Kissing Chloe Brown

Roman

****

(Autor)

Buch | Softcover
396 Seiten
2020 | Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch
Ullstein (Verlag)
978-3-548-06284-6 (ISBN)
12,99 inkl. MwSt
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"Entschuldige, liebes Universum", flüsterte Chloe dem Küchenboden zu. "Als du mich heute fast ermordet hättest - was übrigens ganz schön brutal war, aber ich kann das respektieren - wolltest du mir damit etwas sagen?"

Viel zu lange hat sich Chloe Brown von ihrer chronischen Krankheit einschränken lassen. Damit ist jetzt Schluss! Sie will das Leben in vollen Zügen genießen. Doch dann merkt sie, dass es nicht leicht ist, über den eigenen Schatten zu springen. Was sie braucht, ist ein Lehrer!

Red Morgan hat Tattoos, ein Motorrad und mehr Sexappeal als so mancher Hollywoodstar. Er ist außerdem Chloes neuer Nachbar und wäre die perfekte Unterstützung auf ihrer Mission. Aber als Chloe ihn näher kennenlernt, merkt sie, was wirklich hinter seinem rauen Äußeren steckt ...

Talia Hibbert ist eine britische Autorin, die in einem Schlafzimmer voller Bücher lebt. Sie schreibt Sexy Diverse Romances, weil sie findet, dass auch Minderheiten und Randgruppen ehrlich und positiv dargestellt werden sollten. Talia liebt Junkfood, Make-up und Sarkasmus.

Leseprobe (unredigiert):Prolog Eines schönen Tages starb Chloe Brown. Beinahe. Natürlich geschah es an einem Dienstagnachmittag. Schreckliche Dinge schienen immer an einem Dienstag zu passieren. Chloe hatte den Verdacht, dass auf diesem Wochentag ein Fluch lag, aber bis jetzt hatte sie diesen Verdacht nur in gewissen Internetforen geteilt – und mit Dani, die von ihren beiden merkwürdigen kleinen Schwestern die merkwürdigere war. Dani hatte Chloe geantwortet, sie habe einen Knall und solle es mal mit positiven Affirmationen versuchen, um sich von der negativen Energie des „falschen Wochentags“ zu befreien. Als Chloe also Schreie und Reifenquietschen hörte und nach rechts blickte, wo sie einen glänzenden weißen Range Rover direkt auf sich zurasen sah, war ihr erster idiotischer Gedanke: Ich sterbe an einem Dienstag und Dani muss zugeben, dass ich die ganze Zeit recht hatte. Aber dann starb sie doch nicht. Sie wurde nicht einmal schwer verletzt – was ein großes Glück war, denn sie verbrachte ohnehin schon genug Zeit in Krankenhäusern. Der Range Rover flog nämlich an ihr vorbei und krachte in die Wand eines Coffeeshops. Statt mit einer sehr lebendigen Chloe stieß die betrunkene Fahrerin also mit einer toten Wand zusammen und verpasste Erstere um einen knappen Meter. Metall wurde zerknautscht, als wäre es Papier. Die Dame mittleren Alters, die auf dem Fahrersitz saß, sank hinter dem Airbag in sich zusammen, ihr blondes, zu einem schicken Pagenkopf geschnittenes Haar, schwang hin und her. Schaulustige sammelten sich und mehrere schrien nach einem Krankenwagen. Chloe konnte nichts anderes tun als glotzen. Menschen eilten an ihr vorbei und die Zeit verging, aber sie bemerkte es kaum. Nebensächlichkeiten schwirrten ihr durch den Kopf, als wäre ihr Gehirn ein riesiger Ordner für irrelevante Daten. Wie teuer würden wohl die Reparaturarbeiten sein? Würde das die Versicherung zahlen oder müsste das die Unfallverursacherin tun? Wer hatte der Dame wohl die Haare geschnitten? Der Schnitt war perfekt. Ihr Haar fiel immer noch fast makellos, auch als man die Frau aus dem Auto zog und auf eine Bahre legte. Irgendwann berührte jemand Chloe an der Schulter und fragte: „Alles in Ordnung, Schätzchen?“ Sie drehte sich um. Es war ein Sanitäter mit einem freundlichen, faltigen Gesicht und einem schwarzen Turban auf dem Kopf. „Ich glaube, ich habe einen Schock“, sagte sie. „Könnte ich etwas Schokolade haben? Die mit Meersalz von Green & Black. Meine Lieblingssorte. Aber die Dunkle mit 85% ist vom medizinischen Standpunkt wahrscheinlich günstiger.“ Der Sanitäter schmunzelte, legte ihr eine Decke um die Schultern und sagte: „Wie wäre es mit einer Tasse Tee, Eure Durchlaucht?“ „Oh. Ja, bitte.“ Chloe folgte ihm zur Rückseite seines Krankenwagens. Dabei merkte sie, dass ihr vor lauter Zittern das Gehen schwerfiel. Mit der Kraft, die sie einem langjährigen Zusammenleben mit einem höchst launenhaften Körper verdankte, biss sie die Zähne zusammen und zwang einen Fuß vor den anderen. Als sie endlich am Krankenwagen ankamen, setzte Chloe sich vorsichtig hin. Es wäre nicht gut, wenn sie jetzt zusammenbräche. Falls das passierte, würde der Sanitäter anfangen Fragen zu stellen. Dann würde er sie womöglich untersuchen wollen. Und dann müsste sie ihm von all ihren kleinen Abnormitäten erzählen, und weshalb das alles kein Grund zur Sorge sei, und das würde womöglich den ganzen Tag dauern. In ihrem besten Ich-bin-total-gesund-und-habe-alles-im-Griff-Ton fragte sie forsch: „Wird die Frau wieder gesund werden?“ „Die Fahrerin? Bestimmt, Schätzchen. Machen Sie sich keine Sorgen deswegen.“ Muskeln, von denen sie nicht gewusst hatte, dass sie verspannt waren, lockerten sich. Nach zwei Tassen Tee und einigen Fragen von der Polizei durfte Chloe ihren Dienstagnachmittagsspaziergang fortsetzen. Es kam zu keinen weiteren Nahtoderfahrungen und das war hervorragend, denn wäre das der Fall gewesen, hätte sie sich womöglich zu etwas Peinlichem wie einem Tränenausbruch hinreißen lassen. Sie betrat ihr Elternhaus durch den Nordflügel und schlich zur Küche auf der Suche nach ein paar stärkenden Snacks. Stattdessen fand sie dort ihre Gigi, ihre Großmutter, die offenbar auf sie wartete. Gigi wirbelte mit ihrem bodenlangen violetten Morgenmantel – den Chloe ihr zum vier- (oder fünf?-)undsiebzigsten Geburtstag geschenkt hatte – um die eigene Achse. „Schätzchen“, rief sie atemlos und ihre glitzernden Pantoffeln mit den kleinen Stöckelabsätzen klapperten auf den Bodenfliesen. „Du siehst so … kränklich aus.“ Aus dem Mund von Gigi − sowohl besorgte Großmutter als auch schmerzhaft schöne Ragtime-Legende – war dies eine wirklich ernste Feststellung. „Wo bist du gewesen? Du warst eine Ewigkeit weg und hast keine Anrufe beantwortet. Ich habe mir ganz schön Sorgen gemacht." „Oh, du meine Güte. Tut mir leid." Chloe war vor Stunden zu einem ihrer unregelmäßig regelmäßigen Spaziergänge aufgebrochen – regelmäßig, weil ihr Physiotherapeut darauf bestand, unregelmäßig, weil ihr chronisch kranker Körper sich oft dagegen aussprach. Normalerweise war sie innerhalb einer halben Stunde wieder zu Hause, es war also kein Wunder, dass Gigi verrückt vor Sorge war. „Du hast doch wohl nicht meine Eltern angerufen, oder?“ „Natürlich nicht. Ich bin davon ausgegangen, dass du dich, falls du einen Wackler kriegst, soweit berappeln würdest, jemanden zu bitten, dir ein Taxi zu rufen.“ Ein Wackler war die dezente Umschreibung, die Gigi für jene Situationen verwendete, in denen Chloes Körper einfach den Dienst quittierte. „Ich hatte keinen Wackler. Mir geht es eigentlich ziemlich gut.“ Mittlerweile. „Aber es … hat einen Unfall gegeben.“ Gigi spannte die Schultern an, sie saß inzwischen auf einem Stuhl an der marmornen Kücheninsel. „Du bist aber nicht verletzt worden?“ „Nein. Eine Frau hat ihren Wagen direkt vor mir zu Schrott gefahren. Es war sehr dramatisch. Ich habe Tee aus Styroporbechern getrunken.“ Gigi bedachte Chloe mit einem Blick aus ihren katzengleichen Augen. Augen, in denen sich Normalsterbliche schnell verloren. „Möchtest du ein Xanax, Schätzchen?“ „Oh, das geht nicht. Ich weiß nicht, wie das mit meinen Medikamenten reagieren würde.“ „Ja, klar. Ah, ich weiß! Ich rufe Jeremy an und sage, es ist ein Notfall.“ Jeremy war Gigis Therapeut. Gigi brauchte eigentlich nicht wirklich eine Therapie, aber sie mochte Jeremy und hielt viel von vorbeugenden Maßnahmen. Chloe blinzelte. „Ich glaube nicht, dass das nötig ist.“ „Das sehe ich anders“, erwiderte Gigi. „Therapie ist immer notwendig.“ Sie zog ihr Handy hervor und tänzelte zur anderen Seite des Raumes. Wieder klapperten ihre Pantoffeln auf den Fliesen und sie schnurrte ins Handy: „Jeremy, Liebling! Wie geht’s? Wie geht es Cassandra?“ Das waren alles total normale Geräusche. Und doch lösten sie, ohne jede Vorwarnung, etwas Katastrophales in Chloes Kopf aus. Gigis Klappern verschmolz mit dem Ticken der riesigen Küchenuhr an der Wand. Das Geräusch wurde unerträglich laut und merkwürdig unregelmäßig, bis es sich anhörte, als würden in Chloes Kopf eine Reihe von Felsbrocken umeinander purzeln. Sie presste die Lider zusammen – Moment mal, was hatten ihre Augen mit ihrem Gehör zu tun? – und in der folgenden Dunkelheit, tauchte eine Erinnerung auf: das Hin- und Herschwingen dieses perfekt geschnittenen blonden Pagenkopfs. Dieses unverändert glatte, glänzende Haar im Kontrast zu dem schwarzen Leder der Krankenbahre. „Betrunken“, hatte der nette Sanitäter halblaut gesagt. Das war es, was allgemein angenommen wurde. Die Frau war am helllichten Nachmittag betrunken gewesen, war auf den Bürgersteig geraten und in ein Haus gerast. Und Chloe … Chloe hatte zufällig genau dort gestanden. Weil sie immer um dieselbe Tageszeit spazieren ging, um nicht durcheinander zu kommen. Weil sie immer denselben Weg ging, um Zeit zu sparen. Sie hatte genau dort gestanden. Ihr war heiß, sie schwitzte. Ihr war schwindlig. Sie musste sich setzen, sofort, oder sie würde umfallen und sich auf den Marmorfliesen den Schädel brechen, als wäre er eine Eierschale. Aus dem Nichts kam plötzlich die Bemerkung ihrer Mutter: „Wir sollten die Böden neu machen lassen. Diese Ohnmachtsanfälle werden langsam zu viel. Sie wird sich noch ernsthaft wehtun.“ Aber Chloe hatte darauf beharrt, dass ihretwegen nichts neu gemacht werden musste. Sie hatte versprochen, gut aufzupassen, und Gott wusste, sie hatte ihr Versprechen gehalten. Langsam, ganz langsam sank sie zu Boden. Stützte sich mit den feuchtkalten Handflächen auf die kühlen Fliesen. Atmete ein. Atmete aus. Atmete ein. Atmete aus. Ihr Flüstern hörte sich an wie splitterndes Glas. „Wenn ich heute gestorben wäre, wie würde sich wohl die Grabrede anhören?“ Diese atemberaubend langweilige Spaßbremse hatte null Freunde, hat seit zehn Jahren keine Reise unternommen trotz zahlreicher Anlässe, verbrachte das Wochenende am liebsten mit Code-Schreiben und machte niemals etwas, was nicht in ihrem Terminplaner stand. Weint nicht um sie; sie ist jetzt an einem besseren Ort. Nicht einmal im Himmel kann es so langweilig sein. So würde die Grabrede lauten. Vielleicht würde jemand besonders Gemeines sie im Rundfunk verlesen, jemand wie Piers Morgan. „Chloe?“, rief Gigi. „Wo hast du …? Ach, da bist du. Ist alles in Ordnung?“ Chloe lag flach auf dem Boden und schnappte nach Luft wie ein sterbender Fisch. „Danke der Nachfrage“, erwiderte sie fröhlich. „Hmm“, murmelte Gigi, leicht skeptisch, aber nicht allzu besorgt. „Vielleicht sage ich Jeremy besser, er soll zurückrufen. Jeremy, mein Lieber, könntest du vielleicht …?“ Ihre Stimme wurde immer leiser, als sie sich von Chloe wegbewegte. Diese schmiegte ihre heiße Wange an die kalten Fliesen und versuchte, ihre imaginäre Grabrede nicht noch um weitere Beleidigungen zu bereichern. Wenn sie eine Rolle in einem dieser albernen Musicals – die ihre jüngere Schwester Eve so liebte – übernommen hätte, dann wäre das jetzt ihr absoluter Tiefpunkt. Ein paar Szenen weiter würde dann die Erleuchtung erfolgen mit einer erhebenden Arie über Entschlusskraft und den Glauben an sich selbst. Vielleicht sollte sie sich eine Seite aus den gesammelten Texten dieser Musicals herausreißen. „Entschuldige, liebes Universum“, flüsterte sie dem Küchenboden zu. „Als du mich heute fast ermordet hättest – was übrigens ganz schön brutal war, aber ich kann das respektieren – wolltest du mir damit etwas sagen?“ Das Universum, rätselhaft wie immer, antwortete nicht. Jemand anders leider schon. „Chloe!“ Die Stimme ihrer Mutter kam von der Haustür, sie schrie fast. „Was machst du denn auf dem Boden?! Bist du krank? Garnet, hör auf zu telefonieren und komm her! Deiner Enkelin geht es schlecht!“ Oje. Nachdem ihr Augenblick der Verbundenheit mit dem Kosmos rüde unterbrochen worden war, rappelte Chloe sich in eine sitzende Position auf. Merkwürdig, jetzt fühlte sie sich viel besser. Vielleicht, weil sie die Botschaft des Universums verstanden und akzeptiert hatte. Es war ganz offensichtlich an der Zeit, dass sie anfing zu leben. „Nein, nein, Liebling, nicht bewegen.“ Joy Matalon-Browns zarte Gesichtszüge verzerrten sich, als sie diesen panischen Befehl erteilte. Sie wurde blass unter ihrem dunklen Teint. Ein vertrauter Anblick. Chloes Mutter leitete mit ihrer Schwester eine erfolgreiche Anwaltskanzlei, lebte ihr Leben mit fast ebenso viel Sachlichkeit und Vorsicht wie Chloe und hatte Jahre gebraucht, um die Symptome und Bewältigungsstrategien ihrer Tochter zu begreifen. Trotzdem geriet sie beim geringsten Anzeichen von Krankheit und Unwohlsein in helle Panik. Es war, offen gestanden, ermüdend. „Mach nicht so viel Aufhebens um sie, Joy, du weißt, sie kann das nicht leiden.“ „Soll ich etwa ignorieren, dass sie gerade auf dem Boden lag wie eine Tote?“ Autsch. Während ihre Mutter und ihre Großmutter sich über ihren Kopf hinweg stritten, beschloss Chloe, dass die erste vom Kosmos angeordnete Änderung in ihrem Leben sich auf ihre Unterkunft beziehen würde. Das Heim der großen Mammutfamilie fühlte sich auf einmal ziemlich eng an.

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Brown Sisters ; 1
Übersetzer Christiane Bowien-Böll
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Original-Titel Get a Life, Chloe Brown
Maße 121 x 187 mm
Gewicht 290 g
Einbandart Paperback
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte African • Afrikanisch • Afroamerikaner • Autorin mit Afroamerikanischen Wurzeln • Belletristik • Black • blacklifematters • Black lives matter • BlackLivesMatter • black people • black pride • black rights matter • Britisch • britische Autorin • Buch • Bücher aus Großbritannien • Bucket List • Bucket List Roman • divers • Diverse romance • England • Englische & Irische Literatur • Farbige Autorin • Fibromyalgie • Forever by Ullstein • Frauen • Frauenromane • Frauenunterhaltung • Humor • Humor Bücher • Humor & Satire • Komödie • Krankheit • Krankheit Buch • Krankheitsbewältigung • Künstler • Liebesgeschichte • Liebesromane • London • Love Story • lustig • Lyx Verlag • Maler • Modern • Moderne Belletristik für Frauen • Motorradfahrer • Multikulti • multikulturell • Nachbar • Neuanfang • Neue Liebe • Own Voice • own voices • People of Color • pride • Rassismus • Reiche Tochter • Roman • Romance • romantisch • Romantische Komödie • romcom • Schwarze • schwere Vergangenheit • Schwestern Roman • starke Frauenfigur • Übersetzung • witzig • witzige Liebesgeschichte
ISBN-10 3-548-06284-9 / 3548062849
ISBN-13 978-3-548-06284-6 / 9783548062846
Zustand Neuware
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