Schattenboxen – warum Aufgeben keine Option ist - Timur Ülker

Schattenboxen – warum Aufgeben keine Option ist (eBook)

Mein Weg von Hartz IV zum TV-Star: Timur Ülker, bekannt aus GZSZ

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
192 Seiten
Edition Michael Fischer (Verlag)
978-3-7459-0513-7 (ISBN)
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„Wir alle schlagen uns mit Gegnern herum, die das Leben uns zuteilt. Als meine Tochter fast blind zur Welt kam, stand für mich fest: Jetzt muss ich noch härter kämpfen als jemals zuvor. Ich werde sie nicht aufgeben!“

Manchmal kommt es Timur Ülker so vor, als wäre sein Leben eine ewig andauernde Trainingseinheit: der steinige Weg raus aus dem sozialen Brennpunkt, der unermüdliche Kampf, seine Leidenschaft – die Schauspielerei – zum Beruf zu machen, und schließlich die schweren ersten Lebensmonate seiner Tochter. Er wird nie die Stimmen vergessen, die sagten: „Du schaffst das nicht!“ oder „Wir können Ihrem Kind nicht helfen.“ Aber heute kann er behaupten: „Ihr hattet Unrecht.“

In seiner Geschichte nimmt der Hamburger uns mit auf seine ganz persönliche Reise – er erzählt von seiner Herkunft und den Menschen, die ihn am meisten prägten, seinem Einsatz in Afghanistan; wie es ihm erging, als er finanziell am Boden lag und wie er die Krankheit seiner kleinen Tochter verarbeitete. Das Motto des GZSZ-Stars: „Hör auf dein Herz und deinen Instinkt. Es lohnt sich immer zu kämpfen!“

Ein Buch für alle, die ihre Träume Wirklichkeit werden lassen wollen, und einen kleinen Anstoß brauchen, um sich wirklich zu trauen.



<p>Timur &Uuml;lker, geboren 1989, ist Schauspieler und Musiker&nbsp;aus Leidenschaft.&nbsp;Aufgewachsen in Hamburg-Harburg, entdeckte&nbsp;er als Jugendlicher Rap und HipHop f&uuml;r sich - und ver&ouml;ffentlichte unter Timur TIO 2017 sein erstes Album. Seine schauspielerische Karriere begann&nbsp;als Darsteller der Reality-TV-Serie <em>K&ouml;ln 50667.&nbsp;</em>Am renomierten Lee Strasberg Theatre and Film Institute in Los Angeles besuchte er 2017 zudem einen Schauspielkurs. Ein lohnender Invest: Seit 2018 spielt er im Hauptcast der Kult-TV-Serie&nbsp;<em>Gute Zeiten, schlechte Zeiten </em>die Rolle des Nihat.&nbsp;</p>

Es war einmal ...

Wo komme ich her und wo will ich hin?

„Ich bin noch nicht müde!“ Ileya setzt sich wieder in ihrem Bettchen auf, kaum dass ihre Mutter das Zimmer verlassen will. Caro und ich geben uns im Türrahmen einen Kuss und ich lasse mich an ihrer Stelle auf das hellrosa Laken sinken. „Es ist schon spät, Mäuschen!“ Behutsam lege ich Ileya zurück ins kuschelige Kissen. „Schau mal, als ich noch klein war, bin ich immer ganz früh ins Bett.“ Grübelnd zieht sie die schwarzen Augenbrauen zusammen. „Warum bist du freiwillig ins Bett?“, fragt meine kleine Nachteule und ich verkneife mir ein Schmunzeln und antworte: „Weil ich vor allen anderen in der Schule sein wollte.“ Ihr Blick verrät mir, dass ihr diese Aussage noch weniger einleuchtet, weshalb ich ganz von vorne beginne: „Ich war ungefähr so alt wie du, als mein Papa von uns weggegangen ist.“ Ich streiche Ileya über ihr Köpfchen. Ihr langes dunkles offenes Haar umrandet ihr zartes Gesicht. „Wieso ist dein Papa weggegangen?“, fragt sie mit ihrer hellen Kinderstimme dazwischen. Ich überlege, wie ich einer Fünfjährigen den ganzen Erwach-senenkram am besten erkläre. „Weißt du, mein Schatz, Oma und Opa haben sich nicht mehr so gut verstanden.“

Meine Gedanken wandern in die Vergangenheit. Ich lag in meinem Bett, umringt von Kuscheltieren. Die Wände in unserer Wohnung waren dünn und hellhörig. Ich bekam oft mit, wie meine Eltern stritten. Es ging dauernd um irgendwelche Frauen. Manchmal wachte ich mitten in der Nacht auf, wenn mein Vater heimkam und es vor meiner Kinderzimmertür zu einem Wortwechsel zwischen den beiden kam, aus dem mangelnder Respekt sprach und bei dem abstrakte Begriffe wie „Existenzängste“ fielen. Selbst unter dem Kopfkissen, das ich mir fest aufs Ohr drückte, hörte ich oft, wie mein Vater davon sprach, ausziehen zu wollen. Die Vorstellung, wie Baba seine Sachen packte, machte mich traurig. Doch je öfter ich meine Mutter weinen hörte, desto mehr wünschte ich mir irgendwann, er würde wirklich gehen. Im ersten Moment war ich sogar erleichtert, als sie ihn eines Tages rauswarf. Wieso hatte sie sich das überhaupt so lange gefallen lassen – eine wunderschöne, clevere Frau wie sie? Eigentlich hatte sie mir doch immer eingebläut, dass wir uns gegenseitig gut behandeln sollen. Mama verabscheute Lügner und am Wichtigsten war ihr, einen ehrlichen, zuverlässigen Menschen aus mir zu machen, der sein Wort hält. Wie schwer ihr die Entscheidung gefallen war, ihre große Liebe zu verlassen und für sich und ihren Sohn ein Leben am Existenzminimum in Kauf zu nehmen, verstehe ich erst, seit ich selbst Vater bin. Ich habe am eigenen Leib erfahren, wie Verlustängste und finanzielle Sorgen unser Leben steuern und welche Opfer wir für die Menschen bringen, die wir lieben.

Zerbrechlich wirkt meine Mutter allenfalls äußerlich. In der Brust dieser gazellenhaften Frau schlägt das Herz einer Löwin. Meine ältere Schwester kam mit einem Herzfehler auf die Welt. Mama flog mit ihr die ersten und einzigen beiden Lebensjahre, die ihr blieben, um die halbe Welt, von Spezialist zu Spezialist, in der Hoffnung, ihr Leben retten zu können – ohne meinen Vater. „Baba musste arbeiten“, sagt sie noch heute, wenn ich frage, wieso er sie nie begleitete. Es reißt mir das Herz heraus, während ich hier sitze, am Bett meiner Tochter, und mir vorstelle, was meine Mutter damals durchmachen musste. Vielleicht hätte meine Schwester ein bisschen ausgesehen wie Ileya – wenn sie denn so alt geworden wäre.

Mein Blick auf Ileya verengt sich. Ich stiere in ein Farbgemisch aus rosa Bettwäsche und braunen Haaren. Der Kloß in meinem Hals hindert mich daran weiterzusprechen. Das ist nun wirklich keine Gutenachtgeschichte für eine Fünfjährige. Ileyas feine Antennen nehmen die veränderte Atmosphäre auf. „Papa?“ Sie wedelt mit der Hand vor meinem Gesicht herum. „Papa, träumst du?“ Sie kichert. Ob sie das aus Unsicherheit tut, weil sie mich gerade nicht lesen kann oder weil in ihrer unbescholtenen Kinderwelt kein Platz für trübe Gedanken ist, weiß ich nicht, aber sie vertreibt mit ihrem süßen Lachen auf jeden Fall die bedrückenden Erinnerungen. Nur eines stelle ich noch schnell klar: „Ich werde euch nie im Stich lassen, dich, deinen Bruder und deine Mama. Versprochen!“ Ich atme tief durch, erinnere mich an Zeiten, die auch Caro und mich schon auf die Probe gestellt hatten. Aber zurück zur Geschichte: „Anne (türk. für Mama), also deine Babaanne, hat immer ganz viel gearbeitet.“ Obwohl sie neben ihrer Vollzeitstelle noch unterschiedliche Nebenjobs hatte, reichte das Geld vorne und hinten nicht. Die vielen Telefonate, die sie mit Baba führte und in denen es um die ausstehenden Unterhaltszahlungen ging, erwähne ich Ileya gegenüber natürlich nicht. „Babaanne hat übrigens in einer Arztpraxis gearbeitet und immer nach Desinfektionsmittel gerochen, als sie mich am frühen Abend vom Kindergarten abgeholt hat. Wir waren nur noch eine Handvoll Kinder, die meisten anderen waren längst zu Hause.“ Wieder schaltet sich Ileya ein: „Wenn meine Mama mich abholt, sind noch viele Kinder da!“ Die Kleine schaut mich putzmunter an, obwohl es draußen längst dunkel ist.

Ich will ihr gerade sagen, dass sie langsam mal die Äuglein schließen soll, aber dann genieße ich es noch kurz, in ihre fröhlichen dunkelbraunen Augen zu schauen. Denn in ruhigen Momenten wie diesem jetzt erinnere ich mich immer daran, was wir gemeinsam durchgestanden haben, damit sie das alles hier überhaupt erkennen kann – mich, ihren Lieblingsteddy, den sie gerade an sich drückt, und das große gerahmte Bild von einer Balletttänzerin, das wir erst heute Nachmittag aufgehängt haben. Ich greife Ileyas Hand und streichle sie. Mein Blick schweift von ihrem Gesicht rüber zum Fenster und ruht auf dem sichelförmigen Mond, als ich endlich zum Ursprung meiner Geschichte zurückkomme: Wa-rum ich der Erste in der Schule sein wollte. „Deine Babaanne hat immer gesagt, wenn ich ganz viel lerne und gute Noten habe, kann ich später alles werden, was ich möchte. Und wenn ich eine gute Arbeit habe, verdiene ich auch mal mehr Geld als sie und dann könnte ich mit meiner Familie in ein Haus ziehen, das nur uns allein gehört – so wie unser Haus jetzt.“

Ein Gefühl von Dankbarkeit durchströmt mich, wenn ich mich in ihrem Kinderzimmer umsehe, in unserem wohligen Zuhause am Wannsee, das nicht nur geografisch betrachtet weit entfernt liegt von dem sozialen Brennpunkt, in dem ich aufgewachsen bin. Aus meinem Zimmer im dritten Stock konnte ich immer die Jugendlichen auf der Straße beobachten, wie sie sich prügelten. Es war laut und den ganzen Tag haben sich allerlei Gerüche aus sämtlichen Wohnungen im Hausflur vermischt – Kocharomen, Zigarettenrauch, Gras. Gleichzeitig erinnere ich mich daran, wie ich mich meist noch vor Sonnenaufgang anzog und mir die Zähne putzte, während meine Mutter bereits in Arbeitskleidung in der beengten Küche stand und mein Pausenbrot schmierte. Der Duft von Kaffee erfüllte den Raum und verlieh der Morgenroutine etwas Gemütliches. Manchmal marschierte ich schon um sechs Uhr los. „Ein Junge aus meiner Klasse hat mal gesagt, er sei schneller, weil er den kürzesten Schulweg habe“, sage ich zu Ileya. Sein Zuhause in einer Wohngegend, wo gut situierte Leute wohnten, malte ich mir beinahe jeden Morgen in allen Details aus. Wenn ich mir vorstelle, Ileya würde als Erstklässlerin im Herbst oder Winter in den stockfinsteren Morgenstunden allein 15 Minuten zur Schule gehen, läuft es mir eiskalt den Rücken hinunter. Was vor 25 Jahren noch gängige Praxis war, hat in den Kopfkinos der Väter und Mütter der Generation Heli-kopter-Eltern zum Horrorfilmszenario mutiert.

„Wieso hat Babaanne dich denn nicht gefahren?“, fragt Ileya jetzt dazwischen.

„Weil wir kein Auto hatten, Schatz“, antworte ich und sie legt die glatte Kinderstirn in Falten.

„Wieso hattet ihr kein Auto? Alle haben doch ein Auto!“

Ich nehme ihre Hand. „Weißt du, ein Auto ist sehr teuer und wir hatten früher nur ganz wenig Geld.“ Mamas Einkommen reichte damals nicht mal für kleineres Spielzeug. Die wenigen Sachen, die ich besaß, teilte meine Mutter mir immer ein. Phasenweise rückte sie die Autos raus, damit ich auf dem Verkehrsteppich, der in meinem Zimmer auf dem Boden lag, spielen konnte, und nach ein paar Wochen tauschte sie sie gegen die Legosteine aus, um für Abwechslung zu sorgen. Das Zubrot, das meine Mutter an den Wochenenden oder auch mal nachts als Komparsin bei TV-Produktionen verdiente, brauchten wir für lebensnotwendige Dinge. Jede Mark zählte in meiner Kindheit. Wenn ich daran denke, dass sie sogar für Marktforschungsinstitute Zigaretten testete, obwohl sie schon viele Jahre zuvor das Rauchen aufgegeben hatte, würde ich sie gerne umarmen – länger, als sie das für gewöhnlich aushalten mag. So ist meine Mutter nun mal. Sie hat sich ein Bein für mich ausgerissen – immer im Spagat zwischen der Arbeit und mir.

„Schon in der ersten Klasse hatte ich meinen eigenen Schlüssel“, erzähle ich Ileya jetzt und denke an die vielen Nachmittage allein daheim oder bei der Nachbarin unter uns, die diese coole Spielekonsole hatte – ein Luxusartikel, den es bei uns nicht gab. „Wann krieg ich meinen eigenen Schlüssel?“, fragt Ileya gähnend und unterbricht mich gerade an der Stelle, als ich erwähnen wollte, dass ich nach der Schule auch manchmal zu Oma ging, die nur vierhundert Meter Luftlinie von uns entfernt im selben Stadtviertel wohnte. „Frühestens mit achtzehn“, sage ich zu ihr und verkneife mir nicht das Schmunzeln, das mich in den Mundwinkeln kitzelt. Ich kann von Glück reden, wenn sie sich bis...

Erscheint lt. Verlag 4.5.2021
Co-Autor Saskia Hirschberg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Boxen • Bundeswehr • Durchhaltevermögen • Erfolgsgeheimnis • Familie • GZSZ • Hartz IV • Kampfgeist • Kultserie • Lebe deinen Traum • Motivation • RTL • Schauspieler • Schicksalsschlag • Starbiographie
ISBN-10 3-7459-0513-X / 374590513X
ISBN-13 978-3-7459-0513-7 / 9783745905137
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