Hotel Freiheit (eBook)

Spiegel-Bestseller
Sylt-Saga 3 - Roman

(Autor)

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2023 | 1. Auflage
432 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-27682-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Hotel Freiheit -  Gisa Pauly
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Brit, Kari und Alisia: drei Frauen und ihre Lebensträume - der dritte Band der großen Sylt-Saga
Sylt, Gegenwart. Das berühmte Café und Hotel König Augustin wird mittlerweile von Kari geleitet, Brit hat sich aus dem Alltagsgeschäft zurückgezogen. Aber wie soll es weitergehen? Karis Tochter Alisia, die das Geschäft übernehmen soll, hat eine eigene Karriere: Sie ist ein gefragtes Model und erobert unter dem Namen 'La Cappuccina' sämtliche Laufstege. Dann aber ändert sich alles, denn ihr begegnet die große Liebe. Dieser Mann scheint jedoch genau der Falsche zu sein...

Gisa Pauly hat zwanzig Jahre lang als Berufsschullehrerin gearbeitet, ehe sie das Unterrichten an den Nagel hängte und sich ganz dem Schreiben widmete. 1994 erschien ihr erstes Buch »Mir langt's - eine Lehrerin steigt aus!«, darauf folgten zahlreiche Drehbücher und Romane. Mit den Sylt-Krimis über Mamma Carlotta erobert sie Jahr um Jahr die Bestsellerlisten und die Herzen der Leserinnen und Leser. Ihre historische Sylt-Saga rund um das »Fräulein Wunder«, erklomm sofort die Spitze der SPIEGEL-Bestsellerliste und hielt sich dort monatelang. Gisa Pauly zählt zu den erfolgreichsten Autorinnen im deutschsprachigen Raum.

1


März 2020, Hamburg


Sie wusste, dass nun das Spießrutenlaufen begann. Zum Glück war der Portier mit ihr in die Lobby gekommen, um sie bis zum Aufzug zu begleiten. Das war sehr nett von ihm. Alois wusste eben, wie ungern sie sich ansprechen ließ. Musste sie vor vielen Neugierigen einen großen Raum durchschreiten, war sie immer froh, dass sie genau wusste, wie man das machte. Nicht lächeln, den Mund neutral geschlossen halten, den Blick auf einen festen Punkt richten, die Schultern nach hinten ziehen, in kerzengerader Haltung einen Fuß genau vor den anderen setzen und mit großen Schritten gehen, Hüften in klassischer Model-Manier schwingen und im Takt einer Musik laufen, die sonst niemand hörte. Cleopatra kannte das. Die schwarze Katze, die Alisia stets bei sich hatte, blieb ganz ruhig auf ihrem Unterarm liegen, auch wenn sie gerade durch den Hüftschwung so etwas wie eine Schifffahrt auf kabbeliger See erlebte. Die Katze war daran gewöhnt. Ihr Leben war beinahe wie das eines Menschen, genauer gesagt, das einer Frau. Sie liebte und hasste das, was ihr Frauchen liebte und hasste. Dass sie gelegentlich doch mal katzentypische Wünsche durchblicken ließ und sich manchmal sogar weigerte, ähnliche Vorstellungen vom Leben zu haben wie ihre Besitzerin, war die Ausnahme. Cleopatra war ein verwöhntes Weibchen auf vier Beinen, anspruchsvoll und durchaus unverfroren in ihren Erwartungen.

Alois drückte für Alisia auf den Knopf, der den Aufzug ins Erdgeschoss holte, wartete, bis die Türen aufglitten, und verbeugte sich, kurz bevor sie sich wieder schlossen. Cleopatra gab ein gelangweiltes Maunzen von sich.

Als sie aus dem Aufzug traten, war niemand zu sehen. Gott sei Dank. Ihr Zimmer lag am Ende des Flurs, zur Frühstückszeit begegnete sie hier oft einigen Leuten, von denen sie allesamt neugierig gemustert wurde. Sie konnte es nicht leiden! Nicht mehr. Früher war das anders gewesen …

Cleopatra wurde unruhig, als sie an einer Zimmertür vorbeikamen, die leicht geöffnet war. Als wollte die Katze anmerken, dass hier etwas nicht Ordnung war. Unaufmerksamer Hotelgast oder nachlässiger Service, beides für Cleopatra Dinge der Unmöglichkeit. Aber Alisia fand, dass sie das nichts anging, und stoppte erst vor ihrer eigenen Zimmertür. Sie suchte in allen Manteltaschen nach der Schlüsselkarte und fand sie in der Innentasche, die eigentlich für Handys gedacht war. Erleichtert seufzte sie auf, holte die Karte heraus … und erschrak, als die Katze mit einem weiten Satz von ihrem Arm sprang. »Cleo!«

Aber die Katze ließ sich nicht zurückhalten. Mit hoch aufgerichtetem Schwanz lief sie schnurstracks auf die geöffnete Hotelzimmertür zu, drückte den Spalt weiter auf und verschwand.

»Verdammt!« Alisia folgte ihr auf Zehenspitzen und lauschte, als sie in der Nähe der Tür angekommen war. Waren Stimmen zu hören? Verlangte jemand, dass die Katze auf der Stelle das Zimmer verlassen solle? Nein, alles blieb still. Vermutlich war das Zimmer leer. Alisia schlich zur Tür und spähte durch den Spalt. Cleopatra hatte soeben mit einem eleganten Sprung das Fußende des Bettes geentert und sah ihr Frauchen an, als wollte sie sie animieren, sich neben sie zu legen. Alisia konnte zwar das Kopfende des Bettes von der Tür aus nicht erkennen, aber dass dort jemand lag, war unwahrscheinlich. Trotzdem blickte sie sehr vorsichtig um die Ecke, erst dann konnte sie sich sicher sein: Das Bett war leer, vor dem Schrank stand auch niemand, offenbar hatte der Hotelgast sein Zimmer verlassen, ohne die Tür kräftig ins Schloss zu ziehen. Also schnell die Katze schnappen und wieder raus! Hoffentlich bemerkte sie niemand! Vor allem niemand, der sie erkannte.

Da erst sah sie, dass im Badezimmer, dessen Tür ebenfalls einen Spaltbreit geöffnet war, Licht brannte. Jetzt hörte sie etwas, was sich wie ein tiefer Seufzer anhörte. Oder ein Stöhnen? Alisia blieb wie gebannt stehen, drehte sich langsam, sehr langsam nach rechts und beugte den Kopf vor. Sie sah eine Badewanne, darin einen Mann im Smoking, offener Hemdkragen, geschlossene Augen, der in diesem Moment tiefer ins Wasser rutschte. Der Mund verschwand, die Nase, die Augen waren nicht mehr zu sehen, und nun versank auch der Haarschopf des Mannes. Und es blieb still, gespenstisch still. Kein Blubbern, kein Prusten kein Auftauchen.

Alisia ließ die Katze fallen und stürzte ins Badezimmer. »Nein!«

*

Kari Keller hatte noch immer helle Locken und war stolz darauf, dass das Blond nach wie vor echt war und sie nicht beim Friseur dafür sorgen musste, dass ihre Haare noch so aussahen wie früher. Sie war nun über fünfzig und hatte beschlossen, dass das Alter keine Rolle spielte, solange sie sich fit und leistungsfähig fühlte. Und das tat sie. Ihr Mann stöhnte manchmal, wenn sie mit der linken Hand nach dem klingelnden Telefon suchte, mit der rechten etwas von seinem Teller stibitzte und währenddessen mit ihrem Blick dem Kellner ein Zeichen gab. Aber seine Empfehlung, es mal langsamer angehen zu lassen, traf entweder auf taube Ohren oder stieß sogar auf Empörung. Hajo Keller war schon als junger Mann die Ruhe selbst gewesen, und daran hatte sich nichts geändert. Er bewegte sich gemächlich, ihm fiel nie etwas herunter, weil er drei Dinge gleichzeitig erledigte, er geriet auch nie in Stress, weil er sich überfordert fühlte. Wenn drei Anforderungen gleichzeitig an ihn gerichtet wurden, erledigte er sie eine nach der anderen, und das mit geradezu stoischem Gleichmut.

Sie begannen den Tag stets gemeinsam, nicht allzu früh, aber immer mit einem ausgiebigen Frühstück. Das bereitete Kari zu, obwohl es durchaus möglich gewesen wäre, ein Frühstück aus dem Café kommen zu lassen, das sich direkt unter der Wohnung befand. Doch das wollte sie nicht. Der Morgen, der Beginn des Tages, sollte ihr und ihrem Mann ganz allein gehören. Oder der ganzen Familie. Aber ihre Kinder waren mittlerweile erwachsen und begannen ihre Tage meist woanders.

Kari folgte ihrem Mann mit liebevollen Blicken, als er vom Tisch aufstand und die Teekanne aus der Küche holte, die sie vergessen hatte. Hajo war noch immer ein gut aussehender Mann, die grauen Haare standen ihm ausgezeichnet, sein Gesicht war nahezu faltenfrei und seine Figur nach wie vor schlank und drahtig. Er trug immer gut sitzende Anzüge, seine Hemden waren makellos, die Krawatte von einem teuren Designer. Seine dunkle Haut schimmerte wie Ebenholz. Hans-Josef Keller sah immer aus, als hätte er gerade geduscht, auch nach einem anstrengenden Arbeitstag.

Kari war stolz auf ihn, auf seine Ausstrahlung, seinen Charme, auf seine Fähigkeiten und seine emotionale Kraft, mit der er die Arbeit im Café und Hotel König Augustin begonnen hatte, als Karis Mutter ihn darum bat. Ja, er war ein starker Mann, und seine Kraft war im Laufe der Jahre sogar noch gewachsen. Obwohl es für ihn nicht immer leicht war, den Vorurteilen zu begegnen, von denen es auf Sylt selbst im einundzwanzigsten Jahrhundert reichlich gab. Aber die Frage, warum ein Schwarzer einen deutschen Namen trug, beantwortete er entweder mit einem Scherz oder sehr sachlich, je nachdem wie und von wem er gefragt wurde. Dass er in Äthiopien geboren und von deutschen Eltern adoptiert worden war, ging niemanden etwas an. Die rassistischen Bemerkungen parierte er so selbstsicher, dass eine Beleidigung selten wiederholt wurde. Hajo war durch und durch positiv. Er klagte nicht darüber, dass er schief angesehen wurde, ihm etwas verweigert wurde, was andere selbstverständlich erhielten, oder dass er unhöflich behandelt wurde … Er sprach, wenn er überhaupt darüber redete, nur davon, dass alles viel besser geworden sei.

»Als ich vor über dreißig Jahren nach Sylt kam, konnte man mit dunkelhäutigen Menschen noch umgehen, wie man wollte. Niemand hätte einem Schwarzen beigestanden, wenn er aufgrund seiner Hautfarbe Nachteile hinnehmen musste. Heute sind die Menschen viel sensibler. Gestern hat mich jemand gefragt, woher ich komme, und wurde von einem anderen gleich als Rassist beschimpft.« Hajo lachte das ihm eigene leise Lachen. »Ich habe das gar nicht so empfunden. Ich glaube, das war nur jemand, der ehrliches Interesse an mir hatte.«

Kari blätterte die Zeitung auf, wie immer ging sie zuerst auf die Seite »Aus aller Welt«. Dort stieß sie häufig auf Meldungen, die ihre Tochter betrafen. »Wo ist Alisia eigentlich zur Zeit?«, fragte sie, während sie die Titelzeilen absuchte.

»In Hamburg, soviel ich weiß«, antwortete Hajo. »Mike Heiser stellt seine Herbstkollektion vor.«

Kari ließ die Zeitung sinken, ohne eine Meldung gefunden zu haben, die ihre Tochter betraf. Ihr Blick ging an die gegenüberliegende Wand, doch in Wahrheit wanderte er um mehrere Jahrzehnte zurück. »Wenn ich daran denke, wie alles angefangen hat …«

Hajo Keller stand auf, ging zu seiner Frau und küsste sie. »Es war ein weiter und harter Weg«, sagte er leise, »von Alisia Heiser bis zu La Cappuccina

*

Brit Rensing und Arne Augustin kamen vom Strand zurück, erhitzt und mit roten Köpfen. Seit der Winter vorbei war, begannen sie ihre Tage mit Nordic Walking, am liebsten an der Wasserkante entlang, wenn das Wetter es zuließ, ansonsten auf dem hölzernen Steg, der zwischen Strand und Dünen verlief. Brit fragte sich gelegentlich, ob es wirklich gesund war, mit sportlicher Ertüchtigung erst anzufangen, wenn man schon über siebzig war, aber Arne war davon überzeugt, dass es nie zu spät war, etwas für die Fitness zu tun. Wenn Brit andere Feriengäste in ihrem Alter sah, bestätigte sie es, wenn aber junge Leute mühelos an ihr vorbeijoggten, war sie anderer Meinung und drauf und dran, die Walkingstöcke...

Erscheint lt. Verlag 15.3.2023
Reihe/Serie Die Sylt-Saga
Die Sylt-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • 2023 • 50er Jahre • 60er Jahre • Bestseller • Bestsellerautorin • Café • Deutsche Geschichte • Deutschland • Dynastie • eBooks • Familiensaga • Frauen • Frauenromane • Frauenschicksal • Gastronomie • Gefühl • Geschichte • Historische Liebesromane • Historische Romane • Hotel • Kaffeehaus • Liebe • Liebesroman • Liebesromane • Luxus • Mamma Carlotta • Mutter • Neuerscheinung • Romantik • Schicksal • Schwangerschaft • Starke Frauen • Sylt • Tochter • Tragik • Urlaub • Wirtschaftswunder
ISBN-10 3-641-27682-9 / 3641276829
ISBN-13 978-3-641-27682-9 / 9783641276829
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