Die Landärztin - Der Weg ins Ungewisse (eBook)

Roman
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2022 | 1. Auflage
528 Seiten
Blanvalet (Verlag)
978-3-641-27453-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Landärztin - Der Weg ins Ungewisse -  Felicia Otten
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Eine junge Landärztin, ein schwerer Schicksalsschlag und eine ungewisse Zukunft - doch ihre Hoffnung und ihr Mut sind größer als alle Hindernisse.
Dr. Thea Graven hat in der Eifel ein neues Zuhause gefunden, in ihrer Arbeit als Landärztin ihre Erfüllung und - womit sie anfangs niemals gerechnet hätte - auch ihre große Liebe. Doch kurz vor der Hochzeit erkrankt Thea schwer an Kinderlähmung. Sie fürchtet, dass ihre Liebe daran zerbricht. Verzweifelt flüchtet sie sich in eine Reha-Klinik im Allgäu und setzt alles daran, ihr altes Leben zu vergessen. Auch ihr bisher immer so starker Lebensmut scheint nur noch eine schwache Erinnerung. Bis ein weiteres einschneidendes Erlebnis ihre Welt erneut ins Wanken bringt und die junge Ärztin erkennt, dass es Dinge gibt, für die es sich zu kämpfen lohnt. Und dass die Zukunft so vieles für sie bereithält.
Begleiten Sie die junge Landärztin Dr. Thea Graven auf ihrem schicksalhaften Weg, der sie von der Eifel ins idyllische Allgäu führt.

Die »Landärztin«-Reihe:
Band 1: Die Landärztin. Aufbruch in ein neues Leben
Band 2: Die Landärztin. Der Weg ins Ungewisse

Felicia Otten ist das Pseudonym der erfolgreichen Autorin Beate Sauer. Geboren in Aschaffenburg, studierte sie zunächst Philosophie und katholische Theologie in Würzburg und Frankfurt am Main. Nach ihrem Diplom absolvierte sie eine journalistische Ausbildung. Doch dann erkannte sie, dass sie viel lieber Geschichten erzählen wollte. 1999 erschien ihr erster Kriminalroman, diesem folgten zahlreiche weitere Krimis und historische Romane. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in Bonn und zahlreiche Ausflüge in die malerische Eifel haben sie zu ihrer Geschichte um die junge Landärztin Thea Graven inspiriert.

Kapitel 1


Der VW-Käfer kämpfte sich die verschneite Straße hinauf, ehe sich das Dorf Eichenborn unterhalb von Dr. Thea Graven ausbreitete. Sie lenkte den Wagen an den Straßenrand und sog den Anblick in sich ein. Vier Wochen war sie nicht mehr hier gewesen, und es war so schön zurückzukommen! Ja, hier war sie zu Hause. Da, am Ortsrand, standen die ausrangierten Eisenbahnwaggons, in denen Flüchtlingsfamilien provisorisch wohnten. Dort hatte sie im Frühjahr ihrer ersten Patientin, einer jungen Mutter, unter schwierigen Umständen geholfen, ein gesundes Töchterchen zur Welt zu bringen. Diese Geburt würde immer einen besonderen Platz in ihrem Herzen haben.

Etwa in der Mitte des Dorfes lag die Kirche mit dem im Krieg zerstörten Turm. Dahinter erstreckte sich der Friedhof, wo uralte, riesige Eiben zwischen den Gräbern wuchsen. Theas Blick folgte der langen Hauptstraße, gesäumt von Fachwerkhäusern und Bauernhöfen. Am anderen Ende des Ortes, etwas außerhalb am Rand einer großen Wiese, leuchtete das barocke Schlösschen mit seiner ochsenblutroten Fassade inmitten des Schnees hervor. Die benachbarte ehemalige Remise mit dem weit heruntergezogenen Dach beherbergte die Praxis von Dr. Georg Berger, ihrem früheren Chef.

Georg. Theas Gesicht erstrahlte. Georg, Georg … Geliebter, Freund, Gefährte und in wenigen Monaten ihr Ehemann. Während der vergangenen Wochen hatte sie ihn so vermisst!

Sie startete den Wagen wieder und fuhr langsam die Hauptstraße entlang. Einige Dörfler, dick vermummt in Mäntel und Jacken, erkannten den VW-Käfer und winkten ihr zu, und Thea erwiderte lächelnd den Gruß. Als sie im vergangenen Jahr, kurz nach Ostern, die Stelle in Georgs Praxis angetreten hatte, hatten sich die Eichenborner ihr, der protestantischen Ärztin aus der Großstadt Hamburg, gegenüber alles andere als freundlich verhalten. Aber schließlich hatte sie es geschafft, sich ihren Respekt und ja, auch ihre Zuneigung zu erringen, und darüber war sie sehr froh und dankbar.

Am Ende des Ortes bog Thea von der Hauptstraße ab und passierte einige Bauernhöfe. Hühner, die trotz der Kälte draußen herumliefen, stoben hastig davon. Dann hatte sie das Gelände des Schlösschens erreicht. Ein Bach und ein Wassergraben umgaben das barocke Gebäude und seinen verwilderten Garten von allen Seiten. Wie immer strahlte das Schlösschen eine ganz eigene Anmut aus. Vier Türmchen flankierten die Fassade, ein weiteres krönte das Dach. Der Schnee lag wie eine dicke, wärmende Haube darauf. Auch das etwas entfernt gelegene kleine Fachwerkhaus, das während Theas Zeit als Georgs Mitarbeiterin ihr Heim gewesen war, schien an diesem Tag Ende Februar 1951 fast im Schnee zu versinken.

Thea stellte den VW-Käfer in der alten Wellblechgarage ab. Wie schön, dass einige ungestörte Stunden vor ihr und Georg lagen, denn ihr Nachfolger in der Praxis, ein junger Arzt, der vor Kurzem erst das Studium abgeschlossen hatte, würde die Sprechstunde und die Patientenbesuche bis zum späten Abend allein übernehmen.

Voller Vorfreude überquerte sie die Brücke über den Bach und ging die Stufen zum Portal hinauf. Der große Kronleuchter in der Halle war wie immer von einer Staubschicht bedeckt. Aber da und dort brachte die Sonne, die durch die Fenstertüren fiel, die geschliffenen Kristalle zum Funkeln.

»Georg!«, rief Thea. Als keine Reaktion erfolgte, lief sie in die riesige ehemalige Küche. Auf dem wuchtigen Eichentisch hatten Georg und sie einmal mitten in der Nacht eine Operation durchgeführt. In der angrenzenden Spülküche, die nun als Küche diente, stand ein dickwandiger Topf auf der elektrischen Kochplatte. Ihm entstieg ein wunderbarer Duft. Aber Georg war nicht da. Und auch nicht im Wohnzimmer, wo ein behagliches Feuer im Kamin brannte. Nun, sie war etwa eine Stunde früher angekommen als erwartet. Und sie ahnte, wo sie den geliebten Mann finden würde.

Wieder draußen stapfte Thea durch den Schnee in Richtung der Felder und Wiesen. Dahinter erstreckte sich das riesige Moorgebiet des Hohen Venn. Ein Raubvogel schraubte sich hoch in den klaren Himmel. Auf Anhieb hatte sie sich damals in die wilde, urtümliche Landschaft verliebt. Ganz im Gegensatz zu Georg. Ihn hatte sie am Anfang überhaupt nicht leiden können.

Wieder breitete sich ein Lächeln auf Theas Gesicht aus. Sie hatte die Stelle in der Praxis von Dr. Georg Berger aus purer Verzweiflung angetreten und nicht, weil sie ihren Chef irgendwie sympathisch gefunden hätte. Kurz vorher hatte sie ihre Stelle als Assistenzärztin an der Hamburger Universitätsklinik verloren, da sie ihren Chefarzt wegen eines Kunstfehlers mit tödlichem Ausgang angezeigt hatte. Alle ihre Bewerbungen waren vergeblich gewesen. Nicht nur ihr Traum, Fachärztin für Gynäkologie zu werden, schien beendet zu sein. Mit dreißig Jahren hatte sie auch befürchten müssen, niemals mehr Arbeit als Ärztin zu finden. Zu Besuch bei ihren beiden Schwestern in Monschau hatte sie ganz zufällig Georgs Stellenanzeige in der Zeitung gelesen, mit der er einen Mitarbeiter suchte.

Anfangs hatte sie ihren neuen Chef für einen arroganten Rüpel gehalten, der sie und die Patienten gleichermaßen unfreundlich behandelte. Erst allmählich hatte sie entdeckt, dass sich hinter seiner schroffen und zynischen Schale ein sehr großherziger, mutiger und empfindsamer Mann verbarg.

Und schließlich, fast unmerklich, war es geschehen, und sie hatte sich tief in Georg verliebt – und er sich in sie. Der Krieg hatte sie beide gelehrt, wie schnell ein Leben enden konnte. Deshalb hatten sie sich sehr rasch verlobt. Anfang August würden sie heiraten, nach Theas bestandener Prüfung zur Fachärztin für Gynäkologie – denn durch eine glückliche Wendung des Schicksals konnte sie ihre Ausbildung an der Marburger Universitätsklinik doch noch abschließen.

Thea berührte ihren Finger, wo sie unter dem dicken Wollhandschuh ihren Verlobungsring trug. Sie und Georg würden zusammen leben und zusammen arbeiten, Kinder miteinander haben … Manchmal erschien es ihr immer noch wie ein Wunder, wie sich dies alles gefügt hatte. Und hin und wieder erfasste sie auch eine jähe Angst, dass alles einfach zu schön war und es unmöglich ewig andauern konnte.

Sie hatte jetzt ihr ehemaliges kleines Häuschen erreicht, wo der Schnee an der Wetterseite fast bis an die Dachrinne hinaufreichte und eine dicke Schicht von Eiskristallen die Rosenranken an den Fachwerkwänden überzog, und folgte weiter dem Weg. Jenseits der Felder und Wiesen sah sie das Moor, eine schimmernde, weiße Fläche, und hinter einigen Büschen tauchte jetzt die Koppel auf. Ja, sie hatte richtig vermutet. Georg war dort. Er führte gerade die beiden Pferde aus dem Stall. Ihr Fell war sehr dick und zottelig, und ihr Atem bildete weiße Wolken in der Luft. Die Stute wieherte jetzt laut, irgendetwas hatte sie erschreckt, und Georg strich ihr über den Hals und redete beruhigend auf sie ein.

Thea trat an das Gatter. Ihr Herz klopfte schneller. Jedes Detail nahm sie in sich auf. Georgs dunkles Haar, das ihm in die Stirn fiel, sein kräftiges Kinn, die markanten Wangenknochen, den ausdrucksvollen Mund und die leuchtend blauen Augen. Seine Miene war ganz entspannt, wie immer, wenn er bei den Pferden war. Tatsächlich hatte sie seine weiche, empfindsame Seite zum ersten Mal im Umgang mit Kindern und den Pferden entdeckt.

Mein Geliebter …

Als hätte er ihren Gedanken gehört, sah Georg nun auf und zu ihr. Sein Gesicht spiegelte Überraschung, nur um sogleich aufzuleuchten. Einige Momente blickten sie sich lächelnd an. Dann öffnete Thea das Gatter, und sie liefen aufeinander zu, fielen sich in die Arme und küssten sich innig. Erst nach einer ganzen Weile lösten sie sich voneinander.

»Es tut mir leid, dass ich nicht im Schlösschen war, als du angekommen bist«, murmelte Georg. »Ich habe erst später mit dir gerechnet.«

»Ausnahmsweise konnte ich meinen Dienst auf der Station einmal pünktlich beenden. Und die Straßen waren frei, ich kam gut durch.«

Georg streichelte ihre Wange. Sein Blick war sehr zärtlich. »Manchmal denke ich, es war ein Fehler, dich darin zu unterstützen, deine Ausbildung als Fachärztin abzuschließen, weil wir uns deshalb ja meistens nur alle vier Wochen einmal sehen.«

»Denk immer daran, dass keine Landarztpraxis hier in der Gegend eine Gynäkologin vorweisen kann.« Thea boxte ihn spielerisch in die Seite.

»Ja, so gesehen ist das ein Vorteil. Aber hast du mich denn gar nicht vermisst?«

»Was denkst du denn? Natürlich kein bisschen …« Aber Theas weiche Stimme und ihre strahlenden Augen straften ihre Worte Lügen. Ach, es war so schön, wieder bei Georg zu sein!

Eine Weile später fuhr sich Thea im Badezimmer des Schlösschens mit einer Bürste durch ihr modisch kurz geschnittenes, lockiges Haar. Vor dem Essen hatte sie den dicken Wollpullover und die Hose gegen einen weiten Rock, eine Bluse und eine kurze Strickjacke ausgetauscht. Früher hatte sie ihre Weiblichkeit so gut es ging versteckt – nicht wenige männliche Kollegen standen Ärztinnen immer noch ablehnend gegenüber. Deshalb hatte sie stets eine dicke schwarze Hornbrille getragen und ihre Haare zu einem strengen Knoten zurückgebunden.

Doch wie so vieles in ihrem Leben hatte sich auch das seit ihrer Ankunft in Eichenborn verändert, und sie hatte keine Scheu mehr, sich als Frau zu zeigen. Die Hornbrille war einer mit schmetterlingsförmigen Gläsern und einer gold-braun gesprenkelten Fassung gewichen. Was, wie Thea zufrieden fand, ihre Augen zum Leuchten brachte. Im Allgemeinen war sie nicht eitel. Aber an diesem besonderen Nachmittag,...

Erscheint lt. Verlag 16.5.2022
Reihe/Serie Die Landärztin-Reihe
Die Landärztin-Reihe
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 1950er • 2022 • Allgäu • Arztroman • Charité • Die Wunderfrauen • eBooks • Eifel • Eva Völler • Familiensaga • Frauenromane • Große Gefühle • Helene Sommerfeld • Historische Liebesromane • Historische Romane • historische Romane Neuerscheinung • Hohes Venn • kleine geschenke für frauen • Liebesgeschichte • Liebesromane • Monschau • Nachkriegszeit • Neuerscheinung • Saga • starke Heldin • Taschenbuch Neuerscheinung 2022
ISBN-10 3-641-27453-2 / 3641274532
ISBN-13 978-3-641-27453-5 / 9783641274535
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