Literaturpreis (2010) Preisträgerin des Comburg-Stipendiums (2010) Villa Aurora (2012) Georg-Büchner-Preis (2012) Werner-Bergengruen-Preis (2015) Erich Kästner Preis für Literatur (2015) Ehrendoktorwürde der Leuphana Universität Lüneburg (2016) Großer Preis des Deutschen Literaturfonds (2020) Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2021) Berliner Literaturpreis (2024)
Felicitas Hoppe, geb. 1960 in Hameln, lebt als Schriftstellerin in Berlin. 1996 erschien ihr Debüt »Picknick der Friseure«, 1999 – nach einer Weltreise auf einem Frachtschiff – folgte der Roman »Pigafetta«. Anschließend erschienen »Paradiese, Übersee«, »Verbrecher und Versager«, »Johanna«, »Iwein Löwenritter«, »Sieben Schätze«, »Der beste Platz der Welt«, »Abenteuer – was ist das?« und »Grünes Ei mit Speck«, eine Übersetzung von Texten des amerikanischen Kinderbuchklassikers Dr. Seuss. Es folgten die Romane »Hoppe«, »Prawda. Eine amerikanische Reise«, »Die Nibelungen. Ein deutscher Stummfilm« sowie der Essay »Gedankenspiele über die Sehnsucht«. Für ihr Werk wurde Felicitas Hoppe mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem aspekte-Literaturpreis, dem Bremer Literaturpreis, dem Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim, dem Rattenfänger-Literaturpreis, dem Georg-Büchner-Preis, dem Erich Kästner Preis für Literatur, dem Großen Preis des Deutschen Literaturfonds sowie dem Berliner Literaturpreis. Außerdem Poetikdozenturen und Gastprofessuren in Wiesbaden, Mainz, Augsburg, Göttingen, am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, an der Georgetown University, Washington D.C., in Hamburg, Heidelberg und Köln. Literaturpreise: u.a.: Foglio-Preis für junge Literatur (1995) Aspekte-Literaturpreis (1996) Ernst-Willner-Preis im Bachmann-Literaturwettbewerb (1996) Rauriser Literaturpreis (1997) Laurenz-Haus-Stiftung Basel (1998) Niedersächsischer Förderpreis für Literatur (1999) Spycher: Literaturpreis Leuk, Nicolas Born-Preis, Heimito von Doderer-Literaturpreis (alle 2004) Brüder Grimm-Preis der Stadt Hanau (2005) Bremer Literaturpreis (2007) Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim (2007) Rattenfänger-Literaturpreis (2010) Preisträgerin des Comburg-Stipendiums (2010) Villa Aurora (2012) Georg-Büchner-Preis (2012) Werner-Bergengruen-Preis (2015) Erich Kästner Preis für Literatur (2015) Ehrendoktorwürde der Leuphana Universität Lüneburg (2016) Großer Preis des Deutschen Literaturfonds (2020) Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor (2021) Berliner Literaturpreis (2024)
Hoppes Sprache ist so präzise wie mitreißend, suggestiv und oft genug voller Humor.
Wer das Spektakel [die Wormser Nibelungen-Festspiele] schon einmal miterlebt hat, wird sich kugeln vor Lachen über die Hoppesche Desperktierlichkeit.
Mit Witz, Ironie, aber auch mit spürbarer Leidenschaft widmet sich Felicitas Hoppe dem Nibelungenlied und präsentiert es in einem neuen, zeitgemäßen Romangewand.
Wie schon in ihrem autofiktionalen Roman Hoppe‹ zeigt sich die Autorin erneut als Talent, wenn es um die literarische Erosion von Wirklichkeit und Wahrheit geht.
Besonders amüsant und aufschlussreich sind imaginäre Pausengespräche mit den Schauspielern des Nibelungenpersonals.
Abenteuerlich schillernd zwischen hohem Ton und Kalauer
In dieser kreativen und tiefgründigen Auseinandersetzung mit den einzelnen Figuren fernab der Handlung eröffnen sich plötzlich neue Zugänge zum Geschehen.
Die Sätze sind aufgeladen mit Hintersinn, hängen in Netzwerken von Symbolen und Querverweisen. Gedanken funkeln in aphoristischem Glanz - da ist ganz große Sprachkunst am Werk.
[Hoppe] gibt den Lesern von der ersten bis zur letzten Seite etwas zu entdecken. Ihre ›Nibelungen‹ sind ein abenteuerliches Erzählfeuerwerk mit schrägen Gegenwartsbezügen[...].
Die Geschichte von Hagen, Siegfried […] und ihren Kämpfen gibt es schon lang […]. Die großartige Schriftstellerin Felicitas Hoppe schreibt sie jetzt neu: spielerisch, ironisch, klug.
Fantasievoll, sprachmächtig und von feinstem Gespür für gesellschaftliche Veränderungen: Die vielfach ausgezeichnete Felicitas Hoppe ist eine der eindrucksvollsten deutschsprachigen Gegenwartsautorinnen.
Ein irres, ein tolles Buch
So inszeniert Hoppe die Tragödie als vielfach gebrochene, gespiegelte, mit unerschöpflichem Sprachwitz gewürzte komische Oper.
Sie erzählt die Geschichte von Verrat, Mord und Vergeltung in frischem Gewand – und spielt augenzwinkernd mit dem wagnerianischen Gestrick des kostümierten Übermaßes.
Felicitas Hoppe macht in »Die Nibelungen« aus einem alten Stoff mit größter Raffinesse ein reines literarisches Vergnügen.
Der mit seinem Einfallsreichtum, seiner Sprachkraft und seiner unverbrauchten Bildlichkeit beeindruckende Roman wurde zurecht für den Deutschen Buchpreis 2021 nominiert.
Felicitas Hoppe gelingt mit diesem Buch ein witziges und kluges Experiment. Eine Liebeserklärung ans literarische Zitat. Kreativ und bunt.
Das ist also ein hochgradig reflektiertes Erzählen das gleichwohl eine unglaubliche Freude an der Narration beibehält. Das hat mich poetologisch auch sehr überzeugt.
Es wird schwer sein, bei künftigen Wormser oder Bayreuther Festspielen nicht Felicitas Hoppes verschmitzten Tonfall und Blickwinkel im Ohr bzw. vor Augen zu haben.
voller sprachlicher Raffinesse, Witz, Verspieltheit und feiner Ironie.
Wer sich darauf einlässt, wird mit einem großen Vergnügen belohnt.
Felicitas Hoppe [...] hält die Balance zwischen Hoch- und Populärkultur.
Die Vielgestaltigkeit, der Witz, die Perspektivenwechsel machen die Lektüre zum Vergnügen.
[...] spielerisch und originell [...].
Felicitas Hoppe schöpft aus der historischen Quelle und bringt mit ihre Einfällen ein wenig Luft, Humor und Leichtigkeit ins Erbe.
Felicitas Hoppe rekonstruiert die Nibelungensage in ihrem neuen Roman auf eigenwillige Weise
Wie schon in ihrem autofiktionalen Roman ›Hoppe‹ zeigt die Autorin erneut ihr Talent, wenn es um die literarische Erosion von Wirklichkeit und Wahrheit geht.
Felicitas Hoppe erfindet "Die Nibelungen" neu.
So sind die Nibelungen noch nie erzählt worden: so unheldisch, so assoziativ, so ideenreich, so witzig.
[Hoppe] nähert sich dem Stoff durchaus respektvoll – um ihn dann doch auf eine ganz eigene Weise neu zu erzählen, mit einem [...] mitunter schelmisch klingenden Ton [...].
Um Furcht, gewaltige Bilder und ihre Brechung, um große Literatur und kleinliche Helden, ums Lachen und Sehnen [...] geht es.
Felicitas Hoppe hat die Nibelungensaga furios neu geschrieben. Ihr Stummfilm mit Dialogen in der Umkleide wirkt wie von Tarantino inspiriert.
Pause
In der Umkleide herrscht gehobene Stimmung. Siegfrieds Tod ist vom Tisch, während der Bestatter bei Bratwurst und Bier nicht nur uns, sondern auch seinen Fans lautstark erklärt, dass die ganze Geschichte nicht stimmt: Erfahrungsgemäß ist es nämlich völlig unmöglich, nach der Pause in einer einzigen Nacht den Schatz von Worms nach Lochheim zu bringen, weil sich im Lauf von über sechstausend Jahren der Flusslauf des Rheins verändert hat, und zwar dergestalt, dass der Schatz inzwischen vermutlich mehrere Meter unter dem Boden auf Land liegt, weshalb man ihn nicht heben, sondern bloß ausgraben müsste. Sollten Teile davon noch versteckt existieren, werden sie vermutlich irgendwann auch gefunden. Allerdings geben die Behörden keine Grabungserlaubnis, weil einzig der Fund in der Lage ist, die Theorie zu beweisen. Bis dahin gilt weiter: rätseln und hoffen. Denn der Nibelungenschatz hat heute schätzungsweise einen Wert von über vierhundert Millionen Euro.
Soweit der Botenbericht des Hagen von Tronje. Und hier der Steckbrief von dem, der ihn spielt: Geboren 1955 am Deutschen Eck, Schauspielausbildung in Wien, danach Engagements in Berlin, Bochum und Stuttgart, um, auf Zuruf aus Worms, endlich Hagen zu werden.
Frage: Was bedeutet diese Rolle für Sie? Antwort: Wenn ich Hagen spiele, darf ich sein, was ich bin, verlässlich gefährlich, der Inbegriff eines bösen Onkels, gewalttätig und unberechenbar, wie gleich nach der Pause, kurz nach Beginn des zweiten Akts, wenn ich nach erfolgreicher Schatzversenkung und nach der Überquerung der Donau das Floß eigenhändig in Stücke zerhaue und einen Kaplan unter Wasser bringe, um seine Rückkehr für immer unmöglich zu machen. Dass er trotzdem gerettet wird, steht auf einem anderen Blatt.
Frage: Haben Sie, den Kaplan mal beiseitegelassen, kein Problem mit der Gewalt der Figur? Antwort: Als Rheinländer habe ich kein Problem mit Gewalt, sondern ein Problem mit der Donau. Obwohl ich in Wien studiert habe, ist mir die Donau bis heute fremd, wie der ganze Osten insgesamt. Gegenfrage: Wenn man dem Original glauben darf, hat Hagen nicht nur die ganze Welt bereist, sondern ist in seiner Jugend auch eine Zeitlang Geisel am Hof der Hunnen gewesen. Hagen ist also ziemlich herumgekommen. Antwort: Der Rheinländer an sich ist eher sesshaft. Sobald er die Donau erreicht, ist er desorientiert. Das macht die Rolle zu einer Herausforderung.
Frage: Können Sie Ihr Problem mit der Donau etwas genauer erklären? Immerhin rangiert sie, jedenfalls was ihre Länge betrifft, zwar hinter der Wolga, aber ganz klar vor dem Rhein. Antwort: Der Rhein ist männlich, die Donau ist weiblich, ihr fehlt also klar die verlässliche Basis. Sie hat keinen Charakter. Spätestens in Immendingen verschwindet sie in irgendwelchen Felsspalten. Vierzig Kilometer später taucht sie dann plötzlich unter falschem Namen als Aach wieder auf und fließt kurzfristig in den Bodensee, um dann, genau wie der Rhein, irgendwann in die Nordsee zu münden. Sie ist also nichts als ein Nebenfluss.
Einwand: Bekanntlich mündet die Donau ins Schwarze Meer. Antwort: Die Mündung der Flüsse ist genauso wenig gesichert wie ihre Quellen. Sind Sie jemals in Passau gewesen, wo die Ilz und der Inn angeblich die blaue Donau ergeben? Da hat irgendein Geograph oder Geologe einen Winkel zwischen zwei Flüssen vermessen, daraus dann mathematisch einen Hauptfluss gebastelt und ihm den Namen DONAU gegeben. Aber wer sagt uns, dass der richtig gerechnet hat?
Nachfrage: Die Quellen des Rheins sind doch auch nicht gesichert? Antwort: Flussbiographien sind reines Theater, Geographen sind Regisseure der Natur. Nicht erst seit dem Nibelungenlied stehen sich Rhein und Donau als Antagonisten gegenüber, misstrauisch wie zwei Könige. Das Drama ist also vorprogrammiert. Als Schauspieler steigt man in jeden Fluss, was allerdings nichts daran ändert, dass man Vorlieben ausbildet, auch wenn das dem Regisseur nicht gefällt.
Einwurf: In diesem Fall einer RegisseurIN! Antwort: Ob Mann oder Frau, ist doch völlig egal: Theater ist grundsätzlich autoritär! Regietheater ist ein lachhaftes Schlagwort, von ein paar Leuten in die Welt gesetzt, die offenbar kein Latein mehr können. Regie kommt von regere, regieren, und bezeichnet ursprünglich eine indirekte Steuer im Wirtschaftssystem des Feudalismus. Das sagt ja wohl alles. Davon sind auch die Flüsse betroffen.
Frage: Und Sie haben die Deutungshoheit über den Rhein? Antwort: Seit Jahren kämpfe ich, in ständig wechselnder Besetzung, gegen einen angeblich unbesiegbaren Helden. Die Siegfriede kommen und gehen, Hagen dagegen bleibt. Außerdem sorge ich verlässlich dafür, dass den Schatz, den ich nahe meiner Geburtsstadt Biebesheim versenkt habe, auch in Zukunft niemand wird heben können. Solange ich auf der Bühne stehe, wird niemand die legendäre goldene Rute finden.
Frage: Und wie fühlt sich das an? Antwort: Hagen geht es nicht um Gefühle. Siegfried ist tot, erschlagen, erstochen, meinetwegen auch einfach verdurstet. Vielleicht ist er auch einfach bloß eingeschlafen, was allerdings bekanntlich wenig Wirkung auf einer Bühne entfaltet. Der Mensch ist und bleibt nun mal theatralisch und sucht immer nach einem Spezialeffekt. Wie Siegfried wirklich zu Tode kommt, ist schlicht eine Frage der Dramaturgie. Hagen ist kein Mörder, sondern bloß ein Vollstrecker, den lediglich interessiert, wie er den Schatz auf die sichere Seite bringt. Frage: Geht das etwas genauer? Antwort: Haben Sie jemals von einem Schatzräuber gehört, der in einem Interview sein Versteck preisgibt?
Frage: Und welche Rolle spielen die Frauen dabei? Antwort: Das Problem ist Kriemhild, nicht Brunhild. Spätestens nach dem Tod von Siegfried ist Brunhild definitiv aus dem Rennen, während Kriemhild erst jetzt zu ihrer richtigen Form aufläuft. Sie weiß genau, dass der Schatz de jure natürlich ihr gehört und dass sie damit tatsächlich etwas aus- und anrichten kann. Brunhild gibt auf, sie wird depressiv, Kriemhild dagegen hat einen Plan. Die gegnerische Linie verläuft also nicht zwischen Siegfried und Hagen, sondern zwischen Hagen und Kriemhild. Bei allem Aufwand, den das Epos betreibt, um von der großen und wahren Liebe zu sprechen: Es geht nicht um den Mann, es geht um den Schatz. Aber das Publikum ist nun mal auf Liebe aus, und ich werde den Teufel tun, seinem Wunsch nicht zu entsprechen. Außerdem lese ich meinen beiden jüngeren Kindern jeden Abend vor dem Einschlafen das Nibelungenlied vor.
Und die schlafen dabei tatsächlich ein? Antwort: Ob Sie es glauben oder nicht: Sie lieben es! (lacht) Frage: Haben Ihre Kinder Sie jemals als Hagen von Tronje auf der Bühne erlebt? Antwort: Ich habe drei Kinder zwischen zehn und zwanzig, von denen sich keins auch nur entfernt für das Theater interessiert. Aber das kann sich ja ändern. (lacht) Meine zweite Frau sitzt jedenfalls immer vorn in der ersten Reihe und hat bis heute keine Aufführung ausgelassen.
Frage: Und was hält Ihre Frau von Hagens Hauen und Stechen? Antwort: Meine Frau ist Kostümbildnerin und nach wie vor verliebt in die große Show, sie kann Ästhetik und Wirklichkeit trennen. Sie erkennt die Leistung hinter der Maske. Frage: Und worin besteht diese spezifische Leistung? Antwort: Sie besteht darin, sich selbst zu vergessen. Hagen zu sein bedeutet, die Gewalt als Kunstform auf die Bühne zu bringen. Frage: Was genau meinen Sie mit der Kunst der Gewalt? Antwort: Das reine Glück der Sinnlosigkeit, ein Ende, das niemand versteht. Frage: Und Sie wollen es auch nicht verständlich machen? Antwort: Helden sind nicht dazu da, verstanden zu werden.
Frage: Sie kennen Ihren großen Vorläufer Hans Adalbert Schlettow aus dem Film von Fritz Lang? Antwort: Wer kennt den nicht, den kopieren doch alle. Oder haben Sie jemals einen Hagen ohne Augenklappe gesehen? Einen Hagen, der nicht der Böse sein muss, sondern vielleicht sogar attraktiv aussieht? Meinen ersten Hagen habe ich vor knapp zwanzig Jahren gegeben; da musste ich noch etwas mehr tun, um die berühmte Falte zum Einsatz zu bringen. (lacht) Die Augenklappe hat die Regie mir dieses Jahr leider verboten. Inzwischen herrscht eine andere Kleiderordnung. Aber Hagen wird immer der Alte bleiben. Das Böse kommt in jedem Kostüm durch.
Frage: Sie kennen die Gottbegnadeten-Liste? Antwort: Diese sagenumwobene Liste von Goebbels? Auf der angeblich nur die Besten der Besten stehen? Natürlich kenne ich die, nur dank der Gnade der späten Geburt stehe ich nicht drauf. Aber bevor wir jetzt auf die deutsche Treue im Kessel von Stalingrad kommen, muss ich leider zurück auf die Bühne, um den Schatztransport im nächsten Akt zu überwachen. (lacht)
Einwand: Sie versuchen, der historischen Dimension auszuweichen! Antwort: Ich weiche nicht aus, ich walte nur meines Amtes, oder, um es mit Hagen zu sagen: Ich tue nur meine Pflicht! Nachfrage: Das ist jetzt nicht Ihr Ernst? Antwort: Das ist nicht mein Ernst, das ist mein Text! Letzte Frage: Aber bevor Sie jetzt gehen, um Ihre Pflicht zu erfüllen, verraten Sie uns bitte noch kurz, was Sie seit mehr als zwei Jahrzehnten dazu bringt, immer wieder den Hagen zu geben. Letzte Antwort: Das alte Lieblingsspiel meiner Kindheit: Schätze und Schiffe versenken!
Für Siegfried, Jahrgang 1989, geboren in Bonn, Schauspielstudium in Berlin, danach Engagements in Hamburg und Wien, ist der Abend so gut wie beendet. Dunkelhaarig und muskulös, überraschend klein und gesprächsbereit, ist er in der Umkleide damit beschäftigt, das Fell des erlegten Bären zu bürsten und sich das falsche Gold aus den Locken zu waschen.
Frage: Wie fühlt es sich an, jeden Abend mit dem Tod um die Wette zu laufen? Antwort: Tod ist...
Erscheint lt. Verlag | 8.9.2021 |
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Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Alberich • Anspruchsvolle Literatur • Brunhild • Deutscher Buchpreis 2021 • Deutsche Sagen • Ein Buch von S. Fischer • Hagen • Hagen von Tronje • Heldensaga • Iwein • Kriemhild • Lindwurm • Longlist Deutscher Buchpreis • Nibelungen • Nibelungenfestspiele • Picknick der Friseure • Siegfried • Worms |
ISBN-10 | 3-10-401615-1 / 3104016151 |
ISBN-13 | 978-3-10-401615-3 / 9783104016153 |
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