Mord in Dingley Dell (eBook)

Kriminalroman
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2020 | 1. Auflage
272 Seiten
DuMont Buchverlag
978-3-8321-7053-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord in Dingley Dell -  Reginald Hill
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Oscar Boswell und Jack Wardle laden ein - zu besinnlichen Festtagen auf dem Landsitz Dingley Dell. Eine Dickens'sche Weihnacht soll es geben, mit allem, was dazugehört: Gänsebraten und Pastete, Tee und Punsch am offenen Kamin, Eislaufen und Schneewandern, ein viktorianischer Kostümball ... Eine bunte Gesellschaft findet sich im alten Landhaus ein, mit dabei die junge Engländerin Arabella Allen. Als diese jedoch bei einer Erkundungstour durchs Haus auf eine Leiche stößt, wird klar, dass die besinnliche Stimmung trügt. Ein Schneesturm, der den Landsitz von der Außenwelt abschneidet, und das mysteriöse Verschwinden des Hausherrns tun ihr Übriges. Schon bald gerät die Dickens'sche Weihnacht zum mörderischen Versteckspiel ... Mit Witz und Wärme erzählt der britische Krimiautor Reginald Hill eine tödliche Weihnachtsgeschichte - englisch wie Christmas Pudding, behaglich wie ein knisterndes Kaminfeuer und explosiv wie der Lauf eines Vorderladers. »Nur wenige Krimiautoren haben die Gaben von Hill: außergewöhnliche Intelligenz, bestechender Humor und einen Stil, der Eleganz und Anmut miteinander verbindet.« DONNA LEON

Reginald Hill, 1936-2012, wurde im Norden Englands geboren und ist einer der bekanntesten Krimiautoren Großbritanniens. Für sein literarisches Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

1

Hierher – hierher – was ein Spaß – Bier en masse – fässerweise; Rinderstücke – ganze Ochsen; Senf – zuhauf; welch prächtiger Tag – heraus mit Ihnen – fühlen Sie sich wie zu Hause – schön, Sie zu sehen – außerordentlich.

Mr. Alfred Jingle

Eine Bewegung im Unterholz, und heraus stob ein Fasanenhahn. Unwillkürlich verfolgte der größere der beiden Wildhüter die flache Flugbahn des Vogels mit dem Lauf seines Gewehrs, eine fließende, rhythmische Bewegung, die den erstklassigen Schützen verriet.

Sein Gefährte dagegen hielt den Blick aufmerksam auf das Gehölz gerichtet. Nur der Dunst seines Atems in der frostigen Luft strafte seine vollkommene Reglosigkeit Lügen.

»Ein Fuchs?«, sagte der Größere. »Vielleicht auch nichts. Mein Gott, die Gamaschen bringen mich noch um.«

Der andere entspannte sich und zuckte mit den Schultern.

»Schon möglich. Du solltest sie nicht so eng schnüren.«

»Wardle will, dass wir schick aussehen. Hier, Lust auf einen Schluck?«

Er zog einen metallenen Flachmann aus der geräumigen Tasche seiner Tweedjacke.

»Das würde Wardle auch nicht gefallen.«

»Der dicke Sausack wird sich damit abfinden müssen.«

Er nahm einen großen Schluck, steckte den Flachmann wieder ein und sah auf seine Uhr.

»Fast zwölf. Zeit, um runter zur Straße zu gehen und das treu ergebene Gesinde zu geben. Irgendjemand Interessantes auf der Gästeliste? Kommen heute nicht die Franzosen?«

Der andere erwiderte nichts darauf, warf noch einen letzten, langen Blick auf das Gehölz, bevor er sich auf den Weg vom reifgesprenkelten Hang hinunter zur Weißdornhecke machte, die die Straße säumte.

Hinter ihm, das Gewehr nun aufgeklappt als Konzession an das tückische Gelände, folgte der Große. Er redete immer noch.

»Hoffentlich ist ein hübsches Gesicht dabei. Hast du diese deutsche Kuh gesehen? Da bebt das Euter. Einen Moment, ich muss die Gamaschen lockern. Ich bin mir sicher, Boswell, dieser Schleimscheißer, hat da was durcheinandergebracht. Ich hab auf einer Weihnachtskarte noch nie einen gesehen, der so aussieht wie wir.«

Der Kleinere blieb stehen und drehte sich um.

»Du redest zu viel«, sagte er ganz ruhig.

»Tut mir leid, wenn es dich stört.«

»Mich stört es nicht.«

Er betonte ganz leicht das erste Wort.

Schweigend stiegen sie weiter den Hang hinab.

Der Mann im Gehölz lächelte, als er sie fortgehen sah. Er hatte auch gelächelt, als sie angerückt waren. Früher hatte es ihn eher beunruhigt, wenn das berauschende Vergnügen einer solchen Situation seine Blutbahnen zum Moussieren brachte. Mittlerweile hatte er sich daran gewöhnt, er freute sich sogar darauf.

In einem alten Leinwandsack neben ihm lagen zwei fette Kaninchen und ein noch warmer Fasan. Keine schlechte Ausbeute für eine halbe Stunde Arbeit. Schon überraschend, welch ein Vergnügen die Wilderei ihm bereitete. Flink löste er den kurzen Lauf seiner Flinte vom Schaft und schob beides in speziell angebrachte Taschen im Futter seiner alten Militärjacke. Unten waren die beiden Wildhüter nur noch streichholzgroße Männchen vor dem Weiß des reifbedeckten Grases.

Der Wilderer stieg den Hügel hinauf, immer darauf bedacht, dass das Gehölz zwischen ihm und den beiden absteigenden Männern lag. Er bewegte sich leichtfüßig und mühelos. Auf der Hügelkuppe blieb er stehen, sah wieder hinunter, sein scharfer Blick folgte der Weißdornhecke. Aus der Tasche nahm er ein kleines Teleskop, Kinderspielzeug dem Aussehen nach. Aber es erfüllte seinen Zweck. Er fokussierte die Kurve, an der die Hecke eine Lücke aufwies und wo von seinem erhöhten Standort aus die befestigte Straße sichtbar wurde.

Ein, zwei Minuten lang geschah nichts. Dann zeigte sich auf seinem Gesicht, wie so oft, ein attraktives Lächeln. Was er dort unten sah, mochte albern, künstlich, kitschig wirken. Aber der Anblick erfreute sein Herz.

Vier prächtige rotbraune Pferde trabten in sein Sichtfeld, eingespannt in eine hohe Postkutsche aus dem neunzehnten Jahrhundert, die in ihrem ganzen Prunk rot, gelb und braun funkelte.

Er sah, wie der hinten aufgesessene Beisitzer in Erwartung des baldigen Zusammentreffens mit den Wildhütern sein schimmerndes Klappenhorn an die Lippen setzte. Wenige Sekunden später schallten die ankündigenden Töne durch die stechend kalte Luft. Dann verschwand die Kutsche wieder hinter der hohen Hecke, und nur der Dreispitz des Kutschers und die höchsten Erhebungen des auf das Dach geschnallten Gepäcks zeigten die weitere Passage an.

Ein überaus herrlicher Anblick. Wer saß drin?, fragte er sich. Welche Fremden, deren Herzen zeit- wie unzeitgemäße Gelüste in sich trugen, wurden hier zu ihrem Ziel kutschiert? Ein romantischer Gedanke!

Aber so lange sie Fremde für ihn waren, konnte er ihnen alles Gute wünschen. Was er auch wirklich tat, allen, sogar den Wildhütern.

Denn immerhin war heute Heiligabend.

In Unkenntnis der weihnachtlichen Glückwünsche, die ihnen von oben entsandt wurden, reagierten die vier Passagiere in der Kutsche ganz unterschiedlich auf ihre Reise.

Fünf Meilen zuvor hatten sie sich einander bekannt gemacht, am Bahnhof (oder genauer gesagt an der etwas heruntergekommenen Haltestelle), als klar geworden war, dass sie alle beabsichtigten, mit der Kutsche zu fahren. Nun, beabsichtigen war vielleicht übertrieben.

Der dunkle, hagergesichtige, asketisch aussehende Mann hatte in schnellem Französisch auf seine Begleiterin, eine lebhafte Brünette, eingeredet, nachdem sie die Kutsche erblickt hatten, und anschließend in leicht überperfektem Englisch den Kutscher gefragt: »Bestünde nicht auch die Möglichkeit, ein Taxi zu nehmen?«

»Nein, nein, bitte, Jules!«, rief die Brünette, noch bevor der Kutscher antworten konnte. »Die Kutsche ist doch herrlich. Wir müssen mit ihr fahren, das ist so au-then-tique, n’est-ce pas? Unbedingt.«

Miss Arabella Allen, ausgestattet mit allem erdenklichen Zynismus einer dreiundzwanzigjährigen englischen Jungfer, erschien das Englisch der Madame Suzie Leclerc als leicht überfranzösisiert, zudem zielte der reizende Charme ihres Idioms wohl eher auf das Ohr des vierten Passagiers, eines jungen Manns von fast femininer Schönheit. Neben dem zarten Knochengerüst des Jünglings gemahnte Arabella ihre eigene Kieferpartie eher an die eines Bob Hope.

Sein Name schien Stephen Swinburne zu lauten, und sein nervöses Lächeln, mit dem er Suzies Flehen nach Unterstützung quittierte, wurde als positive Zustimmung aufgefasst. Dies sowie der Umstand, dass die Kutsche – vom schnell sich entfernenden Zug einmal abgesehen – das einzige Gefährt weit und breit war, bewog Monsieur Leclerc schließlich doch zum Einsteigen.

Das Vorhandensein eines kleinen Ölradiators und vieler Reisedecken hellte seine Stimmung ein wenig auf. Der Kutscher und sein Beisitzer hievten das Gepäck nach oben, kurz danach, eingeleitet mit einer furiosen Fanfare des Beisitzers und einem Peitschenknall des Kutschers, setzten sie sich in Bewegung.

»Waren Sie schon mal in Dingley Dell?«, fragte Arabella den schönen Jüngling.

»Nein«, sagte er mit seiner tiefen Upperclass-Stimme. »Die Einrichtung gibt es noch nicht sehr lange, nicht wahr? Außerdem verbringe ich Weihnachten sonst immer mit Freunden, dieses Jahr hab ich mich aber zu einer Familienzusammenkunft überreden lassen. Mummy und Daddy haben sich für hier entschieden. Sie sind seit gestern da. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich sehr darauf freue. Bis jetzt.«

Doch nicht so schüchtern, sagte sich Arabella. Zwischen dem Mann und seinen Manieriertheiten ist durchaus zu unterscheiden.

»Was ist mit Ihnen, Miss … Allen, haben Sie gesagt?«

»Genau. Nein. Ich bin nur auf die Reklame aufmerksam geworden. Erleben Sie eine Weihnacht ganz nach Dickens. Als sich meine anderen Pläne zerschlugen, hab ich in letzter Minute zugegriffen.«

»Dann haben Sie Glück gehabt. Meines Wissens ist es immer sehr schnell ausgebucht.«

Arabella zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht ist der Andrang von Singles nicht so groß. An Weihnachten.«

Suzie beschloss, dass es an der Zeit war, sich ebenfalls ins Gespräch einzubringen, wenngleich der von ihr verströmte, teure Duft bereits dafür sorgte, dass man sie kaum ignorieren konnte.

»Wir sind hier wegen einer richtigen englischen Weihnacht, Sie verstehen? Jules, er arbeitet seit vielen Jahren in London. Aber an Weihnachten wir fliegen immer für zwei, drei Tage nach Paris. Und dann wieder zurück. Dieses Jahr, ich sage, Jules, lass uns einmal Weihnachten hier in England verbringen. Nein, noch besser, verbringen wir es im altmodischen England, dem England auf den Weihnachtskarten. Einige meiner Freundinnen, sie haben mir von hier, von Dell, erzählt. Also sind wir hier!«

»Dingley Dell«, korrigierte sie ihr Gatte.

»Hab ich doch gesagt. Dinkley Dell. Wie in Die Pickwickier von eurem Dickens. Ich hab es gelesen. Sehen Sie!«

Triumphierend zog sie eine Taschenbuchausgabe von Die Pickwickier aus ihrem großen und teuer aussehenden Pelzmuff.

Wenn das Falzblatt, das aus dem Buch ragte, anzeigte, wo sie gerade war, dann war sie nicht sehr weit gekommen, dachte sich Arabella.

Sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Landschaft, durch die sie fuhren. Bald waren sie von der Nebenstraße, die zur Bahnstation geführt hatte, auf eine noch schmalere Straße abgebogen, kaum mehr als ein Weg, allerdings mit festem Belag. Die Landschaft,...

Erscheint lt. Verlag 22.9.2020
Reihe/Serie Wohlige Weihnachtskrimis
Wohlige Weihnachtskrimis
Übersetzer Karl-Heinz Ebnet
Sprache deutsch
Original-Titel ›Red Christmas‹
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Agatha Christie • Agentenroman • Britisch • Britischer Klassiker • bryan flynn • Charles Dickens • cherringham • CIA • Cottage • Cozy Crime • Dalziel und Pascoe • der tod und der dicke • die morde von mapleton • eBook Krimi • Eine Weihnachtsgeschichte • Ein Mord zu Weihnachten • England • Englisch • francis duncan • Gänsebraten • Geheimagent • Geschenkbuch • Krimi Klassiker • Krimis • Landhaus • patrick ruell • Pie • Polizei • Polizist • Privatdetektiv • Privatermittler • rache verjährt nicht • Secret Service • Spannungsroman • Spionage • Stille Nacht • viktorianisch • Weihnachten • Weihnachtskrimi • Whodunit
ISBN-10 3-8321-7053-7 / 3832170537
ISBN-13 978-3-8321-7053-0 / 9783832170530
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