Sommerträume am Meer (eBook)

Roman

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
528 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-27164-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sommerträume am Meer -  Karen Swan
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Eine kleine Insel, ein aufregender Sommer und ein geheimnisvoller Fremder ...
Bell liebt ihr Leben in Stockholm und ihren Job als Nanny bei der Familie Mogert. Vor allem aber liebt sie den schwedischen Sommer, den sie alle zusammen auf einer kleinen Schäreninsel verbringen. Doch in diesem Jahr ist alles anders: Seit einem verwirrenden Anruf ein paar Wochen zuvor ist die Stimmung angespannt, und Bell ahnt, dass die Mogerts ihr etwas verheimlichen. An Mittsommer findet sie Trost und Geborgenheit in den starken Armen von Emil, dem schönsten Mann, der ihr je begegnet ist. Aber auch Emil hat seine Geheimnisse ...

Karen Swan arbeitete lange als Modejournalistin für Zeitschriften wie Vogue, Tatler und YOU. Heute lebt sie mit ihrer Familie im englischen Sussex und schreibt jedes Jahr zwei Romane - einen für die Sommersaison und einen zur Weihnachtszeit.

1. Kapitel


Stockholm, Dezember 2018

Bell schoss in den Pedalen stehend über die Kreuzung. Sie keuchte noch vom letzten Anstieg, ihre Socken hatte sie über die Hosensäume gestülpt. Sie gehörte zu den wenigen Radfahrern, die tatsächlich noch selbst in die Pedale traten; die meisten anderen waren mit E-Bikes oder elektrischen Vespas im morgendlichen Berufsverkehr unterwegs. Sie wirkten weit weniger verschwitzt als sie – und weit weniger gehetzt. Sie war wieder einmal zu spät dran. Immerhin machte sich der scharfe Ostwind, der ihr vor zehn Minuten beim Verlassen der Wohnung ins Gesicht gefahren war, jetzt kaum mehr bemerkbar. Im Gegenteil, ihre Wangen waren warm und rosig von der Anstrengung.

Sie bog scharf rechts in eine schmale Straße ein und begann, hart am Lenker ziehend, den kurzen, aber sehr steilen Anstieg über den letzten Hügel, den sie wenig später wieder hinuntermusste, um ihr Ziel zu erreichen. Rechts und links parkten glänzende schwarze Karossen, in einigen davon saßen bereits Chauffeure. Dies war Embassy Land, das Revier der ausländischen Botschaften, und die schmucken Häuser waren in Lodengrün, Umbra und pigmentierten Terracottatönen gehalten.

Mit einem letzten keuchenden Atemzug erreichte Bell den Gipfel und ließ sich erleichtert in den Sattel sinken, denn der Rest des Weges erledigte sich von selbst. Der Verkehrslärm von der Hauptstraße blieb hinter ihr zurück, das Surren ihrer Räder und das Zwitschern der Vögel gewannen an Volumen. Vor ihr fächerten sich die Straßen auf, wurden breiter und prächtiger. Volvos, Audis und Jaguars standen vor eindrucksvollen Häusern, die ebenso typisch für diese Wohngegend waren wie der kleine Spielplatz, den man auf einer eigenartigen Ansammlung von Felsbrocken errichtet hatte, die das Zentrum des Platzes beanspruchten. Sie waren ein Relikt aus der Vorzeit, ehe die Stadt errichtet worden war, das keine Maschine hatte zerstören oder wegschaffen können. Daher hatte man eben darum herumgebaut. Bell liebte diese aus der Zeit gefallene Kuriosität, die wie etwas Urtümliches, Unbeherrschbares die glatte Fassade der Stadt durchbrach. Wahrscheinlich war dies der Grund, warum sich hier vorzugsweise Familien angesiedelt hatten. Es gab kein Kind in Stockholm, das es nicht liebte, auf diesen Felsen herumzuklettern. Teenager rauchten hier verstohlen die erste Zigarette oder wagten einen ersten Kuss …

Sie umradelte den Felsen und erblickte das Anwesen, das dieser Tage ihr zweites Zuhause war. Es stand an einer Ecke des Platzes und war unübersehbar: ein quadratisches, vierstöckiges Gebäude mit einer von dicken Doppelglasfenstern flankierten Mittelsäule, dazu verwitterte rote Ziegelwände, die mit dem kupfernen Walmdach und den kupfernen Regenrinnen harmonierten. Das Anwesen war von einer hohen Gartenmauer umgeben, hinter der sich ein erstaunlich grüner und attraktiver Innenhof verbarg. Oddjob, der getigerte Kater der Familie, saß auf einem der Torpfosten und überblickte sein Königreich. Soeben wurde ein Torflügel aufgestoßen. Dann war sie also nicht die Einzige, die spät dran war? Ein E-Scooter wurde hinausgeschoben, gefolgt von einem bebrillten Mann in einem marineblauen Kurzmantel, der ihm bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Ergänzt wurde sein Look von einem gestreiften Missoni-Schal, einer gerippten Wollmütze auf dem schon graumelierten Haar und einer braunen Riementasche, die er quer über die Schultern trug.

»Hi, Max«, keuchte Bell und schwang das linke Bein über den Sattel. Ihre Bremsen quietschten, als sie vor ihm zum Stehen kam.

»Guten Morgen, Bell.« Er hielt ihr das Tor auf, und sie duckte sich geschickt unter seinem Arm hindurch, als ob sie einen Tanz einstudiert hätten.

»Wie läuft es drinnen?«, erkundigte sie sich und lehnte ihr Rad an die Gartenmauer. Sie zupfte sich die Bommelmütze vom Kopf, und sofort standen ihre langen dunklen Haare wie elektrisiert in die Höhe.

Er verdrehte kopfschüttelnd die Augen. »Ein Tollhaus. Ich musste flüchten, sonst hätte ich den Verstand verloren.«

Sie lachte. »Das muss der Grund sein, warum ich mich bei euch so wohlfühle: Meinen Verstand hab ich schon vor Jahren abgegeben.« Schmunzelnd lief sie die hinteren Stufen zum Hochparterre hinauf und öffnete die Glastür.

»Guten Morgen, allerseits!« Munter betrat sie die Küche und band sich dabei das Haar mit dem Gummiband hoch, das sie immer am Handgelenk trug. Automatisch überflog ihr Blick das morgendliche Chaos in der Küche: Der Orangensaft stand offen auf der Anrichte, wo er warm wurde. Rasch stellte sie ihn zurück in den Kühlschrank.

»Ah, Bell, Gott sei Dank, da bist du ja. Ich muss sausen. Ein Patient hat kurzfristig um einen Termin gebeten, ein Notfall, man erwartet mich.« In Hannas Ton lag Dringlichkeit, die sich jedoch nicht in ihren bedachten Bewegungen niederschlug. Sie schlüpfte in einen beerenroten Mantel, der sensationell gut zu ihrem hellblonden Haar passte, und warf einen abschließenden Blick in den Spiegel. Ihr Make-up war wie immer diskret, aber perfekt aufgetragen. Bell war jetzt seit drei Jahren bei den Mogerts, und in dieser Zeit hatte sie Hanna nie anders als makellos erlebt. Ihre Küche dagegen …

Bell spürte ein Zupfen am Fußgelenk und blickte nach unten. Elise, die um neun Minuten ältere der beiden Zwillinge, zog mit missbilligend geschürztem Mündchen die Jeanssäume ihres Kindermädchens aus den Socken. Bereits im Alter von knapp vier Jahren besaß die Kleine den modischen Instinkt ihrer Mutter.

Bell schmunzelte. »Danke, Elise, dass du mir die Arbeit abnimmst. Und, hast du dir schon das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt?«

Elise nickte.

Bell ging in die Hocke und wischte mit dem Finger einen Klecks Marmelade von der pummeligen Wange des kleinen Mädchens. Sie hielt ihn ihr vors Gesicht und sah sie perplex an. »Wirklich?«

Elise schnappte nach Luft, sie konnte kaum glauben, dass ihr kleiner Schwindel aufgeflogen war, und rannte rasch nach oben.

»Sie kann ein richtiges Schlitzohr sein«, meinte Hanna mit einem gutmütigen Lachen und nahm ihre schlanke lederne Aktenmappe vom Küchenhocker. »Du denkst daran, dass Max heute nicht zum Abendessen da sein wird?«

»Ja. Ich wollte sowieso Köttbullar machen, die lassen sich einfrieren, wenn was übrig bleibt.« Bell warf einen Blick in den Kühlschrank, um sich davon zu überzeugen, dass sämtliche Zutaten vorhanden waren. Es sah aus, als ob die Preiselbeeren nicht mehr reichen würden.

»Wunderbar. Ach ja, ich wollte eigentlich heute Abend zur Elternsprechstunde von Linus, weiß aber nicht, ob ich das schaffen werde. Ich sage dir noch Bescheid, ja? Könntest du im Notfall für mich hingehen?«

»Oh …« Sie wollte sich heute Abend eigentlich mit Ivan treffen. Es war ihr drittes Date und sollte eigentlich die Nacht werden. Bell warf einen Blick auf den Neunjährigen, der am Küchentisch saß und sie beobachtete. Er hatte das Gesicht eines Engels – weich gelockte dunkelblonde Haare und große graugrüne Augen, dazu ein paar vereinzelte Sommersprossen auf der Nase. Er war ein sanftes Kind, mit einer großen Liebe zu Tieren und zur Natur, besaß dabei aber einen hintergründigen Humor, der sich in einem Funkeln in den Augen manifestierte. Die ersten Vorboten der Pubertät machten sich bereits bemerkbar: Seit Neuestem wünschte er sich ein Skateboard, coolere Turnschuhe, einen Snapchat-Account …

Bell zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Klar, mache ich.«

Hanna trat zu ihm und gab ihm einen geräuschvollen Schmatz auf die Wange, woraufhin er, halb erfreut, halb angeekelt, das Gesicht verzog. »Hab dich lieb, mein Liney … und vielen Dank, Bell, du bist echt ein Goldschatz!« Hanna winkte ihrem Kindermädchen, warf Linus noch einen abschließenden Handkuss zu und schlüpfte anmutig zur Küchentür hinaus.

Die Tür fiel hinter ihr ins Schloss, aber nicht bevor Blofeld, die andere Familienkatze, hereingeschossen kam und nun auf leisen Sohlen über den Küchenfußboden huschte. Bell sah zu Linus hinüber und bemerkte, dass er seiner Mutter nachschaute, bis sie außer Sicht war. Wenn Hanna einen Raum verließ, dann schien er sich durch ihre Abwesenheit immer zu verändern, als geriete das Stickstoff-Sauerstoff-Gemisch für kurze Zeit aus dem Gleichgewicht. Sie war auf fast zauberhafte Weise alles zugleich: elegant und chaotisch; sanft, aber mit einer natürlichen Autorität.

»Okay, Kumpel, bist du bereit für die Schule? Eine von uns hat heute früh den Wecker überhört, und ihr werdet ja heute in Mathe abgefragt. Da dürfen wir nicht zu spät kommen.« Sie machte sich daran, die Teller abzuräumen und im Spülbecken zu stapeln, damit sie sie für den Moment nicht sehen musste. Darum würde sie sich später kümmern.

»Ich will nicht in die Schule.« Linus sah zu, wie Bell mit Küchenkrepp einen Klecks Honig von der Anrichte wischte.

»Klar willst du.« Jeden Mittwoch war es das Gleiche – Mathe gehörte nicht zu Linus’ Stärken. »Was ist vier mal acht?«

»Zweiunddreißig.« Er hatte nur unmerklich gezögert. Sie hatten diese Woche jeden Morgen, wenn sie ihn zur Schule brachte, und jeden Nachmittag, wenn sie ihn wieder abholte, das Achter-Einmaleins gepaukt.

»Neun mal acht.« Sie blickte auf, während sie die Milch in den Kühlschrank zurückstellte, ebenso Marmelade, Käse und Gürkchen.

»Zweiundsiebzig.«

Bell nickte beeindruckt. Die höheren Zahlen mochte er gar nicht. »Elf mal acht.«

»Viel zu leicht!«, rügte er. »Das ist geschummelt.«

Sie zuckte die Achseln. »Na, wenn du dieser Meinung bist,...

Erscheint lt. Verlag 19.4.2021
Übersetzer Gertrud Wittich
Sprache deutsch
Original-Titel The Hidden Beach
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Beziehung • eBooks • Familiengeheimnis • Frauenromane • Insel • Liebe • Liebesromane • Mittsommer • Romane für Frauen • Schäreninsel • Schweden • Sommerhaus • Sommerroman • Stockholm • Urlaubslektüre
ISBN-10 3-641-27164-9 / 3641271649
ISBN-13 978-3-641-27164-0 / 9783641271640
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