Das Haus Morell - Glanz und Sünde (eBook)

Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021
1072 Seiten
Goldmann Verlag
978-3-641-26170-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Haus Morell - Glanz und Sünde - Penny Vincenzi
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London 1985: Als Sir Julian Morell stirbt - legendärer Gründer des luxuriösen Kosmetikimperiums »Morell's« -, versammelt sich die ganze Familie zur Testamentseröffnung. Allen voran Julians junge, ehrgeizige Tochter Roz und seine zweite Ehefrau, die schöne, ambitionierte Phaedria. Jede der beiden hofft, das Unternehmen künftig zu führen. Doch die Testamentsverlesung endet im Eklat: Julian hat einen bedeutenden Teil des Geschäfts einem völlig Fremden vermacht. Sein Erbe ist mit einer großen Geschichte voller Glanz und Glamour, aber auch Macht und dunklen Geheimnissen verbunden, die ihren Anfang in den Vierzigerjahren nimmt ...

Penny Vincenzi (1939 - 2018) zählt zu Großbritanniens erfolgreichsten und beliebtesten Autorinnen. 1989 erschien ihr erster von insgesamt 20 Romanen, die sich weltweit über 4 Millionen Mal verkauften. Sie gilt als »Königin des modernen Blockbusters« (Glamour).

PROLOG


London, Mai 1985


Rosamund Emerson betrachtete ihre Stiefmutter und die Geliebte ihres Vaters auf der anderen Seite des Raums und gelangte zu dem Schluss, dass er keine der beiden geliebt haben konnte – nicht nur, weil er ihnen das alles zumutete, sondern weil er darauf bestanden hatte, sie unter diesen Umständen zusammenzuführen. Der Gedanke hatte etwas Tröstliches.

Einen Moment lang wog es fast ihre Trauer um ihren Vater auf, sich am Anblick dieser beiden Frauen weiden zu können. Und an deren Unbehagen, weil sie gezwungen waren, sich in ein und demselben Raum aufhalten und wie zivilisierte Menschen benehmen zu müssen.

Die zwei Frauen saßen zu beiden Seiten des klobigen Marmorkamins in einem Sitzungsraum der Anwaltskanzlei im Lincoln’s Inn, stumm und stocksteif und ohne sich eines Blickes zu würdigen. Camilla rutschte gelegentlich auf ihrem Stuhl herum und blätterte in einer Zeitschrift, während Phaedria abwesend ins Kaminfeuer starrte.

Diese personifizierte Trauer, die sie zur Schau stellte, war die letzte der Rollen, in denen man sie in den vergangenen zweieinhalb Jahren hatte erleben dürfen – von der Kinderbraut zur betrogenen Ehefrau über den Umweg der öffentlichen Kultfigur. Dies hier war ihr erbärmlichster Auftritt, dachte Roz, aber sie zog ihn brillant durch wie alle ihre Rollen. Herr im Himmel, warum hatte ihr Vater das nicht durchschaut? Sie seufzte, da ihr eigener Kummer wieder hochstieg, schlimmer als zuvor. Der Schmerz ließ sie gereizt und ungeduldig werden. Was zum Teufel war hier los? Warum tat sich nichts? Warum bemühte sie sich um Pünktlichkeit, während die halbe Familie – na ja, ein gutes Drittel wenigstens – immer noch nicht eingetroffen war? Und wo war Henry Winterbourne? Er war so hoffnungslos langsam. Winterbourne & Winterbourne betreute die Familie seit 1847 in rechtlichen Angelegenheiten – seit der alte Sir Gerald Winterbourne seinem Freund Marcus Morell im Ausgleich für Spielschulden seine Dienste angeboten hatte –, und niemand schien sich daran zu stören, dass er sein Amt noch wie zu Regierungszeiten Queen Victorias versah, als wolle er den Zusammenhang zwischen Zeit und Geld nicht begreifen. Nun, Roz würde das nicht länger hinnehmen und sich einen eigenen Anwalt suchen, einen jungen, ehrgeizigen, der auch über technische Errungenschaften wie Computer und Faxgerät verfügte. Bei Henry war es schon eine Überraschung, wenn man ihn mal telefonieren sah.

Sie trat an das große georgianische Fenster und schaute auf den von der Sonne des späten Frühlings überfluteten Innenhof von Lincoln’s Inn hinab. Vielleicht würde das Treiben der Menschen sie ablenken. Aber es war alles belanglos: Gerichtsanwälte schritten in Roben und Perücken einher, die Papiere unterm Arm mit rosa Bändern zusammengehalten (ausgerechnet in Rosa, was für eine frivole, unangemessene Farbe). Anwälte in formellen Anzügen hetzten in demonstrativer Eile über den Platz. Zwei offenbar steinalte Richter steckten die Köpfe zusammen, in ein ernstes Gespräch vertieft. Alles Menschen mit einem wunderbar geradlinigen Lebensweg, während ihr eigenes Leben ein chaotischer Albtraum war. Und es war nicht ausgeschlossen, dass es noch chaotischer und albtraumhafter werden würde. Sie drehte sich wieder um und schaute in den Raum. Ihr Ehemann stand hilflos im Türrahmen, bemühte sich aber, beschäftigt zu wirken.

»C. J.«, sagte sie, »würdest du mir etwas zu trinken besorgen? Aber keinen Kaffee, sondern etwas Starkes. Und wenn du schon dabei bist, könntest du Jane fragen, warum man uns hier schmoren lässt? Um halb drei habe ich einen Termin, ich kann nicht den ganzen Tag hier herumsitzen. Wenn du mich fragst, ist es eine Schande, was Henry uns zumutet. Und was ist mit den anderen? Haben sie sich im Datum geirrt, oder was? Mir will einfach nicht in den Kopf, warum es in dieser Familie niemandem möglich ist, sich mal nicht um Stunden zu verspäten.«

C. J. Emerson, getauft auf den Namen Christopher John, aber in guter amerikanischer Tradition nur bei seinen Initialen gerufen, drehte sich gehorsam um. Im nächsten Moment wäre er fast mit Jane Gould zusammengestoßen, Henry Winterbournes Sekretärin, die mit einem Arm voller Akten eintrat.

»O Jane«, begann er zaghaft. »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie belästige, Sie sind ja offenbar beschäftigt. Aber hätten Sie zufällig etwas Stärkeres als Kaffee? Meine Frau ist hochgradig angespannt, und ich habe das Gefühl, dass wir alle etwas gebrauchen könnten, das die Stimmung etwas löst.«

Jane Gould betrachtete ihn mitleidig. Selten hatte sie einen elenderen Menschen gesehen; er wirkte wie ein geprügelter Hund. Sie war nicht die Einzige, die sich fragte, wie C. J. an eine Frau wie Roz geraten sein konnte. Er war so höflich und charmant und sah mit seinen braunen Augen, den Sommersprossen und dem widerspenstigen Haar auch außerordentlich gut aus.

»Nun«, sagte sie, wobei ihr üblicher Ärger, wenn sie von Mandanten wie eine Kellnerin behandelt wurde, durch ihr Mitgefühl gemildert wurde, »wir hätten Sherry. Wäre das in Ordnung? Etwas Stärkeres haben wir nicht, tut mir leid.«

»Natürlich«, sagte C. J., der ihr unter keinen Umständen Mühe bereiten wollte, »Sherry ist sicher wunderbar. Vielen herzlichen Dank. Ach so, Jane …«

»Ja, Mr Emerson?«

»Haben Sie eine Ahnung, wieso es zu dieser Verspätung kommt? Wird Henry noch lange auf sich warten lassen? Er hatte doch elf gesagt, und es ist gar nicht seine Art, so unpünktlich zu sein.«

Sofort wurde Janes Miene leer, weil sie ihrem Chef nicht in den Rücken fallen wollte. »Tut mir leid«, antwortete sie, »ich habe keine Ahnung, was Mr Winterbourne aufhalten mag. Aber ich bin mir sicher, dass er so schnell wie möglich kommt.«

Roz trat neben C. J. »Jane, meine Liebe, damit lasse ich mich nicht abspeisen«, sagte sie. »Gehen Sie und suchen Sie ihn. Teilen Sie ihm mit, dass es endlich losgehen muss. Wir sind alle … na ja, fast alle«, fügte sie mit einem vernichtenden Blick in Phaedrias Richtung hinzu, »vielbeschäftigte Leute. Wir können es uns nicht leisten, stundenlang hier herumzuhocken, nur weil Henry die Sache nicht richtig vorbereitet hat. Gibt es Nachrichten von meiner Mutter und Lord Garrylaig? Oder von Mrs Brookes? Ich nehme an, sie stecken im Verkehr fest, was?«

»Entschuldigung, Mrs Emerson«, erwiderte Jane ruhig, »aber Sie warten noch nicht stundenlang, sondern zwanzig Minuten. Falls es Sie ein wenig beruhigt: Mr Winterbourne telefoniert mit New York. Er wird sicher gleich kommen. Und in der Tat wollte ich Ihnen soeben mitteilen, dass Mrs Brookes aus ihrem Wagen angerufen hat: Sie steckt am Themse-Ufer fest. Von Ihrer Mutter habe ich nichts gehört, tut mir leid, aber da dürfte es sich ähnlich verhalten. Und jetzt hole ich Ihnen erst einmal Ihren Drink. Nimmt Lady Morell auch einen Sherry, was meinen Sie? Und Miss North?«

»Was die beiden wünschen, kann ich Ihnen unmöglich sagen«, antwortete Roz kühl. »Ich schlage vor, Sie fragen sie selbst. Lady Morell nimmt alles, was sie kriegen kann, würde ich behaupten. So kennt man sie jedenfalls.«

C. J. warf ihr einen nervösen Blick zu. Roz trug ein schwarzes Kreppkleid von Jean Muir, das ihren schlanken Körper umschmeichelte; ihre langen Beine steckten in schwarzen Seidenstrümpfen. Sie trug keinerlei Schmuck, und ihr schwarzes Haar war sehr kurz geschnitten, ein dramatischer, fast strenger Anblick. Schön war Roz nicht und hübsch erst recht nicht, sehr zu ihrem Leidwesen, und doch war sie eine überwältigende Erscheinung. Die Leute drehten sich nach ihr um, mit ihrer weißen Haut, den tiefgrünen Augen, dem vollen Mund und der geraden, ziemlich großen Nase. Die Männer mochten Roz: Sie war witzig, direkt und scharfsinnig. Und äußerst sexy.

»Roz«, sagte C. J., der viel Lebenszeit darauf verschwendete, sich zu wünschen, sie möge weniger direkt sein – während er von ihrem Witz und Sexappeal kaum profitierte. »Bitte sag jetzt nicht lauter Dinge, die wir später bereuen könnten.«

»C. J.«, erklärte Roz mit grausamer Ruhe, »ich sage, was ich will, und habe keinerlei Absicht, irgendetwas zu bereuen. Der Anblick, wie Phaedria wie eine tragische Königin dahockt, ist für mich nur schwer erträglich. Es liegt doch auf der Hand, dass sie nun bekommt, was sie wollte, als sie meinen Vater geheiratet hat. Meine einzige Hoffnung besteht darin, dass sie ein paar unangenehme Überraschungen erleidet, wenn das Testament verlesen wird. Sicher wird sie nicht obdach- und mittellos dastehen – leider, wenn man mich fragt –, aber vielleicht bekommt sie nicht ganz so viel, wie sie es offenkundig erwartet. Was Camilla North betrifft, kann ich nicht wirklich … O Jane, wie reizend, aber Sherry kann ich absolut nicht ausstehen. Haben Sie denn nichts anderes?«

»Nein, tut mir leid«, sagte Jane, der eine gewisse Verärgerung nun doch anzuhören war. »Wir führen ja keine Bar. Ich kann Ihnen natürlich noch einen Kaffee bringen.«

»Ach, vergessen Sie es einfach.« Roz wandte sich ab.

»Ich nehme den Sherry, Jane«, sagte C. J. schnell und verkniff sich die Frage, ob sie nicht zufällig doch einen Bourbon habe. »Das ist sehr nett von Ihnen. Soll ich die anderen fragen, was sie gern hätten? Dann müssen Sie sich nicht die Mühe machen.«

»Ja, vielen Dank, Mr Emerson«, antwortete Jane Gould, »das wäre sehr freundlich. Ich werde inzwischen schauen, ob ich Mr Winterbourne etwas zur Eile antreiben kann.«

C. J. kehrte in den Besprechungsraum zurück und ging zum Kamin. »Phaedria, darf ich dir etwas zu trinken besorgen? Einen Sherry...

Erscheint lt. Verlag 15.11.2021
Übersetzer Claudia Franz
Sprache deutsch
Original-Titel Old Sins
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte bestseller frauen • eBooks • Erbin • Familienroman • Familiensaga • Frauenromane • Geschenk Weihnachtsgeschenk • Liebesromane • London • New York • Romane für Frauen • Roman Neuerscheinung 2021 • Taschenbuch neu 2021
ISBN-10 3-641-26170-8 / 3641261708
ISBN-13 978-3-641-26170-2 / 9783641261702
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