Der Zauber eines Wintertages (eBook)

Roman

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
560 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-27166-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Zauber eines Wintertages -  Karen Swan
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Lee hat turbulente Zeiten hinter sich. Doch die ersten Schneeflocken verheißen den Zauber einer neuen Liebe ...
Vor fünf Jahren hat die Londoner Fotografin Lee alle Brücken hinter sich abgebrochen. Inzwischen haben sie und ihr kleiner Sohn Jasper in Amsterdam ein neues Zuhause und viele gute Freunde gefunden. Kurz vor Weihnachten begegnet Lee einem Mann, der ihr Herz höherschlagen lässt: dem attraktiven Kinderbuchautor Sam, der bei einem Fotoshooting im Krankenhaus den Nikolaus spielt. Als der erste Schnee fällt und Amsterdams Grachten zufrieren, kommen Lee und Sam sich näher. Doch ein Geheimnis aus Lees Vergangenheit droht ihr Glück zu zerstören. Ob das Fest der Liebe eine zweite Chance für sie bereithält?

Karen Swan arbeitete lange als Modejournalistin für Zeitschriften wie Vogue, Tatler und YOU. Heute lebt sie mit ihrer Familie im englischen Sussex und schreibt jedes Jahr zwei Romane - einen für die Sommersaison und einen zur Weihnachtszeit.

Prolog


Türkisch-syrische Grenze, 2014


Wow, du hast uns ein Auto organisiert?« Lee blickte sich beeindruckt im spartanischen Inneren des klapprigen alten Toyota Hilux um.

»Klar hab ich uns ein Auto organisiert!« Cunningham, der mit Pilotenbrille am Steuer saß, warf ihr einen Blick zu und grinste. Sein dunkles Haar flatterte im heißen Fahrtwind.

Sie schüttelte seufzend den Kopf. Cunningham und sein Charme … »Aber wie hast du das geschafft?«

»Fünfzig Dollar und mein ganzer Zigarettenvorrat.«

Sie zog skeptisch eine Braue hoch. »Echt jetzt? Der ganze?«

»Na ja … vielleicht doch nicht der ganze.« Er griff schmunzelnd in die Brusttasche seiner Schutzweste und hielt ihr eine geöffnete Packung hin.

Aber Lee schüttelte den Kopf.

»Du rauchst nicht mehr?«, fragte er ungläubig. Whisky und Zigaretten waren so ziemlich das Einzige, was einen hier über Wasser hielt.

»Ich versuch’s jedenfalls. Diese Dinger bringen dich um, das weißt du doch.«

Cunningham warf den Kopf in den Nacken und lachte schallend, steckte die Packung aber wieder ein. »Ja, schon klar. Es sind die Zigaretten, an denen ich krepieren werde.«

Lee musste ebenfalls schmunzeln und lehnte den Kopf an die Stütze. Sie freute sich, wieder hier zu sein. Die Fenster waren heruntergelassen – die Klimaanlage hatte bestimmt schon vor Kriegsausbruch den Geist aufgegeben gehabt –, und die Sonne brannte erbarmungslos auf ihren Arm.

Ihr Fotoapparat lag einsatzbereit in ihrem Schoß, aber sie hatte keine Lust, ihn zur Hand zu nehmen, nicht jetzt. Noch hatte sie Pause. Ihr Blick schweifte träge über die öde Landschaft, auf der Suche nach irgendetwas, woran sich das Auge klammern konnte – ein grüner Baum, ein Vogel am Himmel, grasende Kühe, ein paar Blumen. Aber um sie herum gab es nur staubige rote Erde, eine ausgedörrte Landschaft. In ihrem Rücken lagen eine Bergkette und ein paar Meilen südlich der träge dahinfließende mächtige Euphrat. Gelegentlich kamen sie an einer mit Stacheldraht abgesperrten Stelle vorbei, an einem Loch in der Straße, wo eine Splitterbombe hochgegangen war, oder an den Ruinen eines ehemaligen Dorfes. In der Ferne wogten vereinzelt Staubwolken auf, hervorgerufen durch Geschützfeuer und explodierende Granaten.

Lee schloss die Augen und genoss das Gefühl ihres im Wind flatternden Haars, das ihr Gesicht kitzelte. Fast wäre sie eingeschlafen, kämpfte aber dagegen an. Sie war erst seit drei Tagen zurück, und diese drei Tage hatte sie ausschließlich damit verbracht, Cunningham hinterherzujagen. Sie war auf einer Militärbasis in Hama gelandet, wo sie ihn eigentlich hätte treffen sollen. Die letzten sechs Wochen war sie auf Heimaturlaub gewesen, eine dringend benötigte Auszeit. Cunningham dagegen hatte offenbar keinen Gedanken an eine Pause verschwendet. Sie hatten sich in Rakka getrennt, aber er war weiter nach Hama gereist, und nun befanden sie sich unweit der türkischen Grenze, in der Provinz Aleppo.

Nach ihrer Zeit im Land des elektrischen Stroms und fließenden Wassers, der Luxusautos und Federbetten kam es Lee vor, als befände sie sich hier am Ende der Welt. Ein leerer Horizont und danach nichts mehr. Die Farben, die Hitze, die Geräusche – hier war alles hart und rau. Es schien, als hätten sich die Verhältnisse während ihrer Abwesenheit sogar noch verschlimmert. Lee hätte das nicht für möglich gehalten, nicht nach den Vorfällen in Homs, und dennoch schienen sich immer tiefere Abgründe aufzutun.

Die Straße war in einem verheerenden Zustand, der arme Wagen holperte durch tiefe Schlaglöcher, und sie wurden auf ihren Sitzen hin und her geworfen. Kaum vorstellbar, wie das die altersschwachen Stoßdämpfer des Toyotas überhaupt noch aushielten. Aber der tapfere kleine Wagen rumpelte unermüdlich voran, dicke Staubwolken hinter sich herziehend.

»Hab gehört, du hast dich mit Schneider zusammengetan«, sagte Lee mit hochgezogener Augenbraue.

Cunningham warf ihr einen Blick zu und lachte verlegen auf. »Kein Grund zur Eifersucht. Irgendjemanden brauchte ich nun mal. Ich wusste ja nicht, ob du überhaupt noch mal wiederkommst.«

»Ich hab doch gesagt, ich komme wieder.«

Er schob seine Pilotenbrille ein wenig nach unten und bedachte sie mit einem dieser Blicke, die ausdrückten, was Worte nicht konnten. Beide wussten, in welchem Zustand sie gewesen war, als sie sich diese Auszeit genommen hatte. Die Angriffe in Homs waren brutal gewesen, ein Dauerbeschuss, der selbst den erfahrensten und hartgesottensten Kriegsberichterstattern an die Substanz gegangen war.

»Er kann dir nicht das Wasser reichen, Fitch, das weißt du doch.« Cunningham schenkte ihr sein berühmtes Grinsen, und sie konnte nicht anders, als es zu erwidern. Ja, sie wusste es selbst. Beide verspürten sie einen ersten Anflug des Adrenalinrauschs, den dieser Job mit sich brachte. Man musste schon verrückt sein, um so wie sie sehenden Auges in ein Kriegsgebiet zu reisen, ja, sich auch noch darauf zu freuen.

Wie viele Einsätze hatten sie jetzt schon gemeinsam hinter sich gebracht? Elf, zwölf? Ganz schön beeindruckend, wenn man bedachte, in welchen Gegenden sie gewesen waren. Und dass dies zu Beginn eine mehr oder weniger zufällige Partnerschaft gewesen war. Aber Homs war der Wendepunkt gewesen, für beide. Sie hatten dort das Schlimmste gesehen, was Menschen einander antun konnten. Lee hatte geglaubt, schon alles erlebt zu haben, dass nichts sie mehr so leicht schockieren konnte. Bis es angefangen hatte, Fassbomben zu regnen. Selbst jetzt noch blieb ihr beim Geräusch eines Hubschraubers, des typischen surrenden Knatterns, fast das Herz stehen.

Und wozu das alles? Wieso taten sie und Cunningham sich das an? Ließen sich die Seele zerreißen, setzten ihr Leben aufs Spiel, wenn es doch nichts änderte? Schlagzeilen waren auch nur Worte, sie genügten nicht. Fotos von verängstigten Kindern und verzweifelten Müttern konnten die Bombardierungen nicht stoppen, die Geschosse fielen weiter vom Himmel. Aber etwas trieb sie immer wieder hierher zurück – gegen ihren Willen, gegen jede Vernunft. Aus dem einfachen Grund, dass sie es tun musste. Denn wenn nicht sie, wer dann? Die Menschheit glaubte nur das, was sie mit eigenen Augen sah. Diese Geschichten mussten erzählt werden. Die Leute hier hatten sonst niemanden. Und sie ebenso wenig.

Cunningham nahm eine Hand vom Steuer und drückte ihren Oberschenkel. »Ich bin froh, dass du wieder da bist, Fitch. Du hast mir gefehlt.«

»Ja, deine hässliche Visage hat mir auch gefehlt, ich geb’s zu. Allerdings wäre es nett gewesen, wenn ich rechtzeitig erfahren hätte, wo du dich derzeit aufhältst. Dann wäre ich nicht hundert Meilen weit entfernt gelandet.« Sie lächelte sarkastisch. »Drei schlaflose Nächte, wer gibt mir die zurück?«

Er grinste und trommelte nervös mit den Fingern aufs Lenkrad. »Ich muss nun mal da hin, wohin mich die Story führt, das weißt du doch.«

»Storys gibt’s hier überall, in diesem Höllenloch. Man kann sich vor Geschichten kaum retten. Jeder in diesem Land hat eine zu erzählen.«

Er zwinkerte ihr zu. »Aber keine wie diese.«

Etwas daran, wie er das sagte, ließ Lee aufhorchen. »O nein!« Sie kannte diesen Ausdruck auf seinem Gesicht. Auch wenn sie ihn im Laufe ihrer Zusammenarbeit nur wenige Male gesehen hatte, wusste sie sofort, was er bedeutete. »Worum geht’s?«

»Hab einen Hinweis gekriegt.«

»Ach nee.« Sie wartete auf mehr. Cunningham war stolz auf seine Kontakte, die sich wie ein Spinnennetz über das ganze Land ausbreiteten und nur sichtbar wurden, wenn ein Windhauch die Fäden erzittern ließ.

»Es gibt da ein kleines Dorf, Khrah Eshek, acht Meilen westlich von hier. Da ist ein Typ, mit dem ich mich treffen will. Mussef. Ich habe seinem Cousin Abbad geholfen, in Rakka …«

Lee musterte ihn – seine tief gebräunte Haut und die Erschöpfung, die sich in seine Züge eingegraben hatte wie der Staub der Landschaft. Merkte er selbst das überhaupt noch? Sie war nur sechs Wochen weg gewesen, doch das hatte ihre Perspektive verändert. Sie sah diesen Ort jetzt mit neuen Augen.

»… geholfen, seine drei Kinder aus dem Haus zu retten, das einen direkten Treffer abbekommen hatte. Sein kleines Töchterchen war unter dem Türrahmen eingeklemmt. Wir haben sie schließlich freibekommen, aber sie hatte sich beide Beine gebrochen.«

Lee zuckte zusammen, sie sah es deutlich vor sich. Wie viele solcher Situationen hatte sie schon fotografieren müssen? Wie viele schwer verletzte kleine Mädchen?

»Wie alt ist sie?«

Er zuckte mit den Schultern, aber sie sah, wie seine Kiefermuskeln sich anspannten. »Etwa sechs?«

»Wird sie wieder laufen können?«

»Das schon. Aber Balletttänzerin wird sie keine mehr, das kannst du dir denken.«

Lee sog scharf die Luft ein und wandte den Blick von ihm ab. In diesem Land tanzte ohnehin niemand mehr. Es wäre ihr grotesk vorgekommen,...

Erscheint lt. Verlag 20.9.2021
Übersetzer Gertrud Wittich
Sprache deutsch
Original-Titel Together by Christmas
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte eBooks • Frauenromane • Frauenromane Neuerscheinungen 2021 • Kleines Geschenk • Liebesromane • Neu Taschenbuch 2021 • Romane für Frauen • romantisch • tatsächlich liebe • Weihnachten • Weihnachtsromane Neuerscheinungen
ISBN-10 3-641-27166-5 / 3641271665
ISBN-13 978-3-641-27166-4 / 9783641271664
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