Die Mitternachtsbibliothek (eBook)

Spiegel-Bestseller
Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
320 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-46064-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Mitternachtsbibliothek -  Matt Haig
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Der große Bestseller! »Ein kluges Buch, das die Sicht auf die eigenen Grenzen verändern kann.« Freundin Klug, emotional und bittersüß: »Die Mitternachtsbibliothek« ist eine wunderbare Hymne auf das Leben Stell dir vor, auf dem Weg ins Jenseits gäbe es eine riesige Bibliothek, gefüllt mit all den Leben, die du hättest führen können. Alles, was du jemals bereut hast, könntest du ungeschehen machen. Genau dort findet sich Nora Seed wieder, nachdem sie aus lauter Verzweiflung beschlossen hat, sich das Leben zu nehmen. An diesem Ort zwischen Raum und Zeit, an dem die Uhrzeiger immer auf Mitternacht stehen, hat sie plötzlich die Möglichkeit, all das zu ändern, was sie aus der Bahn geworfen hat. Aber kann man in einem anderen Leben glücklich werden, wenn man weiß, dass es nicht das eigene ist? Matt Haigs zauberhafter Roman erzählt davon, dass uns selbst Entscheidungen, die wir später bereuen, zu den Menschen machen, die wir sind. »Die Mitternachtsbibliothek« ist eine Liebeserklärung an all unsere Eigenheiten und Besonderheiten, an das einzige Leben, das wir haben.  Entdecken Sie auch die anderen Romane von Matt Haig bei Droemer:Der fürsorgliche Mr. Cave, Die Familie Radley, Für immer, euer Prince, Nachricht von Dad

Matt Haig, Jahrgang 1975, ist ein britischer Autor. Seine eigenen Erfahrungen mit Depressionen und Angststörungen sind auch stets ein zentrales Thema in seinen Büchern. Zuletzt sind von ihm das Sachbuch »The Comfort Book« sowie die Romane »Ich und die Menschen« und der Bestseller »Die Mitternachtsbibliothek« erschienen. Im August 2024 erscheint sein neuer Roman »Die Unmöglichkeit des Lebens«. Matt Haig lebt mit seiner Familie in Brighton.
Spiegel-Bestseller

Matt Haig, Jahrgang 1975, ist ein britischer Autor. Seine eigenen Erfahrungen mit Depressionen und Angststörungen sind auch stets ein zentrales Thema in seinen Büchern. Zuletzt sind von ihm das Sachbuch »The Comfort Book« sowie die Romane »Ich und die Menschen« und der Bestseller »Die Mitternachtsbibliothek« erschienen. Im August 2024 erscheint sein neuer Roman »Die Unmöglichkeit des Lebens«. Matt Haig lebt mit seiner Familie in Brighton. Sabine Hübner übersetzt seit 1989 Sachbücher, Belletristik und Lyrik, u.a. von Mark Haddon, Michael Frayn und Edward St. Aubyn.

The Three Horseshoes


Nora stand draußen in der kühlen, klaren Nachtluft. Doch anders als in Bedford regnete es hier nicht.

»Wo bin ich?«, flüsterte sie vor sich hin.

Sie sah eine kleine Reihe pittoresker Reihenhäuser aus Stein auf der anderen Seite der sich sanft windenden Straße. Friedliche alte Häuser, alle dunkel, am Rand eines Dorfes zusammengekauert, bevor sie sich in die stille Landschaft auflösten. Ein klarer Himmel, das weite Sternengewölbe, ein abnehmender Sichelmond. Der Duft der Felder. Das Ku-witt, Ku-witt von Waldkäuzchen. Dann wieder Stille. Eine Stille, die eine Präsenz besaß, die in der Luft lag wie eine Kraft.

Sehr seltsam.

Sie war in Bedford gewesen. Dann in dieser merkwürdigen Bibliothek. Und jetzt stand sie hier auf einer hübschen Dorfstraße. Ohne dass sie sich groß bewegt hätte.

Auf ihrer Seite der Straße drang goldenes Licht aus einem Fenster im Erdgeschoss. Nora blickte auf und sah ein elegant bemaltes Pub-Schild, das leise im Wind knarrte. Über sich überlappenden Hufeisen stand in schnörkeliger Schrift: The Three Horseshoes.

Vor ihr auf dem Gehweg stand eine Kreidetafel. Nora erkannte ihre eigene Handschrift. Sie hatte sich damit wirklich Mühe gegeben.

THE THREE HORSESHOES

Dienstagabend – Quizabend

20:30 Uhr

»Wahres Wissen besteht darin, zu wissen, dass man nichts weiß.«

Sokrates (nachdem er unser Quiz verloren hat!!!!)

Dies war ein Leben, wo sie vier Ausrufezeichen hintereinander setzte. Vermutlich taten dies glücklichere, weniger verklemmte Menschen.

Ein gutes Omen.

Sie sah an sich hinab. Sie trug ein Jeanshemd mit halb aufgerollten Ärmeln und Jeans und Schuhe mit Keilabsatz, lauter Sachen, die sie normalerweise nicht trug. Wegen der Kälte hatte sie Gänsehaut und war eindeutig nicht für einen längeren Aufenthalt im Freien angezogen.

Sie trug zwei Ringe am Ringfinger. Da waren ihr alter Saphirverlobungsring – der gleiche Ring, den sie vor über einem Jahr zitternd und weinend abgestreift hatte – und ein schlichter silberner Ehering.

Wie kann das sein?

In diesem Leben waren ihre Hände glatter. Vielleicht verwendete sie Handcreme. Ihre Nägel glänzten von farblosem Nagellack. Es lag ein gewisser Trost darin, das vertraute kleine Muttermal an ihrer linken Hand zu sehen.

Schritte knirschten auf dem Kies. Jemand kam die Einfahrt herunter auf sie zu. Ein Mann, wie sie im Licht der Pubfenster und einer einzelnen Straßenlampe erkannte. Ein Mann mit rosigen Wangen, einem grauen Dickens'schen Schnurrbart und einer Regenjacke. Ein Toby-Krug in Menschengestalt. Seinem übervorsichtigen Gang nach zu urteilen, war er angetrunken.

»Gute Nacht, Nora. Ich komm dann Freitag wieder. Wenn der Folksänger da ist. Dan sagt, der sei gut.«

In diesem Leben kannte sie den Namen des Mannes vermutlich. »Gut. Ja, natürlich. Freitag. Wird bestimmt ein toller Abend.«

Wenigstens ihre Stimme klang nach ihr. Sie sah dem Mann nach, wie er trotz des nicht existenten Verkehrs mehrfach nach links und rechts schaute, die Straße überquerte und zwischen den kleinen Häusern verschwand.

Es war Wirklichkeit. Es geschah tatsächlich. Dies war das Pub-Leben. Dies war der Traum, der sich in Realität verwandelt hatte.

»Das ist so seltsam«, sagte sie in die Nacht. »Alles. So. Seltsam.«

Jetzt verließ auch eine Dreiergruppe das Pub. Zwei Frauen und ein Mann. Sie lächelten Nora zu, als sie an ihr vorbeigingen.

»Nächstes Mal gewinnen wir«, sagte eine der Frauen.

»Ja«, erwiderte Nora. »Es gibt immer ein nächstes Mal.«

Sie ging auf das Pub zu und spähte durchs Fenster. Der Gastraum schien leer zu sein, aber die Lichter brannten noch. Offenbar waren die Frauen die letzten Gäste gewesen.

Das Pub wirkte sehr einladend. Warm und urig. Kleine Tische, eine Balkendecke und ein an der Wand befestigtes Wagenrad. Ein dicker roter Teppich und eine holzgetäfelte Bar mit einer eindrucksvollen Zapfanlage.

Nora trat vom Fenster zurück und sah gleich hinter dem Pub, dort wo der Gehweg in Wiese überging, ein Schild.

Schnell lief sie hinüber und las die Aufschrift.

LITTLEWORTH

heißt rücksichtsvolle Autofahrer willkommen

Dann bemerkte sie oben in der Mitte des Schilds ein kleines Wappen, eingerahmt von den Worten Oxfordshire County Council.

»Wir haben es geschafft«, flüsterte sie in die Landluft. »Wir haben es wirklich geschafft.«

Dies war der Traum, von dem Dan zum ersten Mal gesprochen hatte, als sie in Paris an der Seine entlanggeschlendert waren und Macarons vom Boulevard Saint-Michel gegessen hatten.

Ein Traum, der nicht in Paris spielte, sondern im ländlichen England, wo sie zusammen leben würden.

Ein Dorf-Pub in Oxfordshire.

Als der Krebs, an dem Noras Mum litt, in aggressiver Form zurückkehrte, ihre Lymphknoten befiel und rasch ihren ganzen Körper besiedelte, wurde dieser Traum auf Halde gelegt, und Dan zog mit Nora von London zurück nach Bedford. Ihre Mum hatte von ihrer Verlobung gewusst und sich fest vorgenommen, bis zur Hochzeit am Leben zu bleiben. Sie war vier Monate zu früh gestorben.

Vielleicht war es das. Vielleicht war es dieses Leben. Vielleicht war dies das erste aller guten Dinge. Oder das zweite.

Sie erlaubte sich ein banges Lächeln.

 

Sie ging den Pfad zurück über den knirschenden Kies, auf die Seitentür zu, aus der kurz zuvor der betrunkene schnurrbärtige Mann mit der Regenjacke gekommen war. Nora holte tief Luft und trat ins Haus.

Drinnen war es warm.

Und ruhig.

Sie befand sich in einem Flur. Terrakotta-Bodenfliesen. Unten war die Wand getäfelt, darüber sah man eine Tapete mit Ahornblattmuster.

Sie ging den kleinen Flur entlang und betrat den Hauptraum des Pubs, den sie von draußen durchs Fenster gesehen hatte. Sie schrak zusammen, als aus dem Nichts eine Katze auftauchte.

Eine elegante knochige schokoladenbraune Burma-Katze. Nora beugte sich zu ihr hinab, streichelte sie und warf einen Blick auf den runden Anhänger am Halsband, in den ein Name geprägt war. Voltaire.

Sie bezweifelte, dass dieser Voltaire ebenfalls aus dem Tierheim stammte wie ihre geliebte rote Tigerkatze. Die Katze schnurrte. »Hallo, Volts Nummer zwei. Dir scheint es hier gut zu gehen. Geht es uns allen so gut wie dir?«

Die Katze schnurrte weiter, was vielleicht »ja« heißen sollte, und rieb den Kopf an Noras Bein. Nora nahm sie auf den Arm und ging mit ihr zur Bar hinüber. Auf den Zapfanlagen standen die Namen aller möglichen Craftbiere, Starkbiere, Cider, heller Biere und India Pale Ales. Vicar’s Favourite. Lost and Found. Miss Marple. Sleeping Lemons. Broken Dream.

Auf dem Tresen entdeckte sie eine Spendenbüchse für den Schutz von Schmetterlingen.

Nora hörte das Klirren von Gläsern, als würde eine Spülmaschine beladen. Nora bekam vor Angst kaum noch Luft. Ein vertrautes Gefühl. Dann tauchte hinter der Bar plötzlich ein schlaksiger Mann auf. Er war zwischen zwanzig und dreißig, trug ein ausgebeultes Rugby-Shirt und achtete kaum auf Nora, als er die letzten schmutzigen Gläser einsammelte und in die Spülmaschine räumte. Dann schaltete er sie ein, nahm seinen Mantel vom Haken, zog ihn an und holte die Wagenschlüssel aus der Manteltasche.

»Tschüss, Nora. Ich hab die Tische abgewischt und die Stühle hochgestellt. Spülmaschine läuft.«

»Okay, danke.«

»Bis Donnerstag.«

»Ja«, sagte Nora und kam sich wie eine Spionin vor, die jeden Moment damit rechnen muss, dass ihre Tarnung auffliegt. »Bis dann.«

Einen Moment, nachdem der Mann gegangen war, hörte sie Schritte, die von unten heraufkamen, über die Fliesen, die sie gerade entlanggegangen war, vom hinteren Teil des Pubs her, und dann stand er da.

Er wirkte verändert.

Der Bart fehlte, und um die Augen hatte er mehr Falten, dunkle Ringe. Er hielt einen fast leeren Glaskrug mit dunklem Bier in der Hand. Er wirkte immer noch ein bisschen wie ein Tierarzt in einer Fernsehserie, nur mehrere Staffeln später.

»Dan«, sagte Nora, als müsse sie erst einmal genau hinschauen, mit wem sie es hier zu tun hatte. »Ich möchte einfach nur mal sagen, wie stolz ich auf dich bin. Auf uns.«

Er starrte sie ausdruckslos an. »Hab gerade die Kühlaggregate abgeschaltet. Muss morgen die Leitungen reinigen. Das haben wir vierzehn Tage lang versäumt.«

Nora hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Sie streichelte die Katze. »Ja, klar. Natürlich. Die Leitungen.«

Ihr Mann – denn in diesem Leben war er genau das – ließ den Blick über die Tische und die kopfüber daraufgestellten Stühle gleiten. Er trug ein ausgebleichtes Jaws-T-Shirt. »Sind Blake und Sophie nach Hause gegangen?«

Nora zögerte. Sie spürte, dass er über Angestellte sprach. Der junge Mann in dem ausgebeulten Rugby-Shirt war vermutlich Blake. Und sonst schien niemand mehr da zu sein.

»Ja«, sagte sie und versuchte, ganz natürlich zu klingen, trotz der vollkommen bizarren Situation. »Ich glaube schon. Die hatten alles im Griff.«

»Cool.«

Sie erinnerte sich, dass sie ihm das Jaws-Shirt zu seinem sechsundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte. Vor zehn Jahren. »Die Antworten heute Abend waren allerdings weniger cool. Eines der Teams – das, zu dem Pete und Jolie gehörten – dachte, Maradona hätte die Decke der Sixtinischen Kapelle...

Erscheint lt. Verlag 27.1.2021
Übersetzer Sabine Hübner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
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ISBN-10 3-426-46064-5 / 3426460645
ISBN-13 978-3-426-46064-1 / 9783426460641
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