Der weiße Panther (eBook)

Ein Fall für Fred Lemke

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
448 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2486-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der weiße Panther -  Leonard Bell
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Wo Sünde ist, da ist auch Mord: Ein spektakulärer Fall im zerrissenen Berlin der Fünzigerjahre Berlin 1958: Wer Geld hat und gern feiern geht, tummelt sich in Harry's Ballroom. Die Bar ist ein Magnet für Touristen und Partyhungrige, ein Treffpunkt für Stars und Sternchen. Bis der Barkeeper mit einem Distanzschuss aus einer Armbrust ermordet wird. Der unorthodoxe Kriminalassistent Fred Lemke und seine schillernde Kollegin Ellen von Stain ermitteln und nehmen schon bald den Besitzer, Harry Renner, ins Visier. Was steckt hinter der Fassade des charismatischen Unternehmers? Je mehr sie über den Verdächtigen und das Opfer herausfinden, desto größer wird der Fall und desto skrupelloser die politischen Mächte, mit denen es Lemke und von Stain zu tun bekommen. Geht es in diesem Fall um weit mehr als einen Mord?

Leonard Bell ist ein Pseudonym. Der Mensch dahinter ist ein erfolgreicher Drehbuch- und Romanautor. Bells heimliche Leidenschaft gilt den 50er Jahren, die er, da zu spät geboren, nicht miterleben durfte. Aber dank lebenshungriger Eltern ist er im Geist von Elvis Presley, James Dean, Marilyn Monroe und den anderen Größen dieser Zeit aufgewachsen. Leonard Bell lebt in Berlin und in der Märkischen Schweiz.

Leonard Bell ist ein Pseudonym. Der Mensch dahinter ist ein erfolgreicher Drehbuch- und Romanautor. Bells heimliche Leidenschaft gilt den 50er Jahren, die er, da zu spät geboren, nicht miterleben durfte. Aber dank lebenshungriger Eltern ist er im Geist von Elvis Presley, James Dean, Marilyn Monroe und den anderen Größen dieser Zeit aufgewachsen. Leonard Bell lebt in Berlin und in der Märkischen Schweiz.

Prolog


»Zwei Negroni. Und komm nicht auf die Idee, uns einen Americano zu mixen!«, sagte Otto Zeltinger und drohte mit dem Zeigefinger.

Auf die Idee wäre Gottfried nie gekommen. Campari, Wermut, Gin zu gleichen Teilen in ein Rührglas und mit dem langstieligen Löffel sanft verquirlt, das Ganze auf Eiswürfeln serviert – das war ein Negroni. Für einen Americano würde er den Gin durch Soda ersetzen.

»Und die Apfelsinenscheiben? Wo sind die?«

»Keine Apfelsinen mehr da, Herr Zeltinger, heute war wieder der Teufel los. Tut mir leid.«

»Ja, und? Darum geht’s doch. Dann kauft man halt mehr ein oder wie oder was.« Zeltinger sah sich suchend um. »Wo ist der Harry?«

»Weg, nehme ich an.«

»Quatsch, weg! Ich hab ihn doch vorhin in sein Büro stiefeln sehen.«

Gottfried antwortete mit einem Schulterzucken. Was sollte er sich darüber Gedanken machen, ob sein Chef noch da war? Für ihn und seine Arbeit machte es keinen Unterschied. »Wir haben ja eigentlich schon geschlossen.«

»Geschlossen! Hast du das gehört, Hildchen? Eine Schande ist das.«

Gottfried wusste, was jetzt kommen würde. Zeltingers Lieblingsthema: er und die Sperrstunde.

»Weißt du, warum es in Berlin keine Sperrstunde gibt?«

Hildegard Knef nippte an ihrem Negroni und stellte ihn mit spitzem Mund wieder auf die Theke. Gottfried wunderte sich darüber nicht, Frauen bevorzugten in der Regel geschüttelte Cocktails, mit Fruchtsäften oder Sahne, eher süß als sauer. Für die Knef hätte er einen Monkey Gland empfohlen, Gin, Orangensaft, Absinth, Grenadine und Zuckersirup, auf viel Eis gewissenhaft geschüttelt, nur so bildete sich der feinperlige Schaum, und anschließend in eine vorgekühlte Cocktailschale abgeseiht.

»Nein, Zelli, keine Ahnung, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen.«

Sie sah sich nach ihren Bekannten um. Vor zwei Stunden war sie mit Schauspielerkollegen, Regisseuren und Produzenten in Harry’s Ballroom eingefallen, eine laute, lebendige und feierlustige Truppe. Die Berliner Filmfestspiele waren heute zu Ende gegangen, und da wollten sie offenbar noch ein wenig nachfeiern. Inzwischen waren allerdings alle wieder verschwunden bis auf Yves Allégret und Georges Glass, Regisseur und Produzent von Hildegard Knefs neuestem Kinofilm, »La Fille de Hambourg«. Die anderen, die normalen, die nicht berühmten Gäste hatte der Türsteher schon vor einer Stunde hinauskomplimentiert, nicht zuletzt, weil sie die Knef angestarrt hatten wie ein Weltwunder und sie davon zunehmend genervt war.

»1949, da mussten Kneipen in Berlin noch um 22 Uhr schließen. Die Alliierten wollten nicht, dass wir allzu viel Spaß hatten. Logisch, erst alles kaputt machen, und dann noch Ringelpiez mit Anfassen! Aber ich, ich fand das nicht so stramm, hoppla, schließlich sind wir in Berlin! Weltstadt! Roaring Twenties, schon vergessen? Also bin ich zu Frank, Frank Howley, dem amerikanischen Stadtkommandanten, mit einer Flasche Rittenhouse Rye Whisky, hat mich ein Vermögen gekostet. Als ich wieder rauskam, war die Pulle leer, der Frank redete nur noch verdrehtes Zeug, und ich hab erst mal hinter den nächsten Holunderbusch«, fast hätte er ›gekotzt‹ gesagt, beließ es jedoch bei einer eindeutigen Handbewegung. »Was soll ich sagen, Hildchen, vom nächsten Tag an war die Sperrstunde in Berlin Geschichte. So war das.«

»Dolle Sache, Zelli.« Die Knef rutschte von ihrem Barhocker. Regisseur und Produzent standen schon am Ausgang, der eine müde und schwankend, der andere mit dem pulsierend roten Kopf eines Menschen mit Bluthochdruck, und winkten ihr auffordernd zu. Sie drehte sich zu Gottfried und warf ihm einen intensiven Blick zu, einen, den er so schnell nicht vergessen würde: Für ihn war sie die schönste Frau der Welt. Jeden ihrer Filme hatte er sich gleich mehrere Male im Kino angesehen. Vor allem »Die Sünderin«, die wenigen Sekunden ihrer Nacktheit darin. Worum es in dem Film ging, war ihm egal.

»Ich habe Sie beobachtet, Gottfried. Knorke, wie Sie das machen. Hätte ich in Deutschland nicht erwartet.«

Gottfried verbeugte sich verlegen. Ein solches Kompliment von einer Frau, die in Paris lebte und mit absoluter Sicherheit luxuriösere Etablissements gewohnt war als Harry’s Ballroom …

»Danke.« Mehr fiel ihm nicht ein.

»Du musst mir noch von deinem neuen Film erzählen, ›Das Mädchen aus Hamburg‹, schöner Titel«, drängte sich Zeltinger dazwischen, warf Gottfried einen 50-D-Mark-Schein hin und heftete sich an Knefs Fersen.

»Ach, Zelli, lass gut sein, ich weiß doch, worum es dir eigentlich geht, ich …«

Mehr konnte Gottfried nicht verstehen, der Abstand war zu groß geworden. Denken konnte er sich das auch so. Zeltinger hatte den Ruf eines rastlosen Schürzenjägers, das war einer der Gründe, warum er gerne in Harry’s Ballroom kam, obwohl er selbst Betreiber eines Nachtklubs war. Hier, hieß es, verkehrten die tollen Frauen, die wilden, die, die Lust auf Abenteuer hatten und sich nicht übertrieben zierten. Harry hatte denselben Ruf wie Zeltinger, allerdings mit dem Unterschied, dass Harry als Gentleman galt, als ein feiner, höflicher Mann, der eine Frau niemals derart bedrängen würde, wie Zeltinger es ständig tat, und es fand sich keine Frau, mit der Harry einmal zusammen gewesen war oder ein Verhältnis gehabt hatte, die schlecht über ihn redete.

Gottfried begann aufzuräumen. Zu seinem Erstaunen verließen die Knef und ihre Begleiter den Ballroom ohne Zeltinger, der ihnen wütend hinterherstarrte, bevor er zur Theke zurückkehrte, noch einen Negroni bestellte und stumm vor sich hinbrütete.

Gottfried stellte die Musik ab. Solange er unter Hochdruck arbeitete, nahm er sie nicht wahr, wenn jedoch das hektische Treiben abflaute, fühlte er sich von dieser merkwürdigen Mischung aus Schlager und Swing, die Harry Renner höchstpersönlich jede Woche neu auswählte, regelrecht angegriffen. Nur selten traf ein Titel seinen eigenen Geschmack. Er liebte Songs wie ›All I have to do is dream‹ von den Everly Brothers oder ›Lonesome Town‹ von Ricky Nelson. Musik, wie Harry sie hasste, trauriges Gejammer, Musik für Selbstmörder nannte er sie.

»Ruf mir mal ein Taxi, Gottfried«, sagte Zeltinger mit gruftiger Stimme, der weitere Negroni hatte seinen Frustpegel offenbar noch ansteigen lassen. »Der Fahrer soll sich beeilen. Bestell gleich zwei. Wer zuerst da ist, kriegt die Fahrt.«

Gottfried bestellte nur ein Taxi. Wenn Zeltinger gleich das erste nahm, bekam er ja nicht mit, dass kein zweites kam; er verschloss die Geldkassette und brachte sie in den Safe in Harrys Büro. Zeltingers Fünfziger steckte er in seine Hosentasche, in der er schon Fünfmarkstücke und andere Scheine gebunkert hatte. »Alle Barkeeper bescheißen«, hatte Harry ihm gleich am Anfang gesagt, als er ihn eingestellt hatte. »Ich weiß das, und ich will von dir kein peinliches Versprechen, dass das bei dir anders ist. Aber ich sage dir eins: Wenn es mir zu arg wird, bist du raus, und mit raus meine ich, du wirst in dieser Stadt keinen Job mehr als Barmixer kriegen. Kapiert?« Gottfried hatte es kapiert, nur wäre er witzigerweise nie auf die Idee gekommen, in die eigene Tasche zu wirtschaften, wenn Harry nichts gesagt hätte.

Als er in die Bar zurückkehrte, war Zeltinger verschwunden. Ein Glück, dachte Gottfried, einen wie Zeltinger konnte man nicht rausschmeißen, da musste man warten, bis der freiwillig ging.

»Ich bin dann mal weg, Gottfried. Bis morgen!«

Er hatte Rosi nicht bemerkt, die sich zusammen mit Rucki Müller anschickte, den Ballroom zu verlassen. Rucki machte einen deprimierten Eindruck, seine Glatze glänzte vor Schweiß, und er schlich wie ein trauriger, trotziger Dackel hinter Rosi her.

»Ich geh alleine, okay?«, pflaumte sie ihn an, und er nickte betreten. Die beiden hatten Streit, so viel war klar.

»Bis morgen, ja«, antwortete Gottfried abwesend. Er werkelte weiter und vermied es, Rucki anzusehen. Der wollte offensichtlich etwas loswerden, bestimmt wegen Rosi, aber Gottfried hatte keine Lust, es sich anzuhören. Eine Minute später hatte auch Rucki sich verzogen. Gottfried fühlte sich unendlich müde. Zehn Stunden hinterm Tresen waren an sich schon harte, anstrengende Arbeit, doch das Mixen und Schütteln, das durch die Luft Wirbeln von Flaschen, Gläsern und seinem Boston Shaker, sprich die akrobatische Choreografie seiner einzigartigen Barmixer-Show, die er Abend für Abend ablieferte – das war noch anstrengender. Und weniger Show ging nicht, schließlich hatte Harry ihn vor allem deswegen eingestellt, und sein Können war mit einer der Gründe, warum Harry’s Ballroom schon kurz nach seiner Eröffnung vor einem Jahr der angesagteste Nachtklub Berlins geworden war. Es gab einen zweiten Barmixer, dem Gottfried nicht aus Nettigkeit, sondern einfach, um etwas mehr Freizeit zu haben, versucht hatte, ein paar Tricks beizubringen, doch dabei waren so viele Gläser und Flaschen draufgegangen, dass Harry ihm jede weitere Nachhilfestunde untersagt hatte.

Gottfried öffnete die Tür, ein...

Erscheint lt. Verlag 30.8.2021
Reihe/Serie Lemke-von Stain-Serie
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Krimi / Thriller / Horror Historische Kriminalromane
Schlagworte 50-er Jahre • Berlin • DDR • Geheimdienste • historischer Krimi • Krimi • Ku'damm • KZ • Mord • Nachtleben • Neuerscheinung 2021 • Rolf Eden • Spionage
ISBN-10 3-8437-2486-5 / 3843724865
ISBN-13 978-3-8437-2486-9 / 9783843724869
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