König Johann / Titus Andronicus (eBook)
240 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-60845-8 (ISBN)
Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen bei Bern als Sohn eines Pfarrers geboren. Er studierte Philosophie in Bern und Zürich und lebte als Dramatiker, Erzähler, Essayist, Zeichner und Maler in Neuchâtel. Bekannt wurde er mit seinen Kriminalromanen und Erzählungen ?Der Richter und sein Henker?, ?Der Verdacht?, ?Die Panne? und ?Das Versprechen?, weltberühmt mit den Komödien ?Der Besuch der alten Dame? und ?Die Physiker?. Den Abschluss seines umfassenden Werks schuf er mit den ?Stoffen?, worin er Autobiografisches mit Essayistischem verband. Friedrich Dürrenmatt starb 1990 in Neuchâtel.
Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen bei Bern als Sohn eines Pfarrers geboren. Er studierte Philosophie in Bern und Zürich und lebte als Dramatiker, Erzähler, Essayist, Zeichner und Maler in Neuchâtel. Bekannt wurde er mit seinen Kriminalromanen und Erzählungen ›Der Richter und sein Henker‹, ›Der Verdacht‹, ›Die Panne‹ und ›Das Versprechen‹, weltberühmt mit den Komödien ›Der Besuch der alten Dame‹ und ›Die Physiker‹. Den Abschluss seines umfassenden Werks schuf er mit den ›Stoffen‹, worin er Autobiografisches mit Essayistischem verband. Friedrich Dürrenmatt starb 1990 in Neuchâtel.
Northampton. Ein Staatszimmer im Palast.
König Johann, Königin Eleonore, Blanka, Pembroke, Chatillon.
KÖNIG JOHANN
Nun, Chatillon, sag, was will Frankreich uns?
CHATILLON
So redet Frankreichs König nach dem Gruß
Durch meinen Vortrag zu der Majestät,
Erborgten Majestät von England hier.
ELEONORE
Erborgten Majestät? – seltsamer Anfang.
KÖNIG JOHANN
Still, gute Mutter, hört die Botschaft an.
CHATILLON
Philipp von Frankreich sieht das Recht verletzt.
Drei Brüder starben dir, vor dir geboren:
Der erste Heinrich, Gottfried dann und endlich
Der edle Richard Löwenherz.
ELEONORE
Wir wissen.
Wir haben sie geboren. Laßt den Unsinn.
KÖNIG JOHANN
Still, gute Mutter. Chatillon, fahr fort.
CHATILLON
Philipp von Frankreich fordert an im Namen
Arthur Plantagenets, des Sohnes deines
Ums Reich geprellten ältern Bruders Gottfried,
Dies schöne Eiland samt den Ländereien
Von Irland, Poitiers, Anjou, Touraine, Maine.
ELEONORE
Arthur Plantagenet? Der kleine Arthur,
Kaum lernt er gehen, kaum ist er entwöhnt,
In Windeln noch, erhebt so großen Anspruch?
KÖNIG JOHANN
Still, gute Mutter. Chatillon, sprich weiter.
CHATILLON
Frankreich befiehlt: Gib frei das Erbe Arthurs,
Von dir geraubt und rechtlos ausgeplündert,
Damit dein Neffe es aus deiner Hand
Empfange als dein königlicher Herr.
KÖNIG JOHANN
Und wenn wir dieses weigern, was erfolgt?
CHATILLON
Krieg.
KÖNIG JOHANN
Wir haben Krieg für Krieg und Blut für Blut,
Zwang wider Zwang. Wir treffen in zwei Monden
Mit unserer Armee in Anjou ein
Vor Englands Stadt Angers, erwarten Frankreich.
Antworte Philipp das, und nun hinweg.
Gebt ehrliches Geleit ihm auf den Weg.
Besorg’s, getreuer Pembroke – Chatillon, leb wohl.
Pembroke geleitet Chatillon hinaus.
ELEONORE
Mein lieber Sohn, das war vorauszusehen.
Ich kenn den Ehrgeiz meiner Schwiegertochter
Konstanze von Bretagne. Mein Enkel Arthur
Soll Englands König sein, nicht du. Drum hetzt
Sie Frankreich und die ganze Welt auf uns.
Das Weib mit ihrem Söhnlein ist gefährlich.
KÖNIG JOHANN
Uns schirmt, was ich besitze und mein Recht.
ELEONORE
Uns schirmt, was du besitzest, nicht dein Recht,
Sonst müßt es übel gehn mit dir und mir,
Denn Recht hat Arthur ebenso wie du.
Warum so schroff mit diesem Chatillon?
Warum so schnell? Es wäre leicht gewesen,
Durch freundliche Vermittlung auszugleichen,
Was die Verwaltung zweier Reiche nun
In einen Krieg verstrickt, der schrecklich kostet.
KÖNIG JOHANN
Die Klöster und Abteien sollen zahlen
Die Kosten dieses Kriegs.
ELEONORE
Das kostet uns
Die Freundschaft Roms.
KÖNIG JOHANN
Es koste sie. Mich kostet
Der Krieg die Ehre und mein Land, fällt mir
Der Sieg nicht zu. Ich muß darauf bestehen,
Daß Frankreich mich als König anerkennt
Und nicht Arthur, ich brauche diesen Krieg,
Und wenn nicht einen Krieg, so doch den Sieg
Der Politik auf meine Drohung hin:
Denn bin ich vor Angers, lenkt vielleicht Frankreich,
Beeindruckt, doch noch ein. Ich muß es wagen.
Durch meines Bruders Richard genial
Verschlampte Heldenwirtschaft kam
Das Land in Unordnung. Der Adel murrt.
Er liebt nicht meine starke Hand. Er will
Die Freiheit, England auszuplündern,
Für sich allein, drum neigt er Arthur zu.
Die Kirche sucht mich zu erpressen, pocht
Auf ihre Pfründe, und des Himmels Gnade
Fließt bloß für bares Geld. Das Volk ist dumpf.
Gesund ist nur das Heer, und diese Waffe,
Bevor sie rostet, muß ich brauchen. Krieg
Den Lords wär Bruderkrieg, er schwächte mich,
Doch Krieg mit Frankreich eint die Nation
Und zwingt den Adel sich zu unterwerfen.
Pembroke kommt zurück.
PEMBROKE
Mein Fürst, hier ist der wunderlichste Streit
Vom Land vor Euren Richterstuhl gebracht,
Wovon ich je gehört. Bring ich die Leute?
KÖNIG JOHANN
Ihr Stand?
PEMBROKE
Landadliges Pack, Hoheit.
KÖNIG JOHANN
Schick sie fort.
ELEONORE
Bring sie her.
Komm, lieber Sohn, und setz dich wieder.
Ein Sheriff bringt den Bastard und Robert Faulconbridge.
KÖNIG JOHANN
Wer seid ihr beide?
BASTARD
Ich euer treuer Knecht, ein Edelmann
Aus Northamptonshire, und, nach meiner Mutter,
Der älteste Sohn des Robert Faulconbridge,
Den Richard Löwenherz zum Ritter schlug:
Nicht unbegreiflich, langsam schwant es mir.
KÖNIG JOHANN
Und du?
ROBERT
Der Erbe und der Sohn desselben Faulconbridge.
KÖNIG JOHANN
Ist das der ältere, der Erbe du,
So scheint’s, ihr seid von einer Mutter nicht.
BASTARD
Gewiß von einer Mutter, Majestät,
Das weiß man, ob wir auch von einem Vater,
Die Kenntnis dieses delikaten Punktes
Macht mit dem Himmel aus und meiner Mutter;
Ich zweifle dran, wie jeder Sohn es darf.
ELEONORE
Du schändest deine Mutter, grober Kerl.
BASTARD
Ich, Königin? Ich schände nicht, die mich
Gebar, noch schändet meine Mutter mich,
Mein feiner Bruder fühlt geschändet sich
Durch meine Mutter, die auch seine ist,
Und wenn er es beweist, so prellt er mich
Um mindestens fünfhundert Pfund im Jahr.
Gott schütz mein Land und meiner Mutter Ehre!
KÖNIG JOHANN
Und uns vor deiner Narrheit, Amen. Warum
Denn fordert nun der Jüngere dein Erbe?
BASTARD
Ihm schwant’s auch langsam, was mir langsam schwant.
Vergleicht nur die Gesichter, richtet selbst.
Gesetzt, der alte Herr, Sir Robert, zeugte uns,
Und diese Mißgeburt dem Vater gleicht:
Fällt auf die Knie.
O alter Robert, Vater! Siehe mich
Dem Himmel danken, denn ich gleich dir nicht!
KÖNIG JOHANN
Ein toller Wirrkopf schießt da aus dem Mist.
ELEONORE
Merkwürdig. Er gleicht meinem Sohne Richard.
KÖNIG JOHANN
Jetzt du, der andre Kerl, tritt vor und sprich:
Was forderst du des ältern Bruders Land?
ROBERT
Mein Fürst, kaum war mein Vater Faulconbridge
Mit meiner Mutter frisch getraut, als Euer
Erst jüngst verstorbner Bruder König Richard
Sir Robert plötzlich brauchte –
BASTARD
Ei, Herr, damit gewinnt Ihr nicht mein Land!
Erzählt uns, wie der Held in fernen Kriegen
Und fremden Ehebetten, Richard Löwenherz,
Die plötzlich brauchte, welche meine Mutter wurde.
ROBERT
Der König, plötzlich, schickte meinen Vater
Nach Deutschland, mit dem Kaiser zu verhandeln
Sechs Monde lang in wichtigen Geschäften.
Schief ging es aus, mein Vater war kein Diplomat.
Dem König war es einerlei. Er hatte
Sein Ziel erreicht, er nutzte flugs die Strecke
Von See und Land, die meine Eltern trennte,
Das frisch getraute Paar, verbrachte heimlich
In meines Vaters Hause Nacht um Nacht,
Und dieser muntre Herr da war erzeugt!
Wie solches möglich, schäm ich mich zu sagen.
Doch wahr ist wahr. Sir Robert selbst, im Sterben,
Trug mich als Erben ein ins Testament:
»Der, deiner Mutter Sohn, ist meiner nicht.
Und wenn er’s ist, so kam er in die Welt
An zwanzig Wochen vor der rechten Zeit;
An dieses Wunder, Gott, das meine fromme Frau
Und deine Pfaffen mich da glauben machten,
Vermag ich, todesmatt, nicht mehr zu glauben!«
So sprach mein armer Vater und verschied.
Drum gönnt mir jetzt, was mein ist, König Johann,
Des Vaters Land nach meines Vaters Willen.
KÖNIG JOHANN
Das Urteil. Euer Bruder ist ein echtes Kind:
Des Vaters...
Erscheint lt. Verlag | 9.12.2020 |
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Verlagsort | Zürich |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Lyrik / Dramatik ► Dramatik / Theater |
Schlagworte | 20. Jahrhundert • Altes Rom • Antike • Bearbeitung • Drama • Dramen • Dürrenmatt • Feldherr • Klassiker • Komödie • Literatur • Politik • Schweiz • Shakespeare • Theater • Theaterstück • Tragödie |
ISBN-10 | 3-257-60845-4 / 3257608454 |
ISBN-13 | 978-3-257-60845-8 / 9783257608458 |
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