Frank der Fünfte (eBook)

Komödie einer Privatbank
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2020 | 2. Auflage
176 Seiten
Diogenes (Verlag)
978-3-257-60841-0 (ISBN)

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Frank der Fünfte -  Friedrich Dürrenmatt
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Die Komödie einer Privatbank, die Gaunerei zur Geschäftsgrundlage gemacht hat und Pleite zum rentabelsten Geschäft. Eine prophetische Vision von Friedrich Dürrenmatt, heute aktueller denn je.

Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen bei Bern als Sohn eines Pfarrers geboren. Er studierte Philosophie in Bern und Zürich und lebte als Dramatiker, Erzähler, Essayist, Zeichner und Maler in Neuchâtel. Bekannt wurde er mit seinen Kriminalromanen und Erzählungen ?Der Richter und sein Henker?, ?Der Verdacht?, ?Die Panne? und ?Das Versprechen?, weltberühmt mit den Komödien ?Der Besuch der alten Dame? und ?Die Physiker?. Den Abschluss seines umfassenden Werks schuf er mit den ?Stoffen?, worin er Autobiografisches mit Essayistischem verband. Friedrich Dürrenmatt starb 1990 in Neuchâtel.

Friedrich Dürrenmatt wurde 1921 in Konolfingen bei Bern als Sohn eines Pfarrers geboren. Er studierte Philosophie in Bern und Zürich und lebte als Dramatiker, Erzähler, Essayist, Zeichner und Maler in Neuchâtel. Bekannt wurde er mit seinen Kriminalromanen und Erzählungen ›Der Richter und sein Henker‹, ›Der Verdacht‹, ›Die Panne‹ und ›Das Versprechen‹, weltberühmt mit den Komödien ›Der Besuch der alten Dame‹ und ›Die Physiker‹. Den Abschluss seines umfassenden Werks schuf er mit den ›Stoffen‹, worin er Autobiografisches mit Essayistischem verband. Friedrich Dürrenmatt starb 1990 in Neuchâtel.

5. Frühmorgens vor unseren Missetaten


Zwischenvorhang geschlossen.

Links stellt der Kellner Guillaume einen Tisch mit zwei Stühlen auf die Vorbühne, rechts wird ein Bartisch hereingeschoben. Auf dem freundlich gedeckten Tisch steht eine leere Vase.

Von links Frieda Fürst, von rechts Richard Egli mit einer Rose.

EGLI

Frieda.

FRIEDA

Richard.

EGLI

Ich lag im ›Imperial‹ bei der Millionärin aus Milwaukee

Die Vorhänge bewegten sich im Mondlicht

Doch ich dachte nur an dich.

FRIEDA

Mein Leib ist noch warm vom Leibe des Tiefbauingenieurs

Ein Käuzchen klagte, und im Hofe stand ein blauer Chevrolet

Doch ich war nur bei dir.

EGLI

Ich wünsche dir einen schönen Morgen.

FRIEDA

Ich dir auch.

EGLI

Eine Rose.

FRIEDA

Ich danke dir.

EGLI

Mit wem ich auch schlief im Luxushotel

Wer auch die Kundin war

FRIEDA

Mit wem ich auch lag im kleinen Hotel

Wer auch der Kunde war

EGLI

Geb ich dich auch her für die Bank

gibst du dich auch hin für das Geld

FRIEDA

Wir wollen sein Bräutigam und Braut in dieser Welt

EGLI

Uns treu sein immerdar.

Sie setzen sich an den Tisch links.

FRIEDA

Wie immer, Guillaume.

EGLI

Mir auch.

GUILLAUME serviert

Schwarztee und Yoghurt.

Frieda stellt die Rose in die Vase.

FRIEDA

Vergiß deine Tropfen nicht.

Er tropft etwas in ein Glas Wasser, sie schenkt Tee ein.

FRIEDA

Zucker?

EGLI

Zwei.

FRIEDA

Toast?

EGLI

Einen.

Sie rühren im Tee.

FRIEDA

Meine Schwester in Anderthal hat ihr fünftes Kind bekommen. Einen Knaben.

EGLI

Mein Bruder in Maibrugg ist Gemeindepräsident geworden. Er hat es geschafft.

Sie trinken Tee.

FRIEDA

Zwanzig Jahre sind wir jetzt bei Frank.

EGLI

Zweiundzwanzig.

FRIEDA

Jedes Jahr wollten wir heiraten.

EGLI

Das Geschäft kam immer dazwischen.

FRIEDA

Die Bank ging nicht, wie sie sollte.

EGLI

Aber nun wird sie liquidiert. Ich habe in Maibrugg ein Einfamilienhäuschen gekauft. In Obstbäumen versteckt. Mit grünen Fensterläden und rotem Riegelwerk.

FRIEDA

Wir werden viele Kinder haben.

EGLI

Alles Buben.

FRIEDA

Du wirst sehen. Ich schaffe es schon noch.

Sie essen Yoghurt.

FRIEDA

Im kleinen Café

Neben der Privatbank am Quai

Da träumen wir beide

EGLI

Frühmorgens vor unseren Missetaten

FRIEDA

Doch gellt einer Möwe Schrei

Vergoldet die Sonne das Münster

Ist es wieder

EGLI

Immer wieder

BEIDE

Vorbei.

Einmal wird es anders sein

Einmal liegen wir zu zwein

Einmal wird es anders sein.

EGLI

Das Frühstück ist beendet.

Er erhebt sich.

FRIEDA

Wir müssen wieder auseinandergehen.

Er verbeugt sich.

EGLI

Lebe wohl, Frieda.

FRIEDA

Lebe wohl, Richard.

EGLI

Mach’s gut.

FRIEDA

Reg dich nicht auf.

Egli geht zum Bartisch, setzt sich links außen.

EGLI

Wie immer.

GUILLAUME serviert

Ihr Absinth, Herr Egli.

FRIEDA

Wie immer, Guillaume.

GUILLAUME serviert

Ihr Kamillentee, Fräulein Frieda.

Frieda Fürst beginnt an einem Babyjäckchen zu stricken.

Egli zündet sich eine Zigarre an.

Von rechts kommt Gaston Schmalz mit einer Zeitung, setzt sich an die Bar neben Egli.

SCHMALZ

Wie immer, Guillaume.

GUILLAUME serviert

Ihr Brusttee und Ihr Knäckebrot, Herr Schmalz.

Schmalz beginnt Brusttee zu schlürfen.

EGLI

Herr Gaston Schmalz, ich sah dich gestern deinen alten VW parkieren. Du willst dich offenbar nicht in Schulden stürzen, sparen, unabhängig von uns werden, keine Widerrede, du schaffst dir nächste Woche einen Mercedes an, der dich am Rande des Ruins halten wird, wie es sich gehört.

SCHMALZ

Na schön, Herr Egli. Werd’s tun.

Entfaltet seine Zeitung. Theo Kappeler kommt in die Bar, setzt sich neben Schmalz.

KAPPELER

Wie immer, Guillaume.

GUILLAUME serviert

Ihr Vichywasser und Ihr Zwieback, Herr Kappeler.

EGLI

Herr Theo Kappeler. Da geh ich neulich im Stadtpark spazieren, denke an unser Geschäft und an sonst nichts Böses, und wer sitzt auf einer Bank? Du, Kappeler, mit deiner Freundin. Du willst das Mädchen wohl heiraten?

KAPPELER

Nächste Woche, Herr Egli. Sie ist schwanger.

EGLI

Schwanger! Das soll eine Entschuldigung sein, sich auf einmal wie ein grundanständiger Mensch zu benehmen? Und überhaupt! Kinder zeugen! Frank der Fünfte und seine Gattin haben auch keine Kinder, ich zieh den Hut vor dieser Ehe. Kinderlos haben wir in die Hölle zu fahren, Kappeler. Du hast dein Mädchen sitzenzulassen, so viel inneren Anstand darf ich von dir noch verlangen.

KAPPELER

Herr Egli, ich werde mich zusammennehmen.

Lukas Häberlin kommt in die Bar, setzt sich neben Kappeler.

HÄBERLIN

Wie immer, Guillaume.

GUILLAUME serviert

Ihr Birchermüsli, Herr Häberlin.

Häberlin beginnt sein Müsli zu löffeln.

EGLI

Brusttee, Vichywasser, Birchermüsli. Wie in einem Sanatorium geht’s zu. In meiner Jugend, heiliger Bimbam, da war um diese Zeit die ganze Bande knallbesoffen. Kein Wunder. Wir waren noch Kerle. Doch ihr?

HÄBERLIN

Zugegeben, Herr Egli, das waren damals gemütlichere Zeiten, aber wir mit unserem modernen Tempo? Nein, Herr Egli, machen wir uns nichts vor. Wir sind morsch, müde und aufgerieben. Uns fehlt die berufliche Zufriedenheit, das seelische Gleichgewicht, der innere Friede, Werte, die wir, weiß Gott, nicht in Orgien, sondern nur noch hinter Zuchthausmauern finden können.

Die anderen starren verwundert.

HÄBERLIN

Ich habe mich informiert. Das gleichmäßige Leben im Zuchthaus wirkt Wunder. Verdauungsbeschwerden, Nervenschwäche, Herz- und Kreislaufstörungen sind unbekannt. Wenn ich dagegen uns betrachte – wir führen ein Hundeleben und siechen dahin.

Stille. Die anderen starren drohend.

EGLI stinkfreundlich

Interessant, Häberlin. Du beschäftigst dich in deiner Freizeit mit Zuchthäusern.

HÄBERLIN

Ein Licht ging mir auf, Herr Egli.

EGLI

Und sehnst dich womöglich noch nach solchen Örtlichkeiten?

HÄBERLIN ahnungslos

Mein Traum, Herr Egli. Die stillen Abende in der Zelle, das frühe Lichterlöschen, der immer dunkler werdende Himmel in der Fensterluke, die ersten Sterne, der sorglose Friede, der ruhige Schlummer. Keine Hast, keine Furcht vor einer Entdeckung, keine Angst vor Verrat, Rundfunk, Fernsehen, und demnächst soll sogar ein monatlicher weiblicher Besuch aus den entsprechenden sanitarisch kontrollierten Institutionen gestattet werden. Auf Kosten des Staates. Das sind doch eigentlich ideale Lebensbedingungen, verglichen mit unserer Bankexistenz. Und dabei brauchen wir uns nicht einmal sonderlich um den Eintritt zu bemühen. Der ist bei unserem Vorleben kinderleicht durchzuführen. Ein Anruf beim Staatsanwalt genügt, wir sitzen lebenslänglich, haben uns nicht mehr abzuplagen und strotzen vor Gesundheit.

EGLI ruhig

Das werde ich zu verhindern wissen. Schon mancher hat es schwer bereut, der ähnlichen Träumen nachhing, und meine Arbeitsmoral lasse ich mir auch nicht rauben, da kannst du soviel von Zuchthäusern erzählen, wie du willst. Scharf Noch eins, Lukas Häberlin!

Häberlin erhebt sich.

EGLI

Ich traf dich letzten Sonntag in der Heiliggeist-Kirche, was bildest du dir eigentlich ein, ich möchte dich scharf gewarnt haben! Hast schon unzählige Schurkereien auf dem Gewissen, da besuchst du die Predigt, betest, singst »Ein’ feste Burg ist unser Gott«, ich finde das ja unerhört. Tust, als ob du Prokurist oder gar Personalchef wärst. Bitte! Ich darf es mir leisten, in die Kirche zu gehen, ich habe laufend so himmelschreiende Verbrechen zu erledigen, daß ich überhaupt nicht in Gefahr komme, mich für anständig zu halten, doch bei euch Schalterbeamten –

Schmalz und Kappeler erheben sich.

EGLI

– bei euch drei Schalterbeamten auf eurem ruhigen Posten mit euren kleinen Schwindeleien ist die Gefahr, ehrlich zu werden, riesengroß! Dann haben wir die Schlamperei! Etwas Disziplin, meine Herren, Herrgott nochmal, ist die Bank einmal liquidiert, könnt ihr meinetwegen allesamt in die Heilsarmee einrücken,...

Erscheint lt. Verlag 16.3.2020
Verlagsort Zürich
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Lyrik / Dramatik Dramatik / Theater
Schlagworte 20. Jahrhundert • Bank • Drama • Dramen • Dürrenmatt • Eltern • Entmachtung • Familie • Finanzen • Gier • Kapital • Klassiker • Komödie • Literatur • Menschlichkeit • Schweiz • Theater • Theaterstück
ISBN-10 3-257-60841-1 / 3257608411
ISBN-13 978-3-257-60841-0 / 9783257608410
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