Der Obstpflücker (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
158 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7526-6752-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Obstpflücker -  Bea Eschen
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Sebastian hat es satt, sich von seinen Eltern und Freunden unverstanden zu fühlen. Er ist schwul und es drängt ihn, aus seinem Alltag auszubrechen und die Welt in einem neuen Licht zu erleben. Eine Chance bietet sich ihm, als Obstpflücker in Australien zu arbeiten. Sofort macht er sich auf eine abenteuerliche Reise, während der er Australien in allen seinen Facetten kennenlernt; vom australischen Gerichtssystem bis in die Tiefe der spirituellen Welt der Aborigines.

Bea wurde 1964 in Deutschland geboren und ist in Freudenberg mit ihren drei Geschwistern aufgewachsen. Als junger Mensch wanderte sie aus Deutschland aus. Die nächsten Jahrzehnte verbrachte sie auf drei verschiedenen Kontinenten, Süd-Afrika, Neuseeland und Australien. Bea erfreut sich derzeit daran, ihre Lebenserinnerungen in fiktionale Geschichten einzubauen.

1

LIEBE MAGDA


Ja, er fühlte sich sehr einsam und ausgeschlossen. Auch Magda sah ihn mit ihren eindringenden Augen an, zeigte jedoch Verständnis. Magda liebte ihn. Schon seit ihrer Kindheit war Sebastian immer ihr Held gewesen.

Es beruhigte ihn, an seine gemeinsame Kindheit mit Magda zu denken, denn Magda gab ihm bedingungslose Liebe und Vertrauen. Etwas, das er von keinem anderen Menschen bekam. Magda war die Einzige, die in seine Seele hineinschauen konnte. Diesmal aber hatte er einen Lebensmoment erreicht, über den nur er entscheiden konnte.

Es war an einem warmen regnerischen Tag im Juli, als Sebastian planlos durch die Straßen Nordhorns schlenderte. Die Kleinstadt blühte durch den saisonbedingten Tourismus im Frühling und Sommer auf. Die Touristen bewunderten die Engdener Wüste, ein vor kurzem erklärtes Naturschutzgebiet. Neben der Urlaubsstimmung brachten sie Geld, welches das Reservat instand halten sollte.

An diesem Tag war Sebastian guter Laune, weil er die Woche davor sein Abitur bestanden hatte. Jetzt konnte er zur Universität gehen. Das Problem war nur, dass er nicht wusste, was er studieren sollte. Sein Vater versuchte, ihn zu einem Theologie-Studium zu überreden. Aber Sebastian wollte nicht mehr über das Göttliche wissen, als er musste. Sein Interesse galt dem menschlichen Dasein in früheren und heutigen Gesellschaften, der Anthropologie oder anderen Naturwissenschaften, die sich mit menschlichen Kulturen befassten.

Seine Eltern hatten ihm angeboten, für sein gesamtes Studium zu zahlen – aber hatten dieses Angebot auf ein Theologie-Studium beschränkt. Er war von dem Angebot angewidert und fühlte sich in eine Ecke gedrängt. Auch war er von dem mangelnden Verstehen seiner Eltern enttäuscht. Er hatte ihnen erklärt, dass er eigene Interessen hätte, denen er gerne folgen würde. Etwas, das sie eigentlich verstehen sollten. Aber sie hatten nur mit ihren Köpfen geschüttelt. Wie so oft zuvor war er wütend aus dem Haus gerannt, um seinen dominanten Eltern zu entfliehen. Wohin diesmal? Nirgendwo. Einfach weg. Aber jedes Mal musste er wieder zurück nach Hause und dieser Weg wurde mit jedem Mal erdrückender.

Er ging aus dem Stadtpark Richtung Nordhorn Innenstadt. Es war Samstagnachmittag und die Wochenendatmosphäre lag in der Luft. Die Leute kauften noch schnell ein paar Lebensmittel für den anstehenden Sonntagsbraten ein, um dann das Wochenende mit ihren Lieben zu Hause zu verbringen. Sebastian dachte an den Sonntagsbraten in seinem Zuhause, welcher höchstwahrscheinlich aus einem Rinderbraten mit Soße, Kartoffeln und Rotkohl bestehen würde. Dann dachte er an die krankhaft erzwungene Unterhaltung mit seinen Eltern, die sicherlich wieder während des Essens enden würde. Sie hatten sich einfach nichts zu sagen. Es graute ihm davor und seine gute Laune verschwand.

Er überquerte die Straße und sah beim Reisebüro ein neues Poster im Fenster hängen. Sebastian ging regelmäßig dorthin, um sich über internationale Flüge zu informieren. Es ließ ihn von einer anderen Welt träumen.

Als er näher kam, konnte er die englischen Worte endlich entziffern.

„Experience Australia. Become a Fruit Picker.

Offers now available.“

Er ging ohne zu zögern hinein. „Guten Tag.“

Die Frau am Schreibtisch sah ihn erwartungsvoll ins Gesicht.

„Was können Sie mir über dieses Obstpflücker-Angebot in Australien erzählen?“

„Also erst mal“, sie sah ihn neugierig an, „muss man über achtzehn sein, um sich bewerben zu können.“

„Ich bin zwanzig“, antwortete Sebastian aufgeregt.

„Gut“, erwiderte sie lächelnd.

Sie sah auf die Uhr. Dann sah sie Sebastian an. Ein sehr attraktiver junger Mann stand vor ihr. Sein fast schwarzes, lockiges Haar war ungewöhnlich für junge Männer in seinem Alter. Dunkle blinkende Augen waren von einer Reihe dicker Wimpern umgeben. Volle, rote Lippen − waren sie bemalt? Weiche Gesichtszüge, die fast weiblich waren, besonders hervorgehoben durch seine weiße und glatt rasierte Haut. Er hatte einen gut proportionierten Körperbau, muskulöse Arme und breite Schultern.

„Schauen Sie, ich gebe Ihnen diese Broschüre, da steht alles drin. Lesen Sie es sich übers Wochenende durch und wenn Sie interessiert sind, dann kommen Sie einfach nächste Woche wieder.“

„Herzlichen Dank.“ Sebastian konnte seine Aufregung nicht verbergen. „Sie werden mich nächste Woche wiedersehen.“

Mit diesen Worten rannte er aus dem Büro, über die Straße und in den Stadtpark. Er setzte sich auf eine Bank und las die Broschüre so schnell, dass er ganze Sätze ausließ. Beruhige dich doch, sagte er sich und fühlte sein Herz klopfen. Seine Hände zitterten, als er die Information das zweite und dritte Mal las. Er musste sich zusammennehmen, um sich auf die englischen Worte konzentrieren zu können.

Mango Harvest, September, in Northern Territory, Katherine Seasonal Harvest Fruit Pickers

We currently have an opportunity for mango pickers to join the team near Katherine, Northern Territory, Australia.

Reporting to the picking supervisor, you will be required to

pick mangos in an efficient and productive manner, whilst maintaining excellent quality and hygiene standards.

We will require physically fit people who will be available for an induction starting on 1st September. Overseas students welcome.

Positions are limited, so please forward a current resume at your earliest convenience to:

mangoharvest@fruitpickers.com.au

Sebastian verstand nicht alles, aber er wusste, dass es um das Pflücken von Mangos ging und dass er von seinem Zuhause weg wollte. Am ersten September sollte es losgehen und das war ihm nur recht.

Als er an diesem Abend nach Hause kam, bemerkte seine Mutter, dass er sich anders verhielt. Sein Schritt war schwungvoll und leicht. Er hatte ein Lächeln, das sie lange nicht mehr an ihrem Sohn gesehen hatte. Sie fragte sich, was passiert sei, dass Sebastian plötzlich glücklich aussah. Ohne ein Wort zu sagen, ging er direkt in sein Zimmer.

Als sie ihn zum Essen rief, sagte er, dass es ihm nicht gut ginge. Seine Mutter wusste, dass das nicht der wahre Grund war, ließ ihn aber in Ruhe. Ihr Mann war zu einem monatlichen Treffen in der Kirche gegangen und kam nicht zum Essen nach Hause. Sie entschied sich, den Abend ruhig zu verbringen und las in der Bibel.

Sebastian ging gleich an seinen Computer, um einen Bewerbungsbrief zu verfassen. Zusätzlich fügte er dem Schreiben seinen Lebenslauf zu mit der Anmerkung, dass er Erfahrung im Ausland sammeln wollte, um sich für seinen zukünftigen Studiengang besser entscheiden zu können. Schon nach einigen Sekunden erhielt er eine automatisierte Rückmeldung, dass sich der Anzeiger innerhalb der nächsten achtundvierzig Stunden melden würde.

In dieser Nacht schlief er sehr unruhig. Er wälzte sich von einer Seite auf die andere und überlegte, wie er sein geplantes Abenteuer durchführen könnte. Aber irgendwie wusste er, dass es klappen würde. Aus seiner Sicht hatte er es verdient. Im Morgengrauen hatte er seinen Plan geschmiedet. Er würde seine Ersparnisse für die Flüge, Unterkunft und andere Ausgaben verwenden.

Schon seit Jahren half er Magdas Vater in seiner Bäckerei, der ihn großzügig für diese harte Arbeit bezahlte. Dafür musste Sebastian in den Schulferien morgens um drei Uhr anfangen, um Teig anzurichten und Vorbereitungen für den Tag zu treffen. Er arbeitete durch bis Ladenschluss − drei Uhr nachmittags. Weder die harte Arbeit noch die lange Arbeitszeit machten ihm zu schaffen. Er war glücklich, dass er so lange in der Backstube der Bäckerei sein durfte, denn so bekam er Abstand von seinen Eltern und Freunden. Selbst die Hitze des Ofens störte ihn nicht. Zur gleichen Zeit war es wie eine Lehre, denn für Magdas Vater war es Ehrensache, ihm die geheimen Rezepte eines guten Brotes, Brötchen und Kuchen zu verraten.

Seine Eltern waren stolz, dass er das Backen neben seiner Schule erlernte. Was seine Eltern dachten, war ihm jedoch egal. Es war seine Entscheidung gewesen, das zu tun und im Moment entschied er sich dazu, sein Zuhause und seine Freunde für eine Zeit zu verlassen, um Abstand von seinem bisher traurigen Leben zu bekommen und in Ruhe über sich nachdenken zu können.

Am Montagabend bekam er ein E-Mail von MangoTree Orchards. Er war so nervös, dass er die Taste auf seinem Keyboard verfehlte und anstatt das E-Mail zu öffnen,...

Erscheint lt. Verlag 25.2.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuerreise • Aborigines • Australien • Australischer Krimi • Kulturen • Work and Travel
ISBN-10 3-7526-6752-4 / 3752667524
ISBN-13 978-3-7526-6752-3 / 9783752667523
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