Treckerfahrer dürfen das! (eBook)
320 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-26455-0 (ISBN)
Wenn sich Moderator Sven Tietzer auf den Sitz seines kultigen Oldie-Treckers »Brunhilde« schwingt, ist es wieder so weit: Unterhaltsame Abenteuer und inspirierende Begegnungen erwarten die Trecker-Enthusiasten im TV, bei Facebook und Instagram. Erstmals gibt es nun zu den schönsten Geschichten aus der NDR-Sendung »Treckerfahrer dürfen das!« ein Buch: Mit tollen Fotos und vielen Einblicken hinter die Kulissen. Als Bonus bietet es tolle Schrauber-Tipps von Dr. Trecker und Infos zu bundesweiten Trecker-Events und Ausflugstipps.
Ein Buch, das die Herzen von Trecker- und Oldtimerfans höher schlagen lässt!
Sven Tietzer, Jahrgang 1975, ist ein mehrfach ausgezeichneter Fernseh- und Radiomoderator. Er ist bekannt für seine unterhaltsame Experimentierfreude und spontane, lockere Art sowie seine große Vorliebe für alte Fahrzeuge. Sven Tietzer ist Vater von zwei Töchtern und lebt mit seiner Familie in der Nähe von Goslar.
Der Geschmack von Freiheit und Abenteuer« – das war in den 70ern und 80ern einer der bekanntesten Werbeslogans. Freiheit und Abenteuer, ja irgendwie hatte ich das als Dorfkind auch. Und noch immer habe ich Gerüche von damals in der Nase. Etwa den eines alten Treckers nach Öl, Diesel und Fett. Oft genug habe ich die Bauern gefragt, ob ich eine Runde mitfahren darf, wenn sie auf dem Feld hinter dem Haus ihre Reihen zogen. Ganz ehrlich: Hätten meine Eltern einen Bauernhof gehabt, ich wäre Landwirt geworden. Stattdessen bin ich beim Fernsehen gelandet und dennoch ständig auf dem Land unterwegs – mit meiner roten Brunhilde, die auch so schön nach Öl, Diesel und Fett duftet. Ich mag das.
Heute tuckere ich mit ihr ins Ammerland. Genauer gesagt ins 15 Kilometer westlich von Oldenburg gelegene Jeddeloh. Denn dort gibt es den wahrscheinlich ungewöhnlichsten Schulbusservice Deutschlands. Wenn hier die Grundschule aus ist, steht ein halbes Dutzend Trecker vor der Tür, mit denen die Muttis und Vatis ihre Kinder in Empfang nehmen. Wie cool ist das denn? Damit angefangen hat Anke Fockenberg, Pflanzenhändlerin und stolze Besitzerin eines MAN-Schleppers aus dem Jahr 1958 – ein sogenannter Ackerdiesel. Die Frau muss ich kennenlernen, und will nicht unvorbereitet sein. Also schnell noch etwas frisch machen. Natürlich will ich keine Zeit verlieren. Zack, Kaugummi auf den Beifahrersitz, Emaillebecher drauf, damit er nicht runterfällt, warmes Wasser rein, Umhang überwerfen, mit Rasierpinsel einschäumen – oops, schön die Spur halten und die Straße nicht aus den Augen verlieren. So, Spiegel gezückt, schnell rasieren, abspülen, einparfümieren, fertig für Anke. Ausnahmsweise alles während der Fahrt – Treckerfahrer dürfen das!
Ich rolle auf den Hof, und da steht auch schon Ankes hellgrüner MAN-Schlepper abfahrbereit vor ihrer Haustür. Diesen Kinder-Shuttle-Trecker will ich gleich in Aktion sehen. »Mensch Sven, wie gut du duftest nach so einer Treckerfahrt«, sind Ankes erste Worte.
»Ja, danke. Tu ich immer!« Ähem, hüstel. Auf dem Weg zu ihrem Gefährt erklärt die blonde Anke ihre Treckerleidenschaft so: »Ich find’s cool. Also das Ding fährt nur 19 km/h, und das entschleunigt. Man kann einfach nicht schneller, und weil der Alltag schon immer so schnell ist, ist es mal ganz cool, wenn man langsam MUSS und nicht schneller KANN.« Treffend formuliert, wie ich finde.
Mit dieser Entspanntheit hefte ich mich an Ankes Hinterreifen, um ihre drei Söhne abzuholen. Als wir nach zehn Minuten Fahrt an der Grundschule Jeddeloh ankommen, stehen dort tatsächlich schon zwei weitere Mütter samt Trecker, die auf ihre Kids warten. Als ich den beiden gerade Hallo sagen will, kommt ein alter Deutz um die Ecke geknattert. Darauf sitzt Marlies Backhus, und auch sie will – richtig – ihr Kind abholen.
Die Geschichten hinter den Schüler-Shuttle-Treckern sind jeweils sehr unterschiedlich. Bei Marlies muss der Deutz zum Beispiel noch richtig auf dem Hof ackern. Der Schlüter einer anderen Mama gehört eigentlich dem Schwiegervater, aber sie fährt ihn hauptsächlich. Mitten in unserem Gespräch kommt ein Fendt um die Ecke, diesmal mit einem Papa namens Ralf von Aschwege darauf. »Ja, in dem Alter geht das noch mit dem Abholen«, sagt er. »Ich habe meine Tochter in der fünften oder sechsten Klasse mal mit dem Trecker von der Bushaltestelle abgeholt, und das ging gar nicht. Papa, das ist ja so peinlich!«
Tja, aber heute ist das Abholen per Trecker ein Highlight für alle. Und schon kommen die Kinder aus der Schule gerannt. Ankes Jungs – Jargo, Vitus und Bero – schwingen sich sofort auf ihren Trecker. Jargo, der Älteste, sitzt am Steuer und erklärt mir erst mal, wie man den Ackerdiesel fährt. Alles klar, heute kann nichts mehr schiefgehen, denke ich. Es wird anders kommen, aber dazu später mehr.
Jargo startet den Schlepper, Mama Anke übernimmt dann aber doch. Von überall strömen nun die Kids heran und klettern zusammen mit ihren Eltern auf die Trecker. Auch ich schwinge mich auf Brunhilde, spiele den Fahrer für Ankes Sohn Bero, und los zuckelt der Konvoi. Das ist doch viel gemütlicher als das hektische, hochtourige SUV-Chaos vor so manchen Schulen in den Städten.
Heute, wo der Fernsehtyp da ist, haben die Ammerländer Damen beschlossen, ein schönes Picknick zu veranstalten. Mit allem Zipp und Zapp. Picknickdecke, Limo, Sekt, Würsten, Schinken, Käse, selbst gebackenem Brot, Kuchen und so weiter. In unserer Fernsehsendung ist davon allerdings nichts zu sehen. Kauende Menschen zeigen wir nicht so gern – sieht einfach nicht gut aus. Der Beitrag über den ungewöhnlichen Shuttleservice endet schon viel früher. Man sieht ein paar Bilder von unserem Treckerkonvoi, dann winken alle noch einmal zum Abschied. Das war’s. Ende der Geschichte.
Aber Moment mal … wer genau hinschaut, entdeckt ein interessantes Detail. Diesen Kerl am Bildrand. Der ist doch vorher gar nicht aufgetaucht, und wieso hat der einen Kanister in der Hand? Tja, hier nun der wahre Ablauf dieses Drehtags: Die Treckermuttis und der Tietzer fahren an der Schule los. Nach gut drei Kilometern, mitten in der Walachei, also wirklich so richtig im Nüscht, geht Brunhilde auf einmal aus. Na, was ist denn da los? Das hat sie doch noch nie gemacht. Da macht man sich ja direkt Sorgen um die alte Dame. Herzinfarkt oder doch nur ein Schwächeanfall? So heiß ist es heute doch gar nicht, denke ich.
Die Kolonne bleibt stehen, alles dreht sich fragend zu mir um und ich mich genauso fragend zu Brunhilde. Was einem da so alles durch den Kopf schießt: Ist sie nun hinüber? Wir müssen doch mit ihr noch viele Geschichten drehen. Mädchen, mach uns jetzt nicht unglücklich! Papa Ralf, der direkt hinter mir gefahren ist, ruft: »Na, keinen Sprit?« Tsss, keinen Sprit, lächerlich! Brunhilde läuft immer und auch ewig. So eine Tankfüllung reicht wirklich lange. Apropos, wann habe ich eigentlich das letzte Mal getankt? Hm, soll ich mal einen Blick riskieren? Also, Haube hoch, Deckel auf und hallo ... haaaaalloooooo … was für ein Echo in so einem leeren Tank.
Verdammt, wie konnte denn das passieren? Ich habe natürlich das Gespött auf meiner Seite. Was ich mir nicht alles anhören muss. Aber nun gut. Wer den Schaden hat ... Ralf schafft es irgendwann, vom Sprücheklopfen in den Hilfsmodus umzuschwenken, und bietet mir an, mich abzuschleppen oder einen Kanister zu holen. Wir haben ja nicht ewig Zeit, denn das Picknick wartet schließlich. Also fahre ich erst mal bei Ralf mit. Auf einem etwa vier Kilometer entfernten Bauernhof soll das große Treffen stattfinden.
Als wir ankommen, richten die Mamas gerade das wirklich außerordentlich gut aussehende Picknick auf einer großen Decke im Garten her. Die Kinder stürzen sich auf Kekse und Würste, und als auch ich zugreifen möchte, sagt unser Autor: »Nee, lass mal. Wir machen die Geschichte jetzt rund. Du lässt dich später nicht zurück zu Brunhilde fahren, sondern nimmst jetzt diesen Kanister und gehst schön zu Fuß zu deinem Trecker! Wir drehen das, und ich lege nachher ›I’m walkin’‹ von Fats Domino drunter. Das wird lustig!«
Vielleicht muss ich kurz etwas erläutern: Der Fernsehautor ist derjenige, der alles für eine Episode wie diese vor dem Dreh recherchiert. Er sucht nach Leuten, die wir besuchen können, und organisiert alles. Er ist auch derjenige, der mir beim Dreh sagen darf, wo ich stehen oder sitzen und was ich machen soll. Also auch, wenn ich irgendwo hingehen soll.
Aber die ganze Strecke mit diesem Kanister zurücklaufen? War der Autor früher mal ein Folterer? Steht er darauf, Menschen zu quälen? »Äh, Sven«, sage ich (ja, der Autor heißt auch Sven. Macht die Dinge manchmal einfacher, öfter aber komplizierter. Sorry, ich schweife ab …), »wir könnten doch erst mal ganz gemütlich das Picknick mit den sympathischen Ladys drehen und das hinterher machen, was meinst du?«
»Nein, dafür haben wir keine Zeit. Wir haben heute noch eine lange Fahrt zum nächsten Drehort vor uns.«
»Kann doch echt nicht wahr sein«, grummle ich, schnappe mir den vollen Spritkanister von Friedrich »Fidi« Backhus, dem Hofbesitzer, der mir mitleidig hinterherschaut, und latsche los. Es folgt wirklich langes Gelatsche, das wir aus allen erdenklichen Perspektiven drehen. Mit der Drohne von oben und einem Kameramann, der auf einem Segway neben mir herfährt.
Irgendwann lande ich also wieder bei meiner Brunhilde, tanke sie auf, entlüfte die Dieselleitung (ganz wichtig, sonst ist Luft drin!) und fahre zurück zu den Ladys. Die waren so freundlich, uns ein bisschen was vom Picknickschmaus aufzuheben. Unglaublich nett. Unserem Autor kann ich das ja in diesem Moment nicht so richtig gönnen. Tja, und anschließend haben wir die Winke-winke-Abschiedsszene gedreht, die man auch im TV sehen kann. Mit Fidi Backhus am Bildrand – Marlies’ Mann, der seinen Kanister in der Hand hält. Am Ende ist daraus eine wirklich schöne Geschichte geworden.
Nun spulen wir mal ein paar Wochen vor zur Abnahme. So heißt das, wenn der für die Sendung verantwortliche NDR-Redakteur kommt, sich alles mit dem Autor und mir anschaut, Kritik übt, Sendungsteile umstellt, Textstellen ändert. Ehrlich gesagt, sind es meistens höchstens Kleinigkeiten, die kritisiert werden, weil wir so ein eingespieltes und gutes Team sind. Auch diesmal klingt der Redakteur zufrieden, zuerst jedenfalls: »Alles schön und gut, Leute. Witzig, gut geschnitten, tolle Frauen, diese Treckermamas – passt alles. Aber die Sache mit dem leer gefahrenen Tank … Sven, das war doch Absicht, das habt ihr...
Erscheint lt. Verlag | 14.9.2020 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Comic / Humor / Manga ► Humor / Satire |
Schlagworte | Dr. Trecker • eBooks • Geschenkbuch für Fans • Kultdoku • Landmaschinen • Porsche • Quotenhit • Schlepper • SWR • Traktoren-Liebhaber • Traktoren und Oldtimer |
ISBN-10 | 3-641-26455-3 / 3641264553 |
ISBN-13 | 978-3-641-26455-0 / 9783641264550 |
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