Die Blankenburgs (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
544 Seiten
Blanvalet Verlag
978-3-641-26561-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Blankenburgs - Eric Berg
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Die Blankenburgs - eine mächtige Dynastie, eine dramatische Geschichte. Grandiose Unterhaltung von Bestsellerautor Eric Berg!
Frankfurt 1929: Die Blankenburgs haben allen Grund zur Freude: Vor kurzem feierten sie das 150jährige Jubiläum der familieneigenen Porzellanmanufaktur, die Auftragsbücher sind voll, und die Krise der frühen Zwanzigerjahre liegt hinter ihnen. Aber das hart errungene Glück zerbricht mit einem Schlag, als Aldamar, das Familienoberhaupt, und sein Schwiegersohn Richard ihr Vermögen im großen Börsencrash verlieren und keinen anderen Ausweg sehen, als sich das Leben zu nehmen. Zwischen den Schwestern Ophélie und Elise entbrennt ein erbitterter Erbstreit, der die Familie zu entzweien droht. Doch damit nicht genug. Mit dem Erwachen des Nationalsozialismus beginnt auch der Überlebenskampf der Blankenburgs. Um die Porzellanmanufaktur zu retten, sind die Schwestern bereit, neue Wege zu gehen und über sich hinauszuwachsen ...

»Die Blankenburgs« ist der Auftakt des großen Zweiteilers. Lesen Sie auch die Fortsetzung »Das Schicksal der Blankenburgs«.

Eric Berg zählt seit vielen Jahren zu den erfolgreichsten deutschen Autoren. 2013 verwirklichte er einen lang gehegten schriftstellerischen Traum und veröffentlichte seinen ersten Kriminalroman »Das Nebelhaus«, der 2017 mit Felicitas Woll in der Hauptrolle der Journalistin Doro Kagel verfilmt wurde. Seither begeistert Eric Berg mit jedem seiner Romane Leser und Kritiker aufs Neue und erobert regelmäßig die Bestsellerlisten.

2

Am Donnerstag, dem 24. Oktober, bricht in den Vereinigten Staaten von Amerika die Börse ein, nachdem sie einen jahrelangen Höhenflug erlebt hat. Aus anfänglicher Unsicherheit wird Angst, und aus der Angst entsteht Panik. Daraufhin unternehmen einige große Banken Stützkäufe, wodurch sich die Lage kurzfristig beruhigt. Doch der Abwärtstrend setzt sich am darauffolgenden Montag fort. Der Aktienwert vieler Unternehmen sinkt so weit, dass deren Kredite nicht mehr gedeckt sind. Die Banken fordern ihr Geld zurück. Am Dienstag fallen die Kurse ins Bodenlose, manche Unternehmen haben nur noch ein Prozent des Wertes der Vorwoche. Als Folge davon brechen auch die europäischen Börsen ein.

So hatte Tankred es sich immer vorgestellt. Haargenau so. Das Herz der Blankenburgs. Königstein, ein Städtchen am Südhang des Taunus, umgeben von Wäldern, Obsthainen und Burgen. Der Herrensitz der Blankenburgs, die Villa Vanora, zwei, drei Steinwürfe von der Villa Rothschild entfernt mit Blick auf Frankfurt und die Mainebene. Ein großes schmiedeeisernes Tor, ein gewundener Weg, ein Park, ein Brunnen, ein Kasten von Haus. Die kalte Eingangshalle, Steinböden, stoffbespannte Wände, schwere Vorhänge. Die in solchen Häusern unvermeidliche Ahnengalerie in ewiger bewegungsloser Ernsthaftigkeit, neun Kaufmannsgesichter von frostiger Blässe. Und in der Mitte des Herzens der Blankenburgs befand sich deren Seele: die legendäre Porzellanblume.

In einem Bildband hatte er ein Foto davon entdeckt, in Schwarz-Weiß. Mit geschlossenen Augen hatte er sich das Symbol der Blankenburgs, das zum Gründungsmythos des Familienunternehmens gehörte, in Farbe vorgestellt. Seine Fantasie hatte ihn nicht getrogen.

Vor ihm, in einer Vitrine, ruhte auf einem Kissen ein gewundener, stricknadeldicker, etwa sechzig Zentimeter langer Stiel im vornehmsten Eierschalenweiß, von dem fünf sattgrüne Blätter abzweigten. Das Stielende barg den Blütenkopf wie eine kostbare Brosche. Die etwa zwanzig winzigen Blüten des halbrunden Kopfes schimmerten weiß und rosa, und man konnte ohne Übertreibung sagen, dass dieses Kunstwerk die Natur an Schönheit noch übertraf. Auch die echte, in Asien beheimatete Porzellanblume hatte jenes wächserne Kolorit, dem sie ihren Namen verdankte. Doch war das »Opus 1« der Blankenburgs so filigran, so detailliert gearbeitet, dass selbst Menschen wie Tankred, die sich im Grunde nichts aus Porzellan machten, kurz der Atem stockte.

Im Jahre 1768 hatte der Gründer des Familienunternehmens, Ludwig Emanuel Blankenburg, die Porzellanblume unter erheblichem Aufwand anfertigen lassen und sie der »Großen Landgräfin« Karoline Henriette von Hessen-Darmstadt zum Geschenk gemacht. Ein Coup, zweifellos. Die Blankenburgs avancierten dadurch zu Hoflieferanten. Ein beinahe identisches Modell ging an den »vielgeliebten König« Louis XV. von Frankreich, weil man immer schon gute Verbindungen in das Nachbarland gehabt hatte und sich Aufträge aus Versailles versprach. In den Wirren der Revolution wurde dieses Exemplar zerstört, wohingegen man die hessische Blume, fortan auch »Karolinenblume« genannt, im Jahre 1806 zurückkaufte und seitdem wie einen Gralsschatz hütete. Sie war der Inbegriff des Aufstiegs und ebenso unantastbar. Gewiss hatte sie seit Jahrzehnten keiner mehr in der Hand gehalten, denn es war Tradition, sie nur bei der Übergabe der Manufaktur vom Vater auf den Erben hervorzuholen.

Neun Patriarchen – Ludwig Emanuel, Emanuel Friedrich, Friedrich Moritz, Moritz Christian, Ethelbert, Konrad, Albert, Siegfried, Adalmar. Sie alle hingen in etwa drei Metern Höhe, von wo aus sie auf ihr Pantheon hinabblickten, und sah man einmal von der wechselnden Mode ab, der sie unterworfen gewesen waren, ähnelte die gebieterische Wirkung, die sie auf den Betrachter hatten, sich auf erschreckende Art. Unter ihnen waren deutlich kleinere Porträts ihrer jeweiligen Ehefrauen und Kinder gruppiert. Hier und da hatten sich doch tatsächlich so etwas wie eine individuelle Anmutung und ein schwärmerisches Flair in die Bilder eingeschmuggelt.

»Sie wünschen?«

Zwei Minuten, dachte er. Man hatte ihn lediglich zwei Minuten warten lassen.

»Ich habe soeben die Gesichter Ihrer Familie studiert«, sagte er nach einem kurzen Blick über die Schulter. »Ich habe das Vergnügen mit Elise Dobel, nicht wahr?«

»Ja, und Sie sind …«

»Wenn man es versteht, in Gesichtern zu lesen, ist das ein großer Vorteil, wussten Sie das?« Er deutete nacheinander auf die Porträts an der Wand. »Ophélie, Adalmars Erstgeborene … ihr verbliebenes Auge verschwindet beinahe im Fleisch, ebenso die Lippen, die nach innen zu wachsen scheinen. Sie verbirgt ihre Gefühle. Dann Wido, der Jüngste, ein Gesicht, so zart und wächsern, als wäre es zum Zerbrechen verurteilt. Ihres dagegen, gnädige Frau, strahlt Haltung aus, eine gewisse tragische Größe …«

»Sollte das Ihre Art sein zu kondolieren, Herr …«, sie warf einen kurzen Blick auf die Visitenkarte, die er dem Hausmädchen überreicht hatte, »Horch, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass …«

»Das ist nicht mein Name.«

»Wie bitte?«

»Sie ahnen nicht, was man im Frankfurter Gallusviertel alles für ein paar Mark kaufen kann. Ich hätte auch einen Säugling mitbringen können, aber für meine Zwecke wäre das wenig dienlich.«

»Ich verstehe nicht.«

»Ich habe gelogen, um vorgelassen zu werden. Überlegen Sie mal. Wäre ich tatsächlich ein Horch und somit Mitglied einer Dynastie von Autobauern, hätte ich nicht solche Klamotten an.«

Abgewetzte Schuhe, der Hemdkragen gammelig wie welker Salat. Zwar trug er einen dunkelgrauen Anzug, doch der war ihm mindestens eine Nummer zu groß. Seit zwei Jahren nahm Tankred kontinuierlich ein paar hundert Gramm pro Monat ab. Ihm war völlig klar, dass er aussah wie jemand, der etwas wollte und dafür keine Gegenleistung zu erbringen gedachte.

»Und wie lautet Ihr richtiger Name?«

»Schamitzke. Tankred Schamitzke.«

»Nun denn, Herr Schamitzke. Da Sie offenbar nicht vorhaben zu kondolieren, muss ich Sie bitten zu gehen. Dieses Haus befindet sich in Trauer.«

»Ich weiß. Es rafft die Männer dieser Familie in geradezu erschreckender Anzahl dahin. Ihre Brüder, Ihr Mann, Ihr Vater … Wer soll das Unternehmen nun führen?«

»Das werde ich kaum mit Ihnen erörtern.«

Tankred deutete auf das Porträt von Adalmars Zweitgeborenem. »Über Otto haben wir noch gar nicht gesprochen. Er hat das, was ich ein mittleres Gesicht nenne: weder ambitioniert noch gelangweilt, weder streng noch liebevoll, weder intelligent noch dumm. Na ja, wenigstens nicht allzu dumm. Man sieht ihm nicht an, ob er den ganzen Tag angeln gehen oder lieber ein gutes Geschäft abschließen will, und auch nicht, ob er überhaupt zu einem von beiden fähig ist. Andere haben das für ihn entschieden. Eine Feder im Wind, den Launen aller möglichen Kräfte ausgesetzt. Im Krieg ist ihm ein Doppeldecker auf den Kopf gefallen, nicht wahr? Was für ein passendes Ende für einen Luftikus. Übrigens, ich bin sein Sohn.«

Anders als die falsche Visitenkarte, log die Geburtsurkunde nicht. Tankred Schamitzke war der 1907 geborene leibliche Sohn von Otto Blankenburg und der Wäscherin Paula Schamitzke. Er war in der Nähe von Berlin zur Welt gekommen, wo Otto die Handelsschule besucht und viel Wäsche zu waschen gehabt hatte. Auch ohne Details zu kennen, ohne überhaupt etwas über die Geschichte von Paula und Otto zu wissen, konnte man sie sich gut ausmalen. Herrje, das passierte andauernd – in kleinen Kammern, im Heu, in Dachmansarden, hinter dem Waschzuber … Im besten Fall waren es rührselige Romanzen mit der Lebensspanne von Schmetterlingen, im schlimmsten eine Sache von fünf heftigen Atemzügen.

Immerhin hatte Otto zu seinem Abenteuer gestanden, was gemeinhin eher die Ausnahme war. Jahrelang schickte er Paula Schecks, und nachdem er gefallen war, übernahm sein Vater diese Aufgabe. Als Tankreds Mutter im Jahr 1922 an Tuberkulose starb, sorgte Adalmar dafür, dass sein illegitimer Enkel eine mittlere Schulbildung bekam, unter der Voraussetzung, er halte seine Herkunft weiterhin geheim.

»Eine Wäscherin«, sagte Ophélie kopfschüttelnd. »Ottos Geschmack war immer schon sehr simpel.«

»Geschmack oder nicht«, erwiderte Elise. »Er gehört zur Familie. Und er ist eine Waise.«

Sie saßen zu dritt im Arbeitszimmer des Verstorbenen, Tankred mit seinen beiden in Schwarz gehüllten Tanten, von denen keine wagte, den Sessel hinter dem massiven Schreibtisch zu belegen. Das Hausmädchen servierte Tee und musterte den Zweiundzwanzigjährigen mit unverhohlener Neugier und Skepsis.

Er zwinkerte ihr zu. Nicht auf diese Art, sondern als wollte er sagen: Hallo, schön dich wiederzusehen.

»Die Waise ist erwachsen«, konterte Ophélie. »Ich sehe nicht ein, dass wir uns mit den fleischgewordenen Hinterlassenschaften von Ottos Vorliebe für Frauen mit großen Brüsten herumschlagen sollen.«

»Sie waren normal groß«, widersprach Tankred.

Ophélie warf ihm einen feindseligen Blick zu. Mischen Sie sich nicht ein, das geht Sie gar nichts an, sollte das heißen.

Sie richtete sich auf und sagte genüsslich, als würde sie die Worte vorher lutschen: »Aber du warst ja schon immer auf Ottos Seite, Elise. Dein Lieblingsbruder. Nichts als Flausen hatte er im Kopf. Ein Handvoll Flausen und ansonsten gähnende Leere. Du hast ihn immer vor Papas Anwürfen in Schutz genommen. Lächerlich, ein großer Bruder, der sich von seiner...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2021
Reihe/Serie Die Porzellan-Dynastie
Die Porzellan-Dynastie
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Allianzen • Deutschland • Downton Abbey • eBooks • Familiensaga • Familienunternehmen • Frankfurt • Frankreich • Generationenroman • Historische Romane • historische romane 20. jahrhundert • Loire • Nationalsozialismus • Neuerscheinungen 2021 • Peter Prange • Porzellan-Dynastie • Schicksalsroman • Starke Frauen • Taschenbuch Neuerscheinung 2021 • Weimarer Republik • Zweiter Weltkrieg • Zwischen den Weltkriegen
ISBN-10 3-641-26561-4 / 3641265614
ISBN-13 978-3-641-26561-8 / 9783641265618
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