New Chances (eBook)
336 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46002-3 (ISBN)
Lilly Lucas wurde in Ansbach geboren und studierte Germanistik in Bamberg. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihrem Sohn und endlos vielen Büchern in Würzburg. Ihre Liebesromane New Promises, New Dreams, New Horizons, New Chances, Find me in Green Valley, A Place to Love, A Place to Grow, A Place to Belong, A Place to Shine, New Wishes und This could be love wurden zu Spiegel-Bestsellern. Wenn sie nicht Romane über die Liebe und das Leben schreibt, sieht sie sich am liebsten die Welt an, steckt ihre Nase in Bücher oder lebt ihre Film- und Seriensucht auf der heimischen Couch aus.
Lilly Lucas wurde in Ansbach geboren und studierte Germanistik in Bamberg. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihrem Sohn und endlos vielen Büchern in Würzburg. Ihre Liebesromane New Promises, New Dreams, New Horizons, New Chances, Find me in Green Valley, A Place to Love, A Place to Grow, A Place to Belong, A Place to Shine, New Wishes und This could be love wurden zu Spiegel-Bestsellern. Wenn sie nicht Romane über die Liebe und das Leben schreibt, sieht sie sich am liebsten die Welt an, steckt ihre Nase in Bücher oder lebt ihre Film- und Seriensucht auf der heimischen Couch aus.
1.
Tage, die beschissen anfangen, enden auch beschissen. Es hätte mich also nicht wundern sollen, dass ich den Bus, der mich nach Denver bringen sollte, nur noch von hinten sah. Und dass es der letzte an diesem Abend gewesen war. Keuchend stand ich da und atmete die knochentrockene Hitze des Mesa Countys ein.
»Fuck«, fluchte ich, ließ mich auf meinen Koffer sinken und wischte mir mit dem Handrücken über die schweißnasse Stirn.
»Wo musst du denn hin, Kleine?«, ertönte eine Reibeisenstimme hinter mir.
Erschrocken sah ich auf und blickte in das Gesicht einer Frau. Sie musste zwischen 60 und 70 sein, trug ein zerschlissenes Kiss-Shirt und hatte sich das graue Haar zu zwei Zöpfen geflochten, die unter einem Bandana hervorspitzten. In ihrer rechten Hand hielt sie eine prall gefüllte KFC-Papiertüte, die nach zu Tode frittiertem Hähnchen roch und meinen Magen augenblicklich zum Knurren brachte. Wann hatte ich zuletzt etwas gegessen? Im Flugzeug? Nein, im Bus, erinnerte ich mich und dachte an das halb geschmolzene Balisto, das einen kackbraunen Fleck auf meiner Jeans hinterlassen hatte. Die Jeans, die mir gerade wie eine zweite Haut auf den Schenkeln klebte.
»Nach Denver.«
»Denver, hm?« Bedauernd schnalzte sie mit der Zunge. »Liegt nicht auf meiner Tour.«
Tour? Als hätte sie das Fragezeichen in meinen Augen bemerkt, wies ihr Kopf auf einen feuerwehrroten Truck, der ein paar Meter entfernt auf dem Großparkplatz stand. Besser gesagt … thronte. Er hatte gigantische silberne Auspuffrohre an der Fahrerkabine und einen schier endlos langen Sattelauflieger mit einem Logo, das ich noch nie gesehen hatte.
»Ich kann dich aber ein Stück mitnehmen«, sagte sie, während ich noch damit beschäftigt war, die Räder des imposanten Gefährts zu zählen. »Bis nach Green Valley. Von da kannst du den Bus nehmen.«
Sofort hatte ich die Stimme meiner Mutter im Ohr, der ich vor meiner Abreise hoch und heilig versprochen hatte, nie per Anhalter zu fahren – in ihren Augen der sichere Weg in die Arme eines Serienkillers. Allerdings sah die Frau vor mir nicht unbedingt aus, als würde sie mich zersägen und in eine Mülltüte stecken wollen. Noch dazu war sie mindestens einen Kopf kleiner als ich und … dreimal so alt?
»Wo liegt Green Valley?«
»Bisschen was über zwei Stunden von hier«, nuschelte sie. »Mitten in den Rockys.«
»Und von dort fährt heute noch ein Bus nach Denver?«, erkundigte ich mich skeptisch. Es war bereits halb sechs, und wenn es stimmte, was sie sagte, würden wir dieses Green Valley frühestens um acht erreichen.
»Wenn du aufhörst herumzutrödeln, schon.« Sie lachte kehlig. Ein Lachen, das sich nach zwei Schachteln Zigaretten und einer Flasche Jack Daniel’s am Tag anhörte. »Ich bin übrigens Elsie.«
»Leonie«, antwortete ich und ergriff etwas zögerlich die Hand, die sie mir hinhielt. Für eine so zierliche Person hatte sie einen überraschend festen Händedruck.
»Wo kommst du her?«
»Aus Deutschland.«
Elsie schielte auf meinen Koffer. »Bist du auf dem Weg zum Flughafen?«
Ich stieß ein bitteres Seufzen aus. »Eigentlich … komme ich von dort.«
Sie runzelte die Stirn.
»Lange Geschichte«, murmelte ich.
»Kannst du mir unterwegs erzählen.« Elsie machte Anstalten, zu ihrem Truck zu gehen. Im Eilverfahren ging ich meine Optionen durch – von denen ich streng genommen nur zwei hatte. Ich konnte eine Nacht hier in Grand Junction bleiben, mir ein Motel-Zimmer suchen und morgen den ersten Bus zurück nach Denver nehmen – oder in den Truck einer wildfremden Frau steigen, die aussah, als hätte man meine Oma mit einem Hells-Angels-Mitglied gekreuzt. Klar, dass ich mich für Zweiteres entschied. Mit meinem Koffer im Schlepptau folgte ich Elsie und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, wie schwer er war. Ich hatte das Limit von 23 Kilo voll ausgeschöpft, schließlich hatte ich mich auf einen sechsmonatigen Aufenthalt in Colorado eingestellt. Sechs Monate, die heute Morgen auf zwei Tage geschrumpft waren, wenn nicht noch ein Wunder geschah.
Ehrfürchtig blieb ich vor dem monströsen Truck stehen und beobachtete, wie Elsie die Fahrertür aufzog und scheinbar mühelos meinen Koffer hinaufwuchtete. Kurz darauf stieß sie von innen die Beifahrertür auf. Ein Potpourri aus Kaffee, altem Zigarettenrauch und klimatisierter Luft schlug mir entgegen, als ich die zwei Stufen ins Führerhaus nahm und mich auf einem Ledersitz niederließ, der erstaunlich bequem war. Ich schnallte mich an und blickte durch die Fensterscheibe, auf der sich der rote Staub des Mesa Countys niedergelassen hatte. Elsie verstaute meinen Koffer indessen in der winzigen Schlafkabine hinter unseren Sitzen. Als mein Blick die schmale, sichtlich durchgelegene Matratze streifte, überkam mich eine so heftige Müdigkeit, dass ich meine gesamte Willenskraft aufbringen musste, um nicht nach hinten zu klettern und mit meinem Koffer zu tauschen. Ich war seit über 24 Stunden auf den Beinen, hatte einen Langstreckenflug und eine fünfstündige Busfahrt hinter mich gebracht und sehnte mich nach einem Bett und mindestens zehn Stunden Schlaf.
Der Motor sprang an, und der Truck setzte sich in Bewegung. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich Elsie, die gänzlich entspannt hinter dem Lenkrad thronte und das wuchtige Fahrzeug ohne Probleme aus der Parklücke manövrierte. Mit einer flüchtigen Handbewegung grüßte sie die Fahrer der anderen Trucks, während wir in gemächlichem Tempo über den Parkplatz rollten. Bis wir Grand Junction verlassen hatten, sprachen wir kein Wort miteinander, und auch wenn es mir nicht unangenehm war, verspürte ich das Bedürfnis, mehr über die Frau zu erfahren, in deren Truck ich gestiegen war.
»Wie lange machst du das schon? Truck fahren, meine ich.«
»Mein halbes Leben lang«, erwiderte sie unaufgeregt. »Als junges Mädchen wollte ich Automechanikerin werden. Aber dann hab ich einen Trucker geheiratet. Jeff und ich sind die Touren lange zusammen gefahren. Quer durchs Land.« Ihr Blick verklärte sich. »War eine tolle Zeit.«
»Was ist passiert?«, fragte ich vorsichtig.
»Herzinfarkt.«
»Das tut mir leid«, flüsterte ich.
Sie tat es mit einer Handbewegung ab. »Ist schon über zehn Jahre her. Seitdem fahre ich Big Betty allein.«
Fast liebevoll tätschelte sie das Lenkrad.
»Big Betty?«
»So hat Jeff sie immer genannt. Nach seiner Großmutter aus Alabama. Muss eine beeindruckende Lady gewesen sein.« Sie zuckte mit den Schultern. »Was ist mit dir? Womit verdienst du dein Geld?«
»Ich bin Brauerin.«
»Brauerin«, wiederholte sie und klang dabei nicht so überrascht, wie ich es gewohnt war. Vielleicht, weil wir beide in einer Männerdomäne arbeiteten. Oder weil das hier in der Gegend ein gängiger Beruf war. Schließlich besaß Colorado mehr Brauereien pro Kopf als jeder andere Staat in den USA. Nur aus diesem Grund war ich hier.
»Machst du Urlaub in Colo?«
»Äh … nein. Work and Travel.«
»Work and Travel?«
Dass sie damit nichts anfangen konnte, wunderte mich nicht. Ausgerechnet im Land der unbegrenzten Möglichkeiten waren die Möglichkeiten, das Arbeiten und Reisen zu verbinden, nämlich sehr begrenzt. Es hatte mich Tage gekostet, zu durchschauen, welches Visum ich wo beantragen musste und welche Regularien ich zu beachten hatte, wenn ich ein bezahltes Praktikum machen wollte. Alles umsonst, wie es jetzt schien. Je weiter wir uns von Grand Junction entfernten, umso mehr sickerte diese Erkenntnis in mein Bewusstsein.
»Ich wollte hier eigentlich für eine Craftbeer-Brauerei arbeiten. Und danach noch ein bisschen reisen. Zumindest war das der Plan …«
»Ich nehme an, jetzt beginnt die Geschichte«, bemerkte sie und griff in die KFC-Tüte, als wäre es das Popcorn zu dem Blockbuster, der jeden Moment startete. In Sekundenschnelle erfüllte der Geruch von Hähnchen und Frittierfett das Führerhaus. »Bedien dich«, lud sie mich ein. Zögerlich spitzte ich in die Tüte und zog mir ein paar Pommes heraus.
»Tja, also … morgen wäre mein erster Tag bei Kettle Brew gewesen, aber …«
»Oh«, stieß sie hervor und zog die Nase kraus, was mir verriet, dass sie den Ausgang der Geschichte bereits kannte.
»Ja«, seufzte ich und sah mich wieder vor dem verkohlten Backsteingebäude mit dem gelben Absperrband stehen.
»Hab’s heute in der Zeitung gelesen. Üble Sache. Irgendein Kabelbrand …«
Von einem cable fire hatte auch Zack, der Inhaber der Brauerei, gesprochen, als ich ihn heute Morgen völlig aufgelöst angerufen hatte. Er war gerade bei seiner Versicherung gewesen und hatte nicht viel Zeit gehabt. Sich nur immer wieder entschuldigt, weil er mir nicht mehr rechtzeitig Bescheid gegeben hatte, dass ich mein Praktikum nicht wie vereinbart würde antreten können. Die Stelle, auf die ich mich von Deutschland aus beworben hatte. Die Voraussetzung für mein Visum war. Mein Magen krampfte sich zusammen.
»Die Brauerei muss vorerst den Betrieb einstellen. Ich bin also vollkommen umsonst hierhergekommen«, sagte ich bitter und schob mir noch ein paar Pommes in den Mund.
»Nichts ist umsonst. Glaub mir …« Zweifelnd schielte ich zu ihr, aber Elsie beließ es bei dieser kryptischen Aussage. Inzwischen fuhren wir auf der Interstate, die schnurgerade die karge Landschaft zerschnitt. Das westliche Colorado war vollkommen anders als der Rest des Staates, das hatte ich bereits auf der...
Erscheint lt. Verlag | 1.5.2021 |
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Reihe/Serie | Green Valley Love | Green Valley Love |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | alleinerziehend • Amerika • Au Pair • Barkeeper • Booktok • green valley • Green Valley Love 5 • Große Liebe • Leidenschaftliche Liebesgeschichte • Leonie und Sam • Liebe • Liebesroman • Liebesromane • Liebesromane Reihe • liebesroman new adult • Lilly Lucas • Nanny • Neuanfang • New Adult • new adult bücher • new adult liebesroman deutsch • new adult romance deutsch • new adult romane • New beginnings • New Dreams • New Horizons • New Promises • Rocky Mountains • Romance • romance deutsch • Romane Liebe • Romantische Bücher • Romantische Liebesromane • romantische romane • Roman USA • TikTok • USA • Work Travel • Young Adult Bücher • Young Adult Liebesromane • Young Romance |
ISBN-10 | 3-426-46002-5 / 3426460025 |
ISBN-13 | 978-3-426-46002-3 / 9783426460023 |
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