Finsterhaus (eBook)

Kriminalroman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
496 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-27690-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Finsterhaus -  Johanna Mo
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Eine Insel sucht einen Mörder und ein entführtes Kind
Hanna Duncker ist noch völlig vertieft in die Ermittlungsakte ihres Vaters, als sie der verzweifelte Anruf von Jenny Ahlström erreicht: Jennys Mann und ihr vierzehn Monate alter Sohn sind spurlos verschwunden. Ganz Öland beteiligt sich an einer groß angelegten Suchaktion, während Hanna und ihr Kollege Erik Lindgren nach einem Motiv im Leben des vermissten Vaters fahnden. Eine Spur führt schließlich in ein leer stehendes Haus. Liegt hier der Schlüssel zum Fall? Für Hanna beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit. Und es gibt noch ein Rätsel, das sie lösen muss: Warum versucht jemand mit aller Macht zu verhindern, dass sie endlich die Wahrheit über ihren eigenen Vater herausfindet?

Die »Hanna Duncker«-Reihe:

Band 1: Nachttod

Band 2: Finsterhaus

Band 3: Dunkelwald

Band 4: Nebelstunde

Band 5: Dämmersee

Alle Bände können auch unabhängig voneinander gelesen werden.

Johanna Mo wuchs in Kalmar, im Süden Schwedens, auf und lebt mit ihrer Familie in Stockholm. Neben dem Schreiben arbeitet sie seit zwanzig Jahren als Redakteurin, Übersetzerin und Literaturkritikerin. Als Teenager musste Johanna Mo erleben, was es heißt, jemanden zu kennen, der zum Mörder wurde. Diese Erfahrung hat sie nie wieder losgelassen und zu der SPIEGEL-Bestseller-Reihe um Polizistin Hanna Duncker inspiriert.

1

Hanna Duncker setzte sich so, dass sie den Eingang im Blick hatte. Bei der Bedienung bestellte sie erst mal nur ein Glas Wasser, um die Zeit bis zum Eintreffen ihrer Verabredung zu überbrücken.

Genau wie ihr Vater Lars hatte dessen Freund Gunnar ein Alkoholproblem gehabt, auch wenn Letzterer eher zur Kategorie Quartalssäufer gehört hatte, und Hanna hatte keine Ahnung, wie es um seine Sucht gerade bestellt war. Anfangs war Gunnar nicht sicher gewesen, ob er sie wirklich treffen wollte. Zuletzt hatten sie sich bei Lars’ Beerdigung vergangenen Herbst gesehen, und da hatte sie es nicht über sich gebracht, richtig mit ihm zu sprechen. Sie hatte ihm angeboten, ihr Elternhaus zu kaufen. Schließlich hatte Gunnar in all den Jahren, die ihr Vater im Gefängnis gesessen hatte, dort gewohnt, er hatte es aber nicht haben wollen. Die beiden waren Freunde gewesen, seit Hanna denken konnte, kennengelernt hatten sie sich bei der Arbeit in Kalmar.

Drei Trauergäste, mehr waren nicht gekommen. Hanna, Gunnar und die Frau, die er mitgebracht hatte. Letztere war nur zur Unterstützung dabei gewesen. Weder Lars’ Eltern noch sein Sohn Kristoffer waren erschienen. Ihre Großeltern, zu denen sie keinen Kontakt hatte, wohnten mittlerweile in Norwegen und ihr Bruder Kristoffer in London.

Die Tür zum Ernestos ging auf, aber nicht Gunnar kam herein, sondern ein junges Paar. Die Frau drehte sich zu dem Mann und lachte so schrill, wie nur Frischverliebte es taten. Dabei fiel ihr das lockige rote Haar ins Gesicht, das sie schnell wieder zurückstrich. Hanna schluckte. Erst gestern hatte ihr Ex-Freund Fabian ein Ultraschallbild bei Facebook geteilt. Er und seine Partnerin erwarteten ein Kind. Die Erzieherin, mit der er, wenige Wochen nachdem er sich von Hanna getrennt hatte, zusammengekommen war. Mehrere Minuten lang hatte sie auf das Bild gestarrt, sich nicht losreißen können.

Das junge Paar hatte einen Tisch bestellt. Sie feierten ihr Einjähriges – und Hanna hatte geglaubt, sie hätten sich gerade erst kennengelernt. Sie schaute ihnen nach, bis sie im Obergeschoss verschwunden waren.

Wieder öffnete sich die Tür, aber auch diesmal war es nicht Gunnar, sondern ein Mann um die sechzig. Sein linker Arm hing schlaff herunter, das linke Bein war steif. Das sah nach Schlaganfall aus. Er ging zu einem Mann in seinem Alter, und dann folgte eine lange Umarmung.

Was, wenn Gunnar es sich anders überlegt hatte?

Hanna hatte sich den gesamten Sommer über mit dem Raubmord an Ester Jensen beschäftigt. Dem Mord, wegen dem ihr Vater 2003 verurteilt worden war. Wobei … eigentlich hatte sie nur eine Woche gebraucht, um die Ermittlungsunterlagen zu lesen, und den Rest der Zeit, um zu verdauen, was sie da erfahren hatte. Man hatte Lars’ DNA in Esters Haus gefunden. Außerdem waren seine Fingerabdrücke auf dem Benzinkanister gewesen, der vor dem brennenden Haus gelegen hatte.

Solche Spuren ließen sich nicht ignorieren. Wie hatte sie nur annehmen können, dass er unschuldig war?

Weil Hanna erst im Mai bei der Polizei in Kalmar angefangen hatte, war ihr Urlaub mangels Anspruch entsprechend kurz ausgefallen. Und das Brüten über die Taten ihres Vaters hatte den überwiegenden Teil davon vermiest. Um sich zu beschäftigen und die quälende Unruhe in Schach zu halten, hatte sie angefangen, ihr kleines Haus in Kleva zu renovieren. Hatte im Wohnzimmer tapeziert. Die Decke und die Fußbodenleisten weiß gestrichen. Eine Wand oben im Schlafzimmer hatte sie hellgrün tapeziert. Die Blümchentapete in der Küche hatte sie jedoch nicht anrühren wollen. Jetzt sah das Haus schon weniger verwohnt aus, aber das kleine Bad und die Duschkabine mussten unbedingt noch erneuert werden.

Hanna checkte die Uhr auf ihrem Handy. Gunnar war zehn Minuten zu spät. Ihre Sandkastenfreundin Rebecka hatte ihr ein Foto geschickt. Sie war mit ihrer Familie im Last-Minute-Urlaub auf den Kanaren. Im Frühjahr war Rebeckas Sohn Joel tot am Möckelmossen aufgefunden worden – Hannas erster Fall seit ihrer Rückkehr nach Öland. Sie und Rebecka waren zusammen aufgewachsen, und es war eigenartig gewesen, die Freundin nach so vielen Jahren wiederzusehen, besonders unter den gegebenen Umständen.

Hanna tippte auf das Bild, das Molly lachend am Strand zeigte, eine Eiswaffel in der Hand. Das weiße Softeis war an der Seite heruntergelaufen. Joels kleine Schwester schien seinen Verlust besser verkraftet zu haben als seine Mutter. Rebecka hatte Hanna mehrfach angerufen und bitterlich geweint.

Ich kann nicht mehr.

Aber irgendwie war es doch gegangen. Der Urlaub sollte nicht nur ein Tapetenwechsel sein, sondern auch der Versuch, ihre Ehe mit Petri zu retten.

Eine Viertelstunde nach der vereinbarten Zeit war es endlich Gunnar, der die Tür öffnete. Er trug Jeans und ein rostbraunes T-Shirt und wirkte wesentlich agiler als bei der Beerdigung vor zehn Monaten. Ausgeruht und sonnengebräunt. Das grau gesprenkelte Haar war kurz geschnitten. Gunnar war ein paar Jahre jünger als Lars, sollte also noch unter sechzig sein. Er setzte sich ihr gegenüber an den Tisch.

»Entschuldige die Verspätung«, sagte er.

»Kein Problem. Ich freu mich, dass du gekommen bist.«

Die Bedienung eilte herbei und nahm ihre Bestellung auf. Gunnar wollte Cola zu seiner Pizza, deshalb wählte Hanna auch eine, obwohl ihr eher nach einem Glas Rotwein gewesen wäre.

»Schicke Frisur«, sagte Gunnar.

»Danke.«

Bei der Beerdigung hatte Hanna noch halblange Haare gehabt, danach war sie zur Kurzhaarfrisur übergegangen. Vorn waren sie am längsten, der schräge Pony reichte ihr bis zum Wangenknochen. Vor ein paar Monaten war sie deshalb einmal Brienne of Tarth genannt worden. Damals hatte Hanna nicht gewusst, wer das war. Klar, es gab Ähnlichkeiten: Größe, Haarfarbe und Frisur, aber Hanna war nicht ganz so breit. Game of Thrones hatte sie seither trotzdem nicht angeschaut.

»Wie ich gesehen habe, arbeitest du jetzt für die Polizei in Kalmar«, fuhr Gunnar fort.

Hanna nickte. Sein Ton war nicht anklagend gewesen, nur neugierig, trotzdem wollte sie nicht über ihre Arbeit sprechen.

»Ich habe die Ermittlungsakten gelesen«, sagte sie.

»Soso«, machte Gunnar und schaute sie an. Mehr kam nicht, außer dass sich eine leichte Falte zwischen seinen Augenbrauen bildete.

Eine Falte, die zeigte, dass er wusste, welche Ermittlungsakte sie meinte.

»Hast du je mit Lars über das gesprochen, was mit Ester passiert ist?«, fragte sie.

»Nein«, antwortete Gunnar. »Ich habe es versucht. Aber er wollte nicht.«

Hanna spülte ihre Enttäuschung mit einem Schluck Cola hinunter. Jetzt bereute sie, nicht doch einen Wein genommen zu haben.

»Was machst du so, heutzutage?«, fragte sie.

Damit hätte sie mal besser angefangen, mit Small Talk. Wie ein normaler Mensch, der sich für andere interessierte.

»Ich wohne in Norrliden, in einer Wohnung«, sagte Gunnar. »Ich musste weg von Öland.«

Sie selbst war damals nach Stockholm gezogen, aber nach sechzehn Jahren zurückgekehrt. Hanna schätzte, auch Gunnar hatte genug unter dem Gerede zu leiden gehabt. In gewisser Weise war es vielleicht sogar noch schlimmer für ihn gewesen, schließlich war er so lange auf Öland geblieben, hatte noch dazu in Lars’ Haus gewohnt. Mörderhaus war es genannt worden. Sie hatte seine neue Adresse nicht finden können, nur eine Telefonnummer.

»Arbeitest du?«

»Ja, in einem Altenheim. Und Leticia und ich haben uns einen Russkiy Toy geholt.«

»Was ist das?«

»Ein kleiner Hund.«

»Wäre das übersetzt nicht so was wie: russisches Spielzeug?«

»Genau.« Gunnar grinste.

Die Bedienung kam und brachte ihre Pizzen. Dann aßen sie erst mal schweigend. Gunnar mit deutlich mehr Appetit als sie.

»Leticia, war das die Frau, die dich zur Beerdigung begleitet hat?«, fragte Hanna, um das Gespräch wieder aufzunehmen.

Gunnar hatte sie ihr vorgestellt, sie hatte den Namen aber sofort wieder vergessen.

»Ja.«

»Freundin, Job und Hund. Nicht schlecht.«

Gunnar lächelte, und Hanna merkte überrascht, wie weh das tat. Wieso hatte ihr Vater denn sein Leben nicht in den Griff bekommen können? Mit dem Trinken aufhören und sich einen neuen Job und eine neue Frau suchen? Dann würde Ester heute noch leben. Da traf sie eine weitere Erkenntnis: Papas Tod musste eine Befreiung für Gunnar gewesen sein, selbst wenn er das nie so ausdrücken würde. Er war der Einzige gewesen, der Lars beigestanden und wirklich versucht hatte, ihm zu helfen.

Gunnar wurde schnell wieder ernst.

»Es tut mir leid, dass ich gezögert habe, als du angerufen und gefragt hast, ob wir uns treffen können, aber ich …«

Gunnars Blick wanderte nervös umher. Schlussendlich kam er ein Stück links von Hannas Kopf wieder zur Ruhe.

»Ich habe mein Leben im Griff und wollte da nicht wieder reingezogen werden.«

Der Satz hätte genauso gut von ihrem Bruder kommen können. Sie hatten seit dem Telefonat im Mai nicht mehr miteinander gesprochen, als Hanna ihn nach dem Treffen mit Kristoffers altem Schulfreund Axel Sandsten im Zuge der Ermittlungen um Joels Tod angerufen hatte. Axel war Joels Vater, und eine Zeit lang hatte er zu den Verdächtigen gehört. Vor ein paar Wochen hatte sie ihrem Bruder eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, aber zurückgemeldet hatte er sich nicht. Sie hatte mit ihm über die Ermittlungen sprechen wollen, denn bisher hatte sie nur mit ihrer Nachbarin...

Erscheint lt. Verlag 8.3.2022
Reihe/Serie Die Hanna Duncker-Serie
Übersetzer Ulrike Brauns
Sprache deutsch
Original-Titel Skuggliljan
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2022 • Broadchurch • Bruder-Schwester-Geschichte • Camilla Läckberg • Charlie Lager • Der Kommissar und das Meer • Die Lüge • eBooks • Eifersucht • entführtes Kind • Erik Lindgren • Ermittlerduo • Ermittlerkrimi • Fuchsmädchen • Gotland • Hanna Duncker • Immobilienmakler • Inselkrimi • Kalmar • Krimi • Kriminalromane • Krimis • Kristina Ohlsson • Lina Bengtsdotter • Löwenzahnkind • Maria Grund • Mattias Edvardsson • Neuerscheinung • Neuerscheinungen 2022 • Neuerscheinung Krimi 2022 • Öland • Polizistin • Schuld • Schweden • Schwedenkrimi Neuerscheinungen 2022 • Skandinavischer Krimi • SPIEGEL-Bestseller • Urlaubslektüre • Vater-Tochter-Geschichte
ISBN-10 3-641-27690-X / 364127690X
ISBN-13 978-3-641-27690-4 / 9783641276904
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