Zeiten des Wandels (eBook)

Die Mallorca-Saga - Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
560 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-27171-8 (ISBN)

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Zeiten des Wandels -  Carmen Bellmonte
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Die bewegende Geschichte einer Familie im Wandel der Zeiten
Mallorca, 1913: Die Familie Delgado führt ein kleines Weingut am Fuße des idyllischen Tramuntana-Gebirges. Doch als die Konkurrenz auf dem Festland immer stärker wird, bricht die Weinwirtschaft auf der Insel ein. Die Kinder der Delgados müssen rasch handeln, um das elterliche Gut vor dem Ruin zu bewahren: Antonia und ihr Verlobter Mateo gehen nach Kuba, wo sie die Familie mit einem neuen Weingut unterstützen wollen. Carla sucht sich Arbeit auf der heimatlichen Insel. Leo schlägt seinen ganz eigenen, nicht immer legalen Weg ein, der ihn zunehmend von seiner Familie wegführt. Werden die Delgados die Krise überstehen? Und zu welchem Preis?

»Man fiebert bis zur letzten Seite mit.« - Marie Lamballe

Hinter Carmen Bellmonte stehen die Autorinnen Elke Becker und Ute Köhler. Zusammen bringen sie 35 Jahre Inselerfahrung auf Mallorca mit. Die beiden sind seit über zehn Jahren befreundet, lieben das Reisen und guten Wein und schreiben beide Bücher, die auf ihrer paradiesischen Balearischen Insel spielen. So lag es nahe, sich zusammenzutun und all ihre Vorlieben in einer großen epischen Geschichte zu vereinen.

1

Mallorca, September 1913

Mit der beginnenden Abenddämmerung versammelte sich das ganze Dorf auf dem Kirchplatz. Die sandsteinfarbene Kirche von Sencelles lag unmittelbar neben dem Rathaus. Unter den Schatten spendenden Platanen standen Tische und Bänke.

Das ganze Dorf war an diesem besonderen Tag auf den Beinen. Die Familie Delgado wartete, wie alle Dorfbewohner, auf den Einbruch der Dunkelheit.

Endlich ging die Dämmerung in nachtblaue Finsternis über.

Der Bürgermeister stellte sich neben die Statue, die das Kirchenportal zierte, und hob die Hände. »Liebe Dorfbewohner, es erfüllt mich mit großem Stolz, unser Dorf in ein neues Zeitalter zu führen. Aber sehen Sie selbst.« Er gab ein Zeichen an seinen Mitarbeiter, der im ersten Geschoss des Rathauses aus dem Fenster sah.

Ein Raunen ging durch die Menge, als zum ersten Mal die Straßenbeleuchtung aufflammte. »Ab heute kommen Sie ohne Petroleumlampe auch nachts immer gut nach Hause.«

Die Menschen standen von den Bänken auf, um die neue Beleuchtung ausgiebig zu bestaunen.

Antonia lehnte sich an Mateo. »Sieht es nicht zauberhaft aus?«

Wie diese elektrischen Lampen zarte Schatten an die Hauswände warfen und die Gassen dennoch hell ausleuchteten, beeindruckte sie.

»Schon, aber jetzt kann man sich gar nicht mehr im Schutz der Dunkelheit küssen«, flüsterte Mateo ihr ins Ohr. »Aber bald brauchen wir das auch nicht mehr.«

Antonia durchfuhr ein wohliger Schauer. Würde Mateo an diesem Tag tatsächlich mit ihrem Vater sprechen?

Hoffentlich machte er nicht im letzten Moment einen Rückzieher. Ihr Vater konnte sehr einschüchternd wirken. Es bedurfte schon Mut, Juan Delgado auf einem öffentlichen Fest um die Hand der ältesten Tochter zu bitten.

Aber Mateo war mutig. Und genau das liebte sie so sehr an ihm.

Nach einem kräftigen Applaus setzten sich die Dorfbewohner wieder auf die aufgestellten Holzbänke, um zu teilen, was jeder an Essen und Trinken mitgebracht hatte. Antonia liebte diese Tradition bei Festen, und sie wusste, ihr Vater würde bestimmt schon nach ihr suchen.

»Bist du bereit?«

Mateo sah sie nervös an. »Habe ich eine Wahl?«

»Nein.«

Schon sah sie ihren Vater die Bankreihen entlanggehen. Er war auf der Suche nach ihr. Seine Gesichtszüge entspannten sich, als er Antonia erblickte. Er winkte ihnen, und gemeinsam gingen sie zum Rest der Familie.

»Mach mal ein bisschen Platz«, forderte ihre Mutter Carla auf, rutschte selbst ein Stück von ihrem Mann weg und zog Antonias jüngere Schwester mit sich.

Antonia sah dankbar zu ihrer Mutter. Nun galt es, mit Vater zu sprechen.

Doch das war Mateos Aufgabe.

Sie setzten sich in die Lücke, und Vater schenkte beiden einen Becher Wein ein.

Eine Musikgruppe spielte zum traditionellen Tanz. »Komm, Diego, tanz mit mir!«, forderte Antonia ihren ältesten Bruder auf, damit Mateo ungestört mit ihrem Vater war. Das war die Aufgabe ihres künftigen Mannes. Sie wusste genau, wie schwer es ihrem Vater fiel, sie gehen zu lassen. Schon immer hatte sie um jede kleine Freiheit kämpfen müssen. Ihr Vater behielt lieber ein Auge auf alles. Selbst, wenn sie sich mit ihrer besten Freundin auf dem Dorffest treffen wollte.

Leider war die mit ihrem frisch angetrauten Ehemann nach Valencia gezogen. Auf Mallorca gab es nur in Palma Arbeit oder auf dem eigenen Land. Und das eigene Land brachte auch nicht viel ein.

Nicht mehr. Zumindest was ihren eigenen Weinberg betraf. Antonias Vater wirkte mit jeder Woche erschöpfter, die Reblaus war in Frankreich und Deutschland besiegt. Mallorca als Ersatzlieferant für den zuvor am Boden liegenden Weinanbau in Europa war nicht mehr gefragt. Die mallorquinischen Trauben verloren unaufhörlich an Wert. Wenn kein Wunder geschah, kamen harte Zeiten auf ihre Familie zu.

Wie gut, dass Mateo eine Arbeitsstelle als Buchhalter in Palma hatte. Eine gut bezahlte Arbeit in einer soliden Firma. Antonias Zukunft lag sicher vor ihr. Er würde problemlos eine Familie ernähren können, und sie selbst würde weiterhin auf dem Feld helfen, sobald die Ernte eingebracht werden musste.

Bevor sie mit ihrem Bruder Diego auf die hölzerne Tanzbühne ging, hörte sie noch, wie Mateo sagte: »Juan, ich weiß, hier ist vielleicht nicht der richtige Ort, doch ich muss mit dir reden.«

Ihr Vater sah zu Antonia, ahnte wohl, was kommen würde, und trank einen großen Schluck Wein, bevor er seinen Nacken rieb. »Nun?«, forderte er Mateo auf.

Antonia sah nervös zu den beiden Männern. Mateo schenkte ihrem Vater Wein nach, nachdem der seinen Becher geleert hatte.

Auf der Tanzbühne trat sie ihrem Bruder auf den Fuß. »Entschuldigung. Aber ich platze fast vor Neugierde. Was, wenn er Nein sagt?«

»Dann heiratest du ihn trotzdem.« Diego lachte. »Du und Vater, ihr habt den gleichen Dickkopf.«

Antonia konnte nicht anders und lachte mit. Denn da lag Diego richtig. Sie wollte und würde Mateo heiraten.

In dem Moment hob ihr Vater seinen Becher und stieß mit Mateo an. Nur mit Mühe unterdrückte Antonia einen Freudenschrei. Er hatte seinen Segen zur Hochzeit gegeben.

»Siehst du, er ist einverstanden.« Diego wirbelte sie um die eigene Achse. »Nun muss er nur noch meinen Plänen zustimmen.«

»Ach, Diego, er wünscht sich doch so sehr, dass du später mal die Weinfelder übernimmst. Wer sollte es denn sonst tun?« Antonia wusste um den Wunsch ihres Bruders, Fischer zu werden, doch würde ihr Vater in diesem Fall niemals nachgeben.

»Bis dahin vergeht hoffentlich noch viel Zeit, und so lange ist Vater derjenige, der verantwortlich ist. Außerdem wird auch Leo größer, und er ist schon jetzt jede Minute glücklich, die er helfen kann.«

Vielleicht hatte Diego recht, und ihr Bruder Leo würde einmal alles übernehmen. Dann würde Vater zwar nicht begeistert zustimmen, aber er könnte Diego gehen und ihn seine Träume verwirklichen lassen.

»Komm, lass uns zum Tisch zurückgehen«, bat Antonia. Sie konnte es kaum erwarten, wieder neben Mateo zu sitzen und unter dem Tisch verstohlen seine Hand zu halten. Endlich würden sie heiraten!

Den Abend über war Antonias Vater stiller als gewöhnlich, was sie auf dem Nachhauseweg etwas beunruhigte.

Kaum hatten sie das Haus betreten, machte er sich Luft: »María, du hast es gewusst!« Er zog seine Jacke aus und hängte sie an den Haken. Dann stieß er die Schuhe von sich und schlüpfte in seine Hauspantinen. Grummelnd schlurfte er in die Küche. »Meine Frau hat Geheimnisse vor mir. Ist denn das zu glauben?«

Mutter holte tief Luft, bevor sie sich umdrehte. »Ihr geht jetzt ins Bett, es ist spät geworden.« Sie gab jedem einen Kuss auf die Stirn. »Schlaft gut.«

Antonia hängte die Jacken ihrer Geschwister auf, und während alle in die Schlafzimmer stürmten, löschte sie die Laterne im Eingangsbereich und verharrte vor der angelehnten Küchentür. Durch einen Spalt sah sie den Tisch. Sie musste wissen, ob ihr Vater seinen Segen aus vollem Herzen gab oder er nur einen Streit auf dem Fest hatte vermeiden wollen.

Die flackernde Kerze auf dem Tisch ließ Schatten über das Gesicht ihres Vaters tanzen, als Antonias Mutter sich zu ihm an den Tisch setzte.

»Sag, Juan, was ist daran so schlimm?«

»Du bist meine Frau. Wie kannst du mir so etwas nicht sagen?« Er schüttelte den Kopf. »Wie stehe ich denn da?«

Mutter stand auf und goss sich Wasser in ein Glas. »Möchtest du auch eines?«

Vater schüttelte erneut den Kopf, und die Kerze flackerte noch mehr. »Ich bevorzuge Wein.«

Zögernd trat Mutter an den Tisch.

Es ging also darum, dass sie sich zuerst an ihre Mutter gewandt hatten, bevor Mateo bei ihrem Vater um ihre Hand angehalten hatte. Für so empfindsam hätte Antonia ihren Vater gar nicht gehalten. Er wirkte immer so gefasst und aufgeräumt.

»Irgendwann müssen die Kinder gehen. Das ist der Lauf des Lebens.« Ihre Mutter setzte sich ihm gegenüber und trank einen Schluck Wasser.

»Wo ist der Wein?«, fragte Juan.

»Da, wo er immer steht.« Offenbar glaubte Mutter, er habe dem Wein genug zugesprochen. Vielleicht wollte sie aber auch nur Vaters Einsicht erlangen, dass nicht alles nur nach seinen Vorstellungen geschehen konnte.

»Also muss ich ihn mir selbst holen?« Er starrte ihre Mutter an.

Antonia hörte ein Stuhlrücken. Besser, sie zog sich zurück, bevor sie beim Lauschen entdeckt wurde. Es gehörte sich nicht, und ihre Eltern wären enttäuscht von ihr.

»Du hast mich hintergangen, María.«

Antonia war kurz davor, doch noch in die Küche zu gehen und ihrer Mutter zur Seite zu stehen.

»Ich habe die Kinder nicht darum gebeten, zuerst mit mir zu reden. Du bist manchmal zu hart. Also finde dich damit ab, dass es nun einmal so geschehen ist.«

»Aber du hättest es mir sagen müssen, dann …«

»Dann was?«, unterbrach sie ihn. »Mateo ist es wegen deines weithin bekannten Starrsinns so schon schwergefallen. Wie hätte es wohl auf ihn gewirkt, wenn du nicht mehr überrascht gewesen wärst? Sollte ich das Vertrauen der beiden zu mir enttäuschen?«

»Nein, du hast ja recht. Bringst du nun dem sturen Esel noch einen Schluck Wein?«

Endlich lenkte er ein. Antonia schlich sich auf Zehenspitzen die Treppenstufen hinauf ins Zimmer.

Ihre Schwester saß aufrecht im Bett. »Wo warst du noch?«

»Das geht dich gar nichts an.« Antonia schlüpfte aus ihrem Kleid und goss Wasser aus dem Krug in die Waschschale. »Hast...

Erscheint lt. Verlag 8.2.2022
Reihe/Serie Die Mallorca-Saga
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2022 • Anne Jacobs • Buchempfehlung für Frauen • Das Gutshaus • eBooks • Erster Weltkrieg • Familiengeheimnis • Familiensaga • Frauenromane • Große Gefühle • Historische Romane • Kuba • Lesetipps zum Verschenken • Liebesromane • Mallorca • Marie Lacrosse • Marie Lamballe • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2022 • Spanien • Spanische Grippe • Weingut
ISBN-10 3-641-27171-1 / 3641271711
ISBN-13 978-3-641-27171-8 / 9783641271718
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